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urjachten, begleitet. Von Hagel wurden betroffen Markungen der O.A.-Bez. Böblingen, Leonberg, Vaih­ingen, Waiblingen, Eßlingen, Calw, Horb, Nürtingen, Oberndorf, Tübingen, Urach, Aalen, Crailsheim, Gera- bronn, Hall, Oehringen, Welzheim, Biberach, Saulgau. Ueberschwemmungsschäden werden berichtet aus den O.A. Bcz. Böblingen, Eßlingen, Waiblingen, Bal­ingen, (Eyachthali, Horb, Nürtingen, Oberndorf, Tüb­ingen, Urach, Aalen, Gmünd, Heidenheim, Welzheim, Biberach, Göppingen, Kirchheim. Durch Fortschwemmen von Acker- (auch Weinberg-'! Boden, von Gärten von Feldsrüchten wie auch durch Verschlammen von Gewächsen, besonders von Wiesengras, wurden zum Teil bedeutende, aber zunächst noch nicht übersehbare Schäden angerichtet. Die Winterfrüchte haben sich unter dem Ein­fluß das Wachswetters überall da, wo ihr Stand kräftig und dicht war (am häufigsten in Bezirken des Nekarkr.), sehr schön weiter entwickelt; in manchen Gegenden aller

4 Kreise hat sich ihr Stand wessentlich gebessert; in nicht wenigen Bezirken aber, am meisten im Schwarzwaldkr., sind viele Winterfrüchte dünn und kurz geblieben. Die Roggenblüte verlief wegen häufiger Regenfälle nicht über­all günstig. Die Sommerfrüchte, selbst die spät- aesäten, haben sich sehr erholt und zeigen fast allerorten schönen, dichten, ja häufig üppigen Stand. Vereinzelt wurde Gerste infolge zu reichlicher Niederschläge gelb. Mehrfach wird starke Verunkrautung der Fruchtfelder erwähnt. Frühzeitig gelegte Kartofseln zeigen meist normalen Stand; sehr spät gelegte sind kaum erst, ja stellenweise noch nicht aufgegangen. Da und dort zeigen sich Lücken, auch wird auf zu Nässe geneigten Feldern das Wachstumdurch allzureichlichen Regen beein­trächtigt. Hopfen giebt gute Aussichten; spät be­schnittene Anlagen sind noch zurück. Rottenburg «Lias) und Baihingen ermähnen starkes Austreten der Erdflöhe. Für den Futterwachs war die Witterung der letzten Wochen überaus günstig. Der Umstand, daß das Klee­areal durch Umpflügen in allen 4 Kreisen (am meisten im Schwarzwald- und im Jagstkreiss wesentlich ver­mindert wurde und daß nur ein Teil der Kleefelder gute Erträge vom ersten Schnitt gewährt, giebt zunächst keine Veranlassung zu Besorgnis, weil die übrigen Futtergewächse einen reichlichen Schnitt liefern. Ein Teil des Klees ist dünn und kurz und zeigt Leerstellen. Noch die besten Kleebestände trifft man im Donau- und Nekarkreis. Luzerne steht wesentlich besser als Klee. Das Dörren ist zwar durch häufigen Regen erschwert, doch wurde manchen Orts Klee- und Luzernenheu gut unter Dach gebracht. Bei den Wiesen zeigen sich zwar Unterschiede, aber im Ganzen des Landes wird die Heuernte, welche durch die Unbeständigkeit der Witterung hintan gehalten wird, und um Mitte Juni nur in einzelnen Gegenden in Gang gekommen ist, guten Ertrag liefern. In kalten Thälern, sowie auf manchen im Vorjahr durch Mäuse beschädigten, trockenen Wiesen ist das Gras kurz geblieben. Die Aussichten auf K ern- obst sind leider seit dem letzten Bericht gesunken, be­sonders hinsichtlich der noch vor 4 Wochen zu schönen Hoffnungen berechtigten Aepfelbäume. Birnen geben, wie schon um Mitte Mai, meist geringe Ausfichten. Die Ursachen des Rückganges bei den Aepfeln sind teils der bis gegen Ende Mai langsame Verlauf der Blüte, teils aber und noch mehr die im größeren Teile des Landes in Masse auftretenden Obstschädlinge, versch. Raupenarten (besonders die Raupe des Frostspanners), sodann der Blütenstecher (Kaiwurm). In vielen Berichts­bezirken wurde die reichliche Aepfelblüte, wie auch das Laub durch die Schädlinge zerfressen. Ein Bericht­erstatter schreibt das massenhafte Auftreten der tierischen Pflanzenfeinde dem milden Winter zu. Immerhin haben die Kernobstbäume in manchen Ber.Bez. günstig verblüht und mehr oder weniger reichliche Früchte angesetzt, so Apfelbäume in Backnang (Muschelkalk), Horb Muschelkalk), Oberndorf, Rottweil (Muschelkalk und Bunt­sandstein), Tuttlingen, (Lias), Aalen, Ellwangen, (Lias), Hall, Heidenheim, Neresheim, (weißer Jura), Blaubeuren (Molasse), Ehingen (weißer Jura), Geislingen (weißer Jura), Laupheim, Leutkirch, Riedlingen (Molasse), Saul­gau, Tettnang; Birnbäume stehen befriedigend in Oberndorf, Rottweil (Muschelkalk und Bunt-Sandstein), Tuttlingen (Lias), Hall, Neresheim «weißer Jura), Ehingen (Molaffe), Geislingen (weißer Jura), Laup­heim, Leutkirch, Saulgau. Bemerkenswert ist, daß die Klagen über M 8 usesraß verstummt sind.

Ausland.

In der ungar. Hauptstadt ragt zur Zeit eine internationale Telcgraphenkonscrenz. Es ist der Antrag gestellt, daß auch im großen telegraphischen Weltverkehr 15 Buchstaben und

5 Zahlzeichen je als ein Wort gezählt werden; ferner soll zur Vermeidung unnötiger Worte im telegraphischen Verkehr ein allgemein gültiges Wörterbuch herausgegcben werden. Die schweizer­ische Postverwalkung hat ein solches bereits her- gestellt, aber mehrere Verwaltungen haben es nicht angenommen. weil es zu sehr lückenhaft ist. Wenn nur wenigstens im deutschen Reiche endlich einmal vernünftiger Wandel geschaffen würde! Mit den internationalen Depeschen hat die Sache weniger Eile. Die Bcrl. Tele- grophenbcomlen können z. B. keinen Eisenmarkt und kein lllUmogeld als ein Wort. Es ist schon vorgekommcn. daß ein Berliner Telegrapheu- dcamler das Wortzuerst" als zwei Worte loxrert hat. Den Tclegraphenverwaltungcn

kann es ja einerlei sein, wie das Publikum tele­graphiert. wenn es sich nur gegenseitig versteht.

Linz, 26. Juni. Im Strafhause zu Garsten ist ein Aufruhr ausgebrochen. Zwei Kompagnien Jäger sind dorthin abgegangen.

In den Bereinigten Staaten von Nord­amerika findet kommenden Herbst wieder die Wahl eines Präsidenten und eines Vize­präsidenten statt. Als Kandidat der repu­blikanischen Partei wurde der bekannte Schutz­zöllner Mackinley aufgestellt. Die demokrat. Konvention, welche ihren Kandidaten aufstellen wird, findet erst in einiger Zeit in Chicago statt. Falls Mackinley Präsident der Vereinigten Staaten würde, so haben sich sowohl die Spanier als die Engländer aus einen Krieg mit den Ber. Staaten ernstlich vorzubereiten, denn Mackinley will alle Europäer, sowohl von dem nordamerikanischen Festland, als von den in der Nähe gelegenen Inseln vertreiben. Uebrigens wird auch in Amerika die Suppe bei weitem nicht so heiß gegessen, als sie gekocht wird.

St. Louis ist von einem neuen Wirbel- sturm heimgesucht worden. Viele wieder auf­gebaute Häuser wurden abermals eingerissen, zahlreiche Menschen sind verletzt.

Petersburg, 26 Juni. Eine fünf­zehnköpfige Räuberbande überfiel die Station Molosovo der Baltischen Bahn, gerade als ein Personenzug dort einlief. Es entspann sich ein blutiger Kampf, bei dem vier Räuber tätlich verwundet wurden. Die übrigen ent­flohen.

Nach Angabe der Petersburger Fabri­kanten dülj'e die Zahl der feiernden Arbeiter in Petersburg 176000 betragen. In einzelnen Fabriken ist die Arbeit wieder ausgenommen worden. Bei anderen schweben noch Verhand­lungen zwischen den Parteien. Man rechnet auf eine baldige, völlige Beilegung der Zwistig­keiten.

Sowohl der Prinz wie die Prinzessin von Wales haben die Knochen ihrer Hand mittels der Röntgen'schcn Strahlen photo­graphieren lassen. Die neue Diagnose stellte auf diese Weise fest, daß der Prinz von Wales an der Gicht leidet, dem Erbleiden seiner Familie. Das ist bekanntlich der Grund, weshalb der britische Tronfotger jedes Jahr Homburg aufsucht.

Nnterhaltender Herr.

Ein unheimliches Erlebnis.

Von Oscar Linden.

(Schluß.)

Ich hatte keinen Grund, dem Arzte böse zu sein und reichte ihm zum Zeichen meiner weiteren Freundschaft die Hand.

Don Esteban drückte dieselbe warm. Doch als ich ihm entgegenblickte. schien es mir, als weiche sein Auge meinem Forschen aus.

Kommen Sie, Mister Currends, wir wollen uns zu den Damen auf die Veranda begeben."

Ich gehorchte dieser Einladung schweigend und trat mit ihm auf die Veranda hinaus.

Dort fanden wir Ellen und Marietta, welche uns mit herzlichem Lachen empfingen.

Es war schon spät am Abend, als wir in den Salon zurückkehrtea. Don Ardillos und seine Frau, da ich und Ellen an diesem Abende frei hatten, luden uns zu Tische. Doch wollte das Gespräch heute nicht recht in Fluß geraten. Esteban blieb schweigsam und still. Zum ersten Male bemerkte ich, daß er den Fragen seiner Gemahlin soviel als möglich auswich und sich mehr mit Ellen unterhielt, als mit Marietten.

Mitternocht war schon vorüber und wir trennten uns von unfern Gastfreunden mit einem herzlichen Gutnachtgruße.

Ich und Ellen suchten unser Schlafgemach auf.

Sonderbar. Heute gelangte ich nicht zur Ruhe. Ellen schlie) schon lange, doch ich konnte und vermochte keinen Schlaf zu finden. Ein eigentümlichesEtwas" dämmerte in meinem Gehirn auf. Mir war es, als müßte ich einem unbestimmten Willen gehorchen. Da schlug die Thurmuhr die erste Stunde nach Mitternacht. Mich trieb es aus dem Zimmer hinaus und unwillkürlich suchte ich nach einer Waffe. Es

dämmerte in mir der Gedanke auf. Ein Messer' Ja! Da am Tisch lag es. So sehr ich mich da^ gegen sträubte, die Waffe mir anzueignen, so mußte ich dennoch nach ihr greifen. Meine Finger klammerten sich, durch eine fast über- irdische Macht hiezu gezwungen, um den elfen­beinernen Griff. Kaum hotte ich die Waffe in der Hand, als es mich auch aus dem Gemache trieb. Wohin? Das wußte ich nicht. Ich mußte hinaus. Langsam schlich ich mich durch den Korridor. Eine bestimmte Thür mußte ich öffnen, das wußte ich. Nun stand rch an derselben^ Ohne daß ich es ahnte, stand ich im Schlaff zimmer Ardillos. Mein Gehirn schien mir aus dem Schädel springen zu wollen. Was wollte ich thun! Vor dem Belte Donna Mariettas stand ich. und wie meine Blicke die Frau im ruhigen Schlummer liegen sahen, kam es wie Mordlust über mich. Nun wurde es mir klar, Don Ardillos hatte mir suggestiert. ich solle seine Frau ermorden! So hätte er sein Weib und mich aus dem Wege geräumt, um Ellen sein Eigen nennen zu können! Gewaltsam drang diese Er­kenntnis in mich und nochmals bäumte ich mich auf gegen einen Mord. Umsonst. Ich mußte den Mord vollbringen. Da fühlte ich. daß meine Hand sich unwillkürlich hob. Krampfhaft um­schlossen die Finger nun das Messer und mit voller Wucht führte ich den Stoß nach der schlummernden Frau! Im selben Momente fiel das Messer zu Boden. Meine geistige Kraft, die Herrschaft über mich selbst hatte ich wieder erlangt. Gleich einem Wahnsinnigen stürzte ich aus dem Gemache. Mit beflügeltem Schritte eilte ich nach dem Salon. Die Uhr darinnen schlug die zweite Morgenstunde. Das Licht in; Gemache brannte noch. Im Schaukelstuhle sah ich Don Esteban sitzen. Doch glaubte ich vor Schreck aufschreien zu müssen. Aus den Schläfen des Arztes rieselte ein kleiner Blutstrom Este­ban hatte sich erschossen. Die That mußte in demselben Augenblick geschehen sein, als mir das Messer entfallen war, denn die Leiche war noch warm. Die That der Verzweiflung hatte mich von der Suggestion befreit und als Estebaa die Mordwaffe gegen sich selbst richtete,-und sein Leben, infolge der Aufregung, in welche ihn die Suggestion versetzte, endete, hatte auch mich die geheimnisvolle Macht. unter deren Einfluß ich gestanden, und die mich unbewußt zum Mörder gemacht hätte, verlassen. Donna Marietta, so­wie meine Frau eilten, nachdem ich ihnen Don Esteban's Selbstmord mitgeteilt, sofort in den Salon. Die junge Frau war untröstlich über die That ihres Gemahls. Wenige Tage später trugen wir ihn zur ewigen Ruhe. Donna Ardillos jedoch hatte keine Ahnung, welchen Kampf ich an ihrer Lagerstätte durchgemacht. Als ich und Ellen aus Barcelona schieden, gab uns die junge Wittwe das Geleite nach dem Bahnhofe. Meine Frau jedoch hatte der Freundin das Versprechen geben müssen, sobald es ginge, nach Barcelona zurückzukehren. Mir gelang es erst durch vieles Zureden, Ellen von dieser Ab­sicht zurückzuhalten. Bis heute forscht meine Frau nach den Gründen, welche mich auf eine Rückkehr nach Spanien verzichten lassen. Und ich bitte Sie, meine Herren, das, was ich Ihnen mitgeteilt habe, als ein Geheimnis betrachten zu wollen", schloß Mister Currends seine Er­zählung.

Wir haben unser Wort gehalten. So lange der Schulreiter und seine Gattin in H. weilten, blieb der Letzteren das fürchterliche Erlebnis ihres Gatten, das er uns mitgcleilt hatte, ein Geheimnis. Als Mister und Miß Currends aus H. schieden, langte ein Schreiben von Donna Ardillos aus Barcelona für das Ehepaar ein. Mister Currends machte uns dann die Mit­teilung, daß die Donna einen neuen Bund für das Leben geschlossen und den Schulreiter samt Frau zur Trauung eingeladen hatte.

(Ganz bestimmt.) Hotelgast (zum Kellner); Sagen Sie mir nur, wo steckt denn der Haus­meister. wo und wann ist denn der am sichersten zu treffen?"Bei der Abreise!"

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von L. Me eh in Ne.urubürg.