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von l'/s Jahren. Ein Kjähr. Kind erlitt lebensgefährliche Brandwunden. Die Kinder waren von der Mutter, als diese auf das Feld ging, eingeschlossen worden und haben wahrscheinlich mit Streichhölzern gespielt, wodurch das Feuer entstand.
Stettin, 16. Novbr. Ein gesegnetes Alter hat die Frau Johanna Dowig geb. Nad- mann in Altwarp erreicht. Sie vollendete gestern ihr 104. Lebensjahr. Als Geschenk vom Kaiserhaus trafen die Bildnisse des Kaiserpaares in Nickelrahmen mit eigenhändigen Unterschriften ein.
Karlsruhe, 20. Novbr. Feines Ge« schäftsgebahrrn. In einem hies. Blatte schreibt der „Bad. Ldsb.". findet sich das nachstehende Inserat: „Eine sehr leistungsfähige Buchdruckerei wünscht größere fortlaufende Buchdruck-Arbeiten zu garantiert billigsten Preisen zu übernehmen. Für Vermittlung wird an Buchhalter, Beamte u. s. w. gerne größere Provision ver- gütet. Diskretion selbstverständlich. Offerten" u. s. w. — Dazu bemerkt der Landesbote": Die Schamlosigkeit, mit welcher hier vorgegangen wird, ist allerdings kaum noch zu überbieten. Die Beamten und Angestellten sollen einfach von dem sauberen Einsender jenes Inserates bestochen werden. Es ist bekannt, daß kaum auf einem anderen Gebiete mehr als auf dem des Buchdruckergewerbes eine gewissenlose Konkurrenz mit Schleuderpreisen arbeitet, welche dem Besteller allerdings insofern keinen Nutzen bringen, als er bald einsehen muß, daß die Qualität der Waren eine geringe ist. - Wenn sich nun zu diesem unqualifizierbaren Treiben die Korruption rn ihrer nacktesten Form gesellt, so muß von den anständigen Firmen der Branche auch in der Oeffentlichkeit auf jenes schimpfliche Gebahren hingewiesen und vor demselben gewarnt werden!
Württemberg.
Stuttgart, 22. Nov. Der Landtag ist auf Mittwoch den 4. Dezember einberufen.
Stuttgart. Es war zu erwarten, daß das Organ des Zentrums zu dem Ausfall des „Beobachters" auf das Zentrum, welches angeblich auf seinen Krücken dem Hrn. v. Gültlingen nach Berlin verholfen habe, nicht schweigen werde. Das „Deutsche Volksblatt" meint heute anläßlich einer längeren Replik, die Volkspartei sei sonst an den verspotteten „Zentrumskrücken" sehr froh. Wenn die Zemrumswähler schon im ersten Wahlgang für Gültlingen stimmten, so hätten sie nur das gelhan, was ihnen für die Stichwahl anempfohlen worden wäre! Nicht um die Jesuitensrage, sondern um die landwirtschaftliche Frage habe sich der Wahlkampf ge- dreht. Dazu komme noch, daß die Wege, welche die Volkspartei kirchenpolitisch und schulpolitisch wandle, durchaus nicht den Beifall des Zentrums finde.
Posttaxen für den Orts- und Nach- barschaftsverkehr innerhalb Württembergs. Vom 1. Dez. ds. Js. einschließlich an treten in den Taxen für den Verkehr innerhalb des Olsbestellbezirks der Aufgabepostanstalt (Postortsverkehr), im Verkehr zwischen verschiedenen Orten des Bestellbezirks der Aufgabepostanstalt (Landbezirksverkehr), im Verkehr zwischen Postanstalten, welche bis zu 10 Kilometer einschließlich von einander entfernt sind (Zehnkilometerverkehr) und im Verkehr zwischen verschiedenen Orten desselben Oberamtsbezirks (Oberamtsverkehr) nachstehende Änderungen ein: 1) Das Zuschlagporto für unfrankierte und unzureichend frankierte Briefe wird ermäßigt und zwar a) bei den bis 15 Gramm schweren Briefen des Postortsverkehrs von 7 auf 3 Pf., b) bei den über 15 Gramm schweren Briefen des Postortsverkehrs, ferner bei allen Briefen des Landbezirks-, Zehnkilometer- und Oberamtsverkehrs von 10 auf 5 Pf. 2) Das bisher nur für die bis 1 Kilogramm schweren Pakete geltende Gewichtsporto von 15 Pf. kommt auch bei den über 1 bis l'/s Kilogramm schweren Paketen zur Anwendung.
Tübingen. Die Schwurgerichtssitzungen des IV. Quartals 1895 beginnen hier am Montag den 9. Dezember, vormittags 9 Uhr unter dem Vorsitz des Landgerichtsrat Kohlhund.
Ludwigsburg, 22. Nov. Die hies. Truppenteile treffen eifrig Vorbereitungen zu der Erinnerungsfeier an den Feldzug von 1870/71. Das Infanterie-Regiment Alt Württemberg Nr. 121 und das Ulanen-Regiment K. Wilhelm I. Nr. 20 begehen ihre Feier am 30. Nov.. die Feldartillerie am 1. Dezember. An diesem Tage soll Feldgottesdienst mit darauffolgender Parade stallfinden. Veteranen aus allen Gauen des Landes haben ihr Erscheinen zugesagt, um das Fest in ihrer früheren Garnisonsstadt zu feiern Die Aufführungen und Kriegsspiele der jungen Kameraden werden manchen der alten Kameraden überraschen.
Ludwigsburg, 19. Nov. Dieser Tage ging die Kcller'sche Apotheke hier, welche von dem dermaligen Besitzer vor 2 oder 3 Jahren um 212 000 vkL übernommen worden, mit einem Mehrerlös von 40000 in andere Hände über. Desgleichen kam die chemische Produktenfabrik von I. F. Kämmerer (vor 50 Jahren von dem Erfinder der Streichhölzer begründet), zum Verkauf. Käufer ist der bisherige Besitzer der Keller'schen Apotheke, Apotheker Dr. W. Schmid.
Ulm. 21. Nov. Der hies. Liederkranz ist im Besitz einer Schenkungsurkunde der letzten Ulmer Meistersänger v. 21. Okt. 1839. Das Inventar hat aber seinerzeit der Liederkranz nicht vollständig erhalten. Die Standarte, Pokal, silb. Kettle mit dem David, die Sängerlade (in Form eines Flügelaltars mit der Randbemerkung „1607 Jahr die Tafel renoviret war") und ein altes Liederbuch erhielt er; aber die beiden Tabulaturen aus den Jahren-01599 und 1644, auf Pergament prächtig geschrieben, eine Reim- kronik und ein Liederbuch bekam er nicht. Diese fanden den Weg in einen andern hies. Verein. Den Bemühungen des derzeitigen Ausschusses des Liederkranzes ist es nun gelungen, auf Grund obiger Urkunde die Anerkennung des Eigentumsrechts über das Ganze zu erlangen. Der Lieder- kränz ist infolge dessen seit voriger Woche nach uunmehr 56 Jahren im Besitz des vollständigen, ebenso interessanten als wertwollen Inventars der Ulmer Meisteriänger. Groß war der Jubel der Sänger, als in der Singstunde letzten Donnerstag jene Gegenstände vorgezeigt wurden.
Ulm, 22. Novbr. Gegenüber einem Berichtigungsversuch der „Ulmer Zeitung" in Bezug auf unsere neuliche Meldung von einer hier stattgehabten Steuerhaussuchung nebst mißlungenem telephonischem Warnungsversuche nach Stuttgart, halten wir nun unsere erste Meldung als in allen Teilen wahr, aufrecht. Die Ulmer Firma E. hätte besser daran gethan, den Berichtigungsversuch ganz zu unterlassen. Sie läuft Gefahr, mit vollem Namen genannt zu werden. (8.0.-L.)
Auf einer Jagd im Bezirk Marbach wurde ein seltenes Stück Wild geschossen, nämlich ein alter Damhirsch im Gewicht von 150 Pfund. Er muß fchon öfters im Feuer gewesen fein, denn er hatte vorn an der Brust einen noch nicht ganz vernarbten Schrotschuß; ferner fand man beim Zerlegen über 200 Schrote, welche zwischen Haut und Fleisch eingekapselt waren und die das Tier schon seit Jahren zu verschiedenen Zeiten erhalten haben muß.
Leutkirch, 20. Nov. Eine unver- , hoffteRechnung über die Sedansfeier wurde nachträglich der Stadtgemeinde Leutkirch präsentiert. Am Vorabend des Jubeltages wurde nämlich aus dem Grundstück eines dortigen Oeko- nomen von seilen der Stadt ein Freudenfeuer abgebrannt. Von der zurückgebliebenen Asche, welche, wie die chemische Untersuchung ergab, schwefelsaurcs Salz enthielt, leckten die aus der Weide befindlichen Kühe des besagten Oekonomen, infolgedessen sechs Stück verendeten und einige erkrankten. Der Eigentümer machte eine Schadenforderung von 2000 geltend, während die bürgerlichen Kollegien in der letzten Sitzung nur 1200 o-L bewilligten, so daß der nicht uninteressante Fall voraussichtlich auf dem Rechtswege seine Entscheidung finden wird.
Ausland.
Wien, 22. Nov. Nach meinen Erkundigungen äußerte sich der englische Botschafter Sir Philipp Currie hier sehr friedfertig. Seine Aufträge für Konstantinopel sind durchaus
gemäßigt und beruhigend, und er hofft zuversichtlich auf die Erhaltung des Friedens. Nach der „Polit. Korr " sind einige Mitglieder des armenischen Komites in Sofia eingetroffen, um sich mit dem maccdonischen Konnte in Verbindung zu setzen. Beiderseits werden die Verhandlungen streng geheim gehalten.
Konstantinopel. 21. Nov. Bei den letzten durch die Kurden verübten Gewalthätig- keiten sind 17 armenische Dörfer im Norden des Vilajets Erzerum verbrannt worden. Fast alle Ortschaften im Süden des Distrikts Ferdjan sowie viele Ortschaften in dem Distrikte Passim sind von den Kurden ganz zerstört. In Erzerum herrscht großer Mangel an Nahrungsmitteln und Kleidungsstücken. Die Hilfsaktion der fremden Konsuln erweist sich als ungenügend. Berichte aus Siwas halten die vorgekommenen Gewalt- thalen für bedeutender und ausgedehnter als zuerst gemeldet wurde.
Paris, 21. Nov. Das Ministerium Bourgeois hat mir selbstgefälliger Miene, die ihm anläßlich der Verhaftung Artons dargebrachten Glückwünsche entgegengenommen. Diese Glückwünsche wären jedoch, wie von sonst sehr verläßlicher Seile mitgeteilt wird, an eine viel richtigere Adresse geraten, wenn sie dem Polizeipräfekten Löpine ausgesprochen worden wären, denn nur diesem soll es zu danken sein, wenn Alton sich hinter Schloß und Riegel befindet. Lopine hatte hiedurch aber keineswegs dem Kadinet einen Dienst erweisen wollen; ganz im Gegenteil. Der Polizeipräfekt wußte, daß er bei den Radikalen sehr unbeliebt sei und das Ministerium nur auf einen Anlaß warte, um ihn von seinem Posten zu entfernen. Um diesen Plan zu nichte zu machen. ließ er flugs den angeblich unauffindbaren Alton sestnehmen. Er hatte sich hiedurch nicht nur ein außerordentliches Verdienst um die „öffentliche Moral" erworben und so seine bedrohte Stellung gegen jeden Angriff von oben und unten gesichert; er hatte auch gleichzeitig seine kleine Revanche an dem Ministerium genommen, das von der Verhaftung Artons weniger entzückt sein soll, als cs sich den Anschein gab. Dle Zahl der Radikale« und Radikalsten, die mit Alton in „Geschäftsverbindung" standen, soll nämlich viel größer sein, als den gegenwärtigen Regierungsparteien lieb ist.
Das russische Kaiserpaar hat kürzlich eine Tochter bekommen. Man hatte sehr auf einen Sohn gewartet. Weil der nächstjüngere Bruder des Zaren, Großfürst Thronfolger Georg an unheilbarer Schwindsucht leidet, so wäre natürlich die Thronfolgerfrage durch die Geburt eines Sohnes des jungen Zarenpaares gelöst worden und überdies gilt rn Rußland die Regierung des Kaisers nur dann als vollständig befestigt, wenn er auch einen Sohn besitzt. Nun was nicht ist, kann noch werden!
Madrid, 21. Nov. Auf dem nach Cadix zurückgekehrten Transportdampfer „Cataluna", welcher 300 Freiwillige und 170 Sträflinge nach Cuba bringen sollte, wo dieselben an dem Feldzüge gegen die Aufrührer teilnehmen sollten, brach während der Ueberfahrt eine Revolte aus. Die Freiwilligen uno die Sträflinge wollten den Kapitän töten, um sich der 3 Millionen Pesetas zu bemächtigen, die das Schiff nach Porto-Rico zu expedieren hatte. Dem Kapitän gelang es» mit seinen Truppen die Emeute niederzuwerfen. Sämtliche Meuterer wurden in der Festung zu Havanna eingesperrt.
Aus der Schweiz, 18. Novbr. In Mühlehorn erreignete sich, wie die „Neue Zür. Zlg." berichtet, in der Bierbrauerei Tiefenwtnkel ein schwerer Unglücksfall; einer junger deutscher Braubursche fiel in einen Sud Bier und starb sofort eines schrecklichen Todes. — 110000 Schnecken wandelten, berichtet das Luzcrner „Vaterland", am Donnerstag von Meiringen nach Paris. Dieses „Wandern" ist selbstverständlich nicht wörtlich zu nehmen; die Schnecken „wurden" vielmehr gewandert, das heißt mit der Eisenbahn nach Paris geschickt, um dort als „echte Burgunder Schnecken" den Gaumen der Feinschmecker zu laben. Die Sendung wog zwei Tonnen.