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Weißes Gewächs uud Trollinger wird unmittelbar nach dem Frühgewächs gelesen. Einige Käufe wurden zu 185 bis 200 Mk. pro 3 Hekt. abgeschlossen.
Heilbronn. 9. Oktbr. Gestern früh wollte ein hiesiger Weingärtners L>ohn, der sich aus einer alten Reiterpistole eine Kanone gearbeitet hatte. im Weinberg damit schießen. Leider ist aber das Schießwerkzeug zerplatzt und hat dem Weingärtner eine nicht unerhebliche Verletzung am Kopfe beigebracht; eine Gefahr ist jedoch für denselben nicht vorhanden; es scheint, daß sich alte Reiterpistolen nicht zu Kanonen eignen.
Weinpreiszettel.
Besigheim. Ertrag allgemein vorschlagend, Käufe zu 185—195—200 bis 205 Mk. Noch ziemlich Vorrat. — Kirchheim a. N. Preise gesunken auf 183, 185, 190, 193 Mk. per 3 Hektol. Noch großer Vorrat bester Weine, die sofort gefaßt werden können.
— Laufs en a. N. Preise: 180, 185, 190, 194 und 200 Mk. Güte vorzüglich, Ertrag schlägt vor, noch großer Vorrat. — Marbach. Lese im Gauge, feil r. 1200 Hektl. Viel verstellt auf Schläge. Käufe zu 180 und 190 Mk. — Au enstein. Lese im Gange, Vieles verkauft von 170—185 Mk. noch ziemlich Vorrat.
— Kleinbottwar. Käufe zu 200 «4L (gute Berglage). — Beilstein, 8. Okt. Käufe zu 180 bis 190 Mark. — Wachbach (im Tauberthal), 8. Oktober. Rotes Gewächs Käufe zu 135—140 «4L per 3 Hektol.
— Oberballbach. Käufe zu 130 und 135 Mk.
— Horrheim. Lese dauert fort, Ertrag schlägt vor, Preise etwas zurückgegangen, heute veraust zu 170 bis 175 Mk. Feil noch r. 500 Hl. Käufer erwünscht.
— Klein sachsenheim. Käufe zu ISO bis 185 Mark. Ertrag schlägt vor. Vorrat noch 500 Hektol. in ausgezeichneter Beschaffenheit, Käufer erwünscht.
— Winnenden. Käufe zu 176 und 184 Mark.
— Weinsberg. Käufe zu 200—210 Mk. rot, 192 und 210 gemischt, 176 und 180 Mk. weiß, feil noch nahezu 10 000 Eimer, Käufer eingeladen. — Affalt- rach. Lese im Gang, Erzeugnis r. 800 Hl., bis setzt Käufe zu 185—200 Mk., noch ziemlich Vorrat, Käufer eingeladen. — Willsbach. Lese im Gang, Käufe zu 185—187 Mark für gem. Gewächs. — Beilstein. 180—200 Mk. — Großbottwar. 190—200 Mk.
— Helsenberg. 170 Mk. — Höpfigheim. 170—175 Mk. — Kaisersbach. 160—170 Mark (rot Ausstich 200 M.) — Kleinaspachm. Sinzenburg. 175, 180 Mk. — Marbach. Einige Käufe zu 190 Mk. — Oberstenfeld. 185—190 Mk. Ertrag schlägt durchschnittlich vor.
Die allgemeine Weinlese beginnt am Montag den 14. Oktober in Cannstatt, Hof u. Lembach, Rommelshansen, Eßlingen, Korb mit Stein- reinach, Gundelsheim, Waiblingen, Endersbach, Schnaith, Beutelsbach, Geradstetten, Strümpfelbach und Grunbach i./R.
Stuttgart, 26. Oktbr. Kartoffelmarkt am Leonhardsplatz. Zufuhr 600 Ztr., Preis Per Zentner 2 «4L 70 ^ bis 3 «4L — ^z. — Krautmarkt am Marktplatz. Zufuhr 4500 Stück Filderkraut, 22 «4L — ^ bis 27 «4L — per 100 Stück.
Ausland.
Der österreichische Thronerbe Erzherzog Franz Ferdinand hat sich auf die dalmatinische Insel Lussin-Piccolo begeben und sein Befinden soll sich etwas gebessert haben. Allem Anschein nach hat der Erzherzog ein schweres Lungcnleiden und wenn das der Fall ist, dürfte er schwerlich feine Thronbesteigung erleben, sondern sein nächstältcster Bruder Erzherzog Otto, der bekanntlich mit einer sächsischen Prinzessin vermählt ist und bereits Kinder har. Thronerbe von Oesterreich-Ungarn werden.
Wie verlautet, sollen die Ausnahmegesetze über Prag und Umgebung binnen kurzem aufgehoben werden. In Ungarn hat die praktische Einführung der Ziviltrauung in einigen Orten Unruhen hervorgerusen. Die fanatisierte Menge drang in die Rathäuser ein und zerriß die Matrikelbücher.
Französische Berichte verbreiteten die Nachricht, daß Tananarivo, dir Hauptstadt Madagaskars eingenommen sei. Da man nach Meldungen der letzten Tage die Einnahme erwarten konnte, wurde die Nachricht ohne Mißtrauen entgegengenommen. Jetzt aber stellt sich heraus, daß die Franzosen wieder Zukunftsmusik gemacht haben. Wie im deutschfranzösischen Kriege, so fabrizieren sie jetzt anscheinend ebenfalls voreilige Siegesnachrichten, was aus folgendem hervorgeht: Paris. 9. Okt. Trotz der sehr großen Erregung, welche die bekannt gewordene Depesche über die Einnahme von Tananarivo verbreitete, ist man im Pub
likum über das Ausbleiben der Nachrichten seitens des Generals Duchesne beunruhigt und steht das Telegramm als unzuverlässig an. — Paris, 9. Okt. Die Regierung halte bis Mitternacht keine Nachricht, daß die Hauptstadt von Madagaskar, Tananarivo, eingenommen ist. Von der Einnahme von Tananarivo ist bisher noch keine Nachricht eingegangen. Die Meldung wird aber täglich erwartet. — Es unterliegt heute keinem Zweifel mehr, daß die Hauptstadt Madagaskars, wenn sie nicht schon gefallen ist, fallen wird. Alsdann dürfte der „kleine Krieg" der Franzosen in Madagaskar als beendet betrachtet und die Frage erörtert werden, ob Frankreich berechtigt ist, Madagaskar einfach zu annektieren. In Paris finden bereits Versammlungen statt, in denen für die Annektion Madagaskars Stimmung gemacht wird, da ein Friedensvertrag mit der Hovasregierung Frankreich nur auf eine Stufe mit den meistbegünstigten Nationen stellen würde. Jedenfalls werden die europäischen Mächte, namentlich England, der Umwandlung Madagaskars in eine französische Kolonie nicht ruhig zusehen.
Paris, 9. Okt. Der russische Minister des Acußern, Fürst Lobanow, erschien gestern auf der deutschen Botschaft und gab daselbst, da Botschafter Graf Münster abwesend war, seine Karte ab.
Madrid, 9. Okt. Im Militärwaisenhaus von Aranjuez sind 100 Zöglinge und mehrere Bedienstete unter Vergiftungserschein- ungen schwer erkrankt, die meisten jedoch jetzt außer Gefahr. Mehrere Aerzte und Chemiker wurden beordert, um das Trinkwasser und die Speisen zu untersuchen.
Die Engländer werden nun wahrscheinlich mit den Chinesen doch noch ein ernstes Wort reden müssen. Die chinesischen Gerichtsbehörden wollen absolut keinen Zug thun, um die Schuldigen betreffs der Greuelthaten gegen die Missionare von Kucheng zu ermitteln und zu bestrafen, weshalb der britische Gesandte in Peking bereits den Auftrag erhalten hat, von der chinesischen Regierung seine Pässe zurückzu- fordern, falls nicht in jene Untersuchung endlich der richtige Zug gebracht werde.
Der türkischen Regierung ist ein Putsch, versuch der in Konstantinopel und Umgebung wohnenden Armenier sehr zu statten gekommen. Der Putschversuch wurde mit blutiger Strenge niedergeschlagen und dabei auch zahlreiche Ar- menier getötet oder verwundet, welche von dem ganzen Anschlag nichts wußten. Die Pforte möchte jetzt die Reform in Armenien selbst auch wieder auf den St. Nimmerstag verschieben!; aber alle Vertreter^ der Großmächte haben die sofortige Ausführung jener Reformen verlangt und gleichzeitig gegen die barbarische Unterdrückung des Putschversuchs in Konstantinopel Protest erhoben.
Chicago, 8. Okt. Ein in den Annalen der Stadt Chicago unerhörtes Verbrechen hat die Bevölkerung in große Aufregung versetzt. Gestern abend um 8 Uhr hielten fünf maskierte Männer einen Wagen der elektrischen Bahn an der äußersten Peripherie der Stadtgrenze an. Zwei von ihnen blieben mit gezogenen Revolvern an den beiden Enden des Wagens stehen, um eine Einmischung von außen unmöglich zu machen, die anderen drei sprangen zu gleicher Zeit in den inneren Wagenraum. Indem sie den bekannten Ruf der Wegelagerer des wilden Westens „Hände hoch!" ausstießen, begannen sie die bestürzten Passagiere, welche der Schreck starr gemacht halte, auszurauben. 600 Dollars, ein Dutzend Uhren, Schmuck- und Wertsachen sielen ihnen zur Beute. Als die Passagiere sich end- lich von der ersten Bestürzung erholten und sich zur Wehr fetzen wollten, hatten die frechen Räuber ihr Werk fast vollendet. Einer der Passagiere wurde im Handgemenge erschossen, drei arg zugerichtet. Die Spitzbuben machten sich sodann aus dem Staube, ohne daß bisher die Polizei ihrer habhaft werden konnte.
(Spiritistisches.) Im Verlaufe der „Sitzung" wendet sich das Medium an eine tief in Schwarz gehüllte Witwe und sagt zu ihr: „Ja,
meine Gnädige, ich kann Ihnen beweisen, daß der Mann, den sie geliebt haben, gegenwärtig in Ihrer Nähe ist." — „Woran soll ich das erkennen?" — Sie brauchen nur zu sagen: Komm! und alsbald wird der eine dieser Stühle, die an der Wand stehen, sich heftig bewegen .. ." Die Dame zwingt ihre Gemütsbewegung nieder und flüstert: „Komm!" . . . Alsbald geraten sechs Stühle ins Zappeln und tanzen einen rasenden Walzer. Die Dame errötet und eilt hinaus. --
sLnkaub terriblo.j Gretchen: „Weißt Du Tante, ich fürchte mich nicht, führe mich doch einmal in Dein Oberstübchen." — „Was willst Du damit sagen, mein Kind?" — Gretchen: „Nun, Papa meinte doch neulich erst zur Mama: in Deinem Oberstübchen sei es nicht recht geheuer!"
Telegramme.
Berlin, 10. Okt. Die „Nationalztg." schreibt, die Vorlage eines preußischen Vereinsgesetzes sei überhaupt als ausgeschlossen zu betrachten.
Berlin, 11. Okt. Aus Rom wird gemeldet: Die Fregatte Viktor Emanuel lief in der Nähe der Felsen von Cap Rera auf den Grund; die zur Rettung abgesandte „Europa" lies ebenfalls auf. Beide Schiffe sind stark beschädigt jedoch außer Gefahr.
Köln, 10 Okt. Die „Köln. Volksztg." meldet: Bei dem gestrigen Zusammenstürze der Beckmann'schen Spinnerei in Bocholt sind 40 Arbeiter unter den Trümmern begraben worden. Militär von Wesel rst in einem Extrazuge dort eingetroffen. Bis heute früh wurden 10 Tote und 9 Verwundete geborgen. 20 Vermißte dürften tot sein.
Stuttgart, 10. Okt. Se. Majestät der König trifft zur Enthüllung des Kaiser Friedrich-Denkmals bei Wörth am Freitag den 18. d. Mts. vormittags in Straßburg ein.
Wien, 10. Oktbr. Das 300 Gehöfte zählende Dorf Wyszahyche in Galizien, Eigentum des Reichsratsabgeordneten Krainski, ist fast gänzlich abgebrannt. Der Schaden beträgt nahezu eine Million Gulden. Auch mehrere Menschenleben sind dem Brand zum Opfjw gefallen.
Wien, 11. Okt. Die Nachrichten über den Zustand des Erzherzog Franz Este lauten fortgesetzt ungünstig.
Laibach, 11. Okt. Das gestrige Erdbeben hatte eine größere Ausdehnung, denn es laufen Meldungen ein aus Bischofslak, Sannthal und Franz. Die Hausmauern zeigen Riffe.
Paris, 10. Okt. Heute erst erhielt der Ministerrat eine amtliche Depesche aus Majunga vom heutigen Tage, welche lautet: „Andriba, 9. Oktober. Nach glänzender Aktion wurde Antananarivo am 30. September eingenommen. Die Friedensverhandlungen begannen am 1. Okt. und kamen noch am Abend desselben Tages unter Vorbehalt der Ratifikation durch die Regierung der Republik zustande. General Metzinger wurde zum Gouverneur von Antananarivo ernannt." Die Regierung hat an General Duchesne und die Truppen ein Glückwunschtelegramm gerichtet, in welchem es heißt: „Sie und Ihre bewunderungswürdigen Truppen haben sich um das Vaterland hoch verdient gemacht. Frankreich dankt Ihnen für den großen Dienst, den Sie ihm erwiesen, und das treffliche Beispiel, das Sie gegeben haben. Sie haben wieder einmal bewiesen, daß es kein Hindernis und keine Gefahr giebt, die nicht durch Methode, Mut und Kaltblütigkeit zu überwinden wäre. Sie sind zum Großosfizier der Ehrenlegion ernannt."
Warschau, 11. Okt. Wegen Auftretens der Cholera in Wolhynien hat die Verwaltung der Weichselbahn umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen.
Constantinopel, 11. Okt. Die Nachrichten über die Vorgänge im Trapezunt lauten sehr bedenklich. Die dortigen Exzesse stellen sich noch ernster dar, als die hiesigen.
Havannah, 11. Okt. Der Kriegsrat verurteilte einen Jnjurgentensührer zum Tode, einen andern zur Zwangsarbeit.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.