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Telephonteilnehmern Württembergs, sowie der Siädte Pforzheim, Durlach. Karlsruhe, Ettlingen, Bruchsal, Heidelberg, Mannheim, Neu-Ulm, Augsburg, München, Lindau, Bregenz, Dornbirn, Feldkirch, St. Gallen, Romanshorn, Rorschach und Rheineck in unmittelbaren telephonischen Verkehr zu treten.
Pforzheim, 9 Okt. Die hiesige sozialdemokratische Partei erläßt einen Wahlaufruf im „Anzeiger" und empfiehlt die Unterstützung der Kandidatur Strotz. Ob alle Sozialdemokraten hiesiger Stadt dem Rufe Folge leisten, ist sehr fraglich, da der Verein „Vorwärts" an der Person des jüngst vom Breslauer Parteitag ausgestoßenen Dr. Rüdt festhält und daher bei der bevorstehenden Wahl jedem Parteimitgliede freistellte, zu wählen oder nicht. Der sozialdemokratische Verein, welcher Hrn. Dresbach sehr ergeben ist, ließ denselben auch zu einer Wählerversammlung hieher kommen, damit er die „maßlosen" Angriffe der Bad. Landesztg. entkräftet. Ob dieser „hohe" Besuch für die bevorstehende Wahl von Erfolg war, bleibt abzuwarten und wird zu bezweifeln sein, wenn alle Nationalliberalen ihre Pflicht thun. (S. M)
Calw, 9. Okt. Der heutige Viehmarkt war sehr schwach befahren. Verkäufer und Käufer hielten zurück und nur bei rückgängigen Preisen war ein Handel ermöglicht. Auf dem Schweine- markt mußten Eigner außergewöhnlich billig an» bieten. Milchschweine wurden mit 10—15 und Läuferschweine mit 35—60 «iL das Paar bezahlt. Zufuhr zum heutigen Markt: 280 St. Rindvieh, 28 Körbe Milchschweine und 54 St. Läufer.
P f o rz h e i m , 8. Okt. Dem Monatsvieh- markt war diesmal die Zufuhr wesentlich schwächer befahren als das letztemal. Es waren aufgestellt 62 Stück Ochsen, worunter 20 fette, 170 Kühe, 26 Kalbinnen. 87 Stück Jung- und Schmaloieh, 34 Kälber. Es sind verkauft worden 24 Stück Ochsen per Stück zu 370—480 M., für ein Paar wurden 1100 Mk. bezahlt. Der höchste Preis, welcher für eine Kuh bezahlt wurde, war 410 Mk. Kalbinnen wurden 10 Stück zu 220 bis 300 Mk. per Stück verkauft. 38 Stück Jungvieh zu 90. 120, 140 und 160 Mk., als höchste Preise sind bezahlt worden für 2 Stück 880 Mk. Für die verkauften 28 Kälber wurden per Stück 38—46 Mk. gelöst. Es ist gegenüber dem Septembermarkt ein kleiner Preisrückgang bei teilweise flauem Handel zu konstatieren. Der Pf erde mar kt war mit 140 Pferde beschickt. Als verkauft sind notiert 32 Pferde. Es wurde bezahlt: für einige zum Schlachten 80, 60 und 105 Mk., für Zug- und Ackerpferde 250—450 Mark, für einzelne bessere Rassepferde 650—890 Mark. — Dem heutigen Schweinemarkt waren ca. 170 Ferkel zugebracht. Abgesetzt wurden bei schleppendem Handel und zurückgehenden Preisen 55 Paar Ferkel. Für unter 4 Wochen alte wurden bezahlt 8.20—9.50 Mk. per Paar, für ältere z. B- für je 3 Paar L 11, 12 und 13 Mk., für 9 Paar L 14 und je für I Paar 16. 17 und 18 Mark.
Deutsches Weich.
Berlin, 10. Okt. Der Kaiser hat sich von Hubertusstock gestern früh um 6Uhr zur Pürsche nach der Oberförsterei Groß-Schönbeck begeben. Em vom Kaiser in Rominten tötlich getroffener, aber wieder hochgegangener starker Hirsch ist dieser Tage dort gefunden und das Geweih desselben, eines selten schönen Achtzehn- enders, von einem K. Forstbeamten, dem Finder des Hirsches, nach Hubertusstock dem Kaiser überbracht worden.
Berli n, 9. Okt. Die gestrige Sitzung des Staarsministeriums, an welcher samt- liche Minister außer dem Kriegsminister teil- nahmen, dauerte vier Stunden. Heute fand abermals unter dem Vorsitze des Reichskanzlers eine Sitzung des Staatsministeriums statt.
Berlin, 10. Oktbr. Der Vortragende Rat im Reichsamt des Innern Huber (Würt- temberger) ist zum Präsidenten des kaiserlichen Patentamts ernannt.
Ueber die Entsendung des Flügeladjutanten des deutschen Kaisers, Oberst v. Moltke zu dem Zaren ist überraschend schnell eine Aufklärung Segeben worden. Unser Kaiser betreibt neben
seinen vielen Staatsgeschäften auch noch die Malerei und zwar keineswegs in dilettanten- Hafter Weise wie verschiedene bisher vervielfältigte Zeichnungen beweisen. Wer sich dafür interessiert, mag das prachtvolle Bild des Kaisers „Ein Seegefecht" in einem der letzten Hefte in der „Modernen Kunst" betrachten. Nun hat der Kaiser ein allegorisches Bild hergestellt, welches die Bedrängung Europas durch die gelbe Menschenrasse darstellt und dieses Bild hat der Kaiser dem Zaren zum Geschenk gemacht. Offenbar soll diese Zeichnung dem Zaren eine freundschaftliche Lehre sein, daß er sich mehr als Europäer fühle, denn als asiatischer Herrscher im Gegensatz zu dem westlichen Europa. Der Zar hat dann auch dem Obersten v. Mollke gleich ein Danksagungsschreiben an den deutschen Kaiser mit nach Hause gegeben und der genannte Adjutant hat es unserem Kaiser nach dem Jagdschloß Schorfhaide bei Eberswalde überbracht.
Die feierliche Einweihung des neuen Reichsgerichtsgebäudes in Leipzig erfolgt, wie nunmehr endgiltig bestimmt worden ist, am 26. Oktober und in Gegenwart des Kaisers und des Königs von Sachsen.
Der Hammersteinskandal soll nach den neuesten Ankündigungen geradezu großartige Dimensionen annehmen. Es sollen nämlich nicht weniger als 387 Briefe von Konservativen an den nach Amerika verdufteten Frhrn. von Hammerstein veröffentlicht werden, welche für die Briefschreiber sehr komprimierend sein sollen, weil viele solche Briefe die ärgsten Majestäts- beleidigungen enthalten. Allem Anschein nach hat dieser Biedermann Hammerstein diese Briefe seiner Partei-Genossen aus Rache dafür ver- kauft oder an politische Gegner verschenkt, weil diese für Hammersteins Geldforderungen nur noch taube Ohren hatten.
Breslau, 9. Okt. Der sozialdemokratische Parteitag setzte die Debatte über das Agrarprogramm fort. Schriftst. Müller- München trat für eine nochmalige Kommissionsberatung ein. Bebel bemerkte, es sei unerhört, daß Schippe! alle erpropte Genossen, welche abwesend sind und sich deshalb nicht verteidigen können, als Charlatane, Schwindler und gewissenlose Leute bezeichne. Schippel sei bekannt, daß der Vater des südd. Programms Vollmar sei. Diesem sei auf dem vorigjährigen Parteitag von denselben Leuten Beifall gezollt worden, welche gestern Schippel applaudiert hätten. Bebel bemerkte ferner, es entspreche den sozialdemokratischen Prinzipien, die Lage des kleinen Mannes auch in der heutigen Gesellschaftsordnung zu verbessern. Dadurch werde die soziale Umwälzung keineswegs aufgehalten. Die Sozialdemokraten bedürfen der Bauern, wenn sie den Kampf siegreich bestehen wollen. Kautzky- Stuttgart führt aus, die Sozialdemokraten würden nur das Gesinde, die Taglöhner und diejenigen Bauern gewinnen, welche nicht über 3 sta, Land besitzen. Die Partei gehe schweren Kämpfen entgegen und bedürfe hiezu Männer, auf die sie sich im entscheidenden Augenblik verlassen könne. Die durch das Agrarprogramm gewonnenen Bauern jedoch werden im entscheidenden Augenblik gegen dieSozialdemokraten kämpfen.
In Augsburg ereignete sich der seltene Fall, daß ein Soldat sich das Leben nahm, weil seine Dienstzeit beendet war. „Mir geht es herinnen viel besser, als draußen" , sagte der Unglückliche und wollte durchaus nicht fort, als er nach zweijähriger Dienstzeit — er stand beim dortigen 4. Chevauxleger-Regiment — in die Heimat beurlaubt werden sollte. Er war auch nicht etwa durch die Entlassung vor ein erwerbsloses Leben gestellt, da ihn sein früherer Dienstherr bereits erwartete. Den Abschied vom Soldatenleben nahm er sich so zu Herzen, daß er sich im Stalle erhängte.
Straßburg i. E. Am Dienstag den 15. d. M. wird unsere Industrie- und Gewerbe- Ausstellung geschlossen. Der offizielle Schluß findet nachmittags um 4 Uhr im Kuppelraum der Haupthalle statt. Zu demselben werden die Spitzen der Behörden, die Mitglieder der Aus- stellungskommission und der sämtlichen Sektionen sowie die Garantiefondszeichner und die Vertreter der Presse eingeladen werden.
Württemberg.
Nachdem Se. Maj. der König infolge der Ernennung des ritterschaftlichen Abgeordneten Frhr. v. Gültlingen zum Landgerichisdirektor die Anordnung der Neuwahl eines Abgeordneten der Ritterschaft des Schwarzwaldkreises genehmigt hat und das Präsidium der Kreis- regierung beauftragt worden ist, die erforderliche Einleitung hiezu zu treffen, wird diese Wahl am Donnerstag den 24 d. M., Vorm. 11 Uhr, auf dem Ralhause in Reutlingen vorgenommen werden.
Die Steuergesetzkommission der 2. Kammer erledigte am Mittwoch den Rest des Einkommenssteuergesetzes. Behandelt wurden die Vorschriften über das Einschätzungsverfahren, wobei die Zusammensetzung der Einschätzungskommissionen beanstandet und von einer Seite die Beiziehung von Bezi rksschätzern für überflüssig bezeichnet wurde. Die Verwendung der Gemeindebehörden für die Vorarbeiten fand teilweisen Widerspruch unter dem Hinweis auf Baden, wo die Geschäfte von einem Steuerkommissionär und einem Octsschätzungsrat besorgt werden. Die Erhebung der Einkommenssteuer soll nach dem Entwurf durch die Staatsbehörden erfolgen, was von einer Seite beanstandet wurde, welche wünschte, daß der Einzug wenigstens vorerst noch bei den Gemeindepflegern verbleiben soll. Ein Kommissionsmitglied wünschte mildere Strafbestimmungen.
Stuttgart, 9. Oktbr. In zahlreicher Versammlung fanden sich heute die Delegierten des Evang. Bundes für Württemberg hier zusammen. Hauptgegenstand der Tagesordnung war die Stellungnahme zu der Behandlung, welche die Frage betr. die Religionsreversalien in der Kammer der Abgeordneten bisher gefunden hat. Auf Grund eines eingehenden Referats, welches Präsident v. Schad erstattete, sprach sich die Versammlung für unbedingtes Festhalten an dem Regierungsentwurf aus und beschloß, eine Kommission zu wählen, welche diese Ansicht der Versammelten zu geeignetem Ausdruck und in sachgemäßer Weise zur Geltung bringen solle.
Stuttgart, 10. Okt. In der heutigen Sitzung des Gemeinderats teilte Oberbürgermeister Rümelin mit. daß das neue städtische 3'/rprozentige Anlehen von I V, Millionen Mark um 264 500 Mark überzeichnet worden.
Stuttgart. Am 4. Okt. erfolgte zum ersten Male die Abgabe vom elektrischem Licht durch das Allg. Elektrizitätswerk im Häuserviertel an der unteren Königsstraße. In Stuttgart hat es genau 50 Jahre gedauert, bis als allgemeines Beleuchtungsmittel das Gas durch das elektrische Licht ersetzt wurde. Am 26. November d. I. sind es nämlich 50 Jahre, daß erstmals das Gas in Stuttgart leuchtete.
Stuttgart. Am 15. Okt. beginnt in der städtischen Gewerbehalle eine Versteigerung von Antiquitäten und Kunstgegenständen, bestehend aus Geräten in Gold und Silber, Porzellan, Glas. Zinn. Gemäldesammlung, Bronzen, Geweihen, Waffen, Möbeln. Unternehmer der Versteigerung ist Antiquar Albert Duß hier. Es handelt sich um mehr als 600 Gegenstände; die meisten stammen aus dem Schlosse Ober- dischingen, dem einstigen Sitze des Grafen Schenk v. Castel (jetzt Kaula'scher Besitz.)
Hellbronn, 9. Okt. Eine alte schöne Sitte, die aber seit längerer Zeit nicht mehr ausgeübt wurde, lebte heute wieder auf. Der Anfang der Weinlese wurde heute früh 7 Uhr mit allen Glocken eingeläutet. Die allgemeine Lese beginnt heute. Gestern wurde von einzelnen Weingärtnergesellschaft mit dem Lesen der Früh>Clevner und schw. Riesling angefangen.
Hei l b ro n n , 10. Okt. Bei gutem Wetter geht die Lese des Frühgewächses sehr lebhaft von statten. Nach der Qualität gehört der heurige Wein zu den besten des Jahrhunderts, Clevner 96 Grad nach Oechsle, 22°/» Zucker, 80/» Säure, schwarz Riesling 97 Grad nach Oechsle, 21°/o Zucker, 7,5°/o Säure, das Verhältnis also sehr günstig. Die Grad-Zucker, und Säurebestimmungen sind das Ergebnis einer Untersuchung von Dr. Gantter beim städt. Untersuchungsamt. — Die Qualität schlägt vor, Vorräte sehr bedeutend, deshalb Käufer erwünscht.