Stuttgart, 30. Aug. Se. Majestät der König hat folgende Uniformsänderungen be­stimmt: Bei der Infanterie sind die Helme, Tornister. Patrontaschen für Gemeine. Leibriemen. Hemden und Unterhosen für die Folge nach neuen Proben anzufertigen. Bei sämtlichen Fußtruppen erhalten jetzt die Waffenröcke ge­teilte Schöße. sowie an den Aermcln einen Schlitz zum Auf- und Zuknöpfen des unteren Aermels; auch werden die Waffenröcke im All­gemeinen weiter und die Kragen an denselben einen halben bis einen Centimeter niedriger und etwas weiter als bisher üblich angefertigt. Diese Begleidungsänderungen gelangen zur Aus­führung. soweit die Mittel hiezu verfügbar sind.

Stuttgart, 1. Sept. Wie derSchw. Bote" hört, hat das Kriegsministerium ange­ordnet. daß den einzelnen Geschützen zur Probe 20 rauchlose bezw. rauchschwache Kartouschen für die Korpsmanöver zugeteilt werden.

Auf zahlreichen Höhen im ganzen Lande herum wurden am letzten Sonntag abend mächtige Freudenfeuer abgebrannt und namentlich die von den Fildern aus sichtbare Albkette bot am Sonntag abend mit ihren fast unzähligen Höhen­feuern einen geradezu überwältigenden Anblick. Ganz ohne Widerspruch kann ja bei den Deutschen kaum etwas geschehen und so gab es auch Leute, welche die Meinung äußerten, man hätte das bei den Freudenfeuern verbrannte Holz besser an die Armen verteilen können. Man erinnert sich da unwillkürlich des in der Bibel erzählten Vor­ganges, wobei Judas Jscharioth die Salbung der Füße des Heilandes mit einer kostbaren Salbe durch Maria von Magdala heftig mit den Worten tadelt:wozu diese Verschwendung, man hätte das Geld dafür den Armen geben können."

Der Anwalt des Stuttgarter Vororts Gablenberg, tit. Schultheiß Krämer, hat die ganz unglaubliche Taktlosigkeit begangen, nach einem Referat des sozialistischen Stuttgarter LandtacZabgeordneten Kloß über seine bisherige Thätig'.eit im Landtag ein Hoch auf diesen aus- zubrinzen. Das Disziplinarverfahren gegen den­selben ist eingeleitet und wird wohl mit dessen Absetzung enden, wobei nicht einmal der Dis- ziplinarhof für Gemeinde- und Körperschafts- deamte zusammengerufen zu werden braucht, weil der Genannte seitens der Stadtdirektion nur auf jederzeitigen Widerruf in seiner derzeitigen Stell­ung bestätigt worden ist.

Stuttgart, I.Sept. Bekanntlich ist schon seit längerer Zeit die Absicht einzelner sich aus Arbeiterkreisen rekrutierenden Gesangvereine, dem schwäbischen Sängerbund die Bildung eines Arbeiter-Sängerbundes entgegevzustellen. Auf Einladung des hiesigen Buchbindermännerchors hatte« die betreffenden Stuttgarter Gesangvereine heute eine Besprechung, um die vorbereitenden Schritte, welche zu genanntem Ziel führen sollen, einzuleiten.

Ulm, 4. Sept. Am Sedanstag ist in den Sammelbüchsen an den Eingängen zur Frird- richsau, die zum Besten der Unterstützungskassen der Veteranen aufgestellt waren, vom Publikum die ansehnliche Gesamtsumme von 1102 ^ 24 eingegangen.

Ausland.

In Italien haben einige Nachwahlen stattgefunden, wobei auch einige der verbissensten Revolutionäre gewählt wurden, worunter De- felice, der zu vieljährigem Zuchthaus verurteilt ist und begreiflicher Weise dieses Bolksmandat nicht ausüben darf, aber es ist doch ein bedenk­liches Zeichen für Crispi und in Sizilien soll die Gährung unter der notleidenden Bevölkerung wieder derart gestiegen sein, daß neue Revolu­tionen jeden Tag zu befürchten sind.

Der türkische Sultan befindet sich in schweren Nöten. Auf die nachdrückliche Forder­ung Englands, in Armenien endlich Reformen in's Werk zu setzen, suchte der Sultan zuerst die Vermittlung des deutschen Kaisers und als er von diesem abgewiesen war, auch diejenige des französischen Präsidenten Faure nach, gleich­falls ohne jeglichen Erfolg. Die europäischen Großmächte scheinen den Türken gegenüber ein- rmütig zu sein und nun wird er wohl in den auren Apfel der Reformen beißen müssen.

Deutsche Kriegervererne in Amerika.

Anläßlich der augenblicklichen Anwesenheit der deutsch-amerikanischen Kriegskameraden in Deutschland zur Mitbegehung der Feier der 25. Wiederkehr des Scdantages ist es nicht uninter> esfant zu erfahren, welcher Geist für den Soldaten­stand die ehemaligen deutschen Soldaten auch im Auslande noch beseelt, und wie dieselben dort organisiert sind.

Es giebt in Nord-Amerika 5 große deutsche Krieger-Vereinigungen, und zwar 1. den Deutschen Kriegerbund von Nord- Amerika". welcher aus 50 Spezial-Vereinen mit etwa 7000 Mitgliedern besteht; 2. den Deutschen Kriegerbund von New- Jork" in einer Stärke von etwa 1000 Mann; 3. den 1200 Mitglieder zählendenDeutschen Kriegerbund von Long Island"; 4. den Deutschen Krieger- und Veteranen- Bund des Staates New-Jersey" mit etwa 1500 Mann und 5. einenDeutschen Soldaten-Bund von New-Jork", der allerdings nur erst eine Mitgliederzahl von etwa 500 Mann zu verzeichnen hat, der aber noch im Wachstum begriffen ist.

Außer diesen großen Verbänden giebt es noch viele kleine, in sich abgeschlossene deutsche Militärvereine in Nord-Amerika, so denVerein Bayerischer Jäger",Badischer Dra­goner»,Garde-Schützen",Deutsche Ulanen in Chicago" u. dergl. mehr. Die Kriegerverbände, mit Ausnahme des Nord­amerikanischen Kriegerbundes, sind in Kompag­nien geteilt. Die Vorgesetzten tragen die Chargen vom Feldwebel bis zum Hauptmann aufwärts. Ueber das Ganze herrscht ein Präsident mit seinem Stabe; letzterer besteht aus von den ein- zelnen Kompagnien gewählten Delegierten. Jede Kompagnie hat ein Hauptquartier, welches den Sammelpunkt der Kameraden bildet und durch ein an dem betreffenden Hause angebrachtes Schild mit der Aufschrift:Hauptquartier der pp. Kompagnie" kenntlich gemacht ist. Im General. Hauptquartier" hält der Vereins- Präsident allwöchentlich eine Sitzung mit den zu derselben entsandten Delegierten seiner Kom­pagnie ab; dabei geht es nicht nur parlamen­tarisch, sondern auch echt militärisch zu. Eine unpassende Bemerkung,j oder gar eine beleidigende Aeußerung kann laut Statuten vom Präsidenten sofort mit einer Geldstrafe bis zu 1 Dollar ge- ahndet werden.

Die Vorstände der einzelnen Vereinigungen arbeiten gegenwärtig dahin, alle Kriegcrvereine zu einem Ganzen zu verschmelzen; die Aussichten dafür sind sehr günstig.

Die Uniformen der ehemaligen deutschen Soldaten bestehen aus amerikanischen Grand- Army-Anzügen nebst Hüten mit schwarz- weiß- roten Schnüren; die Chargierten tragen richtige militärische Abzeichen nebst Degen. Bei einigen Vereinen resp. Kompagnien giebt es eine be­sondere Schieß-Abteilung, welche mit deutschen Mauser-Gewehren ausgerüstet ist, und die bayrischen Jäger von Broocklyn haben sich sogar vollständige Original-Anzüge direkt aus Deutsch, land angeschafft; dazu soll ein bayerischer Prinz 100 Dollars gespendet haben.

Die Zwecke und Ziele der Vereine bestehen in gegenseitiger Unterstützung bei Krankheits­und Sterbefällen und in aller sonstigen Not, was gewiß sehr anerkennenswert ist. Jeder, der Mitglied werden will, muß ehrenvolle Ent­lassung aus dem deutschen Heere oder der Marine Nachweisen können; in zweifelhaften Fällen wird an das angebliche Regiment geschrieben, um fest­zustellen, ob der Betreffende auch wirklich dort gedient hat oder nicht.

Bei Todesfällen wird den Heimgegangenen Kameraden ein echt militärisches Leichenbegängnis zu teil; der ganze Bund mit seiner Kapelle giebt dem toten Kameraden das letzte Geleit, die üblichen Salven werden abgefeuert und in dem mit militärischen Bildern und der Kompagnie- Fahne geschmückten Quartier der betr. Kompagnie wird diese auf die Dauer von sechs Wochen mit schwarzem Flor umhangen.

Im Uebrigen ist das Leben der Kameraden unter sich ein sehr verträgliches und gemütliches;

gelegentlich der Kompagnie-Bersammlurgen wird manch' heiteres Stückchen aus den Militärdienst­jahren im deutschen Vaterlande zum Besten gegeben, manch' guter Trunk nach alter deutscher ! Sitte gethan; dazwischen erschallen heimatliche ! und patriotische Lieder und meist erst nach > Mitternacht trennt man sich und steuert nach Hause. Soviel von denjenigen Kriegervereinen welche in Kompagnien eingeteilt sind.

(Schluß folgt.)

Vermischtes.

In Bittenfeld hatte ein Bauersmann seinen beiden Schweinen über die heißeste Zeit den Keller zum Aufenthalt angewieien und sich darnach wieder aufs Feld begeben. Als derselbe einige Stunden später wieder zurückkehrte und nach den grunzenden Kellerbewohnern sah, fand er diese lustig badend im Rosinenwein. Die Schweine hatten an dem jedenfalls nicht ganz festsitzenden Faßhahnen sich so lange zu schaffen gemacht, bis derselbe herausfiel und das Faß auslief.

Ueber den Monat September urteilt der bekannte Wetter-Falb, daß der Monat einen sehr trockenen Charakter aufweisen werde und im ganzen eine höhere Temperatur haben werde, als der August. Im Anfang vom 1. bis 6. !

September sollen hie und da Niederschläge er- ' folgen (war aber nicht der Fall), dagegen werde ! es vom 7. bis 15. sehr trocken sein. Um den ^ 18. September, welcher der stärkste kritische Tag s des Jahres ist, sind ausgebreitete Gewitterregen ! zu erwarten. Um diese Zeit soll auch die Erde s beben. Gegen das Ende sinke die Temperatur s auffallend. !

(Gute Ausrede.) Nun, Max, was hast du denn heute in der Schule gelernt? Ich weiß es nicht mehr! Was, du weißt es nicht mehr! Da schau' einmal deinen Frund Karl an der weiß Alles, was er in der Schule gelernt hat! Ja, das ist etwas anderes! Der hat auch nicht so weit heim von der Schule wie ich j

(Der kleine Geschäftsmann.) Lehrer (zum kleinen Moriz): Wenn bei einem Kompagnie­geschäft Gewinn erzielt wird, was geschieht damit? Moritz: Der Gewinn wird geteilt! Lehrer: Und wer trägt die Verluste? Moritz: Die Gläubiger.

(Naiv.) Gouvernante (zur kleinen Ella): Du stehst, meine Liebe, unsere Gegenfüßler auf der anderen Seite der Erde gehen zu Bett, wenn wir aufstehen. Ella: Da ist wohl Bruder Emil auch ein Gegenfüßler!

Scherzrätsel.

Wenn hundert Sänger hungrig find Und setzen sich zum Mahl geschwind, Wie heißt der eine Sänger dann Den nennen diese hundert Mann.

Telegramme.

Paris, 6. Septbr. Gestern nachmittag 3 Uhr wurde ein dürftig gekleidetes Individuum an der Eingangsthür zum Hause Rothschild über­rascht, als es die Zündschnur einer Bombe an­zünden wollte. Das Jnduviduum warf die Bombe, welche nicht explodierte, hin, nach heftigem Widerstand von den Polizisten verhaftet, ver­weigerte es die Namensnennung. Nach den Vor­gefundenen Utensilien dürfte der Verhaftete ein junger Rasiergehilfe sein. Der Polizeipräfckt Lepine begab sich nach dem Thatort zur Unter­suchung. Die Präfektur bewahrt Stillschweigen, da es sich um einen anarchischen Anschlag handeln soll. Der Attentäter, sieht dem Anarchisten Pauwell, dem Urheber des Attentats an der Madelainekirche ähnlich. Der Attentäter er­klärte, er sei überzeugter Anarchist. Die Bombe besteht aus einer mit chlorsaurem Kali rc. ge­füllten Cacaobüchse. Der Attentäter wollte die­selbe nur mit der Zigarette anzünden; die Asche verhinderte aber die Entzündung.

Fünfkirchen, 6. Sept. Durch den Ein­sturz eines Neubaues wurde 1 Person getötet, 36 schwer, 6 leicht verletzt.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.