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Anzeiger und Unterhaltungsblatt für das Enzthal und dessen Umgegend

Amtsblatt für den Hberamtsbezirk Weuenbürg.

54. Jahrgang.

Nr, 39. Neuenbürg, Dienstag den 10. März 1896.

««scheint Dienstag, BonuerSta-, LamStag und Sonntag. Preis vierteljährlich 1 1» monatlich 40 durch die Post bezogen im Oberamtsbezirk

vierteljährlich 1 ^ 25 monatlich 45 außerhalb deS Bezirks vierteljährlich 1 45 ^ Einrückungspreis für die Ispaltige Zeile oder deren Raum 10 ^s.

Amtliches.

Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend Matzregeln zur Bekämpfung der Maut- «. Klauenseuche.

Vom 21. Februar 1896.

Da neuerdings die Maul- und Klauenseuche eine besonders ausge­dehnte Verbreitung erlangt hat und die Verbreitung der Seuche in einer Reihe von Fällen auf die Verschleppung derselben durch Handelsvieh zurückzuführen ist, wird im Hinblick auf die erheblichen Gefahren für den einheimischen Viehbestand unter Hinweisung auf 8 328 des Strafgesetzbuchs und tz 66 Ziffer 4 des Reichsgesctzes vom 23. Juni 1880/ 1. Mai 1894, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen (Reichsgesetz­blatt von 1894 S. 409), sowie Art. 25 Ziff. 4 des Polizeistrafgesctzes vom 27. Dezember 1871 bis auf Weiteres Nachstehendes verfügt:

8 1 .

Die Oberämter werden ermächtigt. Rindvieh- u. Schweinetransporte, welche von Händlern in den Bezirk aus verseuchten Gegenden einge- führt werden, auf Grund des 8 19 Abs. 1 des Reichsviehseuchengesetzes auf die Dauer von sieben Tagen unter polizeiliche Beobachtung zu stellen.

Die Tiere sind über die Dauer der Beobachtung in besonderen Stallräumen unterzubringen, in welchen während dieser Zeit andere Wiederkäuer und Schweine nicht eingestellt werden dürfen.

Eine Entfernung der Tiere aus dem Absonderungsraum während der Dauer der Beobachtung darf nur nach vorheriger Einholung der Er­laubnis der Ortspolizeibehörde zum Zwecke sofortiger, innerhalb der Ge­meinde unter polizeilicher Kontrole zu vollziehender, Schlachtung erfolgen.

Unmittelbar nach Ablauf der Beobachtungsfrist sind die Tiere von dem beamteten Tierarzt zu untersuchen und es dürfen dieselben erst frei- gegeben werden, wenn diese Untersuchung den seuchenfreien Zustand er- geben hat.

Die vorstehenden Bestimmungen finden keine Anwendung auf Tiere, welche in öffentliche Schlachthäuser, die unter geregelter vetrinärpolizei- licher Aufsicht stehen, zum Zweck alsbaldiger Abschlachtung eingeführt werden. Erfolgt die Abschlachtung nicht unmittelbar nach der Einbring­ung. so ist anzuordnen, daß die Tiere getrennt von anderen, nicht zur alsbaldigen Abschlachtung bestimmten Tiere zu halten sind.

Der vom kaiserlichen Gesundheitsamt veröffentliche Seuchenstand in den einzelnen Gebieten des Deutschen Reichs am Schluffe jeden Monats wird im Staatsanzeiger abgedruckt werden.

8 2 .

Viehhändler, welche Rindvieh im Umherziehen feilbicten oder auf Märkte auftreibcn, bezw. die von ihnen beauftragten Personen, müssen vor Beginn des Transports mit dem Zeugnis eines beamteten Tierarztes darüber versehen sein, daß die betreffenden Tiere frei von Maul- und Klauenseuche sind. Erfolgt der Transport der Tiere ganz oder teilweise mittelst der Eisenbahn, so muß das Gesundheitszeugnis spätestens vor dem Abtrieb von der Entladestation beigebracht werden. Werden die Tiere aus Orten außerhalb Württembergs durch Landtransport eingeführt, so dürfen dieselben vor Beibringung des Gesundheitszeugnisses die inländische Grenzgemeinde nicht überschreiten, auch in letzterer weder auf Märkte auf- getrieben, noch im Wege des Hausierhandels abgesetzt werden.

Diese Bestimmungen finden auch auf dasjenige Rindvieh Anwend­ung, welches von fremden Händlern im Marktorte am Markttage außer­halb des Marktplatzes dem Verkaufe ausgesetzt wird.

8 3.

Die von Händlern zum Zwecke des Verkaufs aufgestellten Rindvieh­bestände werden einer verschärften veterinärpolizeilichen Kontrole in der -^ctse unterstellt, daß die Tiere, soweit nicht ein Gesundheitszeugnis (8 2) vorliegt, erst dann zum Verkauf gebracht werden dürfen, wenn die von dem beamteten Tierarzt vorzunehmende Untersuchung der Tiere er­geben hat, daß dieselben frei von Maul- und Klauenseuche sind. Hier-

hat hex beamtete Tierarzt eine Bescheinigung nach dem für die Ge- sundheitszeugnisse (8 2) festgesetzten Formular auszustellen, welche weiter­hin auch in den Fällen des 8 2 als Gesundheitszeugnis benützt werden rann. Wird der Verkauf nicht innerhalb der Giltigkeitsdauer des vor- " Gesundheitszeugnisses bezw. der vorerwähnten Bescheinigung v öum Abschluß gebracht, so hat eine erneute Untersuchung der Tiere °urch den beamteten Tierarzt stattzufinden.

Die vorstehenden Bestimmungen finden auf Tiere, welche in öffent­lichen, unter geregelter vcterinärpolizeilicher Aussicht stehenden Schlacht. Häusern zum Verkauf aufgestellt sind, keine Anwendung.

8 4.

Die Gesundheitszeugnisse (8 2) sowie die Bescheinigungen (ß 3) dürfen von dem beamteten Tierarzt nur nach vorangegangencr genauer Untersuchung der Tiere ausgestellt werden und müssen neben der Be­scheinigung der Seuchenfreiheit derselben den Namen und Wohnort des Händlers, sowie Rasse, Geschlecht, ungefähres Alter, Farbe und besondere Erkennungszeichen der Tiere enthalten.

Bei der Ausstellung von Gesundheitszeugnissen auf Märkten fun­gieren die neben dem beamteten Tierarzt noch etwa weiter beigezogenen Tierärzte als dessen Stellvertreter.

Ein Formular für die Gesundheitszeugnisse bezw. Bescheinigungen ist in der Anlage abgedruckt.

Liegt Grund vor, die Tiere zunächst gemäß 8 1 dieser Verfügung unter polizeiliche Beobachtung zu stellen, so hat die Ausstellung der Ge­sundheitszeugnisse bezw. Bescheinigungen vorerst zu unterbleiben und es ist unoerweilt die Verfügung des Oberamts herbeizuführen.

Bis zum Eintreffen der oberamtlichen Entscheidung sind die Tiere durch Vermittlung der Ortspolizeibehörden in besonderen Räumen unter­zubringen.

8 5

Die Dauer der Giltigkeit der Gesundheitszeugnisse (8 2) bezw. der Bescheinigungen (8 3) beträgt 5 Tage, soweit solche in den Marktorten am Markttage ausgestellt werden, drei Tage, je den Tag der Ausstellung eingerechnet. Erforderlichenfalls sind die Zeugnisse nach Ablauf dieser Fristen zu erneuern.

Der Tag, mit welchem die Giltiglcitsdauer abläuft, ist in den Zeug­nissen zu bemerken.

Mit dem Uebergang eines Tieres an einen neuen Besitzer erlischt die Giltigkeit des Zeugnisses, auch wenn die Giltigkeitsfrist (Abs. 1) noch nicht abgelaufen ist.

8 6 .

Die Viehhändler sind verpflichtet, über ihren Bestand an Rindvieh Verzeichnisse zu führen und in dieselben jeden Zu- und Abgang unter Angabe des Datums, sowie des Namens und Wohnorts des Verkäufers und Käufers einzutragen.

Außerdem müssen die Verzeichnisse Rasse, Geschlecht, ungefähres Alter, Farbe und besondere Erkennungszeichen der Tiere enthalten.

8 7 .

Die Gesundheitszeugnisse bezw. Bescheinigungen sowie die Verzeich­nisse über den Viehbestand sind den Behörden und deren Organen auf Erfordern jederzeit vorzuzeigen.

Die Polizeibehörden haben die Einhaltung der vorgeschriebenen Maßregeln genau zu überwachen.

8 8 .

Bezüglich der Gesundheitszeugnisse für wandernde Schweineherden verbleibt es bei den Bestimmungen des 8 1 der Ministerial-Verfügung vom 27. Juli 1888 (Reg.-Blatt S. 309) mit der Maßgabe, daß vor jeder Zcugnisausstcllung zu prüfen ist, ob Grund vorliegt, die Tiere zu­nächst gemäß 8 1 dieser Verfügung unter polizeiliche Beobachtung zu stellen. Bejahendenfalls ist nach 8 4 Abs. 4 zu verfahren.

8 9.

Die Oberämter werden ermächtigt, bei größerer Seuchengefahr, falls es nach den wirtschaftlichen Verhältnissen zulässig erscheint, das Umher­treiben von Rindvieh und Schweinen im Hausierhandel auf Grund des 8 20 Abs. 2 des Reichsviehseuchengesetzcs zu verbieten.

Von der Anordnung eines solchen Verbots ist unter Darlegung der Gründe dem Ministerium des Innern unverzüglich Anzeige zu erstatten.

8 10 .

Die durch vorstehende Maßnahmen entstehenden Kosten fallen mit Ausnahme der Reisekosten des beamteten Tierarztes im Falle des § 1 Abs. 4 dieser Verfügung, welche auf die Staatskasse übernommen werden, den beteiligten Viehhändlern zur Last.

Die Gebühren für die Ausstellung der Gesundheitszeugnisse sind nach den in der Bekanntmachung des K. Medizinalkollegiums vom 31. Juli 1891 (Reg.Blatt S. 253) festgestellten Sätzen zu berechnen.