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sondern vielleicht im ganzen jährlich 6 Mill. ergiebt (man nimmt nämlich nicht mit Unrecht an. daß zwei Drittel des Weines in den Privat- Häusern getrunken werden und nur ein Drittel in den Wirtschaften), so kann und soll diese Einnahme zur Erleichterung der minderbemittelten Steuerklasse, aber nicht zu unnötigen Staat«- ausgaben verwendet werden.

Stuttgart, 22. April. 120. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. Tagesordnung: 1. Eingabe des Bcauerbundes betr. die Malzsteuer. 2. Anträge der Petitions kommission. Nach Verlesung der Einläufe tritt das Haus in die Tagesordnung ein. Zu Punkt 1 ist Abgeordneter v. Balz Berichterstatter. Derselbe berichtet über den derzeitigen Stand der Malzsteuer und geht dann zum Inhalt der Petition über. Dieselbe führt aus. daß die kleinen und mittleren Brauereien nach und nach verschwinden müßten, wenn nicht ganz entscheid­ende Maßregeln ergriffen würden. Den kleinen und mittleren Brauereien müßte die Malzsteuer ermäßigt, für die Großbetriebe aber erhöht werden. Die Petition schlägt vor pro Zentner zu erheben bei einem Verbrauch von 1 bis 1000 Zentner 4 Mk., von 1000 bis 2000 Ztr. 4.50 Mk., von 2 bis 5000 Ztr. 5 Mk, von 5 bis 10000 Ztr. 5,50 Mk., von 10 dis 15000 Ztr. 6 Mk.. von 15 bis 20000 Ztr. 7 Mk. Gegen diese Eingabe hat sich eine Anzahl von Ber- tretern der württeplbergischen Großbierbrauer gewendet. Dieselbe sucht die Gründe der 1. Eingabe zu entkräften. Eine weitere Erhöhung der Malzsteuer für die Großbetriebe sei nicht zu rechtfertigen. Nachdem die Regierung im Etat bereits erklärt hat, daß eine Revision der Vorschriften betr. die Besteuerung des Bieres eingeleitet sei, beantragt die Finanzkommisston die genannten Eingaben der kgl Regierung zur Kenntnisnahme zu überweisen. Der Bericht- erstattet spricht noch den Wunsch aus, daß bald­möglichst ein Gesetzentwurf angelegt werde, der den Wünschen der kleinen Brauer, soweit es möglich sei, gerecht werde. Abg. Schweik- hardt: Die größeren Betriebe, die mehr ver­dienen, werden durch die neue Einkommensteuer wesentlich höher getroffen. Die kleinen Brauer handeln mit der Eingabe nicht kollegialifch. Bon den jetzigen mittleren Brauern werden noch viele Grobbrauer werden. Man solle nicht gleich nach Staatshilfe schreien. Die kleinen Brauer graben sich selbst ihr Grab. Die Regierung könne doch nicht Arm in Arm gehen mit dem kleinen Brauer auf Grund der vorliegenden Eingabe. Man könne die Vergrößerung und Ausdehnung eines Geschäfts nicht unter Strafe stellen. In anderen Gewerbezweigen seien die Zustände zwischen Großindustrie und Klein­gewerbe ebenso wie bei den Brauern. Die Re­gierung kann da nicht Helsen und darf auch nicht einschreiten. Vizepräsident Dr. Kiene: Die erleichterte Gründung von Aktiengesellschaften ist ein Grund der Schädigung der kleinen Ge schäfte. Aus sozialpolitischen Gründen wäre es zweckmäßig, die Aktiengesellschaften höher zu besteuern als den Privatbrauer. Man sollte nur Malz zur Bierbereitung zulasten. Die Ein­gabe des Brauerdundes geht mit den aufgestellten Tarifen etwas zu weit. Minister Dr. v. Riecke: Jede der beiden Eingaben habe nicht ganz recht. Die Wünsche der kleinen und mittleren Brauer seien ja zum Teil berechtigt. Eine Aenderung der Malzsteuer im jetzigen Zeitpunkt sei nicht angebracht. Die angeregten Fragen werden zur Zeit eingehend geprüft. Die Reisverwendung belaufe sich auf nur 2°/o. Die Einführung der Prozession bei einer indirekten Steuer sei ein Novum, man müsse da vorsichtig sein. Schließ- llch warnt der Minister vor einem fortwährenden Drängen nach Aenderungen im Steuerwesen. Abg. Frhr. v. Wöllwarth: Im Jahr 1881- haden die Regierung und die Stände den größten Fehler gemacht durch Erhöhung der Malzsteuer. Biele mittlere Brauereien haben infolge dessen den Betrieb einstellen müssen. Abg. Henning spricht für die Kommissionsanträge, eine sofortige Aenderung sei wohl nicht möglich. Die Ver­wendung von Reis solle nicht ohne genaue vorherige Prüfung verboten werden. Es wird hierauf Schluß der Debatte beantragt und an­

genommen. DsrMntrag Tag, Ueberweisung an die Regierung zur Erwägung wird mit 41 gegen 32 Stimmen abgelehnt. Die Kommissions­anträge sind damit angenommen. Das Haus tritt sodann >n die Beratung der Berichte und Anträge der Petitionskommission ein. Die selben werden nach den Vorschlägen der Kommis­sion erledigt.

Stuttgart. 20. April. Ueber Ostern haben 2 politische Landesoersammlungen stattge. funden. Die Sozialdemokraten, die jetzt 132 Vereine im Lande zählen, tagten hier. Die interessanteste Frage war die Behandlung von zwei Anträgen die darauf abzielten, daß niemals ein Kompromiß mit einer andern Partei einge­gangen werden soll Die Annahme dieser Fassung wäre für die Demokratie in einer Anzahl von Bezirken der Todesstreich gewesen, da sie in diesen ausschließlich von der Gnade der Sozialdemokratie abhängt, Bezeichnend ist es, daß gerade der Landtagsabgeordnete Kloß-Stuttgart, der seine Wahl der Demokratie verdankt, aus naheliegen den Gründen gegen diesen Antrag eintral Schließlich wurde ein Antrag angenommen, nach dem bei Stichwahlen für denjenigen Kan didaten gestimmt werden soll, der sich schriftlich verpflichtet, den an ihn gestellten Forderungen zu entsprechen. Ebenfalls mit Wahlangelegen heilen und der Unterstützung anderer Parteien beschäftigte sich die Landesversammlung der evangelischen Arbeitervereine in Kirch- heim u T Die Vertreter beschlossen, daß bei Stichwahlen den Mitgliedern, deren Zahl 2718 in 28 Vereinen beträgt, nahegelegt werden soll, für den Kandidaten zu stimmen, der auf Be fragen die meisten Garantiert! gebe, für die Arbeiterinteressen einzutreten und den Bestreb ungen der Vereine am nächsten stehe. Wün sehenswert wäre gewesen, wenn dieArbeiter Interessen" näher definiert worden wären; dies hätte lchon mit Rücksicht auf deutliche Bezeichnung des Verhältnisses zur Sozialdemokratie geschehen sollen. Im Uebrigen wurden folgende Sätze aufgestellt:Wir stehen auf dem Boden des ev. Christentums und wollen die Segnungen der Reformation gewahrt und unangetastet wissen. Wir erkennen die Organisation des Arbeiter- standes nach seinen einzelnen Gewerben als Not wendigkeit an. Die ev. Arbeitervereine sollen Stätten der Fühlung der verschiedenen Siäade untereinander sein und jedenfalls soll in ihnen der Bund zwischen Arbeit und Bildung zum Ausdruck kommen." Der Eßlinger Verein hatte den Antrag gestellt, bei dem Kgl. Ministerium um nachdrücklichere Geltendmachung der Arbeiter­schutzbestimmungen seitens der Aufsichtsbehörden vorstellig zu werden. Bemerkenswert ist, daß der Verein von Wasseralfingen mit etwa 120 Mitgliedern aus dem Verband ausgetreten ist, da er sich mit Sammlungen für die Hamburger Streikenden nicht einverstanden erklären konnte Am Mittwoch nach Ostern fand eine große Versammlung bei Dinkelacker statt, ist welcher der Sozialistensührer Bebel in langer Rede seine Anschauungen entwickelte.

Stuttgart. Nur noch wenige Wochen trennen uns von den Tagen des fünften großen Stuttgarter Musikfestes, welches unter dem allerhöchsten Protektorat Seiner Maje st ät desKönigs am 15,, 16 und 17. Mai in der Gewcrbehalle stattfinden wird. Die Vorbereitungen sind so weit gediehen, daß in diesen Tagen die Adonnementsaufforder- ungen an die seitherigen Subskribenten versandt werden können. So ist es wohl an der Zeit, etwas Näheres mitzuteilen. Schon beim Schluß des letzten Musikfestes wurde im Kreise des Komitees erörtert, in welcher Weise bei dem nächsten Feste, nachdem nun die hervorragendsten Sänger und Sängerinnen, die gefeiertsten Jnstrumentalisten sich dem Stuttgarter Publikum vorgestellt, eine Neuerung geboten werden könne. Der Gedanke war naheliegend, einen auswärtigen Dirigenten zu berufen und es gelang auch. Herrn Dr. Hans Richter in Wien zu gewinnen. Ec wird im Verein mit Herrn Dr. Obrist die Leitung des Festes übernehmen und so frühzeitig in Stuttgart eintreffen, daß ec die letzten Proben selbst leiten kann. Herr Dr. Richter ist seit fast 20 Jahren der Leiter

der großen englischen Feste und wird sich auch in diesem Jahr zum gleichen Zweck von Stutt­gart direkt nach London begeben. Ec gilt als unübertroffener Meister in der Leitung großer Chor- und Orchesterwecke. Um in diesem Jahr besonders angestrengten Choroereine nicht vor die schwierige Ausgabe eines großen Oratoriums zu stellen, verzichtete man für diesesmal auf die beabsichtigte Aufführung deS Messias und be­schloß, die große, fast unbekannte Messe von Franz Schubert für den ersten Tag zu wählen. Mit dem Einstudieren find die Vereine, welche sich wie seither für das Musikfest ver­einigt haben (der Verein für klassische Kirchen­musik und der Lehrergesangverern unter Prof, de Lange, der Neue Singverein unter Prof, seyffardt, der Singchor des Kgl. Hof- -heaters unter A. Doppler, der Cannstatler Schubert-Verein unter M, Notz, der Ludwigs­burger Kirchengesangverern unter E. Zwißler) gegenwärtig beschäftigt. Der zweite Tag wird im wesentlichen dem Andenken unseres großen Meisters Brahms gewidmet sein. Der dritte Tag schließt mit der IX, Symphonie Beethoven, lieber die Solisten wirs demnächst genaue Mit­teilung folgen.

Die Anmeldungen zur Deutschen Fach­ausstellung für das Hotel- u. Wirtschaft«- wesen, Kochkunst und verwandte Ge­werbe, Stuttgart 14.-31. August 1897, mehren sich von Tag zu Tag und gleichen schritt halten damit die Arbeiten der verschie­denen Ausstellungs-Komitees. Nachdem vom kgl. Ministerium die geplante Lotterie genehmigt worden, wurde sofort mit Herstellung der Lose begonnen, deren Vertrieb der Firma Thomä u. Mayer in Stuttgart übertragen worden ist. Es werden Gewinne im Werte von 21500 allein in der Ausstellung gekauft, während die kleineren Gewinne aus Geld bestehen. Der erste Gewinn repräsentiert einen Wert von 3000 Das Ausstellungsplakat, entworfen von einem ersten Stuttgarter Künstler, ist ebenfalls in Arbeit, wie auch die Ausstellungs­marke. welche in verkleinerter Weise das Bild des Plakats zeigen wird, in nächster Zeit aus­gegeben werden dürfte. In bereitwilligster Weise wurde seitens der kgl. würlt. General- üirektion der Berkehrsanstalten dem Gesuche der j frachtfreien Rückbeförderung der mchtverkauften Ausstellungsgüter entsprochen, wie auch oben­genannte Stelle, betr. dieses Entgegenkommens bei den benachbarten Eisenbahnverwaltungen sich zu verwenden, in dankenswerter Weise bereit erklärt hat.

Heilbronn, 12. April. Der Fohlen­garten bei Bietigheim, vom IV. u. V. landw. Gauverband s Z. ins Leben gerufen, ist nun seit 16 Jahren im Betrieb und wurden während dieser Zeit 578 Fohlen auf die Weide gebracht, eine gewiß nicht unerhebliche Zahl, Man darf wohl die berechtigte Frage auswerfen, wie viele von diesen Tieren sich schlecht und ungenügend entwickelt hätten, wenn sie den Sommer über im Stalle des Besitzers bei mangelnder Bewegung und vielleicht auch nicht genügender Pflege und Fütterung verblieben wären, während sie sich auf dem Fohlengarten bei der vorhandenen Ge­legenheit zur freien ausgiebigen Bewegung und der ihnen dort gewordenen reichlichen Ernähr­ung, zu kräftigen brauchbaren Pferden mit gutem Gang und Formen entwickelt haben. Es ist kaum zu verstehen, daß es noch Pferdezüchter giebt, die sich nicht entschließen können, ihre Fohlen auf die Fohlenweide zu bringen. DaS in Anrechnung kommende Wald- oder Kostgeld kann unmöglich ein Grund hiefür sein. Der ge­samte Aufwand für ein Fohlen seit dem Bestehen des Fohlengartens beträgt im Durchschnitt 138 Mk,, während je nach Alter nur ein Kostgeld von 80100 Mk. erhoben wird; für diesen Be­trag ist der Besitzer nicht im Stande das Fohlen selbst entsprechend zu füttern. Die Fohlengarten- oecwaliung hat, von der Anschauung geleitet» daß die Fohlenweiden wesentlich zur Förderung und Hebung der Pferdezucht beitragen, oaS Kost­geld deshalb niedrig bemessen, um die allgemeine Benützung zu erleichtern und wurde ihr die» nur durch die finanzielle Unterstützungen, welche ihr von den beteiligten landw. Vereinen und