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eitage zu Wr. 31 des AnZLHäters.

Neuenbürg, Donnerstag den 25. Februar 1897.

Kreta und die Marine.

Verschiedene Blätter haben ihre Bewunder- ung darüber ausgesprochen, daß Deutschland bei einer so wichtigen politischen Begebenheit, wie das Vorgehen der Mächte in der kretischen Frage nur durch den KreuzerAugusta Viktoria" vertreten ist, während die andern europäischen großen Staaten zusammen 28 Schiffe an Ort und Stelle haben. Der Grund für die durch­aus unzureichende Vertretung des deutschen Reiches liegt einzig und allein in dem Mangel an Schiffen. Unsere Flotte ist thatsächlich nicht stark genug, um mehr als diesen einen Kreuzer in die orientalischen Gewässer schicken zu können. Was wir an Kreuzern haben, schwimmt aus allen Meeren.

Es bifinden sich die KreuzerIrene", Prinzeß Wilhelm",Areona" bei der Kreuzer- divifion in Ostasien.Seeadler" undCondor" sind in Ostafrika,Cormoran" ist in Ostasien, Falke" undBussard" kreuzen in den australi- scheu Gewässern;Sperber", der von West- afrika heimgekehrt ist, befindet sich in Reparatur, undSchwalbe" wird in Reserve gehalten, um im Notfälle eines der genannten Schiffe zu er­setzen. Die in der Heimat noch befindlichen SchiffeAlexaridrine",Olga", Marie", Sophie" undGeyer", die erwähntenSchwalbe" undSperber" sind gänzlich ungeschützte Kreuzer, welche nirgends verwendet werden können, wo Widerstand erwartet werden kann. Der eine noch in den heimischen Gewässern bc> findliche KreuzerGefion" bildet Heizer aus und kann diesem Dienste nicht entzogen werden.

Für die Gegner unserer Flotte liegt in diesen Thatsachen ein schwerer Vorwurf. Wenn sich die Unfähigkeit Deutschlands zur See bereits in einer Angelegenheit zeigt, bei der wir nicht in erster Linie interessiert sind, wie würde sich die Lage gestalten, wenn Deutschland einmal in die Notwendigkeit versitzt würde, mit seiner Flotte sür unsere gewaltigen überseeischen Inte­ressen einzutreten? Wir dürfen uns hinsichtlich der Zukunft nicht auf einen märchenhaften Glücks- fall verlassen, der unsere überseeischen Inte ressen auch ohne unser Zuthun vor Schaden wahrt, sondern müssen, wie unser Heer, auch unsere Flotte so stellen, daß sie den Aufgaben gewachsen ist, welche im Ernstfall der Schutz unseres Vaterlandes, unserer Kolonien und unseres Handels an sie stellen wird. In ihrer heutigen Verfassung ist unsere Marine das lehrt das kretische Beispiel überzeugend nicht einmal im Stande, rechtzeitig und mit genügenden Mitteln den Wünschen derjenigen deutschen Reichsangehörigen zu entsprechen, die sich an Leib und Gut bedroht wissen.

Die Gegner der Marineforderungen über­sehen, daß das Wort:Stillstand ist Rück- schritt!" insbesondere auch von der Wehrmacht zur See gilt, und daß eine weise Oekonomie nicht dann besteht, um jeden Preis zu sparen, sondern zur rechten Zeit und am rechten Orte auszugcben. Es giebt eine Sparsamkeit, die in ihren Folgen schlimmer ist als Verschwendung. Vor derartigen Sparsamkeits-Experimenten, möchten wir unsere, in ihrem innersten Wesen so kerngesunde Marine gern bewahrt wissen, in ihrem eigenen, sowie im Interesse des deutschen Vaterlandes!

Die militärischen Führer Griechenlands.

Oberst Timoleon Bassos, der griechi­sche Oberkommandant aus Kreta, entstammt, der N.-Fr.-Pr." zufolge, einer alten Armatolen- häuptlingsfamilie der rumeliotischen Berge. Sein Vater, General Bassos, hat sich in den hellenischen Freiheitskriegen durch heroische Thaten ausgezeichnet; er selbst war im Jahre 1862. zur Zeit des griechischen Interregnums, als Anhänger der Partei Vulgaris sehr thütig und übte durch feurige Reden und durch seine echt soldatische Erscheinung großen Einfluß auf die Menge aus. Bassos hat seine militärischen

Studien im Auslande vollendet und gilt all­gemein als einer der tüchtigsten Offiziere der griechischen Armee. Sprichwörtlich ist seine Unerschrockenheit und seine noch in reiferem Alter er steht jetzt in den fünfziger Jahren vor keiner Gefahr zurückweichende Kühnheit. Er beherrscht mehrere fremde Sprachen und dürfte deshalb mit den Truppenführern der Mächte in persönlich angenehme Beziehungen treten. Außerdem erfreut er sich wegen seiner physischen und moralischen Eigenschaften großer Popularität.

Daß er einer der Lieblingsadjutanten des Königs ist, ja. dessen intime Freundschaft ge­nießt, ist bekannt. In Athen ist man von der Wahl des Obersten Bassos zum Befehlshaber der nach Kreta entsendeten Truppen außer­ordentlich befriedigt. Der Vertrauensmann des Königs verkörpert gegenwärtig alle Hoffnungen der Nation.

Was den neuernannten Oberbefehls­haber der grichischen Seemacht vor Kreta, Admiral Stamatellos, betrifft, so ist auch dessen Wahl eine nicht minder glückliche gewesen und beweist noch einmal, daß alle Dispositionen vom Könige selbst ausgehen. Stamatellos ist eine der wissenschaftlich und praktisch besonders hervorragenden Chefs der griechischen Marine und dürfte sich in jeder Hinsicht seinen großmächtlichen Kollegen in den kretensischen Gewässern ebenbürtig erweisen. Uebrigens war er vor Erlangung der Admirals­würde auch Adjutant des Königs Georg.

Calw, 18. Febr. Ein Bericht über den Besuch der Nürnberger Aus st elluug von Seiten einiger hiesigen Gewerbetreibenden war es, der heute die Mitglieder des Bez. - Handels. Gewerbevereins im Gasthof z. Adler zusammenführte. Was speziell das Fach des Einzelnen betraf, so berichtete Hr. E Wid maier über Möbelfabrikation und Dekoration. Die Ausstellung habe in seiner Branche viel Schönes und Neues geboten. Die Wohn-, Schlafzimmer, und Saloncinricht- ungen in Möbeln altdeutschen Siyls, in ein­facher Ausführung oder in Kunstschnitzerei, im Roccocostyl, oder auch in Bambus ausgeführt, seien wahre Musterleistungen gewesen. Auch für die Kinderstube waren Kinder-Wagen und -Möbel in reichster Auswahl vertreten. Was die Dekorationen anbelange, so sei darin groß artiges geleistet worden, namentlich erregten besonderes Interesse die mit Pflanzengruppen geschaffenen Wanddekorationen, welche sich an den bemalten Hintergrund wirkungsvoll an- schloffen. Trotz der reichen Ausstattung sei dem Beschauer merklich geworden, daß der Zweck nicht außer Acht gelassen und eine Uebersüllung mit Absicht vermieden wurde. Hr. Maler Jäger gab den Anwesenden den Aufschluß über das Lackieren und die vielen Arbeitsvor- gänge, deren es bedarf, um hierin schönes und dauerhaftes zu erzielen. In der Ausstellung sei in diesem Punkt großartiges zu sehen ge­wesen ; Wagen, Chaisen, Coupe's wie auch Kassenfchränke, hätten eine Lackierung gehabt, als wären sie mit Glas überzogen. Die reich­haltigste Ausstellung in Farben habe die Bad. Amilin- und Sodafabrik am Platze gehabt. Hier lagerte ein Kohlenquantum und daneben stand der aus dieser Menge gewonnene Theer, diesem angereiht wieder das aus diesem erhaltene Fortquanlum in Fuchsin. Violett u. s. w Hr. Jäger hatte auch verschiedene Farbproben mitgedracht. welche er mit Bezug auf ihre Echtheit und Anwendbarkeit erklärte. Besonderem Interesse begegnete seine Schilderung über die Vorgänge bei Auswalzung bezw. Ausdehnung des Echtgoldes zum Zweck der Vergoldung der verschiedensten Gegenstände. Der Vortragende verbreitete sich dann noch über verschiedene, seine Aufmerksamkeit ei weckende Gegenstände, welche zwar außer dem Rahmen seines Fachs lagen,

jedoch bei den Anwesenden keinem geringeren Interesse begegneten. Der Vorstand, Hr. Handelsschuldirektor SPöhrer, sprach hierauf namens der Versammelten für die eingehende Berichterstattung den gebührenden Dank aus und reihte hieran einen gedrängten Bericht über die von ihm besuchten Ausstellungen in Genf, Berlin und Dresden. Die Genfer Ausstellung habe zwar äußerlich den Eindruck aüzugroßer Sparsamkeit gemacht, im Innern aber Gegen­stände aufgewicsen, die man auf andern Aus­stellungen vermißte. Hier sah man die Uhren- industrie in den manchfachsten Formen, die älteste Taschenuhr bis zur neuesten kleinen Damenahr; Uhrfedern von den kleinsten, feinsten, wovon Dutzende auf 1 Gramm gehen, bis zu den starken, fanden Verwendung zu Dekorationen manchsachster Art, unter Anderem auch als Lettern auf Firmenschilder. Nicht minder groß­artig war die Bijouterie vertreten. Die Aus­stellung über Hotclwesen habe ebenfalls viel interessantes geboten, und namentlich hätten die praktischen Gegenstände wie die Sticfelreinigungs- maschine sowie eine Spülmaschine welche mehrere Hundert Teller in allerkürzcster Zeit spült und trocknet seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Diese Ausstellung über Hotclwesen ist ein Hotel für sich; die Zimmer sind mit Rücksicht auf die kurze Anwesenheit von Passanten, welche bekanntlich das Interesse aus teuren Einrichtungen nicht gerne bezahlen, geschmackvoll aber einfach gehalten. Die äußere Ausstattung entbehre jedoch nichts an Eleganz. Er habe in Berlin Alt-Berlin, in Dresden Alt-Drcsden und in Stuttgart das Gewerbedorf gesehen, aber allesamt waren wieder etwas anderes als dasSchweizerdorf", das thatsächlich die gesamte Produktion aller Orte der Schweiz, in welchen Industrie getrieben wird, enthalten habe. Die Kieler Ausstellung, welche ein Bild des Marincwesens und zugleich einer holsteinischen GewerbeauSstellung geben sollte, habe in elfterem Punkt nichts erschöpfendes ge­boten. Interessant seien die an Panzerplatten gezeigten Geschoßwirkungen gewesen; Platten bis zu 40 em Dicke wurden glatt durchschlagen. An Schiffen habe man nur kleine Modelle zu sehen bekommen und erst sein Besuch in Hamburg habe ihm Gelegenheit geboten, das Bild vom Seeverkehr zu ergänzen. Die GcwerdeaussteÜunz habe gezeigt, daß die Bevölkerung Holsteins mehr Landwirtschaft als Gewerbe betreibt. Die ausgestellten Möbel seien schön und kräftig geformt, Fourniere aber nur selten angewendet. Vorherrschend in der Industrie sei die Liqueur- und Branntweinindustrie, auch zeigte sich die weibliche Handarbeit sehr gut entwickelt und zwar nicht blos gewerbsmäßig, sondern auch im Privathause. Nicht zu vergessen sei die aus­gedehnte Darstellung des Fischerciwesens, Fisch­räucherei, Fischkonservcn. Aus der B e r l i n e r Ausstellung berichtete der Vortragende unter anderem über die Möbelfabrikation, welche den Charakter trägt, auch dem kleinen Mann, der keine große Wohnung mieten kann, Möbel zu liefern, welcher er in verschiedenster Form ver­wenden kann, z. B. kann eine Bettstelle im Handumdrehen zu einem Sopha, ein Sopha zu einem Tisch oder Schrank verwandelt werden. Auf solche Möbel finden sich viele Käufer. In der Bckleidungsbranche boten großartige Aus­stellungen die Firmen Gerson u Weber und R. Herzog. Redner streifte noch kurz die Dresdener Ausstellung, welche namentlich in Gartenkunst ausergcwöhnliches bot. Der Vortrag war überaus interessant und fand den verdienten Dank durch lebhaftesten Beifall.

Stuttgart, 12. Febr. Im Würt- tembergischen Verein für Handelsgeographie hielt heute Abend Herr Kunstmaler C Wuttke- München einen Vortrag überReisebilder aus dem Kaukasus, Daghestan und aus Transkaspien, Bochora und Samarkand." Redner schilderte