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Er ist wohl auch der bedeutend schlimmere und gefährlichere der beiden Löwenarten.

Achmet beschloß, dem Löwen diese Nacht oufzulauern, und wenn sie ihn nicht zu Schuß bekommen sollten, am nächsten Morgen die Ver­folgung aufzunehmen.

Nachdem die Jäger gut geruht, wurden die Gewehre in Stand gesetzt und Nordon war nicht wenig erstaunt, als er auf dem Gewehre, welches ihm Achmet überreichte, und dessen äußere Form und Arbeit seine Aufmerksamkeit erregte, dessen Vorzüglichkeit sein Kennerblick sofort erkannt hatte, den Namen eines Berliner Büchsenmachers eingraviert sieht.

Also bis hierher, bis tief in die Wüste hinein, bis zu den Händen der jagdgeübten Araber hatte das vorzügliche deutsche Fabrikat seinen Weg gefunden. Mit Einbruch der Dunkelheit begaben sich die Schützen auf ihre Posten.

Die Hürde hatte die Form eines großen Dreiecks, dessen Grundlinie an die Zelte der Araber stieß. An der äußersten Spitze faßten Achmed und Nordon Posto, während Jsmael und noch ein Araber die linke und zwei andere Araber die rechte Seite bewachten. Hinter einem niedrigen aber dichten Gebüsch ließen sich Achmet und Nordon nieder.

Die Stunden vergiengen. Langsam, einer Ewigkeit gleich, schlichen sie dahin. Nichts, was die tiefe Ruhe der Nacht unterbrochen hätte.

Plötzlich, es mochte gegen ein Uhr sein, ließ sich in nicht allzugroßer Entfernung ein donnerähnliches Gebrüll vernehmen. Nordon kannte es. Mit seiner Kaltblütigkeit und Ruhe, welche ihm von jeher eigen war. untersuchte er sein Gewehr, ob auch alles in Ordnung sei. faßte nach seinem Revolver, den er stets bei sich trug, lockerte den gewichtigen Hirschfänger in der Scheide zum äußersten Notfälle bereit und sah dann aufmerksam nach dem Dickicht hinüber, von wo ein leises Knacken in den Zweigen her- über tönte.

Dann war wieder alles still. Vergebens bemühten sich Achmed und Nordon in der Finster­nis die Gegenstände zu erkennen. Kein Lüftchen rührte sich. Es schien, als ob die ganze Natur in banger Erwartung der kommenden Dinge harre. Eine beängstigende Stille. Die glitzernden Sterne gaben nur ein mattes Licht und ließen nur dunkle Umrisse erkennen. Wohl eine Stunde mochte so in einer beklemmenden Spannung verflossen sein.

Plötzlich zuckte Achmet empor. Ein dunkler Schatten schien soeben gespensterhaft über die freie Ebene dahin zu streichen und das Lager in großem Bogen zu umkreisen.

Gut, daß wir Windstille haben", flüsterte Achmet seinem lauschenden Kollegen zu.

Wieder verging eine halbe Stunde in atem­loser Stille. Nichts bewegte sich. Zuweilen glaubten beide Jäger, einen dunklen Körper zu sehen, der sich ihnen nähere; er war aber im nächsten Augenblick wieder verschwunden. Im Osten machte sich schon eine leichte Helle bemerk­bar, das Zeichen des nahenden Morgens.

Da ertönt mit einem Male, ganz uner­wartet in nächster Nähe ein so lautes furchtbares Gebrüll, daß Nordon, heftig erschrocken einen Augenblick zusammenfährt. In solcher Nähe hatte er den König der Tiere noch nie gehört. Blitzschnell richtet sich Achmet empor, das Ge- wehr schußbereit zur Hand, den Oberkörper und Kopf etwas nach vorn gebeugt, in lauschender Stellung, keine Faser zuckt am ganzen Körper; wie bei einer Bildsäule aus Erz verrät keine Bewegung, daß Leben in dieser Gestalt sei. nur das Auge blitzt funkelnd durch die dunkle Nacht, starr und fest auf den Punkt gerichtet, von wo das gewaltige Jagdtier seine herausfordernde Stimme erschallen ließ. Nordon, nur wenige Schritte von Achmet entfernt, war ebenfalls em- porqeschnellt, das Herz klopft ihm hörbar und in fieberhafter Spannung versuchten beide Jäger mit ihren Augen die Finsternis zu durchdringen.

(Fortsetzung folgt.)

(Ein Bahnzug durch Würmer aufgehalten.) Wiener Blättern wird aus Wels geschrieben: Daß Krautwürmer (die Raupen des Kohl­

weißlings) in der Lage sind, einen Eisenbahn­zug zum Stehen zu bringen, dürfte nur selten Vorkommen. Dies war am 28. August der Fall. Schreiber dieser Zeilen befand sich in dem vor 6 Uhr abends von Aschach abgehen­den Lokalzuge und war Augenzeuge der Ueber- tretung der Bahnvorschriften, deren sich Kraut­würmer, welche, nebenbei gesagt, in der Gegend von Haiding, Hartkirchen. Eferding und Aschach ebenso wie anderwärts der Kraulkultur größeren Schaden verursachen, schuldig gemacht haben. Als obiger Zug zwischen der Haltestelle Breit- wiesen und der Station Haiding sich befand, ebendort, wo dir große Steigung besteht, wurde der Zug auffallend langsamer gehend, die Ma­schine konnte den Zug kaum mehr in Bewegung halten, sie fing zu pusten an, als wäre etwas an derselben geschehen oder als hätte sie zu wenig Wasser, dann noch einmal ein starkes Pusten und der Zug stand einen Augenblick. Es bedurfte der Arbeit der Maschine, der Zug stand einen Augenblick. Es bedurfte der größten Ar­beit der Maschine, den Zug wieder in Beweg­ung zu setzen und ihn in die Station zu führen. Auf die Frage an das Zugspersonal, was die Ursache des Vorfalles sei, wurde auf die leib- lichen Ueberreste tausender und tausender Kraut­würmer hingewiesen, welche an der Maschine klebten. Die Krautwürmer dürsten abends die durch die Sonne erwärmten Schienen als Ruhe­punkt nach ihrem zerstörenden Wirken ausersehen haben. Unmassen von Würmern wurden von den Rädern der Maschine zerdrückt, wodurch sich eine schleimig-fette Masse bildete, die ein Weiter­greiser der Räder verhinderte und ein Rutschen derselben heroorbrachte."

(Der Reporter im Luftballon ist das Neueste) was sich eine große amerikanische Zeitung ge­leistet hat. Aber nicht etwa nur der Reklame wegen, sondern ganz besonders der schnellen Berichterstattung wegen, und um die Konkurrenz­zeitungen zu überflügeln, hatte die betreffende Redaktion den geistreichen Einfall, bei der kürz­lich stattgefundenen Wett-Segelregatta zwischen den beiden Jachten Viligant und Defender einen Ballon mit einem Reporter in die Höhe über das Meer steigen zu lassen. Der Ballon war, wie uns das Patent- und technische Bureau von Richard Lüders in Görlitz mitteilt, durch eine Telegraphenleitung mit dem Bureau der Zeitung auf dem Festlande verbunden. Der Reporter konnte nun von oben aus den Verlauf der Regatta ganz genau bis in die kleinsten Einzel­heiten verfolgen und telegraphierte seiner Re­daktion jedes Manöver, wodurch dieselbe in den Stand gesetzt war, ihren Lesern nicht nur einen bedeutend ausführlicheren Bericht als die Kon­kurrenzzeitungen zu liefern, sondern auch ihre Mitteilungen viel, viel schneller unter das Publikum gelangen zu lassen.

(Warnung vor ungewaschenem rohem Obste.) Nicht genug kann davor gewarnt werden, rohes Obst in ungewaschenem Zustande zu verzehren. Untersuchungen seitens namhafter Aerzte haben wiederholt ergeben, daß durch den Genuß des ungereinigten Obstes Krankheiten aller Art über­tragen worden sind. Gelegentlich einer solchen Untersuchung konnte ein Arzt konstatieren, daß das Wasser, mit dem er schwach mit Staub be­deckte Trauben abgewaschen hatte, von Tuberkel­bazillen geradezu wimmelte. Von drei mit diesem Wasser infizierten Meerschweinchen, welche zu diesem Versuch dienten, gingen zwei an der Schwindsucht zu Grunde. Ganz abgesehen von der notwendigen Reinlichkeit muß einem der Ge­nuß frischen Obstes verekelt werden, wenn man bedenkt, daß sich der Slraßenstaub auf dem Obste ablagert und dieser enthält doch sicher eine ganze Menge von menschlichen und tierischen Abfall­stoffen.

(Kindliche Auffassung.) In einer Gesell­schaft wird über einen Bauchredner gesprochen; ein Herr bemerkt, derselbe habe sehr viel dummes Zeug geredet. Der kleine Pepi:Papa, da hat er wohl einen verdorbenen Magen ge­habt?!"

(Der Dumme hat's Glück.) Unteroffizier (dem ein Rekrut entsetzlich alberne Antworten giebt): Ich sehe schon Huber Sie sind wirk­lich der dümmste Mann von der ganzen Com­pagnie! . . . Wissen Sie was, hier haben Sie zwei Mark wenn Sie wieder in die Stadt gehen, dann bringen Sie mir dafür ein Kirchen­baulos mit!"

(Im Walde.)Sie sind müde, Schwieger­mama? Sehen Sie hier das Hügelchen, setzen Sie sich doch!"O, ich kenne Sie schon, Herr Schwiegersohn, das ist gewiß ein Ameisenhaufen."

Telegramme.

Berlin, 8. Sept. Eine Extraausgabe desReichsanzeigers" meldet:

Der Kaiser richtete an den Reichskanzler nachstehenden Erlaß: Die Feier der 25jährigen Wiederkehr der ruhmreichen Siegestage des Jahres 1870 hat viel Tausende von Festteil- nehmern veranlaßt, auch Meiner freundlich zu gedenken und Mir aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes und selbst von fernen Weltteilen her treue Grüße zu senden. Alle diese Kund­gebungen des patriotischen Empfindens vermag Ich zu Meinem Bedauern nicht im Einzelnen zu beantworten. Ich wünsche aber allen Beteiligten, besonders auch den Veteranen der großen Zeit, die freudig Gut und Blut mit in die Wagschale geworfen haben, meinen kaiserlichen Dank aus­zusprechen und Ihnen zu erkennen zu geben, wie herzlich Ich durch jene Aufmerksamkeiten erfreut worden bin.

Mit Genugthuung hat es mich erfüllt, mit welcher Begeisterung das deutsche Volk in fast allen feinen Gliedern die Tage der Wieder­geburt des deutschen Reiches gefeiert hat und wie es dabei von neuem allgemein ins Bewußt­sein getreten ist, welche wunderbaren Errungen­schaften wir nächst Gottes sichtlichem Beistände der weisen Führung des greisen Heldenkaisers Wilhelms des Großen und seinen erlauchten Bundesgenossen, seinen ausgezeichneten Rat­gebern, erprobten Feldherrn und braven Truppen zu verdanken haben. Zahllose Kaiser- und Kriegerdenkmäler zeugen von der Pietät und Dankbarkeit unserer Zeit und mahnen uns und ferne Geschlechter an die blutige Saat, aus der erst unser neu geeintes Vaterland hervorgegangen. Ein Volk, welches so seine Toten ehrt und so seiner Vergangenheit gedenkt, wird das hoffe ich mit Zuversicht allezeit treu zu Kaiser und Reich stehen und sich auch jener vaterlands­losen Feinde der göttlichen Weltordnung zu erwehren wissen, die selbst in diesen Tagen nationaler Begeisterung dreist ihr Haupt erheben und sich nicht gescheut haben, das Andenken des Großen Kaisers zu schmähen und dadurch das deutsche Volk in seinen edelsten Erinnerungen und Empfindungen zu verletzen.

Leonberg, 9. Sept. Insgesamt sind gegen 70 Firste, worunter 41 Wohnhäuser ab­gebrannt. 77 Familien sind obdachlos; es ist kein Menschenverlust zu beklagen, dagegen sind mehrfache Verletzungen vorgekommen. Einem auswärtigen Feuerwehrmaun wurde ein Bein abgeschlagen. Das mehrfach zu brennen be­ginnende Rathaus wurde mit äußerster Anstreng­ung gerettet; auch das Großvieh ist geborgen, dagegen ist ziemlich viel Federvieh verbrannt. Seit heute früh 3 Uhr besteht keine Gefahr mehr.

Wien, 9 Sept. Der Kaiser reiste gestern Abend 6 Uhr 40. Min. mittelst Sonderzug nach Stettin und Potsdam ab. Der Graf von Turin mit Gefolge traf um 7 Uhr 50 abends auf der Wildparkstation ein, wo er von dem Kammer­herrn der Kaiserin, dem Grafen Keller empfangen wurde; er begab sich zu Wagen nach dem neuen Palais.

Paris, 8- Sept. General Duchesne tele­graphierte am 3. Sept.: er beabsichtige Andriba am 14. Sept. zu verlassen und den Vormarsch in der Zuversicht des Gelingens fortzusetzen.

Madrid, 8. Sept. Aus Havanna werden verschiedene kleine Zusammenstöße mit den Auf­ständischen gemeldet; auf beiden Seiten wurden mehrere getötet und verwundet. Auf Kuba sind mehrere Dampfer mit Verstärkungen eingetroffen.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.

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