308
Und als nach kurzer Krankheit ganz uner- wartet schnell der Augenblick kam. an dem Exzellenz General von Otterstein dem Winke seines höchsten Befehlshabers folgen mußte, und seiner irdischen Laufbahn ein Ziel gesetzt wurde, vermochte er mit brechendem Auge nur noch zu flüstern:
„Dank — Hab' Dank. Barbara! Du ver dienst einst noch — ein großes — großes Glück!"
Drei Tage nach jenem, mit ihrem Onkel, dem Oberst von Donnersberg, verlebten gemüt- lichem Theeabend, schritt Frau Barbara in sicht- barer Hast durch ihr vom goldigen Glanze einer warmen Herbstsonne erhelltes, blumenduftendes Boudoir. Die runden Wangen der schönen Frau prangten an diesem Vormittage, während sie ihre Promenade zuweilen unterbrach, in tiefstem Purpur. Mit seligem Lächeln beugte sie sich über ein Blumenarrangement von größter Schönheit, dessen kräftiger Duft das ganze Zimmer erfüllt batte.
„Niko — Niko — Nikolaus!" kam es dabei wie leiser Frühlingshauch über die rosigen Lippen. Nach sieden langen — endlos langen Jahren waren Barbara Otterstein und Graf Lieven sich gestern, hier auf dieser Stelle, das erste Mal wieder begegnet. Onkel Donnersberg hatte in seiner ungezwungenen Art gescherzt und gelacht. Vom hundertsten kam er ins tausendste und machte oftmals einen ganz vorzüglichen Witz. Der jüngere Gast, der den Arm noch in ' der Binde trug, sonst aber, den schwermütigen ^ Blick der Augen ausgenommen, kaum verändert i war. hatte in gewandter und weltmännischer! Weise in die Konversation eingegriffen, bald von seinen Reisen, bald von seinem Aufenthalte in den Tropen erzählt. Barbara folgte den. interessanten Schilderungen mit großer Aufmerksamkeit; sie war wie immer voll Liebenswürdigkeit. Nur schien an ihr eine verlegene Zurückhaltung bemerkbar.
So war der gestrige Besuch zufriedenstellend für alle Beteiligten ausgefallen, obgleich die Gemüter dieser drei Menschen keineswegs ganz unbefangen waren, sondern durch irgend etwas Unerklärliches bewegt wurden.
Baron Donnersberg, dessen scharfem Blicke das seltsame Strahlen in den Augen seiner Nichte, wie das verklärte Gesicht des Pflege- sohncs nicht entging, mußte einen besonderen Grund gehabt haben, die Unterhaltung nie stocken zu lassen, sondern sie immer mit feinem Takt wieder ins Fahrwasser zu bringen. War ^ ihm das gelungen, so betrachtete der Oberst die ^ verschiedenen Photogramme, welche ihm sicherlich nicht fremd waren. mit auffallendem Interesse, j als ob er sie zum ersten Male im Leben in die! Hand bekommen.
So ein alter, überflüssiger Onkel hat gar > nicht nötig aufzupassen, ob zwei junge heißblütige Menschenkinder sich gelegentlich einmal wieder in die Augen schauten, so mochte er wohl denken.
Auch beim Abschiede, nachdem Barbara die Herren für den nächsten Tag zu Tisch gebeten hatte und mit mädchenhafter Schüchternheit dem Grafen die Hand reichte, stand der Oberst in der entgegengesetzten Ecke des Zimmers und studierte die blau und grau emaillierten Kacheln des altdeutschen Ofens so eingehend und genau, als müßten sie eine ganz besondere große Merkwürdigkeit sein. Deshalb entging ihm denn auch, wie Graf Lieven die kleinen Finger der reizenden Hausfrau ein paar Sekunden länger, als es Sitte ist, zwischen den seinen hielt und gedämpften Tones äußerte:
„Beim Scheiden „auf Wiedersehen!" zu sagen, sind Worte, auf welche der Seemann stets eine fast abergläubische Bedeutung legt. Wenn ich dieselben Worte heute hier, nachdem ich mein Leben den unsicher» Elementen nicht mehr pceiszugeben nötig habe, ebenfalls besonders scharf hervorhebe, so deuten Ew. Exzellenz sie gütigst wie ich, als ein gutes Omen für die Zukunft!"
Als Oberst von Donnersberg sich umge- wandt und näher getreten, sah er Barbara'S schönes Antlitz hocherrötet und verklärt. Aber
ohne irgend welche Bemerkung hierüber verabschiedete er sich rasch mit seinem Pflegesohne.
Für die junge Witwe war der Rest des Abends in Unruhe vergangen, und auch zur Nachtzeit wollte diese nicht weichen. Bald träumte ihr, sie sei noch ein junges Mädchen und auf der Freitreppe des Lützow'schen Schlosses führte ihr der verstorbene Gatte Nikolaus Lieven mit den Worten entgegen: „Diesen da hast Du ja doch schon vor mir geliebt!" Bald sah sie im Traume den jungen Seemann mit übermenschlicher Anstrengung gegen die Gemalt der hochwogenden See ankämpsen und leise. sehnsüchtigen Klagen ähnlich, hörte sie deutlich seine Stimme:
„Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen!" Mit schwerem Angstgefühl und starkem Herz- klopfen erwachte am andern Morgen die junge Frau. Aber alle Unruhe war mit einem Schlage genommen, als sie auf dem Frühstückstische ein wundervolles Arrangement köstlich duftender Frühlingsblumen fand. Keine Visitenkarte, kein Briefchen war der Spende beigefügt und dennoch — dennoch —!
(Fort setzung fo lgt.)
Am Bienenstand im Frühjahr.
Bon Schullehrer Bürkle in Ottenhausen.
II.
Der Imker hat bei der vorgenommenen Frühjahrsmusterung sicher seine Aufzeichnungen gemacht über Wabenbau, Honigvorrat, besetzte Waben, Anzahl der Brutwaben, Alter und Farbe der Königin, Rasseeigentümlichkei en des Stockes (soweit sie ihm noch von voriges Jahr bekannt sind.s
Diese Aufzeichnungen verhelfen ihm zu einem sicheren Ueberblick über seine Völker. Völker, welche weniger als 4 Wabengassen belagern, sollten nicht auf dem Stande geduldet werden, da sie ohne Nachhilfe immer Schwächlinge bleiben, oder günstigen Falles erst nach der Honigtracht erstarken. Nutzen hat man nicht von ihnen. Man vereinige solche Schwächlinge mit solchen Völkern, die altersschwache oder sonst untaugliche Königinnen besitzen, nachdem letztere entfernt sind. Weniaer aber gute Stöcke sind mehr wert als viele Stöcke, die nichts leisten. Der Wert der Bienenvölker ist im Frühjahr einer Schätzung zu unterwerfen, damit man im Falle sich Liebhaber einstellen, stets auf dem Laufenden ist. Auch zur Berechnung des Reinertrags leisten solche Schätzungen gute Dienste. Beim Verkaufe von Bienen achte jeder Imker darauf, daß er unter seinen Völkern genau Auslese halte. Die besten und ebenso die geringsten Völker bleiben auf dem Stande. Warum? Die schönsten erzielen niemals den Preis, den sie wert sind. lVergl die Verkaufslisten ausländischer Firmen und unsere Preise). Mit den geringen, die sich nach und nach verstärken lassen, ist der Käufer angeschmiert; dadurch verliert der Imker seinen guten Ruf und seine Kundschaft. Mittlere Völker mit 6—8 belagerten Rahmen sind die eigentlichen Marktvölker. Ein Korb, der jetzt selten den ganzen Bau bis auf das Bodenbrett belagert und 16—20 ^ gewertet wird, giebt ausgebrochen und in einen Kasten einlogiert, ein Volk, das höchstens 8—9 Waben belagert. Man behalte desdalb die stärksten Stöcke und verkaufe allenfalls Schwärme oder aber lasse man sich von ihnen die leeren Töpfe füllen. Wer Völker zu kaufen beabsichtigt, wende sich an reelle Lieferanten, am besten in der Nähe seines Wohnorts und lasse sich für die gelieferte Ware Garantie leisten über Gesundheit und Leistungsfähigkeit!
Beim Transport erkaufter Völker sorge man durch Drahtgitter u. s. w. für möglichst reiche Luftzufuhr, wobei zu bedenken ist, daß die Völker während des Transports nach oben ziehen und etwaige oben angebrachte Lüftungen dicht belagern und so den Luftzutritt verwehren. Von Zeit zu Zeit lasse man die Völker sich beruhigen oder beruhige sie durch Zuspritzen einer Handvoll Wasser (bei Körben).
In den nächsten 4 Wochen richte der Imker auf dem Stande etwa leerstehende Kasten zur Aufnahme von Schwärmen. Weiselszuchtkästchen sind ebenfalls herzurichten, damit Nachschwärme, welche oft mehrere Königinnen enthalien, geteilt und zur Nachzucht von guten leistungsfähigen Königinnen verwendet werden können. Sind die Königinnen befruchtet, so entferne man ältere bezw. untaugliche Königinnen. Unbeliebte Rassen werden umgeweiselt. Darnach lassen sich die Völkchen wieder vereinigen, wenn man sie nicht durch beizugebende Brutwaben verstärken kann.
Die Wabenvorräte sind zu sortieren in gute Arbeiterwaben, Drohnenwaben, Blumenstaubwaben, Honigwaben. Ausschußwaben werden womöglich ausgebrochen und dem Wachsauslaßapparat übergeben. Das Wachs wird ausgelassen und mittelst Rietsche's Handpresse zu Kunstwaben gemacht. Wird die Honigtracht stärker und die Völker belagern ihren Bau bis zum Fenster, so lassen sich jedem Volk eine oder zwei Kunstwaben einstellen, damit für die herannahende Schwarmzeit vorrätiger Bau vorhanden ist. Wenn man einem Schwarm 3—4 gute Arbeiterwaben einhängen kann, leistet man ihm und sich selbst die besten Dienste.
Da unser „Verein für Bienenzucht" außer, dem dieses Jahr Kunstwaben von Offner aus Großsachsenheim auf Lager halten wird (Abgabe durch Herrn Schull. Geiger in Arnbachi so sollte kein Imker die geringen Kosten zur Anschaffung von Kunst waben scheuen, um seinen Völkern zu einem tadellosen Wabenbau zu verhelfen.
Erst dann kann man von rationeller Bienenzucht sprechen, wenn aller Wirrbau, sowie die endlose Drohnenmetzelei von den Ständen verschwunden sein werden. Für das verschleuderte Futter, das 3 bis 3 Waben voll Drohnen zu ihrer Aufzucht und eventuell noch während ihrer sonstigen Lebenszeit verzehren, ließen sich für jeden Stock mindestens 10 Kunstwaben kaufen; darum weg mit diesem Schlendrian!
Etwas anderes ist es, wenn einem besonders fleißigen und leistnngssähigen Stock etwas Drohnenbau gelassen wird, da Drohnen von solchem Stock die Bienenbestände einer ganzen Gegend veredeln können. Ganz soll und kann ja die Drohncnbrut nicht beschränkt werden, da sie auf den Sammelfleiß eines Volkes einen wohlthätigen Emfluß ausüben. Auch hier gilt das geflügelte Wort: „Wo nicht wird gepfiffen, da wird auch nicht getanzt! Aber zwischen ver- ständiger Pflege und einem Ueberhandnehmen der Drohnen ist ein himmelweiter Unterschied.
Einer weiteren Unsitte möchte ich noch entgegentreten, dem unsinnigen Spannen der Völker. Ge- währt man den Völkern nicht mehr Raum zur Brutentfaltung als sie in den beigegebenen Waben vom Winterquartier besitzen, so werden halbwegs gute Völker den so beschränkten Raum bald beide Etagen voll besetzen. Der anfänglich schöne Brutansatz wird durch den eingetragenen Honig nach und nach auf ein Minimum eingeengt. Die alten, sowie die ausgeschlüpften jungen Bienen haben bald nichts mehr zu thun und liegen haufenweise müßig am Flügelloch. Der Imker freut sich seiner vermeintlichen List und wartet Tag für Tag auf einen Schwarm. Wohl mag sich hie und da aus einem solch mißhandelten Stock ein solcher endlich herausdrängen, dem vielleicht noch ein Nachschwarm folgt; aber — ein solcher Stock mir samt den 2 schwachen Schwärmen von 2 bezw. 1'/, Pfund sind für die fernere Trachtzeit absolut leistungsunfähig. Was nützt ein Haufen Völker, die notdürftig ihren Bau Herstellen und kaum im Stande sind, ihren Winterbedars einzutragen!?
' Hätte der betreffende Pfiffikus seinen Völkern ' Platz gemacht, ihnen nach Bedark leere Waben eingehängt, daß sie zu starken Völkern sich hätten entwickeln können, so hätte er ohne langes Zuwarten wenigstens eine gute Honigausbeute gewonnen und wenn in der Zeit sich der gewünschte Schwarm nicht einstellt, dann hätte er ja schließlich einen Ableger machen können. Statt dessen verzichtet er um eines kleinen Schwarmes > willen auf die ganze Ausbeute eines Jahres.
! Im Herbste wird dann über ein geringes Jahr geklagt und zum Zucker gegriffen, damit die schwachen Völklein im Winter nicht verhungern. Wenn dann andere, die ihre Völker naturgemäß behandeln, eine gute Ernte zu verzeichnen haben, dann hat man für diese nur ein ungläubiges Achselzucken oder gar Ver- dächtigungen und ehrenrührige Titulaturen.
Wer aber seine Bienenzeitung mit Interesse liest und auf den Rat der Redlichen hört und ihn befolgt, der wird bald einsehen, daß der obengenannte Weg der einzig richtige ist, um Erträgnisse aus der Bienenzucht zu gewinnen. Wer aber in seinem althergebrachten Schlendrian fortwurstelt, der soll sich selbst die Schuld beimessen, Wenns bei ihm nichts . giebt als Drohnen und — Motten. Merks!!
^Schwierig j Womit wirst Du Deine Frau zum Geburtstag überraschen?" — „Ich lerne heimlich ein Posaunen-Stänvchen!"
Telegramme.
Berlin, 21. April. Die Morgenbläiter melden: Der Direktor des Reichspostamtes Fritsch reifte nach Washington zur Teilnahme an dem Wellpostkongreß ab.
Berlin, 2l. April Der Lokalanzeiger meldet aus Paris: Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist gestern Abend nach Berlin abgereist.
Berlin, 21. April. Der Lokalanzeiger berichtet aus Athen: Bei Arta findet ein heftiger Artilleriekampf statt. 75 Geschütze sind dabei engagiert.
Athen, 20. April. 6 Uhr abends. „Agence Havas " Eine Depesche aus Arra von 2 Uhr nachmittags meldet: Die Tücken versuchten bei dem Kloster Theotokan den Anaflaß zu überschreiten, wurden jeddch durch die griechischen Batterien daran gehindert. Die griechische Wrstarmee besetzte Neokhori, Pachykalamo und einige andere Dörfer und befindet sich daselbst in gut befestigter Stellung.
Athen, 21. April. „Reutermeldung." Die Gensdarmen und Polizeimannschaften wurden dem Kciegsheer zugeteilt und gingen nach der Grenze ab. Bürger übernahmen den freiwilligen Wachtdienst in den Städten.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.