Vierden. Die Uebung wurde in allen Teilen mit Ruhe und sichtlicher Gewandtheit ausgeführt, so daß der Idee bald Genüge geleistet war. Man mußte den Eindruck bekommen, daß man es mit wohlorganisierten Feuerwehren zu thun habe. Es war auch unverkennbar, daß man sich unter dem Eindruck der letzten großen Brand» fälle befand. Nach vollendeter Uebung. die über eine Stunde in Anspruch nahm, defilierte das ganze zu einem Bataillon vereinigte Korps vor dem Oberamtmann und dem Bezirksseuerlösch- Jnspektor, welche, vor dem Rathause stehend, von den auswärtigen Feuerwehrkommandanten umgeben waren. Wie üblich, befand sich nächst der Feuerwehrkapelle an der Spitze des stattlichen Zugs eine Sektion desjenigen Teils der hiesigen Feuerwehr, welcher, zwar nicht uniformiert und auch nicht mit polizeilicher Gewalt ausgerüstet, doch den Sicherheitsdienst zu besorgen hat. Der Volkswitz hat zwar für dieseElitetruppe" wohl in Verkennung ihrer wirklichen Funktionen auch andere schmeichelhafte Bezeichnungen, doch läßt sie solches kaltblütig; sie weiß, daß sie ihrer Bürger­pflicht mindestens ebenso Genüge leistet, als andere, die sich durch teures Geld loskaufen, darob sich männiglich freuend. Abgesehen von einem unbedeutenden Formfehler, den unsere eifrige Feuerwehrkapelle in dem Bewußtsein, daß sie den unentbehrlichsten Teil beim Parademarsch bilde, zu machen die Liebenswürdigkeit hatte, ging Alles flott und exakt von statten. Es fand nun vor versammeltem Generalstabe die Kritik statt, welche nach unserer Ueberzeug- ung wohl nicht ungünstig ausgefallen sein muß. Als dann auf das bekannte KommandoWeg­getreten" die große Zahl der Uniformierten sich in die verschiedenen Lokalitäten begab, um in echt feuerwehrkameradschaftlicher Art sich wieder zusammen zu finden, bekam man den Eindruck eines vollendeten Feuerwehrtages. Manch schöner Durst wurde da gelöscht und so ein notwendiges Werk fortgesetzt. Auch abends war dies noch in ge« selliger Vereinigung imBären" bei den Musik­vorträgen der unermüdlichen Feuerwehrkapelle der Fall. Unserm Bericht haben wir noch anzusügen, daß auch Herr Landesfeuerlöschin- spcktor a. D. Grosmann der heutigen Uebung und Kommandantenversammlung in bekannter Rüstigkeit angewohnt hat. Wie der um das württ. Feuerlöschwesen verdiente Herr Inspektor seit mehreren Jahren in Höfen wohnhaft der Feuerwehrsache sein fortdauerndes Interesse zuwendet, so hat Hr. Grosmann ganz besonders der hiesigen Feuerwehr, deren Kommandant er in den 60er Jahren gewesen, treue Anhäng­lichkeit bewahrt.

Man hört, daß schon im Laufe des nächsten Monats die alle 3 Jahre vorzunehmende Visi­tation einzelner Feuerwehren des Bezirks durch den Landesfeuerlösch-Jnspektor stattfinden soll. Diese Visitation wäre hier anläßlich der heutigen Bezirksfeuerlöschübung vorgenommen worden, wenn Hr. Inspektor Kleber Zeit gefunden hätte, hier zu erscheinen.

Obern Hausen, 22. Sept. Heute morgen kurz nach 7 Uhr brach in dem Hause des Wald­schütz Ehmann plötzlich Feuer aus. Dasselbe wurde von Nachbarsleuten zuerst im Giebel in der Nähe des Kamins entdeckt, seine Entstehungs­ursache ist noch unaufgeklärt. Es verbreitete sich rasch im Dachraum und Treppenhaus, so daß die Bewohner, der 74 Jahre alte Wald­schütz Ehmann, sein 77jähriger Schwager Drollinger und die Familie der Enkelin des Ehmann, verheiratete Bodamer, ganz be­stürzt waren. Nur mit Mühe konnte der alters­schwache, schwer leidende und hilflose Drollinger auf einem Strohsack noch im Freien geborgen werden. Die Feuerspritze mußre erst in Gräfin- Hausen geholt werden, von wo die Feuerwehr Mit einer weiteren Spritze möglichst rasch er­schien. Von den auf dem Brandplatze zuerst anwesenden Leuten wurde noch manches, meist aber nur wertlose Gegenstände gerettet, während der Kleiderschrank und sonstige Fahrnis im Bühnenraum des kleinen isoliert stehenden Hauses sich befanden, wovon nichts gerettet werden konnte. Ehmann und Bodamer sind versichert; der alte Drollinger muß im Armenhause unter­gebracht werden.

^-s-Schwann, 23. Sept. Ein schweres Unglück hatte gestern das sogenannte Hoch­zeitsschießen hier zur Folge. Der 16jährige Sohn des Straßenwarts Lillich stand hinter ledigen Burschen, welche mit geladenen Schuß. Waffen eine aus der Kirche zurückkchrende Hoch- zeitsgesellschaft erwarteten. Einem der Burschen, welcher sein, wie man hört, mit nassen Papier- propfen geladenes Gewehr auf den Boden ge­stellt, mit nach rückwärts stehendem Lauf und gespanntem Hahnen, am Riemen hielt, ging das­selbe unversehens los und traf den nur einige Schritte dahinterstehenden Hugo Lillich so un­glücklich in die rechte Brustscite, daß der Tod kurz nach dem Ereignis eintrat. Die unglück­liche Familie Lillich, sowie auch der hiedurch ins Elend gekommene Bursche werden allgemein be­dauert. Wie namenloses Elend ist.nicht schon so häufig durch unvorsichtiges und wicht selten auch unnötiges Schießen entstanden, wie häufig ist schon davor gewarnt und zur Vorsicht ge- mahnt worden und trotzdem kommen immer wieder solche bedauerlichen Fälle vor. Auch dieser Fall möge wieder allen schießlustigen Burschen zur Warnung dienen.

Calw. 21. Sept. Die Korrektion unserer Nachbarschaftsstraßen wird in der nächsten Zeit von der K. Straßenbauverwaltung vorgenommen werden. Mit einem Aufwand von ca. 400 000 Mark wird der Bau, reip. die Verbesserung der Straße von Teinach nach Röthenbach, der Bulacher Steige, der Altburger Steige und der Steige von Teinach nach Oberkollwangen ausgeführt werden. Die Orte Zavelstein und Breitenberg werden neue Zufahrtsstraßen angelegt erhalten; die Thalstraße bei Ernstmühl und zwischen Dennjächt und Liebenzell wird verbessert werden. Hiedurch werden sehr bedeutende Erleichterungen für den Straßenverkehr geschaffen, was allge­mein dankbar begrüßt wird.

Hirsau. Am 14. September hielt der Verein für Naturkunde zu Hirsau in der Schwane" eine ordentlich besuchte Versamm­lung ab, wobei vom Vorstand über Pilze ge­sprochen wurde. Es wurden an eßbaren Pilzen vorgeführt: der Steinpilz, der Kuhpilz, beide zu den Röhrenpilzen gehörend; der Sammtfuß- kränzling, der Brätling, zu den Blätterpilzen gehörend, der Stoppelschwamm, zu den Stachel­pilzen gehörend, der Hafinstäubling, die Hirsch­trüffel, die Frühjahrsmorchel und der echte Ziegenbarl und Schönhorn. Als giftige oder doch verdächtige wurden vorgezeigt der Schön­fuß, der Kampferpilz, der Fliegenschwamm, der Panderpilz und einige Theuerlinge. Trotz der trockenen Witterung waren diese Arten in den feuchten. Wäldern Oberkollwangens zu finden, was hauptsächlich dem undurchlassenden Boden unserer Missen zuzuschreiben ist. An den Bor­trag schloß sich eine ziemlich lebhafte Debatte an. in welcher festgestellt wurde, daß dem Pilz­genuß das im Wege stehe, daß ungiftige Pilze in ihrer fortschreitenden Entwicklung giftig wirken können, auch sollten Pilzgerichte nicht längere Zeit verwahrt, sondern sofort verspeist werden.

Bad Teinach, 20. Sept. Vergangene Nacht 1 Uhr, wurde im Bureau des hiesigen Badhotels ein ganz raffinierter Einbruch ver­sucht. Der Einbrecher, ein angeblicher Schweizer reisender Kaufmann» schnitt die Fensterscheibe aus und öffnete die Fensterflügel. Durch das verursachte Geräusch erwachte der im Neben­zimmer schlafende Hausknecht. Derselbe ging unangekleidet ins Freie und ertappte den Ein­brecher in dem Moment, als er mittelst Garten­stuhls zur Hälfte eingestiegen war. Widerstand leistete derselbe in Anbetracht des sehr scharfen Hotelhundes keinen, er wurde sofort in den Ortsarrest verbracht.

Deutsches Weich.

Kürzel, 21. Sept. Der zum kaiserlichen Schloßgut Urville gehörige Pachthof Pont-L- Chauffy ist letzte Nacht in Brand geraten. Der Schaden ist beträchtlich. Des Feuers Entsteh­ung ist noch unbekannt.

Berlin, 21. Sept. Fünf sozialdemokra­tische Gastwirte, die am Sedantag illuminiert hatten, wurden gestern wegen dieserGesinnungs­

lumperei" aus dem sozialdemokratischen Gast­wirteverein ausgeschlossen.

Berlin, 21. Sept. Hauptmann v. Natzmer ist zum Oberführer der ostafrikanischen Schutz­truppe ernannt worden.

Berlin, 22. Sept. DieNordd. Allg. Zeitung" stellt entgegen der Mitteilung eines Berliner Blattes fest, daß der Staatssekretär des Reichsschatzamtes Graf Posadowsky bei seiner Anwesenheit in Süddeutschland nicht über einest Tabalsteuergesetzentwurf verhandelte und daß im Reichsschatzamte zur Ztit ein solcher Entwurf nicht ausgearbeilet wird. Demselben Blatt zufolge brachte der deutsche Gesandte in Peking aus Anlaß der Plünderung der deutschen Missions- Station in Swatou die Entsendung eines Kriegs­schiffes nach Swatou in Anregung.

DieKöln. Ztg." erfährt, daß Frhr. von Hammerstein sich nicht in Sistrans befindet, von wo er seine Briefe zu datieren pflegt. Er muß dort einen gefälligen Mittelsmann haben. Die Schreiben vom 7. d. M., in denen er die Niederlegung seiner Mandate anzeigt, sind eben­falls von dort datiert. Neuerdings wird ge- mutmaßt. daß Hammerstein sich nach Griechen­land gewandt habe, dem Jdealland aller der­jenigen, die ihre Schulden nicht zu bezahlen wünschen.

Köln, 20. Sept. Gestern wurde hier ein feingekleideter Herr nebst Dame wegen Ver­dachts des Landesverrats verhaftet und alsbald dem Amtsrichter vorgeführt. Nach startgehabtem Verhör erfolgte die Ueberführung in das Ge­fängnis.

Ehemnitz, 22. Sept. Das Begräbnis von sechs beim Eisenbahnunfall in der Nähe von Oderan verunglückten Soldaten fand heute unter großem militärischen Gepränge statt. Der Garnisonsprediger hielt eine tiesergreifende Grab­rede, welcher verschiedene Ansprachen folgten. Der König und die Königin ließen Kränze am Grab niederlegen.

Straßburg, 22. Septbr. Der Groß­herzog und die Großherzogin von Baden be­suchten heute nachmittag die Industrie- und Ge­werbeausstellung und besichtigten dieselbe in zweistündigem Aufenthalt mit großem Interesse, besonders die Sonderausstellung des Vereins vom roten Ireuz, die Kunst- und Altertümer-Aus« stellung und das Panorama.

Aus Baden, 20. Sept. Eine sehr be­merkenswerte Neuerung auf wirtschaftlichem Ge­biete ist in unserem Lande ins Leben getreten. Wir meinen die Einrichtung sogenannter Ge- treideabjatzgenossenschaflen, deren erste auf An­regung des Großherzogs und mit Unterstützung der Staalsregierung im Amtsbezirk Eppingen soeben ins Leben getreten ist. Zweck derselben ist der gemeinsame Verkauf des zu marktfähiger Ware umgearbeiteten und nach Gattung sor­tierten Getreides, auf welches dem betreffenden Eigentümer ein Vorschuß bis zur Hälfte des Marktpreises aus der Genoffenschastskaffe aus- bezahlt wird. Die Mitglieder der Genossen­schaft haben die Verpflichtung, ihren gesamten Vorrat von Getreide nur durch - Vermittelung der letzteren zu veräußern. In landwirtschaft­lichen Kreisen setzt man große Hoffnungen auf diesen Versuch einer künftigen besseren Verwert­ung der Bodenprodukle. Da die Regierung für jeden einzelnen Fall finanzielle Unterstützung zugesagt hat, so werden dem Beispiele von Eppingen wohl in Bälde auch andere Amts­bezirke folgen.

Württemberg.

Tübingen, 21. Sept. Um 11 Uhr traf der König mit Gefolge hier ein und besichtigte die landwirtschaftliche Ausstellung und den Fest­zug, begab sich dann auf den Festplatz und wohnte der Preisverteilung der prämiirten Tiere an. Von dort aus begab sich der König wieder nach Bebenhausen.

Die Zahl der Bolksschüler in Würt­temberg hat sich in der Zeit von 1894 auf 1895 um 2832 Köpfe vermindert und wenn auch die Zahl der Schüler an höheren Schulen um einige 100 zugenommen haben mag, jo giedt doch dieser thatsächlich sehr bedeutende Rückgang der