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daß wir ihnen für ihre Tapferkeit zur 25jährigen Erinnerung heute nochmals unfern persönlichen Dank aussprechen und ihnen ein dreifach donnern­des Hoch zubringen. Mögen unsere Soldaten, die noch keinen Feldzug mitgemacht haben da wir in einer ernsten Zeit leben wenn die Kriegstrompete erschallt, unseren Veteranen nach­ahmen und das mit heißem Blute teuer Er­fochtene erhalten, mögen unsere Mitbürger, ja das ganze deutsche Volk, Männer und Frauen, dazu beitragen, daß das Nationalbewußtsein und die Disziplin, die guten Gesinnungen für Kaiser und Reich, für König und Vaterland in unserer Armee behalten bleibt, denn wie im Kriege Schulter an Schulter fürs Vaterland gefochten wird, so soll auch im bürgerlichen Leben Treue und Kameradschaft gepflegt werden, daß auch für die Zukunft in unserem Reiche eine energische, tapfere und mutvolle Armee existieren und be­halten bleibt. Unsere 1870er Kriegsarmee, die Veteranen, insbesondere unsere hier anwesenden Veteranen, leben hoch, hoch, hoch!!! Hierauf dankten die Veteranen persönlich. Gemeinde­pfleger Sprenger überreichte jedem Veteranen das von den bürgerlichen Kollegien bewilligte Geschenk von 5 -/-L. Bürgerausschußmilglied Gottlieb Meitler trug einige Gedichte aus der Hand unseres poetisch veranlagten Louis Schwarz hier vor. wovon hier eines Platz finden möge:

Folgen des Größenwahns.

Der JLHrta fünfazwanzig scho Sind jetzt ins Ländle ganga Do Hot ma de Napolao'

Mit seiner ganza Mannschaft no Wie in 're Mausfall g'fanga

Bei Sedan jo do ist es gwe Hot er sein Dega müassa Ein Preußakönig Wilhelm ge Der Hot em auf der Wilhelmshöh'

Just sei Quartier a'gwiesa

Sei Weib Hot mit em junga Burscht Frankreich verlassa miiasse Druf Hot se glaub in Chiselhurst In England wo des bleibt jo Wurst Ihr Leba wölla beschließ«

Jo guket Leut do ka mer seh Wer hält sichs lasse troma Wo Sie jo d'Movemuatter gwe Daß Sie s'Pariser Elysee So Knall und Fall müßt roma

Sie häb hau i miar sage lau De Größewahn so gnähret Mit ihrer baise Zunge au Jhrm arme Ma' kei Ruah mai glau Bis er de Krieg erkläret

Drum thuat der Herrgott manchmal au Em Hochmuat d'Fliigel stutza Hätt Sie dort d'Ha'd vom Butta glau No wär Sie Kaisers heut' nau Hett derfa d'Blatt net putza

Ihr liebe Männer merkets nau Solls Glück so kurz net daura Net derf ma wia Napoleon thau Em Weib grad älla Willa lau Sonst ist zletzt älls verlaura.

Mit abwechselnden gemeinschaftlichen Volks­gesängen verlief die wohlgelungene Feier auf das beste und als die andern hiesigen Wirt­schaften abpatroulliert waren, gingen die Krieger nach dem Zapfenstreich in ihre Quartiere. Der Montag war den Kindern gewidmet. Mittags l'/s Uhr Festzug durch den Ort. An der Krone angekommen, wurde den Kindern eine Erfrischung gegeben, worauf auf dem Festplatze verschiedene Spiele stattfanden, wie Kletterbaum­steigen, Wettspringen u. dergl. mehr. Als die Kinder beschenkt und nochmals bewirtet waren, gingen Alt und Jung fröhlich und wohlgemut nach Hause.

Neuenbürg, 7. Sept. Eine Hitze, wie die gegenwärtige, nun schon 14 Tage andauernde, im Monat September gehört in unserem Schwarz­wald wahrlich zu den Ausnahmen; denn wenn das Thermometer schon vormittags im Schatten 20 Grad und das Enzwasser eine Temperatur von 15" u. zeigt, trotzdem die Nächte ange­nehm abkühlen, so kann man kecklich von einer Hitze wie in den Tropenländern sprechen. In den Weinbergen geht es mit dem Färben der Trauben trotzdem nicht allgemein voran, es fehlt zwischen hinein ein guter Regen, doch muß ja,

die ungeheure Wärme einen untrüglichen Einfluß auf die Güte des Weins ausüben. Von einer Kammerz an der Schwarzlochfabrik wurde schon vor 10 Tagen eine völlig reise weiße Traube mit großen vollsaftigen Beeren überbracht.

Neuenbürg, 7. Septbr. (Schweine­markt.) 20 Paar Milchschweine wurden bei flauem Handel von 1420 ^ Pr. Paar verkauft.

Deutsches Weich.

(Sedanfeier.) Nicht e i n Blatt, sondern eine ganze Reihe von Zeitungsblättern würde man füllen, wollte man auch nur in knappen Strichen ein Bild von den Festlichkeiten bringen, mit denen in ganz Deutschland der Sedantag als des Reiches Geburtstag als solchen hat sich ihn das Volksgemüt längst auserwählt gefeiert worden ist, in wie allgemeiner Weise sich die ganze patriotische Bewölkerung der er- hebenden Feststimmung hingegeben hat. (Der Raum unseres Blattes gestattet uns nicht einmal, auch nur einen Bruchteil der Berichte von aus­wärts wiederzugeben.)

Arbeit nach Festesfreude.

Nun ist das stolze Fest der Deutschen vor­übergerauscht. Das Silberjubelfest des Sedan­tages, welche der endlich erlangten Einigung der deutschen Stämme und der Begründung des deutschen Reiches gilt, ist in der denkbar würdig­sten, großartigsten Weise gefeiert worden, allent­halben, soweit die deutsche Zunge klingt.

Damit hat auch die 25jährige Erinnerung an die Großthaten unserer Veteranen ihren Höhepunkt erreicht. Auf den für die deutschen Mitkämpfern von 1870 erreichbaren Schlacht­feldern wird es wieder still werden. Die alten ergrauten Krieger werden wieder heimkehren zu Weib und Kind, mit dem menschlich so erklär­lichen Gefühl der Befriedigung, daß sie die Stätten noch einmal geschaut, da sie vor 25 Jahren voll hoher patriotischer Hoffnungen so Großes geleistet, aber auch so Schweres ge­duldet, da sie bittere körperliche und seelische Leiden überstanden haben. Was nun an patri­otischen Gedenktagen kommt, wird mehr ein ruhiges Gepräge von innerer Bedeutung tragen, und nur am 18. Oktober bei Enthüllung des Kaiser-Friedrich-Denkmals auf den Wörther Höhen, am 18. Januar, dem Tage des feier­lichen Ausrufens des deutschen Kaisers, und am 10. Mai, dem Tage des feierlichen Friedens­schlusses, wird noch einmal verdientermaßen der Pulsschlaq der vaterländischen Erinnerung leb­hafter werden.

Auch diese Tage werden ernst und würdig verlaufen, wie die bisher gefeierten. Die Welt hat jetzt sehen und erkennen können, daß wir Deutschen keineswegs gewillt sind, in eitler Selbstüberhebung und Ruhmsucht auf unsere Thaten zu pochen und aus ihnen chauvinistische Gelüste abzuleiten. Die wackeren Mitstreiter der großen Zeit sollten ihre Ehre haben, den Dank des Vaterlandes für ihre unsäglichen Mühen und Schmerzen bezeugt erhalten. Wenn wieder­um 25 Jahre verstrichen sein werden, schauen viele, vielleicht die meisten von ihnen nicht mehr das Licht der Sonne, wohl aber wird das große Werk, welches sie durch Einsetzung von Gut und Blut haben schaffen helfen, noch andauern und seine Segnungen immer schöner und weiter aus­gebreitet haben, und im Schatten seiner mächt­igen Krone werden die Völker Europas die Wohlthaten des Friedens genießen» des Friedens nach außen und nach innen.

Manche Erscheinungen haben wohl auch ge­rade in den jüngst verflossenen Tagen die Be­sorgnis aufkommen lassen, die großen Errungen­schaften, deren Blutzeugen jetzt noch unter uns wandeln, könnten im Laufe der Zeit gefährdet werden. Mißverstandene und zu selbstsüchtigen politischen Zwecken ausgebeutete Lehren erzeugen im Inneren Zwietracht, mächtige Feinde drohen von außen mit Zerstörung. Es ist nur zu er­klärlich, daß sich die Besorgnisse des Vaterlands­freundes gleichmäßig gegen beide Feinde wenden, aber grade die Erinnerung an die große Zeit mit ihrem heute schier unfaßbaren Aufgebot an körperlicher und geistiger Kraft drängt die Be­sorgnisse auf das richtige Maß zurück. Ohne

Prahlerei und Säbelrasselei wird der deutsche Vaterlandsfreund ruhig auf das verweisen können, was vor 25 Jahren geleistet worden ist. Der gewaltige vaterländische Aufschwung von damals der kurvr teutonieus im edelsten Sinne, wird auch wiederkehren, wenn die inneren Feinde wirklich den Angriff wagen, und wird mit ihnen auch ohne jPulver und Blei fertig werden. Wenn aber die äußeren Feinde kommen nun die Söhne und Enkel der Kämpfer von 1870 und 1871 werden hinter den Ahnen nicht zurück­stehen. Das verbürgt uns die gute deutsche Art, die heute unser Volk wie damals durch­dringt.

Das wird auch die einzige Sorge und Ar­beit für die Zukunft sein, daß diese gute deutsche Art treu gepflegt werde. Die Nachgeborenen der Helden jener großen Zeit sollen nicht thaten- los die Früchte der Arbeit jener genießen; was sie ererbt von ihren Vätern, sollen sie erwerben, um es zu besitzen. Arbeit und Kampf ist nach wie vor die Losung für das deutsche Volk; Ar­beit und Kampf in friedlichem Sinne. Auf allen Gebieten der Werke des Friedens soll unser deutsches Volk weiter arbeiten und kämpfen, um sich in dem immer dichter werdenden Gedränge der Völker dieser Erde zu behaupten. Nicht rasten und nicht rosten, immer weiter streben nach dem Vollkommensten in Gewerbefleiß, Handel, Kunst. Wissenschaft und Waffenübung; das sind die Ziele, die jetzt nach den herrlichen Freudenfesten schärfer und erstrebenswerter vor uns stehen.

Arbeit und Kampf! Erziehen wir unsere Jugend so, daß sie dieser Lebensaufgabe des deutschen Volkes gewachsen bleibt, wie es bisher die deutsche Jugend gewesen ist. Hinweg mit allem Verweichlichenden in Genuß und Gedanken! Stahlhart muß das deutsche Volk sein und bleiben. Dann wird ihm auch der Segen des Friedens erhalten, dessen vornehmster und mäch­tigster Schützer eben dieses deutsche Volk ist.

Die Bergleute Schädel und Strieler, welche die Frau Strielers in Bocholt Nachts ermordet hatten, sind Samstag früh in Münster i. W. hingerichtet worden.

Württemberg.

Anläßlich der Eröffnung der Bezirks­gewerbeausstellung in Mergentheim hielt der Ministerpräsident Frhr. v. Mittnacht eine Rede, die zunächst die Bedeutung von Lokalgewerbeausstellungen behandelte und dann der gegenwärtigen Lage der Landwirtschaft und des Kleingewerbes zuwandte. Der letzte Ab­schnitt dieser Rede hatte nach demSt.-Anz." folgenden Wortlaut:Der Oberamtsbezirk Mergentheim gehört zu denjenigen Teilen des Landes, in welchem der landwirtschaftliche Be­trieb, der Ackerbau, der Weinbau, die Viehzucht im Vordergründe steht. Eine eigentliche Groß­industrie hat der Bezirk nicht aufzuweisen und die Fabrik- und Gewerbethätigkeit besteht noch in mäßiger Ausdehnung. Leider ist die Land­wirtschaft derzeit in Not und auch das Hand­werk hat seinen goldenen Boden verloren. In gegenwärtiger Zeit ist der Mittelstand und der kleine bürgerliche Gewerbebetrieb gefährdet und bedroht. Es gilt jetzt allenthalben, sich zu rühren und zu regen und um die Existenz zu kämpfen, nicht durch Rückkehr zu veralteten Einrichtungen, die nicht die Ursache früher be­standener günstigerer Verhältnisse gewesen sind» sondern durch zeitgemäße Vereinigung und Or­ganisation, durch Reorganisation auch der Ge­werbevereine des Landes auf gemeinsamer Grund­lage, durch Vertretung des Handwerks in den Handels- und Gewerbekammern oder durch Er­richtung eigener Handwerker-Kammern, durch Selbstthätigkeit, durch soliden Geschäftsbetrieb» durch Hebung der Kenntnisse, der Ideen, der beruflichen Bildung, namentlich auch der Jugend­bildung durch Fachschulen u. dgl., durch Er­weiterung des Horizonts der Gewerbetreibenden. Alles unter verständiger, unterstützender und fördernder Mitwirkung der Gesetzgebung im Reich und im Einzelstaat und der Verwaltung. Da­bei sollen Landwirtschaft und Gewerbe nicht etwa in eifersüchtigen Gegensatz sich setzen, sie sollen Zusammengehen, sie gehören zu einander,