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Trommel, daneben ein Pfeifer. Vor dem Throne erfolgte Halt. Der Kaiser ließ prüfen» tieren nach dem Reglement von 1797, worauf die Kaiserin die Front abschritt. Die Flügel- adjutanten waren in die Truppe mit cingctreten. Der Kaiser führte dann die Truppe wieder aus dem Saal. Beim Ein- und Abmarsch spielte auch das Musikcorps in der Musikloge. Als der Kaiser nach dem Saal zurückkehrte, sprach ihm die Kaiserin ihren Dank aus. Prinz Heinrich trug die Uniform des 1793er Regiments Nr. 35. Die Musik spielte Fockeltänze, die bei der Hochzeit der Königin Luise l793 gespielt wurden, zum nunmehr erfolgten Rundgang an den ein Tanz sich anschloß beginnend mit einer Gavotie. getanzt von 16 Paaren. Unter den weiteren Tänzen befand sich auch der Lieblingswalzer der Königin Luise. Gegen II Uhr trat eine Essenspause ein. Gegen 1 Uhr schloß das schöne F»st.
Berlin, 2. März. Der Kaiser empfing heute Mittag 1 Uhr in feierlicher Audienz eine außerordentliche persische Botschaft, bestehend aus dem Botschafter Mirza Reza Khan, einem Legationsrat, einem Militärattache und einem Legationssekretär. Die Botschaft hatte den Auftrag, dem Kaiser die Thronbesteigung des neuen Schahs anzuzeigen. Hierauf wurden die Abgesandten auch von der Kaiserin empfangen. — Morgen Abend begiebt sich der Kaiser nach Wilhelmshaven, um dort am Donnerstag der Rekrutenvereidigung beizuwohnen.
Berlin, 2. März. Der „Staotsanzeiger" schreibt: „In einer Anweisung des Finanz-
mimsters an den Vorsitzenden der Einkommens steuerberufekommissionen heißt es:" „Die Belästigung der Steuerpflichtigen durch unnötige Fragenstellung im Beanstandungsverfahren soll thunlichst vermieden werden.
Der berühmte Kieler Chirurg Geheimrat Prof. Dr v. Es march und seine Gemahlin die Prinzessin Henriette zu Schleswig-Holstein feierten am Sonntag das Fest ihrer silbenen Hochzeit unter Teilnahme weiter Kreise. Herr v Esmarch ist bekanntlich durch feine Vermählung mit Prinzessin Henriette, der Tante der deutschen Kaiserin, ein Verwandter der kaiserlichen Familie.
Hamburg. 1 März. Der „Verein der Importeure englischer Kohlen" hat an die Kohlen schauerleute ein Schreiben gerichtet, in welchem diesen mitgeteilt wird, daß vom 2. März ab nur die Arbeiter zur Arbeit zuqelassen werden, welche einen Schein unterschreiben, durch den sie sich verpflichten, mit den Arbeitern, die die Arbeit seiner Zeit nicht niedergelegt haben, mit Ruhe und Frieden arbeiten zu wollen und eine 14 tägige Kündigungsfrist anzuerkennen. Die Kohlenarbeitcr hielten gestern eine geheime Versammlung ab, deren Ergebnis dis jetzt nicht bekannt ist.
Auch in Sachsen sind jetzt weitere Anordnungen für die Feier des 100jährigen Geburtstages Kaiser Wilhelms I. getroffen worden. Gleichwie das Kultusministerium für die Schulen, so hat jetzt auch das^evangelisch- lutherische Landeskonsistorium in Dresden nunmehr in den Kirchen des Landes eine^Gedächtnis- sestlichkeit anläßlich der Kaiser Wilhelm-Feier angeorduet. Sie soll darin bestehen, daß die Geistlichen am Sonntag den 21. März, dieses Tages in ihren Predigten gedenken und in das allgemeine Kirchengebel ein ihnen vom Konsistorium besonders zu übersendendes Gebet einflechten.
Bier Kinder in Straßburg spielten mit einem Kinderwagen. 3 saßen im Wagen, ein lljähriges Mädchen ließ ihn eine abschüssige Stelle an den Schleusenbrücken herabfahren. Dabei entglitt ihr der Wagen und dieser schoß hmab ins Wasser. Alle 3 Kinder, 13. 8 und l'/> Jahre alt, ertranken. Das Mädchen, das den Wagen noch fassen wollte, stürzte auch in das Wasser, wurde aber wieder aus dem Wasser gezogen und gerettet. Bis Samstag abend 10 Uhr wurde nach den Leichen vergebens gesucht.
Eine Kaiserrede.
Kaiser Wilhelm hat seit Jahren, schon als er noch nicht die Krone trug, an dem Festmahle des märkischen ProvinziallandtageS teilgenommen. Immer wieder hat Kaiser Wilhelm auf dem F<ste des märkischen ProvinziallandtageS das Wort ergriffen, und fast immer trugen die Reden des Monarchen ein eminent politisches Gepräge. Dieses gilt in brsonderm Maße auch von der Rede, die der Kaiser jetzt an derselben Stelle gehalten hat. Zwei leitende Gedanken heben sich mit voller Klarheit hervor.
Das unbedingte Vertrauen auf die historische Mission des Hohenzollernhauses bildet die Grundlage und den Ausgangspunkt der kaiserlichen Darlegungen. In poetisch schwungvoller Weise erinnerte der Kaiser an die Verdienste, die sich sein unvergeßlicher Großvater, Wilhelm der Große, um die Begründung des Reiches erworben hat, er feierte ihn als ein Werkzeug der Vorsehung zur Einigung Deutschlands. „Wenn der hohe Herr ,m Mittelalter gelebt hätte, er wäre heilig gesprochen, und Pilgerzüge aus allen Ländern wären hingezogen, um an seinen Gebeinen Gebete zu verrichten I" Einen ähnlichen Zug dankbarer Pietät beweisen die patriotischen Beiuche der weihevollen Stätte im Mausoleum in Chorlottenburg.
Die tiefgehende politische Bedeutung der kaiserlichen Rede ruht aber nicht in der tiefempfundenen Dankbarkeit und Verehrung für unfern Heldenkaiser. Gewiß werden die Worte des Monarchen die freudigste Zustimmung aller patriotischen Kreise des Volkes finden und auch bei der hundertjährigen Geburtstagsfeier Wilhelms des Großen ein nachhaltiges Echo Hervorrufen. Der Schwerpunkt der Kaiserrede liegt indessen in der Aufforderung, auch das zu erhalten, was uns unser erster Kaiser erworben hat. Der Ruf des Kaisers geht dahin, uns um das Andenken Wilhelms des Großen zu scharen, „um mit allen Mitteln den Kampf gegen den Umsturz zu übernehmen und unser Land von dieser Krankheit zu befreien, die nicht nur unser Volk durchseucht, sondern auch das Familienleben, vor allen Dingen aber das Heiligste, was wir Deutschen kennen, die Stellung der Frau, zu erschüttern trachtet." „Diejenige Partei die es wagt, die staatlichen Grundlagen anzugreifen, die gegen die Religion sich erhebt und selbst nicht vor der Person des allerhöchsten Herrn Halt macht, muß überwunden werden. Ich werde mich freuen, jedes Mannes Hand in der Meinen zu wissen, sei er Arbeiter, Fürst oder Herr — wenn mir nur geholfen wird in diesem Gefechte!"
Diese Mahnung erinnert an die Königsberger Worte, an die Sedanrede und an andere denkwürdige Aufrufe an das Gewissen des Volkes. Aufs neue tritt der Kaiser der Nation mit der Mahnung entgegen, die Sozialdemokratie in ihrer ganzen Gefährlichkeit zu erkennen. Dabei übermannt ihn die frische Erinnerung an die Verunglimpfung, welche das Andenken unsers ersten Kaisers auch jetzt wieder durch die Umstürzler erlitten hat. Hoffentlich wird der Ernst des uns aufgenötigten Kampfes in den weitesten Kreisen ganz erfaßt und gewürdigt werden. Ueber die Formen, in denen der Kampf gegen die Sozialdemokratie geführt werden soll, haben wir heute nicht zu rechten. Darauf allein kommt es an, daß wir Deutschen uns immer mehr bewußt werden, welche köstlichen Güter uns unser Heldenkaiser errungen hat, und daß sie gegen den innern Feind nicht minder verteidigt werden müssen, wie sie nach außen geschützt sein wollen.
Die Reichsfinanze«.
Der Aufbau der Reichsfinanzen leidet an manchen Mängeln. Man wird dem Schatz- sekretär, Grafen Posadowskh, schwerlich wider- sprechen, wenn er sie für so verworren erklärt, „daß es nur wenigen Auguren möglich ist, dieselben klar zu erfassen." Ein so fest in sich abgeschlossener und lebensfähiger Organismus wie bas deutsche Reich, mit eigenem Haupt und eigenen Gliedern, mit eigenem Willen und eigenen Bedürfnissen verfügt noch nicht einmal über die zu seiner Erhaltung unentbehrlichen
eigenen Finanzquellen. Mit bewundernswertem Eifer ist der Reichstag bestrebt gewesen, ein Finanzsystem für das Reich auszubilden, welches im seltsamen Durcheinander die Finanzen der Einzelstaaten mit seinen eigenen Finanzangrlegen- heiten verquickt und den großen deutschen Bundesstaat bald zum Kostgänger, bald zum Geldspender der Einzelstaaten macht.
Das Reich erhebt selbständig Zölle und eine Reihe von Verbrauchsabgaben und Srempel- gebühren, es hat eigene Einnahmen aus der Reichspost und Reichsdruckerei. aus den Reichs- eisenbahnen und der Reichsbank, aus dem Reichrinvalidenfonds, sowie verschiedene Ber- waltungseinnahmen. Aber es darf die eingehenden Beträge zum Teil gar nicht oder nicht ganz behalten, sondern muß sie zunächst erst an die Einzelstaaten abführen, die sie in die rechte Tasche als Ueberweisungen einstecken, um sie dann als Matrikularbeiträge zur Erhaltung deS Reichs aus der linken Tasche wieder an die > Reichskasse zurückzuzahlen. Bon den Zöllen und der Tabaksteuer darf das Reich 130 Mill. Mk behalten, das Mehr flüßr den Einzelstaaten zu. Die Salz- und Zuckersteuer, sowie die Brannt- wein-Materialiensteuer behält das Reich für sich, die Branntwein-Verbrauchsabgabe erhebt daS Reich ganz für die Einzelstaaten. von den Stempelgebühren gehören der Spielkarten- und Wechselstempel dem Reiche, die Börsenstcuer fällt den Einzelstaaten zu Die Brausteuer verbleibt zwar dem Reiche, ober sie wird nur in einzelnen Staaten erhoben; Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß Lothringen sind davon ausgeschlossen.
Hat das Reich außergewöhnliche Bedürfnisse, für welche die im Etatsgesetz vorgesehenen Einnahmen nicht ausreichen, so muß cs trotzdem, auch wenn die Zölle, Steuern und Stempel den Voranschlag übersteigen, die gesetzlichen Ueberweisungen an die Einzelstaaten machen, während es selbst gezwungen ist, Anleihen aufzunehmen. Hierdurch ist zum Teil die rapide Steigerung der Reichsschulden veranlaßt worden, während anderseits die Einzelstaaten oft gerade bei einer für sie sehr günstigen Finanzlage noch größere Ueberweisungsbeträge erhielten, als im Etat festgesetzt war. Für die Reichsschulde« sind füglich aber die Einzelstaaten haftbar; so ist es gelegentlich gekommen, daß sie selbst ein Mehr von Ueberweisungen vom Reiche erhielten und sich gleichzeitig mit neuen Verpflichtungen in Hinsicht auf die Reichsschulden belasteten. Anderseits find bei diesem System die Matrikularbeiträge der Einzelstaaten fortwährenden Schwankungen ausgesetzt, bald hoch, bald niedrig, je nach den Bedürfnissen des Reiches, zum größten Verdruß der an einer rationellen Finanzwirtschast behinderten Finanz, minister. Genug, diese Verhältnisse, — daS Ergebnis parteipolitischer und demokratischer Finanzpolitik — sind höchst verworren.
Die Zeotrumspartei schlug deshalb im vorigen Jahre vor, die Hälfte der etwaigen Mehrüberweisungen den Einzelstaaten vorzuenthalten und zur Reichsschuldentilgung zu verwenden. Die Reichsregierung möchte nur eine einzige Ueberweisungssteuer beibehalten, für die Matrikularbeiträge periodisch, etwa von fünf zu fünf Jahren, einen Maximalbetrag sestsetzen und die darüber hinausgehenden Reichsbedürfniffe durch neue Steuern decken. Dafür ist der Reichstag jetzt aber nicht zu gewinnen. So schlägt sie vor, für das laufende Etatsjahr die Hälfte der die Matrikularbeiträge übersteigenden Ueberweisungen zwar zur Schuldentilgung durch Herabsetzung des Anleihesolls zu verwenden; tollten indeß die Matrikularbeiträge nach zwer Jahren, also im Etatsjahre 1899/1900 wo sich erst die vollen Wirkungen des EtatsjahreS 1897/98 zeigen können, höher zu bemessen sein, wie die Ueberweisungen, zuzüglich der 1897/98 getilgten Schuldensumme, so soll ein entsprechender Betrag der Matrikularbeiträge un» erhoben bleiben, d. h. es soll im Falle eines Defizits im übernächsten Jahre die Schuldentilgung wieder rückgängig gemacht werden. ES ist dies ein Notbehelf im Interesse der Finanz- Wirtschaft der Einzelstaaten, für die Reichs- fiaanzen schafft er allerdings keine Klärung der verworrenen Verhältnisse.