Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.
Das Spiritusglühlicht hat seinen Einzug nun auch in Pforzheim gehalten und sind die Lampen, von Petroleumlampen sich wenig unterscheidend, in den Läden der Beleuchtungsbranche zu sehen. Es kann die Spiritus- Vorrichtung auf jede beliebige Petroleumlampe aufgeschraubt werden, der Strumpf ähnelt dem der Gasglühlichtstrümpfe. Die Flamme verzehrt in 5 Stunden ein Liter Spiritus d. i. per Stunde für 5 Pfg. Die Lichtstärke ist annähernd dieselbe wie beim Gasglühlicht, dabei brennt die Lampe vollständig geruchlos und verbreitet keine Wärme. Der Preis ist leider noch etwas hoch, so daß ein erfolgreicher Konkurrenzkampf mit dem Petroleum noch schwer durchzuführen sein Wird. Bekanntlich wurde die Lampe, als die Verbrüderung der russischen und amerikanischen Petroleumbarone neulich stattfand, welche eine bedeutende Preissteigerung des Erdöls im Gefolge hatte, dem deutschen Kaiser gezeigt, der dem Erfinder den Wunsch zu erkennen gab, daß die Spirituslampe bald einen vollständigen Ersatz für die Petroleumlampe biete. Ist dies der Fall, so würde dadurch die Lage der heimischen Landwirtschaft, wenigstens die der ostelbischen Großgrundbesitzer bedeutend verbessert werden, denn bekanntlich wird in Norddeutschland viel Spiritus aus Kartoffeln gebrannt.
Neuenbürg, 2l. Dezbr. Auf dem heutigen Schweinemarkt wurden alle zugebrachten Milchschweine, 50 Stück, zu 7 bis 12 per Paar verkauft.
Deutsches Weich.
Lahr, 20. Dez. Bei der heutigen Neu- Wahl Lahr,Land wurde Altbürgermeiste Flüge- Lahr (liberal) von den Nationalliberalen und Konservativen mit einer Stimme Mehrheit an Stelle von Heimburger (Dem.) gewählt.
Remscheid, 20. Dez. Zwei Kinder des Fabrikanten Becker öffneten, am Dampfkessel spielend, das Sicherheitsventil und wurden von dem dem Ventil entströmenden heißen Dampf so verbrüht, daß das eine 6jährige starb, das andere 3jährige sich in großer Lebensgefahr be» findet.
Oldenburg, 20. Dez. In vergangener Nacht sind die Wirtschaftsgebäude des Kronguts Jnfeid bei Alebehausen abgebrannt. Das Feuer griff so rasch um sich, daß 40—50 Stück Hornvieh. sämtliche Frucht- und Heuvorräte ver- brannten. Nur das Wohnhaus blieb verschont
In der Fabrik von Simens u. Halske in C h a r l o t t e n b u r g hat sich ein schwerer Unfall zugetragen. 4 Arbeiter, mit dem Reinigen eines Kessels beschäftigt, wurden verbrüht da- durch, daß heißer Dampf in den Kessel gelassen wurde. 3 wurden leicht, 1 schwer verletzt.
Württemberg.
Stuttgart, 13. Dez. (Württemb. Landtag.) Tagesordnung: Bericht über die Verhandlungen der Kommission zur Vorbereitung der Steuerreform. Berichterstatter Sachs» Crailsheim (D. P.) hofft, die Spezialdiskussion werde der Kommission Winke geben für die Weiterentwicklung der Reform. Bei der Einkommensteuer möge man darauf Bedacht nehmen, ob nicht das Einkommen der höheren Beamten schärfer herangezogen werden könnte. Gründlich beraten sei der Antrag Haußmann betr. die Ablehnung der Octsvorsteher bei der Einschätzungskommission, ebenso die Aenderungen in der Besteuerung der Aktiengesellschaften. Man möge genau prüfen und wägen. Nieder- Ellwangen (Z ): Man möge nicht zu milde sein gegen das Aktienkapital und nicht durch Vergünstigung an dasselbe unter den Einzelgewerbe- treibenden Unruhe Hervorrufen. Hähnle- Heidenheim (V.): Der Arbeitsverdienstabzug bei der Landwirtschaft müsse der Bevölkerung klar gelegt werden. Dieselbe müsse einfach, dürfe aber nicht doppelt besteuert werden. Auch bei den Aktiengesellschaften dürfe Doppelbesteuerung nicht eingeführt werden. Dieselben seien jetzt schon stark belastet, v. Breitschwert: Die Einkommen von 15 bis 20000 werden viel zu scharf getroffen, besonders wenn der Satz von
Etat zu Etat geschraubt werden könne. Kloß- Stuttgart (Soz,): Wenn alle Staalsdiener Steuer zahlen, möge auch die Steuerfreiheit des Königs und seines Hauses aufgehoben werden. Die Steuerbefreiung möge der Willkür der Steuerbeamten entzogen und keine Beamten, sondern unparteiische Personen zur Einschätzungskommission berufen werden. Man müsse ferner jedem das Recht geben, seine Anstände der Behörde vorzutragen; das werde sehr beruhigend auf das Volk wirken, v. Geß Eßlingen (D.P): Es müsse klar ausgesprochen werden, daß nur die bewiesene Schuld einer Steuergefährdung vom Gesetze betroffen werden könne; bis jetzt verlange das Gesetz den Beweis der Unschuld. Das sei unrichtig. Prälat v. Sandberger wendet sich gegen Kloß. Es gebe nicht blos Besteuerung, sondern auch Selbstbesteuerung des Königs, und diese fließe jo reichlich, daß eine Reihe von Anstalten ihre Existenz davon friste. Das sei voll zu berücksichtigen. Das Gesetz greife in mehr als in einer Beziehung in die persönliche Freiheit ein. Ein Kindertarif einzuführen, widerstrebe dem deutschen Familien- begriff; man könne auch so auf kinderreiche Familien Rücksicht nehmen. Ha ff n er-Calw (D. P.): Die Lösung der Umgeldsfrage sei bringend und müsse durch Weinsteuer aus der Welt geschafft werden. (Präsident unterbricht den Redner, man sei an der Einkommensteuer!) Staatsminister v. Riecke: Die Steuerbefreiung des Königs beruht auf dem politischen Anstands- gemhl. Die Doppelbesteuerung der Pensionen u. s. f. werde beseitigt durch das Gesetz Man werde einen Durchschnitt des Einkommens von verschiedenen Jahren durch die Praxis bekommen In der Mietefrage trete Land und Stadt scharf in Widerstreit. Was die Aktiengesellschaften betreffe, so seien diese jetzt schon in Württem- berg seit 1872 schärfer als anderswo angelegt Der Tarif sei, was die mäßigen Vermögen betreffe, ja noch zu ändern. Die Selbstbcsteuer- ung der Reichen sei in Württemberg größer als anderswo. Die Mehrheit der Kommission bestehe aus freien Bürgern, und der Vorsitzende habe nicht einmal Beschwerderecht gegen die Be» schlöffe der Kommission. Die Strafparagraphen werden, je nachdem die Steuerjuristen oder die anderen obsiegen, das „Wissentlich" in der Einzelberatung zugefügt erhalten oder nicht. Nach einigen persönlichen Bemerkungen zwischen Kloß, Schrempf, v. Sandberger und Geß wird die Diskussion geschlossen. Die Beratung geht über auf die Kapitalsteuer, über welche Berichterstatter Sachs in empfehlender Weise berichtet. Hähnle-Heidenheim >B): Man dürfe die Reichsausländer nicht zu hoch besteuern, sonst bleiben sie Württemberg fern. Klaus- Gmünd (Z) ist ein großer Freund der Sparkassen, aber mit deren völliger Steuerbefreiung ist er nicht einverstanden. Von gewissen Einlagebeträgen an aufwärts sollte eine Kapitalsteuer bezahlt werden müssen, also etwa von 1000 an. v. L uz-Nagold (fr. Ver.): In die Oberamtssparkassen könne in der Regel nicht mehr als 2000 eingelegt werden, man habe diese Steuerbefreiung s. Z eingesührt, um durch die Oberamtssparkassen dem Wucher entgegen zu treten. Haug-Langenau (fr. Ver.): Er unterstütze die Klaus'sche Anschauung und Halle die Besteuerung der Oberamtssparkassen für durchaus gerecht. Usder die Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer referiert Berichterstatter Sachs, mit der unveränderten Beibehaltung der bisherigen Steuern würde eine allzu große Belastung vieler Steuerpflichtigen entstehen. Redner erläutert die künftig gestellten Abzüge und die Beiziehung der Konsumvereine zur vollen Ge- Werdesteuer. Vzepräs. Kiene-Ehingcn befürwortet, daß man die Ectragssteuer noch eine Zeit lang bestehen lasse, da die Landwirtschaft durch die Ausscheidung des persönlichen Arbeitsverdienstes geschädigt werde. Die großen Waren- Häuser sollten nach ihren Filialen progressiv be- steuert werden. Staatsminister v. Riecke erläutert den Standpunkt der Regierung dem Neumann'schen Vortrag gegenüber. Die Re- gierung hoffe auf einen Ausgleich der Gegensätze und Beschwichtigung der Befürchtungen, die dem schwäbischen Stamme eigentümlich seien.
Hähnle-Heidenheim (B.): Es sei nicht zu behaupten, daß Maschinen u s f. stabileres Vermögen bilden als Grundbesitz. Man möge sie nicht zu hoch besteuern. Wäre das Gewerbesteuerkapital schon als Vermögen besteuert, so würde den gewerblichen Anlagen doch kein höherer Wert beigelegt werden als dem Grundbesitz. Die Diskussion wird geschloffen und in die Beratung desWandergewerbesteuergesetzes eingetreten. Berichterstatter Sachs erläutert den Entwurf; er giebt zu. daß auf dem Gebiet der Wandergewerbe große Mißstände bestehen, Redner weist darauf hin, daß ganze Gemeinden in Württemberg vom Hausiergewerbe leben. Deshalb dürfe man nicht zu schroff sein, deshalb sei der Tarif des Entwurfs die richtige Mitte. Betreffs der Zuschläge der Gemeinden indeß sei der Entwurf nicht klar genug. Nuß- baumer (Z): Man müsse die Auswüchse des Hausierhandels, die zu einer wahren Landplage geworden seien, beschneiden, den berechtigten Hausierhandel aber schonen. Haffner-Calw (D. P.) wünscht schärfere Tarifisirung der Ausländer; ebenso Bizepräs. Kiene. Minister v. Riecke: Die Wandergewerbe werden auch bei der Gemeinbebesteuerung nicht vergessen werden. Die Hausierer seien übrigens sozusagen auch Menschen. Schuhmacher-Spaichingcn (Dem.) empfiehlt Besteuerung des Wandergewerbes, ebenso Haug. besonders des Viehhandels wegen der Bewucherung und Verseuchung, was gemeinschädlich sei. Hähnle will fremde Hausierer und Wanderlager scharf treffen, aber sonst leben und leben lassen. Die Diskussion wird hierauf geschlossen und zur Abstimmung geschritten. Unter großer Majorität wird der Antrag der Kommission angenommen, den Steuergesetzentwurf an die Kommt ssion zurWeiter- deratung zu überweisen und die Erwartung ausgesprochen, daß die Reform der Gemeinde- besteueruug gleichzeitig mit der Staatssteuer- Refocm verabschiedet werde.
Die Steuergesetzkommission hat die Berichterstatter für die vier Gesetzentwürfe gewählt und zwar für das Einkommenssteuergesetz die Abgg. Gröber und Schweickhardt, für das Kapitalsteuergesetz die Abgg. v. Sand- berger und Binz, für die Grund- und Gebäudesteuer den Abg. Frhrn. v. Ow. für die Gewerbesteuer den Abg. Hähnle und für die Wandergewerbesteuer die Abgg. Haff ner und Nußbaume r. Vorsitzender der Kommission ist Abg. Sachs, stello. Vorsitzender der Abgeordnete Hähnle.
Die Kammer der Abgeordneten hat die vorläufige Generaldebatte über die neuen Steuergesetze rascher beendet, als nach der ursprünglichen Stimmung im Hause zu erwarten war. Als Gesamtresultat aus dieser Debatte ergiebl sich erstens, daß die Kommission in manchen Einzelfragen wertvolle Winke erhalten hat und zweitens, daß alle Parteien geneigt sind» den Hauplgrundzügen des Regierungsentwurfs zuzustimmen. In der folgenden Sitzung hat sich die Kammer zuerst mit der Verwilligung von 1'/, Millionen Mark für einen neuen Salzbergwerkschacht bei Kochendorf an Stelle des verlassenen Salzbergwerks Friedrichshall beschäftigt. Hähnle und Lang-Neckarsulm empfahlen die Annahme der Verwilligung; Tag-Sulz sprach für einen Verkauf der Saune Sulz an Privatleute. da der Betrieb nicht mehr rentiere und immer mehr zurückzugehcn scheine. Grüber- Rtedlingen übt Kritik an dem seitherigen Abbau des Salzbergwerks Friedrichshall, welchem ein Teil der Schuld an der über das Bergwerk hereingebrochenen Katastrophe zuzuschreiben sei. Auch bemängelt er, ob der neugewählte Platz bei Kochendorf der richtige sei. Endlich verlangt er, daß die Arbeiter des Staatsbetriebs mindestens ebensogut gestellt seien, wie die des Privat- Salzbergwerks Heilbronn. Die Exigenz wird mit großer Mehrheit bewilligt. Bei der Generaldebatte über den Entwurf des WasferrechtSgesetzeS wird von allen Seiten die Befriedigung über die nach langen Versuchen endlich erfolgte Einbringung des Gesetzes betont. Ebenso sinder die gerechte Berücksichtigung der Interessen der Landwirtschaft sowohl wie der Industrie volle Anerkennung. Befürchtet wird durch v. Geß und