Handel, wie bei jedem Handel, ein Kaufgeschäft, ohne dessen Auswüchse anzuerkennen. Die dritte, -wischen beiden stehende Gruppe wurde von den Vertretern der Regierung gebildet, sie neigt je­doch mehr den Anschauungen der ersten Gruppe zu.

In der That steht der Terminhandel, wie er sich jetzt an der Börse zeigt, mit den Be- dürfnissen der Produktion und der Konsumtion durchaus im Widerspruch. Zwar hat der Termin­handel auch seine nützliche Seite, indem er häufiz die großen Preisschwankungen beseitigt und einen gleichmäßigen, nur geringen Schwank- ungen unterworfenen Preis herstellt. Allein diese nützliche Seite tritt nicht immer hervor. Die an der Börse herrschende Praxis hat in den letzten Jahren wiederholt zu recht auffallenden Preisschwankungen geführt. Die jüd. Berliner Getreidcfirma Cohn u. Rosenberg beispielsweise hat durch verschiedene Machenschaften den Roggen­preis an der Börse so unverhältnismäßig her« abgedrückt, daß nach den eingehenden Untersuch­ungen des Handelsministers sich der Schaden, den diese eine Firma unsern Landwirten zuge­fügt hat, auf drei bis vier Millionen beläuft.

Solche unerhörten Vorkommnisse stehen nicht vereinzelt da. Da sie von der Landwirt­schaft als ein Krebsschaden schwer empfunden werden, so kann man es ihr wahrlich nicht ver­denken, wenn sie mit allen Kräften das Nebel auszurotten sucht. Auf der andern Seite liegt die Gefahr nahe, das Kind mit dem Bade aus- zuschüiten. Würde der Terminhandel beseitigt werden, so würde damit auch die Versicherung gegen das Risiko wegfallen, und es könnten die Befürchtungen eines bekannten Landwirts, des Herrn v. Graß-Klanin, eintreffen, daß der Handel nicht mehr mit derselben Bereitwilligkeit gerade in der Zeit eintritt, wo die Landwirtschaft am allernotwendigsten Geld braucht.

Wenn es also möglich wäre, diese Vorzüge des Börsen-Terminhandels zu erhalten und die Nachteile zu beseitigen, so wäre das ohne Frage die beste Lösung. Um das zu erreichen, haben sich die verbündeten Regierungen nicht für die Radikal kur entschieden. Die Vorlage enthielt schon eine Reihe von einschneidenden Maßnahmen, um die Mißstände im Terminhondel zu beseitigen; die Kommission hat diese Bestimmungen noch bedeutend verschärft. U. a. hat sie dem Bundes­rat die Befugnis zugesprochen, den Börsen- Terminhandel in Waren, also auch in Getreide, von Bedingungen abhängig zu machen, oder ihn ganz zu verbieten. Wenn also die Mißstände au der Börse durch die in der Regierungs­vorlage und in den Kommissionsbeschlüffen fest- gesetzten Bestimmmungen nicht beseitigt werden, so bleibt das letzte Mittel dem Bundesrat immer noch übrig.

An die jüngsten Börsendebatten des Reichs­tags schloß sich in dessen Samstagssitzung des­selben eine lange Erörterung über die schweben­den Pläne einer Umwandlung zunächst der E' und Mrprozentigen Reichsanleihe an. Aus der Beantwortung der betreffenden Anfrage des Abg. Meyer-Danzig durch den Staatssekretär Grafen Posadowsky läßt sich entnehmen, daß wenigstens in nächster Zeit eine solche Kon­vertierungsmaßregel noch nicht zu erwarten steht und daß ein etwaiges Vorgehen der Reichs­regierung in der beregten Frage erst nach ein­gehenden Besprechungen mit den Regierungen der hauptsächlich in Betracht kommenden Einzel- Maten erfolgen wird. Die Debatte über die Interpellation Meyer brachte keine neuen Ge- llchtspunkte in der Umwandlungsfrage.

Berlin. Da der Reichstag in zweiter sfung die Börsenreformgesetze angenommen hat: >i berliner Termin-Geschäft in Getreide

.-^."bcnfabrikaten verboten sein soll," beab- ^ Agrarier die Reichsregierung zu fuchen, mit allen anderen Staaten in Verbind- ^ treten, um dort ebenfalls ein Verbot k r ^erminhandels durchzusetzen. Die ganze lervative Partei wird daher in den nächsten Resolution unterbreiten, die den A veranlasst ^^ierung zu solchen Schritten

5. Mai. Die Reichstagskom- II vn für Beratung des bürgerlichen Gesetz­

buches nahm den Paragraph 1551 über Ehe­scheidung wegen ehrlosen und unsittlichen Ver­gehens nach der Regierungsvorlage an. strich aber den Paragraph 1552 betr. die Ehescheidung wegen Geisteskrankheit. Paragraph 1553, welcher besagt, das Scheidungsrecht erlischt durch Ver- zeihung, wurde unverändert angenommen. Para­graph 1554 betr. die Fristen bei einer Scheid­ungsklage wurde mit einem Zusatzantrag Bachems augenommen.

Der jüngste Krisen lärm verstummt all­mählich wieder, mit der nochmaligen Kanonade derKöln. Ztg." gegen den einflußreichsten Gegner der Reform des Militärstrafprozeffes ist die Sache zunächst wohl als abgethan zu be­trachten. Offenbar ist die allerhöchste Entscheid­ung in dieser Frage ausgesetzt worden. Das Weitere bleibt also abzuwarten.

Berlin, 5. Mai. Das Staatsmini sterium trat am Sonntag, nachmittags 2 Uhr in der Wohnung und unter dem Vorsitz des Reichskanzlers Fürst Hohenlohe zu einer Sitzung zusammen. An der Sitzung, die bis 6 Uhr dauerte, nahm außer sämtlichen Ministern auch der Staatssekretär Graf v. Posadowsky teil. Wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, soll die Zustimmung zu dem Verbot des Ge- treideterminhandels beschlossen worden sein. Dem Antrag des Handelsministers auf Zurückziehung des Gesetzentwurfs über die Handelskammern wird Folge gegeben werden. Dem Landtag soll demnächst noch der Entwurf eines Schulden­tilgungsgesetzes zugehen.

Berlin, 5. Mai. DieBerliner Korr." meldet, infolge eines Beschlusses des preußischen Staatsministeriums sind die Beamten sämtlicher Ressorts neuerdings nachdrücklich darauf hinge­wiesen worden, daß es mit den Pflichten eines Staatsbeamten völlig unvereinbar ist, sich an Agitationen zu beteiligen, welche gegen die Durch­führung der Regierungspolitik gerichtet sind.

München, 5. Mai. Fürst Ferdinand von Bulgarien ist hier eingetroffen. Er stattete heute dem hiesigen russischen Gesandten einen Besuch ab, den dieser alsobald erwiderte.

München, 5. Mai. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten erklärte der Kultminister, er sei ein Anhänger des Ge­dankens gewesen für Zulassung der Absolventen von den Realgymnasien zum ärztlichen Studium. Nachdem er aber bemerkt habe, daß in ärztlichen Kreisen selbst sich Widerspruch dagegen erhebe, komme er von dieser Anschauung zurück.

Sosnowez (Polen), 5. Mai. Bei einer Grube in Niemez, welche einer Aktiengesellschaft gehört, ist ein allgemeiner Ausstand ausge­brochen. Die Bergleute versuchten die Grube durch Abstellung der Wasferableitungsmaschine zu ersäufen und drangen auf den Steiger ein, der dies verhinderte und dabei zwei Angreifer nieder- fchoß. Die hierdurch wütend gemachte Menge erschlug den Steiger mit Keilhauer.

Karlsruhe, 5. Mai. Bei der heutigen Bürgerausschuß Ersatzwahl zur zweiten Klasse wurden von 1758 Wahlberechtigten 617 Stimmen abgegeben, welche sämtlich auf die Kandidaten der vereinigten nationalliberalen und konser­vativen Partei entfielen. Die anderen Parteien enthielten sich der Wahl.

Das gesamte Setzerpersonal des sozial­demokratischenVolksblatles" in Halle a. S. ist gestern in einen Streik eingetreten, weil die Genossenschaftsdruckerei die Zahlung des Lohnes für den 1. Mai verweigert hatte.

Wegen fahrlässiger Tötung ihres Dienst- Mädchens verurteilte die Strafkammer von Star gart in Pommern den Gerichtsassistenten Michaelis und dessen Ehefrau zu zwei bezw. sechs Monaten Gefängnis. Das Dienstmädchen hatte sich durch Explosion einer Petroleumlampe schwere Brandwunden zugezogen, war aber erst später in ärztliche Behandlung gegeben und kurz vor dem Tode ins Krankenhaus gebracht worden.

Herne, 1. Mai. Eine Sch and that sondergleichen wollte ein Ehepaar auf dem Kirch­hofe in Herne vollführen. Mehrere Kirchhofs­besucher überraschten nämlich zwei Personen. Mann und Weib, die damit beschäftigt waren, eine Grube auszuwerfen, um darin ein in Tücher eingewickeltes halbjähriges lebendes Kind zu be­

graben. Eine Frau aus dem benachbarten Bruch nahm sich des armen Wesens an. während die beiden Unmenschen verhaftet wurden.

Württemberg.

Stuttgart, 5 Mai. Die Kammer der Abgeordneten eröffnet? heute nachmittag ihre Sitzungen. Vor Eintritt in die Tages­ordnung hieß Präsident Payer die Abgeord­neten herzlich willkommen. Der Amtsnachfolger des verstorbenen Prälaten v. Walcker von Hall, Prälat v. Schwarzkopf, leistete den Stände­eid in die Hände des Präsidenten und nahm dann seinen Sitz in der Prälatenbank ein. Eingelaufen ist u. a. eine Nachforderung zum Finanzgefetz betr. Beiträge zu Straßenbauten. Ferner sind 2 Interpellationen eingelaufen. Die erstere, vom Zentrum eingebracht, fragt an. in welchem Stadium sich die Arbeiten betreffend die geplante Militärstrafprozeßordnung befinden. Die 2., vom Abgeordneten Egger (Zentrum), betrifft das in einzelnen Revieramtsbezirken des Oberlands erlassene Verbot des Holzsammelns und Befahrens der Waldwege und bittet, die Frage im Interesse der leseholzsammelnden Leute zu behandeln. Der Schriftführer verlas hierauf noch zahlreiche Eingaben, die in der Zeit der Vertagung eingelaufen find, darunter befindet sich eine Eingabe um Errichtung der Albbahn Urach-Münsingen und Verstaatlichung der Ermsthalbahn, ferner um Errichtung einer Bahn von Jsny an die bayerische Grenze; ferner eine solche der Lehrer der humanistischen und der realistischen Lehranstalten um Regelung ihrer Gehaltsverhältnisse; ebenso eine Bitte des Vereins württ. Lehrerinnen. Zur Beratung kam zunächst der Antrag der Kommission für innere Verwaltung über die Eingabe der Schafhalter.

Stuttgart, 1. Mai. Dem württem- bergischen Kriegerbund ist die Veranstaltung einer Geldlotterie genehmigt worden. Es kommen 100000 Lose a I ^ zur Ausgabe. Die Zahl der Gewinne beträgt 1242. Der erste Gewinn ist 10000

Die vierte Nummer derStuttgarter Ausstellungsnachrichten" beginnt mit einer interessanten ArtikelserieEntstehung und Entwicklung der Stuttgarter Ausstellung". Als willkommene Jllustralionsgaben dringt sie eine vortreffliche verkleinerte Abbildung des Aus- stellungsplakats, sowie eine trotz ihrer Kleinheit ungemein deutliche Reproduktion des berühmten Repinschen Kosakenbildes aus der Gemäldeaus­stellung.

Die Glasermeister von ganz Ober­schwaden hielten am vorletzten Sonntag im Löwensaale zu Aulendorf, am Knotenpunkt der oberschwäbischen Eisenbahnen eine Versammlung ab. Es handelte sich um die Aufstellung eines einheitlichen Tarifs, der dann bei den Sub­misstonsarbeiten gebraucht werden müßte. In letzterer Zeit sind nämlich die Preise der Roh­materialien unerhört in die Höhe gegangen und machen eine solche Maßregel zur Notwendigkeit. Es wurde in allen Punkten die größte Ueberein- stimmung erzrelt und wenn dieselbe von Dauer ist, dürfte der Schmutzkonkurrenz, welche da und dort m diesen Geschäften noch herrscht, bald die Spitze abgebrochen sein.

Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Bericht vom 4. Mai, von dem Vorstand Fritz Kreglinger.) Die abgelaufene Woche brachte am Getrerdewelt« markt nicht viel Neues, Amerika ermäßigte seine Forder­ungen etwas, Rumänien ist mit seinen Angeboten zu­rückhaltender, während Rußland immer noch viel Getreide anbietet, ohne daß die Preise eine wesentliche Veränderung erfuhren. Die süddeutschen Märkte sind schwach beschickt, ohne Preisunterschied gegen die Vor­woche. Wir notieren per 100 Kilogramm: Weizen, Azima 16 «4L 75 bis 17 «4L Gulka 16 «4L 75 bis 17 «k 25 Laplata 17 «4k 52 ^ bis 17 -4L 50 Rumänier 16 «4L 50 bis 17 «4L 50 ^, Amerikaner

17 -4L 25 ^4 bis 17 «4L 60 ^z, Kernen, Oberländer

18 «4L 50 Roggen, russ. 13 «6 75 rumänier 14 «4L

«4, Gerste, ungarische 17 «4L 50 Hafer, russ. I».

14 «4L 75 Mais, amerikanisches, weißes 10 «4L 25 Mixedmais 10 «4L 25 «s, Laplatamais 9 -4L 75 ^ bis 10 -4L 40 Mehlpreise per 100 Kilogr. incl.

Sack: Mehl Nr. 0: 27 «4L 50 ^ bis 28 «4L 50 i/, Nr. 1: 25 «4L 50 «s bis 26 «4L 50 Nr. 2: 24 «4L

bis 25 «4L ^!, Nr. 3: 22 «4L 50 bis 23 «4L

Nr. 4: 20 «4L ^ bis 20 «4L 50 Suppengries 28 «4L 50 Kleie 8 -4L 25