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trieb von Gras nach der Oehmdernte ist voll­ständig unterblieben, was namentlich dem Schäfer sehr unerfreulich ist. Das Ausbrennen der Gras­narbe wird hoffentlich durch reichliche Winter­niederschläge wieder gut gemacht werden. Auch sollte durch ergiebige Oktoberniederschläge nicht nur der starr gewordene Boden für das Pflügen erweicht, sondern auch den Wurzeln der Obstbäume - die gehörige Feuchtigkeit zugeführt werden, da­mit die Keime für die nächstjährige Obstblüte sich reichlich ansetzen können. Außerdem würde die Kartoffel-, Cichorien- und Zuckerrübernte durch die Aufweichung des überaus starr ge­wordenen Erdbodens sehr erleichtert werden. Und der Uebervölkerung des Felds durch Mäuse würde durch Ertränkung am gründlichsten abge- hoffen. In den letzten 3 Tagen ist nur wenig, jedenfalls weitaus nicht genügend Niederschlag erfolgt.

Stuttgart, 7. Okt. Heute nachmittag traten in Cannstatt die Ortsvorsteher der wein­bautreibenden Gemeinden des Oberamts Cann­statt mit Vertretern der Stadt Stuttgart und der Gemeinde Gaisburg zur Besprechung des diesjährigen Herbstsatzes zusammen. Den Vorsitz führte Oberbürgermeister Nast. Man einigte sich dahin, den Beginn der allgemeinen Weinlese auf nächsten Montag den 14. Oktober sestzusetzen, so daß die wohlthätigen Wirkungen der letzten warmen Regen sich noch genügend geltend machen können. Die bei der Versamm­lung vertretenen Gemeinden werden nach den heutigen Ermittlungen bei einer im Ertrag steh­enden Gesamtfläche von etwas über 1700 Hekt. rund 22000 Hektol., durchschnittlich etwa 12'/, Hekt. erzeugen. Der Ertrag wird sich je nach den Einwirkungen der letzten Winterfröste zwischen 2 und 27 Hektol. per Hektar bewegen. Wenn derselbe sonach im Durchschnitt quantitativ weit hinter einer Mittelernte zurückbleibt, so wird da­gegen, dank der hochsommerlichen Witterung der letzten 7 Wochen, ein Wein erzielt werden, der den besten Jahrgängen gleichkommt. Im An­schluß an den Herbstsatz wurden noch einige den Weinbau betreffende Gegenstände erörtert. Zu­nächst kam zur Sprache, daß mit der im nächsten Jahr hier stattfindenden Ausstellung der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft nach Vor­gängen eine Weinkosthalle mit glasweisem Aus­schank von Wein durch Produzenten verbunden sein werde, und daß diese hervorragende Ge­legenheit benützt werden solle, zu zeigen, was Württemberg auch auf diesem Gebiet der Land­wirtschaft zu leisten vermag. Von verschiedenen Seiten gab sich die Bereitwilligkeit zur Be­teiligung kund Und es wurde mehrfach dem Wunsch Ausdruck verliehen, daß das Arrange­ment seitens der Zentralstelle für die Landwirt­schaft oder des württ. Weinbauvereins in die Hand genommen werden möge. Die unlängst von Prof. Dr. Jäger veröffentlichten Bedenken gegen das Bespritzen der Reben mit der sogen. Bordeauxbrühe gaben der Versammlung Anlaß, im Hinblick auf die überaus günstigen Erfahr­ungen, welche bei uns und in anderen Ländern in einer langen Reihe von Jahren gemacht wurden, einmütig auszusprcchen, daß der Kampf gegen die so überaus verderbliche Blattfallkrank­heit mittelst Anwendung von Kupferkalkbrühe auch in der Folge mit aller Energie fortgesetzt werden müsse.

Stuttgart, 5. Oktober. Die hiesige Stadtgcmeinde legt l'/s Millionen ihres An­lehens von 1891, das vor dem Jahr 1901 keiner Tilgung unterliegt, zum Zinsfuß von 3'/,°/» und zum Kurse von 102°/o zur öffent- lichen Zeichnung bei der Stadtpflege auf.

Stuttgart, 3. Okt. Die verschiedenen Kanarienzuchtvereine Württembergs sind zu einem württembergischen Landesverband,Schwäbischer Kanarienzüchterbund", zusammengetreten. Der Verein wird immer im Januar eine allgemeine Ausstellung veranstalten.

Stuttgart, 3. Oktbr. Verdufet ist in den letzten Tagen ein Wirt auf der Prag unter Hinterlassung einer Frau mit zahlreichen Kindern. Von Antwerpen hat derselbe von der Familie und der hineingefallenen großen Brauerei Ab­schied genommen.

Stuttgart, 8. Okt. Gestern abend nach 8 Uhr hat ein junger Bursche in der Wirtschaft zum Hirsch sich mit einem Revolver zu schaffen gemacht, wobei ihm ein Schuß losging, der einen andern, an demselben Tisch sitzenden Gast in den Unterleib traf. Die Verletzung soll glück­licherweise nicht gefährlich sein.

s Heilbronn, 8. Okt. In der Hiesigen sozildemokratischen Partei ist eine starke Spalt­ung eingetreten, indem sich ein neuer Verein Vorwärts" gegründet hat. der verschiedenen Mitgliedern der alten Partei grobe Verstöße zur Last legt. Eine vomVorwärts" gestern einberufene Versammlung im Gasthaus z. Rose war zahlreich besucht, aber eine Aussöhnung dieser beiden Vereine ist nach dem Verlauf der gestrigen Versammlung nicht so bald zu er­warten.

Urach, 8. Oktbr. Bei der heute vorge­nommenen Stadtsch ultheißenwahl haben von 550 Stimmberechtigten 522 abgestimmt. Ge­wählt wurde mit 381 St. Schultheiß Eberle von Dettingen; Schultheiß Wolfarth von Blau- felden erhielt 141 Stimmen.

Zur Bekämpfung der massenhaft auftrcten- den Feldmäuse wird in Aalen nach gemeinde- rätlichem Beschlüsse Mäusegift unentgeltlich an die Landwirte auf Kosten der Htadtkasse abge­geben , außerdem wird aus der Stadtkaffe für jede abgelieferte Maus 1 bezahlt.

/. Von der Schwarzach, 1. Oktbr. Ein Mann kaufte eine Schachtel Mausgift. Un­glücklicherweise kam zu Hause der Ziegenbock darüber, der die ganze Portion verzehrte. Der Bock blieb aber wohl und munter. Er scheint einen guten Magen zu haben.

Schramberg, 5. Okt. Gestern Abend zwischen '/-6 und V-7 Uhr ging hier unter heftigen Blitzen und starkem Donner ein Ge­witter nieder, das durchdringenden Regen und merkliche Abkühlung brachte. Auf demMoser- mättle" hat es zwischen den Regen hinein schon vorgestern etwas geschneit. Letzten Mitt­woch Abend versagte am Aufzug in der vormals Weber'schen Uhrfedernfabrik die Sperrvorichtung und 3 auf dem Aufzug stehende Männer stürzten mit demselben vom 4. Stockwerk in die Tiefe. Alle 3 kamen stehend auf die Füße zu fallen und erlitten schwere und leichtere Bruchverletzungen an den Fußgelenken und den Unterschenkeln. Lebensgefahr besteht trotz des jähen Falles bei keinem der Verunglückten.

Weinsberg, 8. Okt. Die Bohrungen nach Salz bei Erlenbach sollen von Erfolg gekrönt worden sein, indem man vor einigen Tagen auf Salz gestoßen ist.

Für die bedürftigen Abgebrannten in Leonberg sind außer Leinwand, Bettzeug und Kleidungsstücken 13000^6 eingegangen worunter von Stuttgart allein über 5000. Auf dem ab- geräumten Bauplatz entwickelt sich jetzt eine rege Bauthätigkeit. Der Neubau der Apotheke neben dem Rathaus soll womöglich noch in diesem Jahr unter Dach kommen.

Der vor etwa einem Jahr mit einer größeren Summe Geldes flüchtig gewordene Viehhändler Adolf Hölderlin aus Deckenpfronn, O. A. Calw, ist in vergangener Woche kurz nach seiner Rückkehr aus Amerika in Stuttgart verhaftet und an das K. Landgericht Tübingen eingeliefert worden. Den größten Teil des veruntreuten Geldes soll er durchgebracht haben.

Schwabdach, 8. Okt. Von einem Mit­glied der Rcblauskommission wurde hier ein Reblausherd entdeckt. Die entsprechenden Maß­regeln zur Vernichtung der Rebläuse wurden unverzüglich getroffen.

Weinsberg, 7. Okt. Die Weinlese hat heute begonnen. Käufe wurden abgeschlossen von 180190 ^ Viel Vorrat. Käufer sind erwünscht.

Unterheimsbach, 7. Okt. Eingetretenen Witterungsumschlags wegen beginnt die allge­meine Weinlese hier erst am Montag den 14. Oktober. Fast alles ist noch feil. Einige Käufe sind zu 182 abgeschlossen worden. Die

Qualität ist vorzüglich.

Weinpreiszettel.

Kirchheim a. N., 7. Okt. Käufe zu 190, igz 196 und 200 per 3 Hektol. Lese beendigt, Käufer erwünscht. Laussen a. N. 185, 187, 188, 190 191, 192, 195 und 200 ^ Ein Kauf Weißrißlina 230 -4L

Pfaffenhofen, 7. Okt. Lese im Gange, Käufe zu 155, 160, 165, 167 und 170 -4L Vorrat 600 Hektl. Qualität sehr gut, Käufer erwünscht.

Winnenden. Käufe zu 175 -4L und ein Trink­geld, und zu 190 -4L per 3 Hektol. Gewicht des Neuen 90 Grad nach Oechsle.

Fle: n. Lese im Gange, Qualität sehr gut. Käufe zu 195205 ^ abgeschlossen, noch ziemlich feil. NordHe im Handel lebhaft zum Preise von 180185 Mark per Eimer. Käufer erwünscht, Vorrat noch be­deutend.

Enzweihingen. Käufe zu 171180 ^ per 3 Hektol., noch viel Vorrat, Käufer erwünscht.

Strümpfelbach i. R., 8. Okt. 1 Kauf zu 170 -4L per 3 Hektol., Qualität vorzüglich.

Eschenau, 8. Okt. Lese im Gang. Käufe zu 175197 -4L Die Qualität ist vorzüglich, noch ziemlich Vorrat.

Weinsberg, 8. Okt. Weinpreise. Käufe rot zu 200210 Mk., gemischt zu 192, 193, 195 und 210 Mark; weiß zu 175, 176 und 180 Mk. Jnsgesammt sind hier und im Bezirk noch ca. 10 000 Eimer feil. Käufer willkommen.

Schwabbach, 8. Okt. Die allgemeine Weinlese nimmt am Mittwoch den 9. Okt. ihren Anfang. Einige Käufe zu 160 und 165 Mk.; vieles zum Durchschnitts­preis verkauft. Vorrat ca. 500 Hektol. Rießlmg vom gespritzten Weinberg wog 95 Grad. Käufer erwünscht.

Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Bericht vom 7. Oktober von dem Vorstand Fritz Kreglinger.j Während in der abgelausenen Woche Rußland und Rumänien für Brotfrüchte ihre Forderungen aufrecht hielten, ermäßigte Amerika seine Preise; im Ganzen waren die Offerten spärlicher am Weltmarkt. Die süd­deutschen Landmärkte waren schwach befahren, die Preise zogen sich infolge dessen etwas an. Der heutige Hopfenmarkt war nur schwach besucht, und von den vorhandenen r. 200 Ballen nur 50 zum Preise 3078 Mark verkauft. Wir notieren per 100 Kilogramm: Weizen, Ulka 16 50 La Laplata 16 -4L'

Rumänier 15 -4L 75 ^, Gerste, Tauber 18 -4L 25 Landhafer 11 -4L 40 Albhafer Is. 13 -4L 50 La Platamais 11 -4L 25 ^ bis 11 -4L 50 ^. Mehl­preise per 100 Kilogr. incl. Sack bei Wagenladung: Letztwöchentlich.

Ausland.

Wien, 8. Okt. Entgegen den offiziösen Dementis melden alle unabhängigen Blätter übereinstimmend: Erzherzog Franz Ferdinand v. Este ist schwer krank in Lassinpiccolo. Pro­fessor Schröter ist telegraphisch dorthin berufen worden. Aus Genua wurde Professor Maragliano berufen, um beim Herzog die neue Serumkur anzuwenden; wenn möglich soll der Herzog nach Genua reisen, da diese Serumkur bereits Vor­zügliches geleistet haben soll.

Brüssel, 7. Okt. Gestern fuhr zwischen Wawre und Ottignies eine Lokomotive in einen vollbesetzten Personcnzug. Zehn Personen wur­den getötet, 50 verletzt, darunter mehrere schwer. Hilfe wurde von allen Seiten aufgeboten.

Brüssel, 7. Okt. Die Anzahl der bei dem Eisenbahnunglück bei Ottignies Ge­töteten beträgt 18, die der Verwundeten 100, darunter befinden sich 30 schwer Verletzte. Der Unfall wurde dadurch verursacht, daß eine in voller Schnelligkeit von ^Ottignies kommende Maschine im Bahnhofe von Mourry gegen einen in Bewegung befindlichen Zug fuhr. 3 Wagen wurden vollständig in einander geschoben und die Insassen zermalmt.

Aus Paris meldet ein Privat-Telegramm: Die russische Regierung versuchte vergebens die Broschüre Chons gegen den Finanzminister Witte, worin dessen Anleihesystem auf das Vernichtendste kritisiert wird, in Paris zu unter­drücken. Rußland erhielt zur Antwort, daß die französische Gesetze kein Mittel bieten.

Paris, 7. Okt. Der Beschluß der Budget­kommission, das Jnvalidenhaus aufzulassen, hat unter den Invaliden lebhafte Aufregung hervor­gerufen , da sie mit der ihnen zugcstondenen Pension kaum ihr Leben fristen können. Nament­lich die elsässischen Invaliden, die sich in Ton- king und Dohomey unheilbares Siechtum zuge­zogen haben, erfüllt der Beschluß geradezu mit Verzweiflung, da sie in Deutschland als militär­flüchtig verfolgt werden und hier in Frankreich ohne die Stütze einer Familie mit ihrem knappen Ruhegeld der Nor preisgegeben sind.

Fortsetzung in der Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh ln Neuenbürg.