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Frl. Sofie Branden aus Berlin zu gewinnen wußte. Die genannte Dame erntete den wärm> sten Beifall; nicht minder wurden die Leistungen des Orchesters, unter Leitung des Musikdirektors Baal, dankbar ausgenommen.
Pforzheim. 21. Novbr. Hier sind wieder einige „Goldschnipfler", wie der Volksmund die Liebhaber von Goldabfällen bezeichnet, sestgenommen worden und sehen ihrer Verur- teilung seitens der Karlsruher Strafkammer entgegen, bis auf einen, der dieser Tage im Untersuchungsarrest seinem Leben durch Erhängen ein Ende gemacht hat. — Eine glückliche Spekulation ist dem hies. Rechtsagenten August Eisenhut gelungen. Derselbe hat vor einigen Jahren bei einer Zwangsversteigerung in einem benachbarten Dorfe für wenige Mark (es waren noch keine fünf) eine über die Summe von 10 000 ausgestellte Lebensversicherungspolice erworben und die Prämien weiterbezahlt. Vor kurzem nun ist der frühere Inhaber der Police gestorben und E. hat seitens der Versicherungs- Gesellschaft die Summe von 10 000 ^ erhalten Die in kümmerlichen Verhältnissen lebenden Angehörigen des Verstorbenen haben zwar Schritte gethan, um ihre vermeintlichen Rechte zu wahren, da aber E. die Police in legaler Weise erworben und der Gesellschaft gegenüber die Bedingung der Weiterzahlung erfüllt hatte, so war nichts zu machen. Vielleicht läßt sich aber der Glückliche durch den Druck der öffentlichen Meinung doch noch bewegen, den Hinterbliebenen desjenigen, der durch die eingegangene Versicherung eigentlich die Basis zu dem guten Geschäft geschaffen, auch „Etwas" zukommen zu lassen. (8. 0.-L.)
Deutsches Weich.
Berlin, 14. Nov. Wegen Beleidigung der Kaiserin Friedrich halte sich heute der Redak- teur des „Deutschen Michel" vor der vierten Strafkammer des Landgerichts zu verantworten. In Nr. 20 des Blattes war unter der Ueber- schrift „Ein Diner bei Cohn und Rosenberg" ein Artikel enthalten, in dem mitgeteilt wurde, daß die Kaiserin Friedrich und der Prinz von Wales auf einem Diner bei Rothschild waren. „Cohn und Rosenberg — hieß cs dann — wollten Rothschild übertrumpfen. Sie kündigten an, daß sie 15 Gänge mehr als Rothschild geben, und luden sich die sämtlichen deutschen Fürsten ein. Da diese und auch alle anderen europäischen Fürsten ablehnten, so wandten sich Cohn und Rosenberg an die afrikanischen Fürsten. Allein auch diese lehnten sämtlich ab. König Behanzin erklärte, er wolle lieber Zeit seines Lebens im Kerker sitzen, als sich zum Schaustück eines Börsenspekulanten hergeben. Dieses Artikels wegen wurde „Der deutsche Michel" polizeilich beschlagnahmt und gegen den verantwortlichen Redakteur Karl Kern Anklage wegen Beleidigung der Kaiserin Friedrich erhoben. Kern bemerkte in der Verhandlung, der „Deutsche Michel" stehe auf streng monarchischem Boden, es habe ihm mithin fern gelegen, eine Beleidigung der Kaiserin Friedrich zu begehen, er habe es nur geißeln wollen, daß die Juden sich bei jeder Gelegenheit an hohe Herrschaften herandrängen. Staatsanwalt Stachow gab zu, daß der Angeklagte in erster Reihe ein gewisses Protzentum habe treffen wollen. In zweiter Reihe aber werde die Kaiserin Friedrich und deren Bruder, der Prinz von Wales, in der öffentlichen Mein- ung herabgesetzt. Bei der Strafzumessung sei zu erwägen, daß der Angeklagte noch unbestraft sei und daß sein Blatt auf monarchischem Boden stehe. Er beantragte sechs Monate Gefängnis. Der Gerichtshof billigte dem Angeklagten mildernde Umstände zu und erkannte auf zwei Monate Festungshaft.
Württemberg.
Unser König hat im Schloß zu Bebenhausen gegenwärtig einen hohen Jagdgast, den König von Sachsen. Leider war das Wetter mehrfach regnerisch und da König Albert schon ziemlich bejahrt ist, so dürfte das Jagdvergnügen beider Majestäten nicht allzusehr ausgedehnt worden sein. Die Hauptsache des Besuches ist aber offenbar das gemütliche Beisammensein der beiden befreundeten Monarchen, .wobei sicher auch
manche Frage der inneren Reichspolitik be- sprachen worden sein mag, aber sicher nicht in partikularistischem Sinne.
Eine Stuttgarter Reporterfirma will neuerdings erfahren haben, daß der württ. Landtag auf den 28 November einberufen werde, nach zuverlässigen Behauptungen tritt der Landtag am 4. Dezember zusammen. Der Staatsanzeiger wird ja wohl demnächst Gewißheit über diese Frage bringen. Der Bericht der Kommission der Kammer der Abgeordneten über die neuen Steuergefetze ist nunmehr erschienen Das wichtigste unter den bezüglichen Anträgen liegt einerseits in der Forderung, daß die Progression der direkten Staalssteuern nicht bei Jahreseinkommen von 15000 schon aufhören soll, wie der Rcgierungsentwurf vorgefchlagen hatte und andererseits in dem mit großer Mehrheit angenommenen Antrag Gröber, die neuen Steuer- gesetze nur aus einen Zeitraum von 4 Jahren zu deren Erprobung zu bewilligen.
Stuttgart. Eine hübsche Erinnerung an die Ehrentage der württemb. Truppen bei Champigny und Billiers bildet eine Sammlung von Bildern von der Ostfront vor Paris, an Ort und Stelle gezeichnet von Major a. D. K. Schott, in Lichtdruck ausgeführt von M. Rommel u. Co. (Franckh'jche Berlagshandlung, W. Keller u. Co.). „Vor Paris 1870" enthält 10 hübsche Bilder, die Brücke in Gournay, Champigny, Schloß in Noisy. Noisy le Grand, Schloß in Brie für Marne, Elsenbahndurchlaß bei Villters, das Jägerhaus, Barrikade in Champigny, Fort Nogenl, das Mikrculleusenhaus in Nogent.
Stuttgart. 20. Nov. Der Ausschuß des Stuttgarter Liederkranzes erörterte vor einiger Zeit die Frage der Errichtung eines Theatergebäudes in dem wenig rentablen Garten der Liederhalle. In dem Gebäude sollten während der Sommermonate vorwiegend Lustspiele, im Winter hauptsächlich Operetten zur Aufführung gelangen. Nun scheint aber dieses Projekt wieder aufgegeben zu sein, weshalb ein Konsortium, welches an Stelle der Moser'jchen Chokoladefabrik in der Calwerstraße ein großes Vergnügungs-Etablissement mit Theater errichten will, alle Aussichten hat. die erforderliche Konzession in Bälde zu erhalten. Dadurch würde, weil 3 Theater für Stuttgart doch zu viel wären, das Projekt, auch im Liederkranzgarten ein Theater zu bauen, für unabsehbare Zeit völlig beseitigt.
Stuttgart. Sämtliche Verkaufsautomaten auf dem hies. Bahnhofe unter- liegen den Vorschriften der Sonntagsruhe. Die Geldeinwürfe waren verschlossen; überdies war noch durch Plakate auf den Schluß aufmerksam gemacht.
Stuttgart. Der weltberühmte Zauberkünstler Bellachini wird vom Samstag den 23. d. an einige Vorstellungen im Konzertsaale des Königin Olga Baus geben. Mit ihm tritt der 3 jährige Wunderknabe, der vielfach angestaunte Rechenkünstler Otto Pöhler auf, der auch in ärztlichen Kreisen großes Aufsehen erregt hat.
Tübingen, 20. Nov. Se. Majestät der König hat den hiesigen Veteranen zu dem am Sonntag stattfindenden Festessen, anläßlich der 25jährigen Feier der Erinnerung an die Gründung des deutschen Reichs, 2 Hirsche zum Mahle gesandt.
Tuttlingen, 20. Nov. Das feuchtwarme Wetter der letzten Zeit hat den Mäusen bisher wenig zugesetzt, jo daß dieselben nach wie vor auf den Feldern ihr Unwesen treiben zum Schaden der Saaten. Dagegen hat es in ungünstiger Weise auf den Gesundheitsstand der hiesigen Bevölkerung eingewirkt und zahlreiche Erkrankungen, namentlich unter der Kinderwelt hervorgerufen. Bei der letzteren sind es namentlich Krankheiten der Atmungsorgane verbunden mit Fiebern, welche ziemlich häufig auftreten, darunter auch vereinzelte Fälle von Diphterie.
Göppingen, 21. Noo. Heute früh ft'r 3 Uhr wurde in dem Uhrladen des Uhrmachers Kopp ein großer Einbruchsdiebstahl verübt. Der Thäter schob den Rolladen in die Höhe und stieß mit einem Backstein die Glasscheibe ein.
Er entnahm der Auslage um etwa 2500 »fL Wertgegenstände, wie Uhren und Ketten. Durch den Lärm wurde die Nachbarschaft wach, die noch sah, wie der Dieb im Dunkel verschwand. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, den Dieb abzusassen. Vor 2 Tagen soll in Schorndorf und gestern in Gmünd auf gleiche Weise eingebrochen worden sein, so daß man es hier scheints mit einer organisierten Diebesbande zu thun hat.
Ausland.
Das italienische Ministerium hat beschlossen , die Aktivstände der einzelnen Kompagnie im Friedensstand von 35 auf 90 Mann zu erhöhen und hofft infolge anderweitiger Ersparnisse diese Maßregel mit einem Mehraufwand von jährlich 5 Millionen Lire durchführen zu können.
Während die englische Regierung bemüht ist, so rasch als nur möglich die vom Parlament beschlossenen neuen Kriegsschiffe fertig zu bekommen, hat ein Streit zwischen den großen Schiffsbaufirmen am Clyde und in Belfast mit ihren Arbeitern eine unerwünschte Störung in diesen Schiffsbauten hervorgerufen. — Die irische Nationalpartei (Antiparneliten) scheint mit einigen Führern schlimme finanzielle Erfahrungen gemacht zu haben und hat deswegen den Deputierten Healy und den Schatzmeister O'Connor, gleichfalls Unterhausmitglied, aus der Partei ausgeschlossen.
In der auswärtigen Politik bezw. in der Behandlung der Pforte zieht das britische Ministerium Salisbury etwas gelindere Saiten auf, nachdem es sieht, daß gerade das ungestüme Drängen des britischen Botschafters Currie in Konstaminopel den Fanatismus der Muha« medaner wachgerufen und andererseits bei den Armeniern überschwengliche Hoffnungen erweckt hat. Letztere haben sich zu einem förmlichen Aufstand organisiert und die türkischen Städte Zeitun und Siwas eingenommen, andererseits find die Muhamedaner auf das äußerste erbittert gegen die Armenier und so werden immer neue und schrecklichere Metzeleien gemeldet. Es bleibt nun sowohl den Engländern als den übrigen Großmächten nichts anderes übrig als der Pforte Zelt zu lassen, zunächst die Ruhe wiederherzustellen und erst dann würde es sich wieder um die Reformen handeln. Ein mit den Verhältnissen Armeniens und der ganzen Türkei sehr vertrauter Berichterstatter der „Köln. Ztg." macht übrigens einerseits die in Konstantinopel lebenden Zeitungskorrespondenten und andererseits die englischen und amerikanischen Missionare in Kleinasten in schärfster Weise verantwortlich für die nun ausgebrochenen Greuel. Die elfteren hätten solange teils völlig erfundene, teils arg übertriebene Meldungen in die abendländische speziell in die englische Presse gesandt, bis die öffentliche Meinung in England unter Gladstones Führung sich in eine blinde Aufregung hinein» steigern ließ, während umgekehrt die erwähnten Missionare den Armeniern abendländische Gedanken und Lebensgewohnheiten beizubringen suchten, wofür jene Bevölkerung noch lange nicht reif fei. Jetzt, wo die Flammen allenthalben auflodern, wären sämtliche abendländische Mächte froh, wenn nur hübsch alles wieder beim alten wäre.
Ko n sta «ti n op el, 20. Nov. Aus amtlicher türkischer Quelle wird gemeldet: Armenische Aufrührer in einer Stärke von mehr als 8000 Mann überfielen den Distrikt Enderin, setzten das Regierungspalais und die mohamedan- ischen Wohnhäuser m Brand und nahmen mohamedanljche Familien, welche sich nicht flüchten konnten, gefangen. Die Ortschaft Kuther im Vilajet Marasch wurde gleichfalls von den Aufrührern überfallen, welche 10 Wohnhäuser samt allem darin befindlichen Geräte verbrannten.
Aus Frankreich, 19. Nov. Zu Saint- Dis im Vogejen-Departement ist der ehemalige Gerichtsakluar und derzeitige Konkursverwalter Deville wegen Veruntreuung von 125000 Franken verhaftet worden. Der Vorfall erregt in der ganzen Gegend besonders deshalb lebhaftes Aufsehen, weil Deville ein langjähriger Freund und Günstling des Gerichtspräsidenten von St. Dis ist.