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Dollars, gegen nur 1077 872 Dollars im ent­sprechenden Quartal des Vorjahres. Die Zu­nahme entfällt hauptsächlich auf die Berliner Konfektionsgeschäfte, ferner auf Chemikalien und die Papierindustrie. Der Konfumbezirk Guben exportierte für 258 734 Doll., gegen 175 954 im Vorjahre. Chemnitz weist einen Zuwachs des Exports von etwa 600 000 Dollars auf.

Große Aufträge für die Ausrüstung des japanischen Heeres sollen nach Berlin, Herford und anderen dcuffchen Fabrikplätzen vergeben werden. Man unterhandelt mit großen Firmen an diesen Plätzen wegen Uebernahme der Bekleidungsausrüstung für die japanische Armee, bestehend in Waffenrock Hose und Mantel aus blauem Tuch mit Goldknöpfen. Es handelt sich angeblich um Aufträge im Betrage von 20 Millionen Mark, doch dürfte ein großer Teil in England untergebracht werden, da es nach Ansicht desKonfektionär" nicht möglich sein wird, in der verlangten Zeit die Ausführung der Aufträge in ihrem ganzen Umfange hier zu übernehmen. Die Aufträge soll die japanische Gesandtschaft in Berlin zu vergeben haben; die Aufträge auf Kriegszelte sind bereits hier ver­geben worden.

Württemberg.

Stuttgart, 5. Okt. In der heutigen Sitzung der Steuergesetzkommission der 2. Kammer war der Minister des Innern von Pischek anwesend, um über den Stand der Ge­meindesteuerreform Mitteilung zu machen. Die Kommission hat sodann einstimmig einen Antrag Sachs angenommen, nach dem die Regierung ersucht wird, so zeitig einen Gesetzentwurf über die Gemeindesteuerreform im Landtage einzubringen, daß derselbe gleichzeitig mit dem Gesetz über die Staatssteuerreform zur Verab­schiedung kommt. Bis 1. April 1897 sollen beide Gesetze in Kraft treten. Eine längere Debatte hat sich über das Steuerminimum und über die Besteuerung des persönlichen Arbeits­verdienstes bei der Landwirtschaft entspannen. Die nächste Sitzung findet am Dienstag statt. Gröber, dessen Landtags- und Reichslagsman­dat durch seine Ernennung zum Landgerichtsrat erloschen ist, hat der heutigen Sitzung der Komm, bereits nicht mehr angewohnt.

Stuttgart, 2. Okt. DerStaatsanz." giebt im nichtamtlichen Teil folgende Notiz wie­der: Nach den Mitteilungen, die die Nord­deutsche Hagelversicherungsgesellschaft ihren Mit­gliedern über das Ergebnis dieses Jahres gemacht hat, wird die Gesellschaft, wie auch in den drei vorhergehenden Jahren, keines Nachschusses be­dürfen. Die Zahl der abgeschlossenen Versicher­ungen ist von 79 756 auf 85 436 mit einer Gesamtversicherungssumme von 608 768 538 ^ Und einer Beitragssumme (Vorprämie und Bei- trag zum Reservefonds) von 4199 943 »lL ge­stiegen. Der erhobene Durchschnittsbeitrag für 100 ^ Versicherungssumme beziffert sich hier­nach auf nur 68 99 L, in den letzten vier Jahren auf 70,21 L. Von Interesse wäre es zu erfahren, in welchem Umfange die württemb. Landwirte von den Vorteilen des mit der Nord- deutschen Hagelversicherungs-Gesellschaft abge­schlossenen Uebereinkommens Gebrauch gemacht haben.

Stuttgart, 6. Okt. Die hiesige Berufs­feuerwehr rückte heute nachmittag gerade von der Rothenwaldstraße her. wo ein dürrer Baum in Brand gesteckt worden war, wieder ein, als sie abends 5 Uhr wieder alarmiert wurde. Ohne Zweifel infolge fahrlässiger oder böswilliger Brandstiftung war nämlich im Dachstahl des Hauses Königsstraße 50 des Kaufmanns Anton Entreß ein Großfeuer ausgebrochen und bis die ersten Feuermeldezeichen gegeben wurde», stand schon fast der ganze Dachstuhl in Flammen. Mit einer Bravour sondergleichen griff der früher so giftig angefeindete Brandmeister Jakoby, der, wie am letzten Donnerstag, so auch heute wieder Brandwunden davontrug, das Feuer an und hatte es in weniger als einer Stunde vollständig bemeistert.

Reutlingen, 5. Okt. Die landwirt­schaftliche Winterschule in Reutlingen

beginnt im nächsten Monat ihren 26. Kursus, welcher bis Ende März oder Anfang April dauert. Diese Schule ist zur theoretischen und praktischen Ausbildung angehender Landwirte vorzüglich geeignet und es verdanken ihr viele hervorragende Männer ihre Lebensstellung. Der Lehrplan ist auf zwei Winter berechnet; doch bietet auch schon der I. Kursus ein abgerundetes Ganzes. Anmeldungen nimmt jetzt jschon der Vorstand dieser Anstalt entgegen, von welchem auch die das Nähere enthaltenden Prospekte be­zogen werden können.

Saulgau, 6. Okt. In dem benachbarten Orte Friedberg wurde gestern früh ein Schmied­geselle, der früher hier einige Zeit in Arbeit ge­standen, in einer Scheuer tot aufgefunden. Der- selbe kam mittags dorten an, und hat sich bis zum Abend in einer Wirtschaft aufgeyallen, wo er des Guten zu viel that. Da er in dieser Wirtschaft nicht übernachtete, wurde er in die Scheuer gebettet, wo ihn der Tod überraschte.

Zur Beachtung für Rekruten. Die zur Ableistung ihrer Militärdienstpflicht einge­rückten Rekruten werden gut thun, ihre Quittungs­karten über die bezahlten Beiträge zur Alters­und Jnvaliden-Bersicherung, soweit sie solche besitzen, sorgfältig aufzubcwahren. da selbige nach der Entlassung bei Wiedereintritt in ver- sicherungspflichtlge Beschäftigung abzugeben sind. Die Militärdienstzeil wird den Versicherten so angerechnet, als hätten sie während dieser Zeit ihre Beiträge bezahlt.

Mergentheim, 6. Oktbr. Die allge­meine Weinlese wird im Laufe dieser Woche beginnen. Es wird ein Drittelherbst er­wartet. Preis 160, 170 und 180 pro 3 Hektoliter.

Marktpreis e.

Neuenbürg, 5. Oktober.

Butter, V, Kilo.0.90

Landeier, 2 Stück 13 Kisteneier 6 2 St. 11

Pforzheim, 5. Oktober.

Landbutter, V, Kilo.1.

Süßrahmbutter.1.101.20

Landeier 2 Stück. 1314 ^

Kisteneier, 2 Stück.1113 ^

Stuttgart, 5. Oktober.

Saure Butter, V, Kilo.---6 1.

Süße Butter, V, Kilo . . . . -^4 1.101.20

Frische Eier, 10 Stück. 65

Kalkeier, 10 Stück. 60

Ausland.

DerMadagaskatarrh", an dem Frank­reich derzeit leidet, scheint auch der Bütgedkom- misston der französischen Abgeordnetenkammer auf die Nerven zu drücken. Es trat nämlich der unerhörte Fall ein, daß sie am Militäretar herummäkelte. Sie strich von den Kapiteln des Generalstabs 850000 Frs., eine Ersparnis, welche aus der Vereinigung der Stäbe des Geniekorps und der Artillerie herrützrt, sie lehnte ferner die Etatserhöhung ab, welche zur Errichtung einer Division an Stelle der bisherigen Brigade in Tunis bestimmt waren. Die Verminderung des Effeltivbestandes der Zuaven und Schützen führt eine Ersparnis von 2 Millionen Frs. herbei. Endlich nahm die Kommission einen Abstrich von 3 Mill. Frs. bei dem Kapitel betr. die Lebens­mittel vor. Die sämtlichen Abstriche betragen 6 135 000 Frs.

Die wegen der Madagaskar-Affaire drohende Ministerkrisis in Frankreich ist einstweilen anscheinend wieder beschworen worden, jedenfalls wird aber der am 22. Oktober erfolgende Wieder­zusammentritt der französischen Deputierten, kammer über das Geschick des Kabinets Ribot entscheiden. Es ist dem Ministerium Ribot eine häßliche Rechnung präsentiert worden, in Gestalt eines Privatbriefes aus Madagaskar, wonach bis jetzt die Zahl der Toten beim französischen Expeditionskorps auf 2000 angegeben wird, darunter 1100 Europäer, die Zahl der Kranken soll sich auf 7000 belaufen. Angenehmer, als diese madagassischen Dinge, sind für Herrn Ribot offenbar die französisch-russischen Freundschafts­demonstrationen der jüngsten Zeit, wie sie sich an den noch immer andauernden Besuch des Fürsten Lobanoff und des Generals Dragomiroff in Frankreich angeknüpft haben. Zum lleber- flusse weilte nun auch der Großfürst Konstantin

von Rußland beim Präsidenten Faure in dessen Sommerfrische Fontainebleau, wo die russische Hoheit, begleitet vom Minister des Auswärtigen Hanotaux und vom französischen Botschafter in Paris, Graf Montebello, bei Herrn Faure am Mittwoch frühstückte.

Die armenische Frage hat in Kon­stantinopel blutige Ruhestörungen veranlaßt. Einige Hundert Armenier wollten der Pforte eine Bittschrift wegen der armenischen Reformen überreichen, was aber die aufgestellte starke Polizeimacht nicht zuließ. Es entspann sich in der Folge ein förmlicher Straßenkampf zwischen beiden Teilen, in welchen sich auch die gegen die Armenier erregte muselmännische Bevölker­ung einmischle; es soll bei den tumultarischen Straßenszenen mindestens 30 Tote und Ver- mundete gegeben haben. Massenhaft sind Ver- Haftungen von Armeniern vorgenommen worden, in den armenischen Stadtvierteln von Konstan­tinopel herrscht große Erregung.

Rio de Janeiro. 5. Okt. Eine neue Verschwörung gegen das Leben des Präsidenten Mora es ist entdeckt. Hohe Beamte und Militärpersonen sind in dieselbe verwickelt.

Unterhaltender Teil.

Der gute Onkel.

Humoreske von Georg Grad.

(Nachdruck verboten.)

Wenn der Architekt Paul Steindorf und der Geometer Franz Werner zusammen über die Straße gingen, blieben viele Leute stehen und sahen ihnen lächelnd nach. Es war in der That ein komisches Paar, die beiden. Ersterer, ein kleines geschniegeltes Kerlchen, nur von etwas zu minimaler Größe, hatte dabei entschiedene Anlage, es mit der Zeit zu einem stattlichen Schmeerbäuchlein zu bringen. Sein Begleiter dagegen, der mehrere Hauptes Längen über ihn emporragte, würde als Skelettmensch in einer Schaubude Furore gemacht haben.

Trotz dieser auffälligen körperlichen Ver­schiedenheit waren beide nahe verwandt. Als Geschwisterkinder standen sie im Vetternverhältnis. Laut Geburtszeugnis zählte Paul achtundzwanzig, sein Kusin dagegen dreißig Lenze. Dieselben Gegensätze, wie ihre Erscheinung, wies auch ihr Charakter auf.

Paul Steindorf war ein frischer, munterer Bursche, immer aufgelegt zu tollen Streichen. Ihm hing der Hickmel voller Geigen, wie man zu sagen pflegt. Sein Verwandter dagegen war eine ernste, zum Nachdenken angelegte Natur, dabei gutmütig und harmlos wie ein Kind. In­folge letzteren Umstandes übte auch sein Vetter eine unbedingte Herrschaft über ihn aus. Er dachte, sprach und handelte für ihn, und daS Schaf Gottes, Werner, ließ das alles wie selbst­verständlich über sich ergehen.

Beide befanden sich in Stellungen, die ihnen einen auskömmlichen Lebensunterhalt gewährten. Werner war von Jugend auf an eine sparsame geregelte Lebensweise gewöhnt und kam daher nicht nur mit seinem Einkommen bequem aus, sondern wußte sogar noch einen kleinen Betrag allmonatlich zu erübrigen; sein teurer Vetter dagegen hätte als Finanzminister sicher schmäh­lich Fiasko gemacht. Er liebte Wein, Weib und Gesang, (Passionen, die, wie Eingeweihte wissen werden, unter Umständen recht teuer zu stehen kommen. Paul reichte infolgedessen nie mit seinem Gelde. Sein monatlicher Haus­haltsetat wies. nach berühmten Mustern, stets ein für seine Verhältnisse beträchtliches Defizit auf und in diesen finanziellen Nöten war eS der liebe Vetter Franz, der den Riß deckte und zwar so lange, bis das kleine Guthaben, welches er, wie bereits erwähnt, durch seine Sparsamkeit auf der Kreditbank erzielt hatte, unter den Händen seines Kusins geschmolzen war, «ie Schnee in der Sonne.

In der gemeinschaftlichen Wohnung, die beide inne hatten, seitdem Paul die Akademie verlassen und nach Hamburg übergesiedelt war, um das Gelernte praktisch zu verwerten, wurde deshalb öfter großer Kriegsrat gehalten, auf welche Weise der Geldverlegenheit Pauls, die wieder einmal chronisch zu werden drohte, ab«