voraus in den Stall. Als man gleich darauf nachkam, fand man dieselbe tot am Boden liegen. Ein Schlagfluß scheint ihrem Leben ein jähes Ende bereitet zu haben.
Anstand.
Aus Wien wird gemeldet: Fürst Max Egon zu Fürstenberg autorisiert das „Neue Wiener Tagblatt" zu der Erklärung, daß die Zeitungsmetdung unrichtig sei. wonach er als nunmehriger Majoratsherr nach Deutschland übersiedeln wolle. Fürst Fürstenberg bleibe Oesterreicher und in Oesterreich, doch werde er als deutscher Standeshcrr einen Teil des Jahres in Deutschland verweilen.
Antwerpen. 14. Jan. Nach einem hier eingegangenen T-legramm hat der französt sche Gesandte in Mex ka an Bord des von Peru inAcapulco eingelroffenen Dampfers „Madelcrne" eine Untersuchung eingeleitet, die ergab, daß auf dem Schifte während der Reise durch eine Kejselexplosion sieben Mann getötet worden waren. „Madeleine" wurde in Acapulco ausgebcsflrt und erhielt darauf die Erlaubnis zur Weitcrfahrt nach San Francisko. Kaum aber war der Dampfer abgegangen, als er durch Flaggenzeichen die Hilfe der Polizei erbat. Der Obcrmaschinist und der zweite Offizier hatten sich infolge eines Wortwechsels aut Pistolen gefordert, und der erste hatte den anderen erschossen.
Unterhaltender Heil.
Wanda.
Von Albert Lindner.
(FoNsetzung.)
Am andern Tage aber erschien Wanda — nicht. Auch dies war Berechnung. Sie hatte die Empfänglichkeit der Natur des Jünglings für leidenschaftlichen Rausch auf dem Leuchtturm sehr wohl beobachtet Einer tolchen Natur gegenüber war Säumnis und Hinhalten sehr richtig angebracht. Die Ungeduld mußte ihn mürbe machen. Wenn seine Leidenschaft zornig wurde, Um so besser. Und wenn dann die Angebetete im vollen Glanz ihrer Reize plötzlich und unerwartet vor das Auge des Liebhabers tritt, so ist er in allen Winkeln seines Fühlens und Denkens überrumpelt, er hat keinen Willen mehr als den Willen der Herrin.
Erst am dritten Tage schickte sie ihre Kammerfrau zu Jcnjen's Fischerhütle. Der alte Jensen saß vor derselben, die Lampengläsec feines Reflektors putzend. Die Kammerfrau bestellte den Auftrag an den Alten und ging wieder. Jensen rief seinen Sohn vor die Thür und Lars erschien auf der Schwelle. Der Jüngling sah finster aus, seine sonst so klaren blauen Augen lagen tief in den Höhlen, als wenn er zwei Nächte kein Auge zugekhan hätte. Niemand wußte freilich auch, daß er zwei ganze Nächte sich in der Umgebung des Häuschens herumge- trieben hatte, welches die Baronin bewohnte. Der Lichtschein, der aus einem der Zimmer in die Nacht hinausfiel, war beinahe die einzige Nahrung gewesen, woran er Leib und Seele genährt hatte.
„Lars", sagte der Alte, ohne ihn anzusehen, „es ist eine Frau dagewesen, ihre Herrschaft will heute in See, Du sollst Dein Boot takeln, sie will um fünf Uhr am Strande sein."
Lars mußte sich an den Thürpfostcn lehnen. Sein Gesicht wurde abwechselnd rot und bloß. Der Sturm des Blutes legte für einige Augenblicke etwas wie einen schwarzen Schleier vor seine Sehkraft. Dann gieng er ins Zimmer zurück und legte seinen Sonntagsanzug an, einen neuen Seemannshut von steifem Wachstuch, eine dunkle Schifferjacke, die mit kleinen messingenen Knöpfen garniert war. Die Beinkleider staken in Wasserstiefeln, denen man auch ansah, daß sie nicht alltäglich benutzt wurden. Auf beiden Schultern und im Nacken ruhte nachlässig das gerollte, tief goldig blonde Haar. Das blaue Auge blitzte wieder frisch in die Welt; in der Thai, Lars war ein verdammt hübscher Bursche geworden.
Kaum war er mit der Auftakelung seines Bootes fertig geworden und das Boot lag zum Abstoßen bereit, als die Baronin den Badesteig daher kam und das kleine Stück bis zu Lars mit erhobenem, lächelnden Antlitze hintrippelte. Lars traute seinen Augen nicht. Das Handtau. das in dos Boot lief und das er in den Händen hielt, ließ er zwischen diesen Händen hin und her laufen, wie es einer thut. der höchst bestürzt oder verlegen ist. Die Erscheinung, die er sich nähern sah, war aber auch ausgesucht blendend. Sie trug ein wasserblaucs Kleid, das mit weißen und echten Spitzen garniert war und über den Schultern einen Ueberwurf von weißem Atlas. So weit die Robe am Halse ausgeschnitten war, ließ sie ein goldenes Medaillon sehen, das an einer Kette von echten Perlen hing. Auf dem vollen Haar saß ein modernes, elegantes Sommerhütchen. Der beste Schmuck an dieser hinreißenden Erscheinung war aber das reizende Gesicht mit dem slavischen Stumpfnäschen und den zwei braunen Edelsteinen, die als Augen darin funkelten
„Guten Tag, Lars Jensen", sagte sie her- antreiend und ihm voll zulächelnd, und bot ihm dabei ihr Händchen zum Gruße dar. „Sie sind mir wohl böse gewesen, weil ich vorgestern nicht Wort gehalten? Ich will Ihnen das während der Fahrt erzählen. Machen wir nur, daß wir hinauskommen in's offene Meer. Ich werde da eher plaudern können, wie mir um's Herz ist. Wo und wie soll ich einsteigen?"
Lars blickte einmal verlegen die Baronin und dann dos Boot an nnd wurde rot.
„Der Bord ist zu hoch. Frau Baronin —"
„Ja, das seh' ich!"
„Und eine Bank — ein Stuhl — die Badehütten sind verschlossen —" fuhr er immer verlegener fort, indem er in halber Verzweiflung sein Auge nach den nahen Badehütten schickte.
„Dann hilft das aber nichts", und Wanda sah ihn schelmisch, fast zärtlich dazu an. „dann müssen Sie mich ins Boot heben."
Lars riß die Augen auf und richtete sie auf das Gesicht der Baronin. In dem Aus- druck dieser Züge mußte aber etwas liegen, was ihm schnell allen Mut zurückgab und ihn aller Bedenklichkeiten überhob. Ec hob die Baronin mit kräftigem Griff empor, umschlang ihre Taille mit dem linken Arm, ließ die Füße der Dame einen Augenblick auf dem rechten ruhen und schwang sie leicht wie eine Feder ins Boot. Daß er das gedurft und das gethan, schien seine ganze Natur verändert zu haben. Was an Schüchternheit gegen das Weib überhaupt, was an Respekt vor der Aristokratin, was an Mangel an Selbstvertrauen bisher in ihm vorhanden gewesen war, war mit einem Male aus ihm geschwunden. Er war selbstbewußter geworden, die Stärke seines Fühlens begann die Freiheit und Ungcniertheit seines Auftretens zu entsprechen — kurzum er fühlte sich der Dame bedeutend genähert.
„Bitte. Frau Baronin, in diesem engen Bootsraume müssen Sie mich schon als Hausherrn betrachten und sich meinen Anordnungen fügen. Nehmen Sie diese Bank zum Sitz — mein Gott, ich habe für gar nichts gesorgt, die ganze Sache kam mir so unerwartet —"
„Ader was thun Sie denn?" fragte Wanda erstaunt.
Lars zog seine neue Jacke aus und breitete sie feinsäubcrlich über die Bank hin.
„In Ermangelung einer Decke", lachte er. „Auch sitzen Sie hier im Schatten des Segels, sonst dürfte diese Julisonne noch lästig werden. So lange wir seewärts treiben, muß ich am Steuer bleiben."
Man merkt, daß Lars auch in der Fassung seiner Reden schon recht selbständig geworden, während er früher keinen zusammenhängenden 'Satz hcrausbrachte.
Das Segel blähte sich langsam und allmählich, denn der Südostwind war schwach. Lars hielt den Kours zwischen den Inseln Borkum und Rottum hindurch in gerader westlicher Nicht- ung, .seine Hand aber verließ das Steuer nicht und seine Augen nicht die Wasserfläche. Die Baronin sah ungeduldig nach ihm hm und be
merkte endlich nach zehn Minuten, die seit der Abfahrt verflossen waren. „Ihr seid heute ein schlechter Gesellschafter, Lars, und thut ja, als wenn alle Gedanken und Sinne auf das Segeln gerichtet sein müßten. Unterhaltet mich lieber. Wie heißt die Insel dort links hinaus?"
„Rottum. Aber zu einer Unterhaltung ist es zu früh, Frau Baronin. Denn wir sind noch zwischen den Untiefen der Küste und die ganze Jnselschnur von Fricsland bis zur Elbmündung soll ja einst mit dem Festlande verbunden gewesen sein, wie unsere Väter erzählen. Hab' ich diese Watten hinter uns, dann wert»' ich am Segel beschäftigt sein und nördlichen Kours nehmen müssen."
Der Unmut im Gesichte der Baronin verstärkte sich.
Ihr wollt mich düpieren, Lars. Warum laßt Ihr bei diesem Wetter das Boot nicht laufen, wie es selbst will?"
„Weil ich vermute", lachte Lars, „daß die Frau Baronin nicht Lust hat, in Schottland zu übernachten und weil ich für eine Rückreise weder Ruder noch Lehensmittel im Boot habe. Können Sie merken, Gnädigste, woher uns der Wind kommt?"
„Gerades Wegs vom Dollart herüber, denk' ich", war die Antwort.
„Und gerades Wegs nach dem Dollart zu müssen wir auch wieder nach Hause. Wie machen wir das?"
Wanda stutzte und sah ihn an.
„Ja. wie machen wir das?"
„Wir halten eine Meile nach Norden, kreuzen dann und holen uns stückweise den halben Wind für das Segel ein. Das Boot wird sich dabei etwas auf die Seite legen, aber wenn Sie ruhig sitzen, ist keine Gefahr bei so stillem Wetter."
(Fortsetzung folgt.)
(Die Namen der Finger) sind gegenwärtig zum Teil ganz andere wie früher. Während man jetzt von einem Zeige-, Mittel- und kleinen Finger spricht, gab man noch vor zweihundert Jahren diesen drei Gliedern der Hand folgende Namen: „Topflecker" , „Langer Heinz" und „Ohrfinger". Letztere Bezeichnung rührt daher, weil man bei Jucken im Ohr unwillkürlich mit dem dünnsten Finger, dem kleinen Finger, in das Ohr hineinfährt. Daumen und Goldfinger haben ihre Namen allerdings nie geändert. Die heutige Bezeichnung „Zeigefinger" entspricht dem Lateinischen, in welchem dieser Finger „mckox" (Anzeiger) genannt wurde.
Auflösung der Charade in Rr. 9.
Augenblick.
Rätsel.
Vorwärts eines Gottes Name
Dessen eifersücht'ge Dame
Selten sich mit ihm vertrug
Rückwärts nur ein schmaler Streifen
In dem großen Brüderreifen
Rätst du mich, so tust du klug. 8. 1.
Telegramme.
Berlin, 17. Jan. Nach dem gestrigen Diner beim Kaiser lud dieser u. a. den Grafen Goluchowski und den österr. Botschafter zu einer Unterhaltung bei einem Glase Bier ein. Die Unterhaltung dauerte bis Mitternacht.
Berlin, 17. Jan. Zur heutigen Feier des Krönungs- und Ordensfestes trugen das Schloß und die Privatgebäude in der Umgebung des Schlosses Flaggenschmuck.
Konstantinopel, 18. Jan. Wie es nunmehr heißt, übermittelte die Pforte den Botschaftern eine Note, worin sie die Annahme des Organisationsentwurfs für die Gendarmerie in Kreta anzeigt, jedoch mit dem Vorbehalte» daß die Aufnahme von Ausländern in das Gendarmeriekorps nur provisorisch eintritt und griechischen Unterthanen gar nicht gestattet.
New-Jork, 17. Januar. In einer Wäschefabrik zu Dallas in Texas brach Feuer aus. 15 Mädchen kamen dabei in den Mammen um; 9 wurden schwer verletzt.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meehiu Neuenbürg.