zuhelfen sei. Auch heute waren beide soeben zu einer diesbezüglichen Konferenz zusammen- getrcten und es schien wieder ein sauberes Planchen zu sein, welches da schließlich herausspintisiert werden sollte.
„Ich weiß es selbst nicht, wo das Geld bleibt, aber das ist gewiß, daß ich wieder einmal total abgebrannt bin", diese rosige Darstellung seiner Finanzen entwickelte Paul soeben, indem er einen mächtigen Zug aus seiner langen Pfeife that und nachdenklich blaue Ringlein in die Luft blies.
„Du weißt, Paul, daß ich Dir von Herzen gern aus der Klemme helfen würde," erwiderte der Lange, „wenn ich nur selbst noch etwas hätte."
„Alter Junge, Du hast mir ja bereits alles gegeben. was Du Dir mühsam erspart hast. Bei Deiner Anspruchslosigkeit wärest Du vermutlich schon ein kleiner Krösus, wenn ich nicht seit einiger Zeit so unverschämte Anleihen bei Dir gemacht hätte." beruhigte ihn Paul .... „Wieviel bekommst Du eigentlich von mir?"
„Laß es nur gut sein", erwiderte der andere, „ich weiß es beim besten Willen nicht. Es ist ja auch gleichgültig. Wenn Du einmal in der Lage bist, kannst Du mir die Kleinigkeit ja wiedergeben."
„Du bist ein prächtiger Kerl, Franz, ich möchte nur, ich hätte mehr solcher Vettern", lachte Paul. „Hoffentlich wirft mir eines Tages die launische Göttin Fortuna anstatt der bisherigen Nieten goldene Schätze in den Schoß; dann sollst Du königlich belohnt werden."
„Aber was thun, spricht Zeus?" fuhr er fort, „der Schneider, der Schuhmacher dringen um Zahlung, mir stehen dir Haare zu Berge, wenn ich daran denke, daß übermorgen schon der Erste des Monats ist, wo alle die Manichäer mir auf die Bude rücken."
„Solltest Du sie nicht noch einmal vertrösten können?" fragte Franz.
„Das geht nicht, das geht nicht. Der Schneider wird unangenehm, der Schuhmacher desgleichen."
„Kannst Du ihnen nicht Abschlagszahlungen leisten?"
„Geht nicht, geht nicht, bester Franz; ich habe sie schon zu lange hingehalten. Beide dringen energisch auf Zahlung. Ich muß auf alle Fälle dreihundert Mark anschaffen. Ein Königreich für dreihundert Mark!" rief er in einem Anflug von Galgenhumor aus. Woher nehmen und nicht stehlen?"
Ein längere Pause trat ein, beide Vettern dachten scharf über die Eröffnung einer Geldquelle nach, während sie aus ihren Pfeifen Dampfwolken vor sich hinbliesen.
„Das geht auch nicht, hm, hm," murmelte bald der eine, bald der andere, indem er den Kopf schüttelte.
„Hätte ich nur neulich den Ball nicht mitgemacht," begann Paul einen kleinen Monolog. „Hat ein Heidengeld gekostet! Immer der alte Leichtsinn. Es bleibt wirklich nichts anderes übrig!"
„Was bleibt nichts anderes übrig?" fragte das Skelett.
„Ich kann mir nicht helfen, er muß heran."
„Aber Paul, das geht doch nicht", warf der andere erschreckt ein, der schon wußte, wer unter „er" zu verstehen sei.
„So ungern wie ich's thue, aber ich weiß mir anders keinen Rat."
„Ich befürchte Paul, er wird es Dir diesmal ganz gewiß abschlagen, schon das vorige Mal war er sehr böse auf Dich."
„Elfteres befürchte ich nämlich auch", bestätigte Paul das Bedenken seines Vetters. „Es wäre das letzte Mal gewesen, versicherte er mir".
Wieder trat eine längere Pause ein.
„Ich habe einen Plan?" unterbrach Paul jetzt wieder den Gedankengang seines Vetters, dem inzwischen noch nichts Vernünftiges eingefallen war.
„Du hast einen Plan? Laß hören", ent- gegnele dieser.
„Sieh einmal, mein lieber Franz, mir borgt er keinesfalls mehr etwas, ich habe ihn schon zu
hart mitgenommen, aber wenn", fuhr er zögernd fort, wenn Du zum Beispiel . . . ."
„Ich?" fragte Franz gedehnt und ließ vor Schreck beinahe die Pfeife fallen.
„Ja, Du," fuhr Paul fort. „Dir schlägt er es ganz gewiß nicht ab."
(Fortsetzung folgt.)
Menschenfresser am Congo. In der anthropologischen Sektion der „British Association" hielt der bekannte Afrikareisende Kapitän S. L. Hinde einen Bortrag über das Congo- und Aruwimigebiet, in dem er mehrere Jahre zu- brachte. Im Congo-Becken, sagte er, seien alle eingeborenen Stämme Menschenfresser und Menschenflcisch bilde einen ständigen Konsum- und Handelsartikel. Sklaven würden gehalten und „gemästet" einzig und allein zum Zweck, als Nahrung zu dienen. Die Schlachtung sei oft mit den größten Grausamkeiten verbunden, um dem Fleische einen bessern Geschmack zu geben. So „brechen die Bungalas den zur Nahrung bestimmten Opfern Arme und Beine und legen dann die Hilflosen für drei Tage ins Wasser, nur den Kopf über demselben lassend, weil dies das Fleisch gut mache; dann wird dem Opfer der Hals durchschnitten. Bei jedem Stamme gilt ein besonderer Körperteil als das „beste Stück" und nur die Zunge. Ohren und Gehirn gelten allgemein als „leckere Bissen". Roh wird das Fleisch nie gegessen, und der Genuß von Menschenfleisch hat nichts mit religiösen oder abergläubischen Gebräuchen zu thun, sondern ist ein Nahrungsmittel wie andere. In dem Lande der Baletelas sieht man nie eine alte Person, oder Lahme, Blinde u. Verstümmelte. Wer nicht körperlich vollkommen ist, wird abgeschlachtet und von der Gemeinde verzehrt. Selbst Eltern werden von den Kindern aufgefressen, sobald sie Spuren des Alters zeigen und ihre Rüstigkeit zu verlieren beginnen. Die Baletelas sind dabei eine der kräftigsten und schönsten Rassen des Congo- gebietes. Dje Nachzügler der Hindeschen Expedition aßen regelmäßig nach einem Gefecht alle Toten auf und ließen für den Schakal nichts übrig. Die Missionare sollen jedoch den Kannibalismus mit Erfolg entgegen wirken."
(Ein junges Schwein mit sechs Beinen und vier Ohren) wird jetzt in verschiedenen Restaurants im Norden der Stadt Berlin gezeigt. Der Besitzer zieht mit seinem „Wunder der Tierwelt", das er in einem sauber gearbeiteten Käfig vor- führt, von einem Lokal zum andern und läßt sich von jedem Gast, der das seltsame Borstentier betrachten will, ein Zehnpfennigstück bezahlen. Wenn das muntere Tierchen am Leben bleibt, kann es seinem Besitzer ein ganz anständiges Sümmchen einbringen, und man wird bald von ihm sagen können, daß er wirklich „Schwein" gehabt hat.
(Neue Gigerlpaletots) sind in dem Schaufenster eines Herrengarderobe-Geschäfts der Friedrichsstraße in Berlin ausgestellt. Sie stellen sich, nach einer Beschreibung der „N. Allg. Z.", dar als dunkelgelbe sackartige Gebilde mit weiten Aermeln und breitem Kragen, die etwa bis an die Kniekehle reichen. Die Aermel sind unten in mehreren Reihen breit abgesteppt, eben solche Steppreihen weist der Rock unten auf. Rechts und links aber von den Kniekehlen aufwärts zeigen sich seitlings große Einschlitze, die eben- falls abgesteppt sind. Bei schnellem Ausschreiten wird sich also Vorder- und Hinterteil des Paletots ganz für sich allein bewegen können, das Kleidungsstück also wie „halbiert" erscheinen. Wird das eine Freude für unsere „Gigerl" werden.
Von dem Geigerkönig Joseph Joachim, der bekanntlich in London die nämliche Popularität genießt, wie in Berlin und Wien, macht eine artige Anekdote jetzt die Runde. Joachim ging bei seiner letzten Anwesenheit in London zu einem Friseur, um sich die Haare schneiden zu lasten. Der Künstler liebt es, den Hauptschmuck ziemlich lang zu tragen, und gebot deshalb dem eifrigen Scheerenschwinger plötzlich Halt. Der aber wollte von dem Eingriff des
ihm unbekannten Klienten nichts wissen und sagte in energischem Ton: „Aber mein Herr, das geht doch nicht, mit so langer Mähne sähen Sie ja aus wie ein überspannter Fiedelbogengeselle!"
Eine „Soldaten braut", die sich mit Würde, aber sehr „unorthographisch" ins Un- vermeidliche zu fügen weiß, ist die Köchin Minna F. in Danzig, die der „Danz. Ztg." zufolge an ihren nach Lauenburg entlassenen 128er folgenden Brief gesandt hat: „Lide Frans! Ich will nur dich midnlen.-das is nuscht mer. Weil du entlassen wirscht mihr untrei un blos doch zu Nähren gemacht (zum Narren gehalten), sacht mein Herren seinem Frau. Und darum bin üch zu schal (zu schade) als immerwesende Junkfrau. Und ich Hab mich gantz annre Schads (Schatz) angeschafft und is vil großer als du und gewest Huntrowsihr (Unteroffizier) und du nich mal kein Gefreit! Darum es aus brauchs nich zu weinen ich auch nich. Adche besten Gruß. Meine Fohtgrawü (Photographie) schmieß wech! Minna."
(Schulweisheit.) Wer kann mir einen verwandten Ausdruck für „Freund" sagen? (Die Schüler schweigen.) Nun, wie heißt ein Mensch, der Alles für Einen thut, ohne eine Bezahlung anzunehmen? Ein Kam.... nun —?" — Der kleine Max (die Hand in die Höhe streckend): Ein Kameel!
Apfelwasser. Eine Art Limonade, welche recht lindernd und erquickend bei Katarrhen wirkt. Sechs Acpfel werden mit der Schale in Stücke zerschnitten, mit einem Liter kochenden Wassers übergoffen, worauf man 50 Gramm Honig und den Saft von zwei Zitronen hinzufügt und das ganze eine Stunde ziehen läßt.
(Endivien als Gemüse.) Man benutzt hierzu nur die hellgelben Blätter, die man in siedendem Wasser blanchiert und hierauf fein hackt. Alsdann schwitzt man sie 5 Minuten in Butter, giebt etwas Mehl bei, gießt eine Tasse kräftiger Auflösung von Liebig's Fleischetztrakt darüber, würzt das Gemüse mit Muskat und Salz, läßt es 15 Minuten kochen und serviert es (^'IlltransiZög-lli.)
Telegramme.
Breslau, 7. Okt. Der sozialdemokratische Parteitag wurde gestern Abend durch Liebknecht eröffnet. Etwa 250 Delegierte sind anwesend. Zu Vorsitzenden wurden Singer—Berlin und Metallarbeiter Segitz—Fürth gewählt.
Petersburg, 6. Okt. Der Flügeladjutant des deutschen Kaisers Oberst v. Moltke ist gestern von hier zum deutschen Kaiser nach dem Jagdschloß Scharfhaide bei Eberswalde abgereist. Er überbringt ein eigenhändiges Dankschreiben des Zaren an den Kaiser. Der Oberst v. Moltke hat vom Zaren eine prachtvolle goldene Tabaliöre erhalten in roter Emailfassung mit dem von Lorbeer umgebenen aus großen Brillanten bestehenden Namenszug des Zaren.
Konstantinopel, 6. Okt. Es fanden sich in der armenischen Kirche zu Pera 1200, in der Georgskirche in Galata 500 und in der Kathedrale von Kumpaku 600 Flüchtlinge ein. Einzelne Neuankömmlinge berichten von neuen Gewalt- thätigkeiten. Die Prüfung dieser Meldung ist jedoch bisher nicht möglich gewesen. Die Aufregung unter der türkischen und armenischen Bevölkerung dauert fort. Daß es in Rodosto zu blutigen Vorfällen in größerem Maße gekommen sei, bestätigt sich.
London, 6. Okt. Reuter meldet aus Tananarivo vom 23. Sept.: Die Königin erließ eine Proklamation, worin sie ihre Armee der Feigheit beschuldigt und sich weigert, die Stadt zu verlassen. Die Hovas setzten ihren Widerstand gegen die Franzosen fort. Das Observatorium wurde zerstört Fremde dürfen die Stadt nicht verlassen.
Havanna, 7. Oktbr. An dem Flusse Guayabal schlugen am 25. Sept. 1800 Spanier unter dem General Echague 3800 Aufständische, welche von Antonio Maceo befehligt wurden. Maceo nebst mehreren anderen sind gefallen, 4 Spanier wurden verwundet.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.