waren in zwei Treffen aufgestellt; im ersten standen Infanterie, Fußartillerie und Pioniere, im zweiten Kavallerie, Feldartillerie und Train.
— Die Parade nahm einen glänzenden Verlauf. Der Kaiser erkannte die vorzügliche Haltung des II. Armeekorps an. Es fand ein zweimaliger Vorbeimarsch statt Der Kaiser führte der Kaiserin das 2. Grenadierregiment vor. die Kaiserin dem Kaiser ihre Pasewalker Kürassiere, Prinz Albrecht die zweiten Dragoner. Vor der Parade begrüßte der Kaiser die Kriegervereine. Nach der Parade kehrte er an der Spitze der Fahnenkompagnie in die Stadt zurück. Kaiser und Kaiserin wurden auch bei der Rückkehr begeistert begrüßt. — Das Kaiserpaar nahm heute Vormittag Gesangsvorträge des Stettiner Sänger, bundes und des Stettiner Lehrervereins im Schloßpark entgegen. Um 10 Uhr wohnten die Majestäten einem Festgotlesdienste in dem Kasernenhof des Grenadierregiments Nro. 2 bei. Die Kaiserin reiste um 12 Uhr nach Potsdam ab.
— Der Kaiser wohnte heute Abend 6 Uhr einem Diner bei dem komm. General v. Blomberg bei, welches aus 42 Gedecken bestand. Prinz Albrecht, Graf Waldersee, der Kriegsminister. General von Plcssen und der Ober- Präsident v. Puttkammer, fowie die Gemahlin und die Töchter des kommd. Generals nahmen daran teil. — DaS Gardekorps, das II., III. u. IX. Armeekorps beginnen morgen in aller Frühe ihre Märsche in Kriegsverhältnissen sowie die sogen. Kriegsmärsche gegeneinander und rücken dann in Manöverstellung sür den 1. Manöverlag am 10. d. M. ein.
Osterode, 7. Sept. Seit gestern Nachmittag steht die hiesige Vorstadt St. Martin in Flammen. Bis jetzt sind 60 Wohnhäuser mit vielen Nebengebäuden abgebrannt.
Mannheim, 7. Sept. Die vereinigten Freisinnigen und Demokraten stellten als Land- tagskandiöaten den Messersabrikanten Vogel und Banquier Eduard Wachenheim er auf.
In dem Städtchen Ratzeburg bet Lübeck erschoß der Privatier Schultz seine beiden Töchter und darnach sich selbst.
Württemberg.
Stuttgart, 7. Septbr. In der vergangenen Nacht ist ein Landwehrmann in der Jnfanteriekaserne I. in schlaftrunkenem Zustande aus dem Fenster in den Hof gestürzt und hat sich dabei nicht unbedeutende Verletzungen zugezogen.
Pianofortefabrikant H. Wagner (C. Bleidels Nachfolger) in Stuttgart wurde bei der Deutschnordischen Handels- und Industrie-Ausstellung in Lübeck für die von ihm ausgestellten neuerfundenen Reformpianinos (englisch Prozeß- Pianino) der erste Preis, eine goldene Medaille, verliehen.
Stuttgart, 7. Sept. Vorgestern erschoß sich in seinem Gartenhaus an der Weinsteige rin gut situierter Schreinermeister von hier. Be- züglich des Motivs zu diesem Selbstmord gehen in der Stadt allerlei Gerüchte.
Nach einer soeben, nachts '/rll Uhr, aus Leonberg zugegangenen um 8 Uhr abends aufgegebenen Nachricht brennen in Leonberg ca. 40 Häuser, worunter die Apotheke und das Rathaus, in welch letzterem sich auch das Postbureau befindet. Es herrscht Wassermangel, wodurch die Löscharbeit bedeutend erschwert wird. Das Feuermeer ist weithin sichtbar.
Marktpreise.
Neuenbürg, 7. September.
Butter, V- Kilo.1.05—1.20
Landeier, 2 Stück 12 Kisteneier 6 2 St. 11 4
Pforzheim, 7. September.
Landbutter, V- Kilo.-4L 0.95—1.00
Süßrahmbutter.-4L 1.10—1.20
Landeier 2 Stück.13—14 ^
Kisteneier, 2 Stück.11—12 ^
Stuttgart, 7. September.
Saure Butter, V- Kilo.--1L 1.—
Süße Butter, V- Ktto .... -4L 1.10—1.20
Frische Eier, 10 Stück. 55—60
Kalkeier, 10 Stück.— —
^ Obstpreiszettel.
Stuttgart, 7. Septbr. Zufuhr auf dem Wilhelmsplatz .- 600 Zentner Mostobst zu 4 -4L 50 ^ bis 4 -4L 80 ^ per Ztr.
Anstand.
Wien, 8. Septbr. Die hiesigen Blätter besprechen in längeren sympatischen Artikeln die Reise Kaiser Franz Josefs zu den deutschen Manövern. In der „Neuen Fr. Presse" ist über die Reise gesagt, daß der Kaiser heute abend 6.40 abreise und am Freitag abend wieder in Wien eintreffe.
Paris, 7. Sept. Auf dem Fenstersims des Polizeibureaus im Bürgermeisteramt des dritten Bezirks wurde in der vergangenen Nacht eine Nickelbüchse mit halbverbrannter Lunte aufgefunden.
Paris, 7. Sept. Bei seinem Besuche im Elyseepalast sagte der Lordmajor von London, die Korporation der City würde sich geehrt fühlen, den Präsidenten der französischen Republik zu empfangen, wenn er nach London käme. Präsident Faure dankte und sagte, die Frage einer Reise nach England sei gegenwärtig für ihn nicht offen und könne nicht zwischen ihm und dem Lordmajor eröffnet werden.
Petersburg, 8. Septbr. Ein Telegramm der „Nowoje Wremja" aus Wladiwostock meldet, daß die Cholera in China wüte. In Peking sollen täglich an 2000 Personen und in Shanghai 500 der Krankheit erliegen.
Aus Japan kommen über San Francisko Meldungen, die über einen furchtbaren Typhon berichten. Im Hafen von Kuchino-tsu sind 36 Fahrzeuge an den Küstenriffen zerschellt und die gesamte Mannschaft ist ertrunken. Die Stadt wurde fast gänzlich zerstört und der Verlust an Menschenleben ist ungeheuer. In der Provinz Gifu wurden 618 Dörfer überschwemmt und 200 Menschen sind ertrunken.
New-Iork, 7. Sept. Der Hamburger Schnelldampfer „Normannia", dessen Maschine, wie gemeldet, zeitweilig während der Reise untauglich geworden war, ist wohlbehalten mit nur 18 Stunden Verspätung eingetroffen.
New-Uork, 31. Aug. (Der Niagara- Fall in Thätigkeit.) Die Monstre-Dynamos des Niagara-Falls sind in der letzten Woche durch die „Pitsburg Reduktion Company" in Thätigkeit gesetzt. Die Elektrizitäts-Werke, die durch die Käst des Wassers versorgt werden, enthalten die größten Maschinen der Erde. Ein Tunnel in Hufeisen-Form von 7000 Fuß Länge ist für den Abfluß des Wassers von den Rädern durch den Felsen stromabwärts 200 Fuß tief unter der Oberfläche gehauen. Einige kleinere Wafserräder von 1000 Pferdekräften treiben eine Papiermühle. Die drei Riesenturbinen dagegen entwickeln je 5000 Pferdekräfte, hinreichend, um einen großen Ozeandampfer mit einer Geschwindigkeit von 14 Knoten in der Stunde fortzuwegen. Sie treiben die kolossalen Dynamo-Maschinen, die ungeheure Mengen Elektrizität erzeugen.
Unterhaltender Teil.
Eine Löwenjagd.
Aus meinen Erlebnissen in der Fremdenlegion.
Von Erich von Nordeck.
(Nachdruck verboten.)
Hart an der marokkanischen Grenze und nur wenige Tagemärsche von Fizig entfernt, liegt, fast vollständig in der Wüste, die kleine französische Befestigung Ain-Ben-Chelihl. Nur nach Norden zu sind fern am Horizont dunkle Umrisse eines Waldes zu erblicken, dessen äußerste Spitze noch etwa acht Kilometer von Ain-Ben- Chelihl entfernt ist.
Die Besatzung besteht aus einer Kompagnie des ersten Fremden- und einer kleinen Abteilung des zweiten Spahis-Regiments.
In der Nähe Ain-Ben-Chelihl gab es noch viele sogenannte freie Araber. Frei, weil dieselben Frankreichs Schutzherrschast nicht anerkennen, aber dennoch ungestört ihr bisheriges freies Leben weiterführeu. Mit ihren Herden ziehen sie von Oase zu Oase, von Weideplatz zu Weideplatz und bleiben im Großen und Ganzen unbehelligt.
Seit einem Jahre lagerte an einer Quelle in dem Walde nördlich von Ain-Ben-Chelihl ein Zweigstamm der Tuaregs, zur Zeit Ab-del- Kaders einer der bedeutendsten. Derselbe war durch die fortgesetzten Kämpfe soweit aufgerieben
worden, daß er jetzt noch kaum dreihundert waffenfähige Männer zählte.
Von den französischen Offizieren wird nun ein freundschaftlicher Verkehr mit den Araberführern sehr gepflegt, um die Araber durch Güte und Freundlichkeit für Frankreich zu gewinnen.
Besonders der Premicrlieutenant Nordon von der zweiten Kompagnie verkehrte viel in jenem Dorfe. Er genoß dort die Gastfreundschaft des Schecks, dessen Neffen, der Nachfolger und künftige Führer des Stammes, er einst aus den Händen einer wütenden Schaar Spanier befreit hatte. Achmed, so hieß der Neffe, hatte mehrere Jahre in den großen ^Städten Algiers und auch ein Jahr in Europa zugebracht, und sich während dieser Zeit nicht unbedeutende Kenntnisse angeeignet. Er stand in demselben Alter wie Nordon, und nichts war natürlicher, als daß sie gute Freunde wurden.
Die Heerden jenes Stammes befanden sich augenblicklich etwa drei Tagemärsche entfernt an einer Oase jenseits der Schotts.
Eines Tages lud Achmet den Lieutenant ein, an einem Ausflug nach dorthin Teil zu nehmen, vielleicht, daß sich eine günstige Jagdgelegenheit biete, da die Herden in letzter Zeit wiederholt von einem Löwen beunruhigt worden seien.
Nordon zuckte bei diesen Worten freudig in die Höhe. Das war etwas nach seinem Geschmack. Eine Löwenjagd! Diesen unerfüllten Wunsch hegte er schon in seiner Brust, seitdem er Afrikas Boden betreten. Wer wußte, ob sich ihm eine solche Gelegenheit zum zweiten Male bieten würde? Noch vor sechzig Jahren streiften die Löwen bis an die Küste des Mittelländischen Meeres; sie werden aber durch die fortschreitende Kultur immer weiter zurückgedrängt, und Nordon hatte bisher nur einige Male Gelegenheit, einen Löwen in Freiheit zu sehen.
In aller Frühe wurden am nächsten Morgen die Pferde gesattelt; Jsmael, ein Araber, der wegen seiner Unerschrockenheit und Kaltblütigkeit allgemein bekannt war, begleitete, sie, und bald ritten sie in die Wüste hinaus. Da das Wetter schön war und es seit mehreren Tagen nicht mehr geregnet hatte, so beschlossen die Jäger den Weg über die Schott abzukürzen. Nach einigen Stunden waren dieselben erreicht und bald trabten sie auf dem schmalen, festen Pfade, welcher über dieses unergründliche Meer führt, dahin. Keine Minute durften sie auf einem Punkte verweilen. Ein einziger Fehltritt ihres Pferdes — und sie sind unrettbar einem grausigen Tode verfallen.
Dumpf Hallen die Hufschläge der Pferde auf die harte Kruste, die sich gleich einer Eisdecke unter der Last der Reiter in wellenförmigen Bewegungen biegt. Mitten auf dem weißen Meere, wo an ein Umkchren nicht zu denken war, wurden sie plötzlich von einem Gewitter überrascht. Nach einem grauenhaften Ritte, bei dessen Erinnerung Nordon sich noch heute eines geheimen Schauers nicht erwehren kann, erreichten sie das jenseitige Ufer und am nächsten Tage in aller Frühe das Lager.
Nordon liebte aufregende und nervenan- spannende Gefahren. Als er vernahm, daß der Löwe fast Nacht für Nacht um das Lager streife und sich in letzter Zeit zweimal hintereinander aus der Hürde seine Beule geholt, hatte er alle Schrecken des Rittes vergessen. Es wachten zwar stets mehrere der geübtesten Schützen, aber es schien, als ob der Löwe diese gewittert hätte, denn man hatte ihn noch nie zu Gesicht bekommen, trotzdem die hinterlassenen Spuren oft bis dicht an die Hürden führten. Zudem war Neumond und die Nächte sehr dunkel, und so hatte man auf die Ankunft Achmets und Jsmaels gewartet, um den Löwen zu verfolgen und in feiner Höhle aufzusuchen.
Der bcrberische Löwe ist bedeutend kleiner als der afrikanische Löwe der großen Wüste, aber ebenso stark oder vielleicht noch stärker wie dieser, weil er wilder, raubgieriger ist wie sein gelber Kollege. Seine Farbe ist dunkel, geht fast in schwarz über. Er holt seinen Fraß meistens aus den Heerden der Araber und lebt daher mit diesen auf beständigem Kriegsfuße.