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hatten das Gepräge der Schönheit und Gemüt­lichkeit. Vieles trugen hiezu insbesondere auch die schönen Weisen des Liederkranzes unter der vorzüglichen Direktion des hiesigen Lehrers Druffner bei. Alle Ehre gebührt gewiß einer Gemeindevertretung, einem Gesangverein, allen Privaten, die dazu beitrugen, den Ehrentag unserer Veteranen für diese und alle Teilnehmer zu einem unvergeßlichen zu machen. Zur Ehre gereicht es aber auch den bürgerlichen Kollegien von Dobel, Neusatz und Rothensol, die sich Herrenalb anschlossen und jedem ihrer Veteranen eine Ehrengabe von 5 vsL auf l. Septbr. bc- willigten. Anerkennung und Hochachtung ver­dient in hohem Grade aber auch Hr. Stadt­pfarrer Hartter, dem es durch seine selbstlose, eifrige Hingabe und Dank der Opferfreudigkeit der hiesigen Gäste infolge eines am 28. August gegebenen Veteranenkonzerts möglich wurde, der Veteranenkasse als Festgejchenk 125 vlL zu über­geben. Möge der Dank unseres deutschen Volkes und der Segen des Himmels unseren Veteranen für ihre ausgestandenen Strapazen auch ferner­hin reichlich zu Teil werden.

Pforzheim. Wie von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, fand gestern abend eine Sitzung des Gesamtvorstandes des nationalliberalen Ver­eins, verstärkt durch die Vorsteher sämtlicher Wahldistrikte statt, worin auf Grund der er­statteten Stimmungsberichte der einstimmige Be­schluß gefaßt wurde, einer demnächst abzuhalten­den allgemeinen Parteiversammlung den seit­herigen Abgeordneten, Herrn Gesell, als Kandidaten zu empfehlen.

Pforzheim, 30. Aug. In die Reihe der Städte, welche ihren Anlehenszinsfuß herunter­setzten, tritt jetzt auch Pforzheim. Die Stadt schreibt soeben ein Anlehen zur Uebernahme aus im Betrage von 3 Millionen zur Tilgung älterer Schuldbeträge und Beschaffung der Mittel für neue Unternehmungen. Das Anlehen soll zu 3U, Proz. verzinslich und (mit 1 °/o Tilgung) bis 1944 tilgbar sein. Anerbietungen sind bis zum 10. September einzureichen.

Pforzheim, 3. Sept. Gestern Nach­mittag */45 Uhr ereignete sich auf dem hiesigen Bahnhof ein Unfall dadurch, daß der Wildbader Zug zu rasch in die Halle einfuhr und auf den Prellstock auffuhr. Die Maschine wurde be­schädigt und einige Passagiere erlitten Ver­letzungen.

Pforzheim, 4. Sept. Der vorgestrige Viehmarkt war mit 90 Ochsen, 200 Kühen, 24 Kalbinnen, 112 Stück Jung- und Schmal­vieh, 28 Kälbern und 20 Ziegen befahren, der Pferdemarkt mit ca. 130 Pferden. Die Preise hielten sich in gleicher Höhe wie am letzten Markte. Als verkauft sind notiert 38 Pferde. 22 Ochsen, 52 Kälber, 8 Kalbinnen, 42 Stück Jungvieh, 18 Kälber und 10 Ziegen. Händler kauften viel Vieh auf. Der heutige Schweine­markt war mit 160 Ferkeln und 6 Läufern befahren; verkauft wurden 110 Ferkel zu einem Durchschnittspreis von 20^/r «tL das Paar; die Läufer fanden keine Abnehmer.

Deutsches Weich.

In der Reichshauptstadt hatten sich um den Kaiser die Könige von Sachsen und Würt­temberg, sowie noch mehrere andere deutschen Fürsten geschaart. Die großen Festlichkeiten leitete die Einweihung der Kaiser-Wilhelm>Ge- dächtniskirche ein. Es folgte eine große Parade über das gesamte Gardekorps, sowie eine Be­sichtigung der aus Amerika eingetroffenen deutsch- amerikanischen Veteranen des 1870er Krieges. Beim Paradeesjen pries der Kaiser die Tapfer- keit der deutschen Armee und wies mit bedeut­ungsvollen Worten die unerhörten Angriffe der Sozialdemokraten auf das Andenken Kaiser Wilhelms I. zurück und sagte dann wörtlich: Möge das gesamte Volk in sich die Kraft finden, diese unerhörten Angriffe zurückzuweisen! Geschieht es nicht, nun denn, so rufe Ich Sie (die Generale und Armee) um der hochverräter­ischen Schaar zu wehren, um einen Kampf zu führen, der uns befreit von solchen Elementen." Weiterhin dankte der Kaiser dem König von Sachsen, der als Führer der Maasarmee soviel

zu dem Erfolg von Sedan beigetragen hat und dem König von Württemberg, der mit den preußischen Gardehusaren gleichfalls jene Schlacht mitgemacht und schloß mit einem Hoch auf die beiden Könige und auf das Gardekorps. Die Wendung des Kaisers gegen die Sozialdemokraten ist von hoher politischer Bedeutung.

Berlin, 3. Sept. Se. Maj. der König von Württemberg saß bei der gestrigen Paradetafel zwischen der rechts vom Kaiser sitz­enden Großherzogin von Baden und dem Prinzen Albrecht. Bei dem heutigen Festmahl zu Ehren des Grafen Blumenthal führte der König von Württemberg den Gefeierten in den Fest­saal. König Wilhelm trug den blauen Rock der Gardehusaren; er brachte einen Trinkspruch auf den Kaiser und dann auf den Grafen Blumen­thal aus.

Berlin, 4. Sept. Zur Erinnerungs- fei er waren die Mitglieder des Stabes der kronprinzlichen Armee von 1870/71 gestern im Rcichshof um den König von Württemberg und den Fürsten von Hohenzollern versammelt, darunter Feldmarschall Graf Blumenthal, die Generale Mischke und Grolmann, Oberhof. marschall Graf Eulenburg, Oberhofmeister Graf Seckendorfs, später erschien Graf Hahnke, der von Oels, wohin er den Kaiser begleitet hatte, zurückkehrte; der König von Württemberg sprach zuerst das Hoch auf den Kaiser und später brachte er, nachdem dem Andenken des Kaisers Friedrich ein stilles Glas geweiht worden war, das Hoch des Heerführers, der treuesten und festen Stütze des Kronprinzen, des Grafen Blumen­thal, aus. Tiefbewegt dankend, erzählte der Feldmarschall, daß Kaiser Friedrich ihn in seinen letzten Lebenslagen beauftragt habe, falls er je­mals viele Angehörige seines Stabes zusammen­finde, allen seinen Dank für die treue Mitarbeit auszusprechen, welches Auftrags er sich hiemit entledige. Graf Blumenthal trank auf das Wohl der Kaiserin Friedrich, die den Versammelten huldvoll einen telegraphischen Gruß entboten hatte. General Mischke widmete ein Hoch den treuesten Kameraden von 1870/71, dem König von Württemberg und dem Fürsten von Hohen­zollern. Der König von Württemberg empfieng gestern vor seiner Abreise den Aus­schuß des hiesigen großen Wohlthätigkeitsfestes und nahm die Ueberweisung von 10 500 mit Dank entgegen. Ferner nahm der König ein Exemplar des Werkes:Der große Krieg" ent­gegen aus den Händen des Verlegers.

Essen a. Ruhr, 4. Septbr. Wie die Rheinisch-Westfälische Ztg." schreibt, traf der König von Württemberg heute Vormittag in Begleitung seines Flügeladjutanten, sowie des Legationsrats v. Gemmingen und des General­lieutenants v. Falkenstein hier ein. Der König begab sich um 10 Uhr zur Besichtigung des Panzerstahlwerks und des Schmelzbaues. Mit­tags fand im Beamtenkasino ein Diner statt» an dem außer dem König und seiner Begleitung Geheimerat Krupp, das Direktorium und die Prokuristen der Firma teilnahmen. Nach dem Diner besichtigte der König die Kanonenwerk­stätte. Um 4 Uhr wurden im sogen. Museum diejenigen höheren Beamten der Firma, welche Württembergs sind, dem König vorgestellt. Heute Abend fand in der Billa Hügel ein größeres Diner statt, zu dem auch diese Beamten geladen waren. Morgen wird der König den Krupp'- schen Bazar, die Konsumanstalten und andere Wohlfahrtseinrichtungen besichtigen. Die Abreise des Königs von Essen erfolgt dann nachmit­tags 5 Uhr.

UnsereGenossen". Die Vertrauens­männer der sozialdemokratischen Partei Berlins haben sich an der Sedanfeier dadurch beteiligt, daß sie an den Vertrauensmann der deutschen Sozialdemokratie in Paris nachstehendeSym­pathiekundgebung" mit dem Ersuchen richteten, dieseunseren französischen Parteifreunden" zu übermitteln:Am 25. Jahrestag der Schlacht von Sedan senden als Protest gegen Krieg und Chauvinismus, den französischen Genossen Gruß und Handschlag. Hoch die Völkersolidarität! Die sozialdemokratischen Vertrauensmänner Ber- lins." In Paris, wo die Sozialdemokratie noch keineswegs bis zur Verleugnung des nationalen

Sinnes gekommen ist, wird diese Kundgebung zweifelsohne mit der entsprechendenHochacht­ung" ausgenommen worden sein.

Berlin, 4. Sept. Die Nummern 191 und 204 desVorwärts" wurden heute wegen Majestätsbeleidigung rc. nachträglich mit Be­schlag belegt, der verantwortliche Redakteur Pfund heute früh 7 Uhr verhaftet.

Breslau, 3. Sept. Wie dieBreslauer Ztg." aus Schneidemühl meldet, ist der katho­lische Pfarrer Wodda in Friedheim nach dem Lesen der Messe unter Vergiftungserscheinungen gestorben. Der Wein, den der Pfarrer beim Meßopfer getrunken hat, war vergiftet. Der Rest desselben samt dem Behälter und Pokale wurde polizeilich beschlagnahmt und die Staats­anwaltschaft sofort benachrichtigt.

Leipzig, 3. Sept. Beim gestrigen Fest­zug wurden die Kleider einer 20jährigen Dame durch eine Zigarre in Brand gesetzt. Die Dame ist heute im Hospital gestorben.

Freiburg i. B., 2. Sept. Landgerichts- Präsident Kiefer ist gestern Abend während seiner Rede zum Festbankett vom Schlage ge­troffen worden. Er wurde bewustlos weg­getragen und starb nachts 11 Uhr. Mit ihm ist der hervorragendste Führer der national­liberalen Partei Badens aus dem Leben geschieden. Seit den 60er Jahren stand er an der Spitze der nationalen Bewegung am Oberrhein. Dem Reichstag hat er in verschiedenen Perioden, dem badischen Landtag bis zu seinem Tode angehört. Friedrich Kiefer war 1830 im badischen Oberland als Sohn eines Dorf-Schullehrers geboren. 1864 wurde er Staatsanwalt am Kreis- und Hof­gerichte zu Offenburg, 1867 Ministerialrat im Justizministerium. Er war ein Mann voll Kraft und Feuer, ein echter Führer des Volks, dem auch eine hinreißende Beredtsamkeit zu Gebote stand. Nun ist er dahingesunken auf dem Schlachtfelde der politischen Thätigkeit, ein Gefallener von Sedan. Ein würdiger Abschluß feines dem Baterlande geweihten Lebens. Kiefers letzte Worte waren ein Appell an die Heranwachsende Jugend, sowie die Ermahnung an dir Besser­gestellten sich nicht über die weniger Bemittelten zu erheben, sondern sich Eins mit ihnen als Kameraden" zu fühlen. Bezüglich der Umsturz­bewegungen der Sozialdemokraten sagte der so rasch Dahingegangene:daß wir uns keineswegs vor den Sozialdemokraten zu fürchten brauchen, sondern im Gegenteil ihnen die Zähne zeigen müssen, denn wir können auf die gesunde Ur­kraft unseres Volkes voll und ganz vertrauen. Bald darauf trat der Unfall ein. Der Redner sank mehrere Male in die Kniee und sagte: Mir wird schlecht, helfen Sie mir."

Karlsruhe, 3. Sept. Die offiziell städt­ische Feier des Sedantages soll mit dem auf den 9. Sept. fallenden 70 Geburtstag des Groß­herzogs verbunden werden.

Aus Baden. Wie auf vielen Industriege­bieten, so findet auch noch in Bieraktien des Landes eine Curssteigerung statt. Es hängt dies neben sonstiger günstiger Geschäftslage ins­besondere mit dem billigen Preise von Gerste und Hopfen zusammen.

Württemberg.

Stuttgart, 1. Sept. DerAllg. Ztg." wird geschrieben: Wie man hört, stehen für den Herbst einige Veränderungen in der militärischen Umgebung des Königs bevor. Der jetzige Generaladjutant Frhr. v. Falckenstein wird aus seiner Hofstellung ausscheiden, um das Generalkommando eines preußischen Armeekorps zu übernehmen, worauf er nach der Anciennität ichon längst Anspruch hat. Von Hrn. v Falcken­stein ist bekannt, daß er zu denjenigen Offizieren gehört, welche den Dienst bei der Truppe einer Hofstellung vorziehen. An seine Stelle als Generaladjutant soll der dienstälteste Flügel- Adjutant v. Schott, welcher einer der ältesten Obersten ist und zum Generalmajor avancieren würde, treten. Eine weitere Aenderung in einer höheren Stellung des württembergischen Armee­korps soll durch die Pensionierung des jetzigen Gouverneurs von Stuttgart, Grafen v. Scheler, bevorstehen.