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Dr- Kiene nur. ob nicht das öffentliche Recht auf Kosten des Privatrechts zu größerer Geltung komme. Während sodann Präsident v. Luz die Kreisregierungen als die geeignetsten Behörden für Konzessionserteilungen warm in Schutz nimmt, vermerken Stockmayer wie Dr. Kiene ganz energisch die Kreisregierung als Wasserpolizei- bedörde und wünschen übereinstimmend die Er­richtung eines besonderen Landeswasseramtes mit Beiziehung des Laienelements aus der Land Wirtschaft und Industrie. Die Fraktion der Volkspartei hat folgende Anfrage an den Minister des Innern gerichtet: Die Unterzeichneten er­lauben sich anzufragen,bis wann der Vorlage eines Gesetzentwurfs betr. die periodische Wahl der Ortsvorsteher entgegen zu sehen ist."

Nach viertägiger Generaldebatte wurden die Anträge Geh und Kiene in ihrem ersten Teil (den Gesetzentwurf an eine besonders zu bildende Kommission von 15 Mitglieder zu ver weisen) ohne Erörterung einstimmig ange­nommen. Der zweite Teil des Antrags Kiene wird mit Mehrheit angenommen. Der Antrag lautet: Die Regierung zu ersuchen, den vorliegenden Gesetzentwurf durch einen die Regel­ung des Ufer- und Wasserschntzes enthalten­den Nachtrag so zeitig zu ergänzen, daß dessen gleichzeitige Beratung mit der gegenwärtigen Vorlage in der Kommission erfolgen kann. In die Kommission für das Wasserrecht wurden gewählt: v. Geß (D.-P.), Krauß (D.-P.), Frhr. v. Gaisberg, v. Luz, Stockmayer; Dentler, Kiene, Nieder, Vogler (diese 4 Z.); Fr. Hauß- mann, Henning, Käs, Munzing, Schmid von Besigheim, Schock (sämtlich Bolksp.) Präsident Payer teilte mit, daß das Reversaliengesetz nicht mehr zur Behandlung kommen könne" da die Minderheit der staatsrechtlichen Kommission ein Gutachten durch Herrn v. Schad ausarbeiten lassen wollte, das noch nicht fertig gestellt werden konnte.

Stuttgart, 20. Dez. Die Kammer der Abgeordneten beriet heute die noch nicht erledigten Wahlanfechtungen. Die Wahl des Abg. Haug in Ulm-Amt wurde nach dem Bortrag des Berichterstatters Nieder ohne Debatte für gütig erklärt. Zu der Wahl des Abg. Rem b old in Aalen wurde von Schmidt- Maulbronn der Antrag gestellt, unter Aussetzung der Entscheidung über die Giltigkeit der Wahl über verschiedene Behauptungen der Anfechtungs­schrift Beweis einzuziehen. Es erhob sich eine umfangreiche Debatte, in der sich außer dem Antragsteller Haußman n-Balingen und Kloß für, sämtliche andere Redner Berichterstatter Frhr. v. Seckendorfs, Gröber, Nieder, v. Geß, Präsident von Gemmingen, gegen den Antrag Schmidt erklärten. Derselbe wurde sodann mit Mehrheit abgelehnt und die Wahl Rembolds für giltig erklärt. Bei der Wahl des Abg. Krauß in Reutlingen wiederholte die Bolkspartei denselben Antrag. Bei der Ab­stimmung wurde der Antrag Mayfer und Gen., die Entscheidung über die Giltigkeit der Wahl auszusetzen, mit schwacher Mehrheit angenommen. Bei Schluß der Sitzung nach 2 Uhr verlas Präsident Payer das K. Reskript, das die Vertagung der Stände ausspricht, bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Vorarbeiten für weitere, Beratungen genügend gefördert sind. Der Präsi­dent wünscht den Kollegen vergnügte Feiertage und ein gutes neues Jahr.

Im Park der K. Villa in Berg wurde am 1. Dez. ein von der Herzogin Wera ge­stiftetes Kriegerdenkmal enthüllt. Es ist ein 4 Meter hoher Granitobelisk, auf dessen Spitze der deutsche Adler thront: auf der Vorderseite stehen die Verse von O Baisch:

Der Kitt, der die herrlichsten Wunder thut,

Das ist gewesen vergossenes Blut,

Ais den Württembergern im Kampsesseld

Die Pommern und Sachsen sich zugesellt,

Da ward besiegelt die Harmonie

Der Bruderstämme bei Champigny.

Die Rückseite zeigt folgende Inschrift:Zum 25jähr. Gedächtnis der ruhmvollen Kämpfe vor Paris, Schwabens Heldensöhnen in Dankbarkeit gewidmet von einem deutsch gewordenen Herzen.

2 Dez 1870 1895." Die Frau Herzogin legte einen Lorbeerkranz am Denkmal nieder.

Stuttgart. Ueber die bevorstehenden Weihnachtsfeiertage finden Beurlaubungen von Unteroffizieren und Mannschaften in größerem Umfang, und zwar in zwei Serien statt: 1. Serie vom 22. bis 27. Dez., 2. Serie vom 27. Dezbr. bis 2. Jan. k. I. Der Garnison­wachdienst wird während dieser Zeit gemeinschaft­lich von den beiden hies. Infanterie-Regimentern gestellt. Für diejenigen Unteroffiziere und Mann­schaften, welche über die Feiertage in der Kaserne bleiben, findet- die Christbaumfeier mit Bescheer- ung derselben am hl. Abend statt, wobei denselben ein Essen gegeben und Gratisbier verabreicht wird. Die Offiziere der betr. Kompagnieen sind hierbei anwesend. Bei den Lazaretkranken samt Wärterpersonal findet diese Feier, verbunden mit einem Gottesdienst, gehalten von Stadtvikar Häberle, am Christfest Nachm. 4 Uhr im Beetsaal des Garnisonlazarets statt.

Weinsberg, 18. Dez. Der zum Orts­vorsteher der Gemeinde Unlerheinrieth erwählte Verwaltungskandidat Schelling ist. weil er sich auf 9 Jahre wählen ließ und das schriftliche Versprechen des freiwilligen Rücktrittes gab. von der Regierung des Ncckarkreises nicht bestätigt worden.

Ravensburg, 17. Dez. Einem Bier­brauer ist ein Faß mit einem Sud Bier etwa 2000 Liter vom Wagen gefallen, wodurch der ganze Inhalt auslief. Der Fuhrmann wurde außerdem am Kopfe schwer verletzt.

Ausland.

Im österreichischen Abgeordnetenhaus protestierte Dr. Lueger scharf gegen den bis jetzt bestehenden AusgleichOesterreichsmitUngarn, wobei Ungarn ebenso unverhältnismäßig? als unberechtigte Vorteile habe. Dr. Lueger kündigt für die nächste Ausgleichsverhandlung eine en­ergische Opposition der Jungschechen, Slovencn, Triestiner Katholiken und der Deutschen an, welche letztere über die Unterdrückung des Deutsch­tums in Siebenbürgen durch Ungarn sehr em­pört sind.

Wien, 19. Dez. Die heute dem Abge­ordnetenhaus? vorgelegte Gewerbenovelle behält den Befähigungsnachweis für handwerks­mäßiges Gewerbe bei, lehnt jedoch die Ausdehn­ung dieses Nachweises für die Inhaber fabrik­mäßiger Unternehmungen sowie auf Handels- treibende bei Letzteren mit Rücksicht auf die Notwendigkeit thunlichst freier Bewegung des Handels ab.

Der belgische Major Lothai re, welcher bekanntlich vor ein Kriegsgericht gestellt werden soll, weil er den Engländer Stokes erschießen ließ, hat noch vor seiner Rückkehr aus dem Kongostaat nach Belgien einen bedeutenden Sieg über die Araber bei Lulcaburg erfochten, was ihm bei seiner kriegsgerichtlichen Verhandlung sehr zu statten kommen wird

Belgrad. 19. Dez. Heute früh wurde eine Postkutsche mit Geldsendungen auf der Fahrt von der Bahnstation nach der Hauptpost ausge­raubt. Als Thäter wurde der Schaffner und Kutscher selbst ermittelt. Ein großer Teil der Geldsendungen wurden wieder aufgefunden, doch fehlt die Summe von 200 000 Fr

Telegramme.

Berlin, 20. Dez. Der Kaiser empfing heute Mittag den aus Konstantinopel zurückge­kehrten türkischen Marschall a. D. und preußischen Generalmajor Frhr. Colmar von der Goltz zur Meldung.

B e r l i n, 21. Dez. Die Morgenblätter melden aus Gl atz: Der die Festungsstrafe wegen des Duells mit v. Kotze abbüßende Zere- monienmeister v. Schräder wurde begnadigt und ist vorerst nach Berlin abgereist.

Wien, 21. Dez. Der verhaftete Bank­notenfälscher ist der internationale Wertpapieren­fälscher Krauthauf, dessen mitverhaftete Mutter starb sofort an Gift, welches sie nahm.

Madrid, 21. Dez. Nach einer Depesche desHeraldo" aus Cuba wurden die Insur­genten gezwungen, sich zu zersplittern.

Konstantinopel, 20. Dezbr. Nach Meldungen aus Zeitun, welche dieFrankf.- Ztg." erwähnt, sind 400 türkische Soldaten sowie 500 Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, am Sonntag von den 12 000 Armeniern, welche den Ort belagerten, niedergemacht worden. Die Pforte hat dies den Botschaftern notifiziert und den Befehl erteilt, mit 10000 Soldaten heute früh Zeitun anzugreifen, zu bombardieren, zu zerstören und die Armenier niederzumachen.

M o n t r e a l, 21 Dez Runter meldet: Die Befürchtungen wegen der Venezuala-Ange­legenheit verursachten an der gestrigen Börse eine Panik.

N e w y o r k, 21. Dez. Am gestrigen Frei­tag fallierten 5 Maklerfirmen. Drei derselben sind hervorragende Börsenfirmcn.

Mit einer Beilage.

Mit dem 1. Zanuar 1886

beginnt derEltzthäler" seinen 54. Jahrgang; er richtet an seine bisherigen Leser und Freunde die Bitte, die Bestellungen auf das neu beginnende Vierteljahr oder für das erste Halbjahr 1886 noch vor Ablauf des alten Jahres bei ihrer bisherigen Bezugsquelle zu machen, damit ihnen der ununterbrochene Empfang des Blattes sicher ist. Wir bitten weiter alle unsere Leser, welche sich mit der Haltung des Enzthälers befreundet haben, für seine Weiterverbreitung in ihren Kreisen thätig zu sein.

DerEnzthäler" entspricht gewiß allen billigen Anforderungen, die an ein Bezirks- amtsblatt gestellt werden können und nur bei steigender Leserzahl wird cs der Unterzeichneten möglich sein, das Blatt mit der Zeit auch größer und reichhaltiger zu gestalten. Wir hoffen bestimmt darauf, zu den alten Freunden auch einen größeren Kreis neuer Freunde zu erwerben.

Es wird wie bisher das Bestreben der Redaktion darauf gerichtet sein, von den wichtigeren politischen Ereignissen thunlich rasche und wahrheitsgetreue Mitteilung zu machen und die Leser durch verständliche Darstellungen in den Hauptfragen der Zeit zu unterrichten Der Enzthäler bringt als kleines Blatt das Opfer eines regelmäßigen telegraphischen Nachrichtendienstes (wobei ihm auch der Telephonanschluß zu statten kommt) und ist dadurch in der Lage, an den Tagen, an welchen er ausgegeben wird (Montag, Mittwochs, Freitags, Samstags), die wichtigsten Telegramme gleichzeitig mit den größeren Zeitungen zu bringen. Als Bezirksamtsblatt möchte der Enzthäler den Interessen der Allgemeinheit und dem öffentlichen Leben in den Gemeinden unparteiisch dienen und richten wir deshalb an die Bewohner von Stadt und Land die Bitte, uns durch geeignete Beiträge, welche unter der RubrikAus Stadt und Bezirk" kostenlose Aufnahme finden, zu unterstützen. Auch demUnterhaltenden Teile" wollen wir, dem verfüg­baren Raum entsprechend, durch vorzugsweise volkstümlich gehaltene, nicht zu lange Erzählungen und durch allerlei kleine Beiträge Rechnung tragen. Die Redaktion nimmt dabei Bedacht darauf, den Wünschen und Bedürfnissen der Leser in möglichst umfassender Weise gerecht zu werden.

DerG«;tffkier"

wird den Abonnenten außerhalb Neuenbürgs ausschließlich durch die Staatspost zugestellt, welche dafür ihre Gebühr bezieht; er kostet in sämtlichen Bezirksorten u Parzellen vierteljährlich 1 25

In Neuenbürg abonniert man bei der Geschäftsstelle des Blattes zum Vierteljahrs- Preise von 1 ^ 10 wofür das Blatt frei zugestellt wird.

Neuenbürg, den 20. Dezember 1895.

Redaktion u. Verlag des Enzthälers.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.