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werden sollen. Es will übrigens mit der betr. Vorschriften nur der Handel mit Wertpapieren getroffen werden. Mit der Neuregelung der Wandergewerbesteuer ist die Kommission ganz einverstanden, nur werden, was den Tarif an» belangt, Wünsche laut, welche sich auf die Be- rücksichtigung der kleinen Hausierer, auf die schärfere Heranziehung der Wanderlager und die höhere Besteuerung der Wandergewerbe­treibenden aus anderen deutschen Staaten beziehen.

Ulm, 26, Nov. Die auf heute Nach- mittag anberaumte Verhandlung vor dem Schöffen­gericht gegen Rechtsanwalt Gustav Pfizer wegen unbefugter Titelführung mußte verschoben werden, weil der Beklagte gegen den Vorsitzenden des Gerichts, den stellvertretenden Amtsrichter Schöninger protestierte, indem derselbe als nicht definitiv angestellt vom Justizminister zu abhängig sei. Die Verhandlung wurde nun auf 10. Dezember vertagt und es wird dann Landgerichtsrat Clemens den Vorsitz führen.

Stuttgart. jLandesproduktenbörse. Bericht vom 25. November von dem Vorstand Fritz Kreglinger.j Im Getreidegeschäft hat es in der abgelaufenen Woche wenig Neues gegeben. Die Offerten des Auslandes find ziemlich unverändert. Auf den Landmärkten waren die Zufuhren immer noch klein und gingen dieselben schlank ab. Auf dem heutigen Hopfenmarkt wurden ca. 30 Ballen zum Preise von 3050 -4L abgesetzt. Wir notieren per 100 Kilogr: Weizen Rumänier 16 -4L 50 ^ bis 16 -4L 75 dto. In. 17 -4L 40 bis 17 FL 50 Laplata 16 -4L 50 bis 16 FL 75 Azima 16 -4« 25 F bis 16 FL 60 russ. In. 17 FL Pommer-Weizen 17 FL Roggen russ. 14 -4L rumän. 14 FL 25 dto, la. 15 -4L Gerste, mährische 19 -4L 25 F, Landhafer 12 -4L 30 F, Albhafer In. 13 -4L 50 F bis 13 FL 90 F, Mixedmais 11 -4L 50 La Platamais 11 -4L 25 bis 11 -4L 90 weißes amerik. Mais 11 -4L 50 bis 11 -4L 65 Mehlpreise

per 100 Kilogr. incl. Sack bei Wagenladung: Letzt­wöchentlich

Ausland.

Paris, 25. Nov. DieLibre Parole" hat einen Unter-Arton entdeckt, den sie aller­dings nicht mit dem vollen Namen zu kenn­zeichnen wagt und stets nur Arthur S . . . nennt. Dieser Mann soll im Juni, Juli und August 1888, also vor der Kammerabstimmung über die Panamaobligationen zahlreiche Checks an Senatoren, Deputierte, ehemalige Minister u. s. w. bezahlt haben. Das Blatt behauptet, die Beweise für die Auszahlung dieser Bestech­ungen seien in einer Zweiganstalt der Societs gonorale in der Rue Notre Dames des Bictoires zu finden, und verlangt die sofortige Verhaftung desArthur S...". Von anderen radikalen Journalen wird erzählt, daß man unter den Papieren des Baron Jaques de Reinach die Belege dafür gefunden habe, daß ein ehemaliger Minister einen Bestechungschek von 250 000 Fr. erhalten habe. Dieser pflichtvergessene Exminister sei aber ein anderer als der gegenwärtig seine Strafe verbüßende Baihaut. Das betreffende Schriftstück, das den VermerkOIi. üos v." ge- tragen habe, sei jedoch, obwohl von gerichts- wegen beschlagnahmt und versiegelt, auf unauf­geklärte Weise verschwunden.

Paris, 26. Nov. Der Ministerrat ent­schied, daß Ursache vorhanden sei, Admiral Gervais wegen Auflaufens der drei Kriegsschiffe vor ein Untersuchungsgericht zu stellen. Das­selbe ist bereits gebildet.

Paris. 26. Nov. Heute erfolgten zahl­reiche Haussuchungen in Sachen Panama und Südbahn.

London. 25 Novbr. Ein hier von St. Petersburg eingetroffenes Telegramm be­richtet, daß die chinesische Regierung mit Deutschland wegen Emission einer neuen Anleihe unterhandelt. Deutschland soll sich bereit erklärt haben, die Emission zu unternehmen, falls englisches Kapital sich an dem Unternehmen beteiligt und Rußland von der Angelegenheit verständigt wird. Die Regierung in St. Peters­burg soll bereits in Kenntnis gesetzt und die Sache schon in die Bahnen geleitet worden sein, die ihr Gelingen sichern.

Madrid, 26. Nov. In Palma ist eine Patronenfabrik infolge Schlagentzündung in die Luft geflogen. Bis jetzt sind 62 Leichen aus

den Trümmern hervorgeholt worden, darunter diejenigen von 37 Frauen. Alle sind schrecklich verstümmelt. Mehrere von den bei der Schlag, entzündung Verwundeten sind bereits im Kranken-. Hause gestorben. Es verlautet, daß ein ent- lassener Arbeiter die Schlagentzündung verursacht habe. Eine Bestätigung liegt jedoch nicht vor.

Unterhaltender Heil.

Aas Krenadierregirnent Königin Olga

<1. Württembergisches) Nr. IIS

im Aeldzuge 187V/71.

Von Frhr. von Rothe nchurg.

I.

Bis Sedan.

Seit Beendigung des Krieges 1866 stimmten in Frankreich alle Parteien darin überein, daß Preußen nach seinen Annexionen zu einer Er­weiterung Frankreichs die Hand bieten müsse, einmal, weil angeblich ohne entsprechende Ab­tretungen Frankreichs Sicherheit durch die deutsche Einheit zu sehr gefährdet sei, dann aber auch, weil Preußen zur Dankbarkeit dafür verpflichtet sei, daß Frankreich es nicht an seinen Siegen gehindert habe! Nur die schweren Bedenken, die der französische Kriegsminister wegen der augen­blicklichen Unzulänglichkeit des Heerwesens gegen einen großen Krieg erhoben hatte, sowie die persönliche Abneigung des Kaisers Napoleon gegen diesen Feldzug, hatte verhindert, daß Frankreich Anfang August 1866 den Krieg er­klärte.

Den französischen Kaiser verdroß zwar die Unerschülterlichkeit König Wilhelms, der ihm nicht behilflich sein wollte, durch einekleine Grenzberichtigung" auf Kosten Deutschlands den von Thiers im Parlamente gegen seine Politik entfesselten Sturm zu beruhigen; doch zögerte er nicht, die preußischen Annexionen amtlich an- zucrkennen, weil er sich der Hoffnung hingab, Preußens Unterstützung zur Einverleibung Bel­giens und Luxemburgs in das französische Reich zu erlangen. Wie wenig indessen Preußen sich diesen Zwecken dienstbar zu machen gedachte, zeigte sich bereits bei Regelung der Luxemburger Frage im Jahre 1867.

Sobald Napoleon sich der Ueberzeugung nicht verschließen konnte, daß Preußen die Ver­wirklichung seiner Pläne eher hemmen als fördern werde, richtete sein Bestreben sich auf die De­mütigung dieses Staates, durch dessen Nieder­werfung er seine Dynastie vor den Gefahren einer Revolution zu schützen hoffte.

In unerhörter Weise brach im Juli 1870 Frankreich unter nichtigstem Vorwände den Krieg gegen Preußen vom Zaun, indem Napoleon bei Gelegenheit der damaligen Besetzung des spanischen Königsthrones, zu welcher Prinz Leopold von Hohenzollern in Vorschlag gebracht war, König Wilhelm die Erklärung abzuzwingen suchte, daß niemals ein preußischer Prinz den spanischen Thron besteigen solle.

Mit einer Einmütigkeit, wie sie nie zuvor bestanden, stimmte das entrüstete deutsche Volk der Zurückweisung der französischen Forderungen durch König Wilhelm zu. Dem Rufe des obersten Kriegsherrn zu den Waffen kamen nicht nur Preußen und die im norddeutschen Bunde ver­einten Staaten nach, auch das übrige Deutsch­land unterstellte ohne Besinnen seine Armeen dem Befehl König Wilhelms.

Aus ihnen wurden zunächst drei Heere ge­bildet: Das erste unter dem Befehl des Generals der Infanterie v. Steinmetz bestand aus dem 7. und dem 8. Armeekorps und sammelte sich in der Nähe von Trier; das zweite aus dem Garde­korps, dem 3 , dem 4., dem 9., dem 10. und dem 12. Armeekorps gebildet, stand unter General der Kavallerie Prinz Friedrich Karl und nahm seine Ausstellung zwischen Bingen und Mann­heim; das dritte, zusammengesetzt aus dem 5. und dem 11. preußischen, den beiden bayerischen und dem kombinierten badisch-württembergischen Armeekorps, konzentrierte sich, unter dem Be­fehl des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen stehend, zwischen Rastatt und Speyer.

Das Kommando der württembergischen Feld- diviston führte Generallieutenant v. Obernitz, das der 1. württemb. Felvbrigade, zu welcher das Regiment Königin Olga nebst dem 7. wärt- tembergischen Infanterie-Regiment und dem 2. Jägerbataillon gehörte, wurde von Generalmajor Frhr. v. Reitzenstein kommandiert. Kommandeur des Regiments Königin Olga war Oberst von Berger, Kommandeur des 2. Jägerbataillons, welches am 15. November 1871 in das Füsilier­bataillon des Regiments umgewandelt wurde, Oberstlieutenant Knörzer. Am Tage des Aus­rückens, dem 28. Juli, betrug die Stärke des Ersteren 1845 Mann, diejenige des Letzteren 920 Mann.

Nachdem am 30. Juli Se. Majestät der König in Bruchsal Heerschau über seine Division gehalten und die Erwartung ausgesprochen hatte daß seine Württemberger mit Tapferkeit und Hingebung an der Seite ihrer deutschen Waffen­brüder kämpfen würden, wurde am 4. August der Rhein bei Maxau überschritten. Das In- fanterieregiment Königin Olga marschierte an der Spitze der 3. Division, und der Oberst v. Berger brachte hierbei ein lautesHurrah dem deutschen Vaterlande!" aus, in welches das Regiment jugelnd einfiel.

In gleicher Weise wurde am 5. August mit durch die Nachricht von dem Sieg bei Weißen­burg gehobenen Gefühlen, die französische Grenze überschritten. Am 6, August nahm die wärt, tembergische Diviston Stellung gegen den Wald von Hagenau und rückte, nachdem festgestellt war, daß der Feind den Wold dicht besetzt hatte über Hohweiler und Surburg nach Günstedt vor. Zu einer Teilnahme an der Schlacht, deren Kanonendonner es schon seit dem Morgen gehört hatte, kam das Regiment Königin Olga nicht mehr; es traf gerade auf dem Hügel von Günstedt ein, als die letzten Schüsse auf die fliehende französische Armee fielen. Der Marsch der 3. Armee richtete sich über die Vogesen nach ChLlons, wo Mac Mahon seine geschlagenen Truppen wieder sammelte. Die Erwartung, daß Mac Mahon hier in dem verschanzten Lager eine Schlacht annehmen werde, erfüllte sich nicht; auch zur Deckung der französischen Hauptstadt war er nicht abmarschiert, wie alsdann ver­mutet wurde. Er hatte vielmehr, wie die re­kognoszierende Kavallerie feststellte, den Weg nach Norden eingcschlagen, um alsdann nach Metz znrückzukehren und Bazoine zu entsetzen, der nach den Schlachten bei dieser Festung durch die 1. und die 2. Armee unter Befehl des Prinzen Friedrich Karl dort umschlossen gehalten wurde.

Die 3. Armee folgte nunmehr Mac Mahon, ebenso die neugebildete 4. oder Maasarmee, welche unter dem Befehl des Kronprinzen von Sachsen stand. Bei Beaumont traf letztere zu­erst auf den Feind und warf zwei seiner Armee­korps gegen die Maas zurück. Nun sah Mae Mahon sich gezwungen, eine Entscheidungs­schlacht anzunehmen und wählte hiezu eine gute Verteidigungsstellung bei Sedan. Während der Schlacht am 1. September hatte die württem- bergische Division die Aufgabe, in einer Stellung bei Donchsry einem eventuellen Durchbruchs­versuch der Franzosen nach Moziorcs entgegen zu treten. Ein solcher Versuch erfolgte jedoch nicht. Als am nächsten Tage König Wilhelm von Preußen das Schlachtfeld beritt, und auch zu den Württembergern kam, erwiderte er, als Oberst v. Berger seinem Bedauern Worten gab, daß das Regiment an der Schlacht nicht habe Teil nehmen können:Nun, mitgedrückt haben Sie wenigstens", und gab alsdann noch seiner Befriedigung über die außergewöhnlichen Marsch­leistungen des Regiments Ausdruck.

Ueber Dormans und Nanteuil rückte als­dann das Regiment auf Paris vor, dessen Ein­schließung am 19. September vollendet war.

Im Hinblick auf die 25jährige Wiederkehr der Tage von Billiers und Champigny und mit Rücksicht daraus, daß das erste württ, RegimentKönigin Olga" z. T. aus unserem Bezirk rekrutiert wird, haben wir von dem Militärschriftsteller Frhrn. von Rothenburg, welcher vom Regiments-Kommando authentische Mit­teilungen erhielt, obige Schilderung erworben. Es folgen 2 Fortsetzungen. Die Red.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.