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vergessen, die heute am Gedächtnistag von Sedan nicht hintanstehen dürfen, die deutschen Frauen, die damals ebenso ihre Opfer ge. bracht, Verwundete und Kranke gepflegt und treu gesorgt und gebetet haben; die heute an Opfermut noch dieselben sind wie damals. Mit stürmischem Beifall wurde dieser Trinkspruch auf die deutschen Frauen ausgenommen. Kameral- verwalter Löflund gab hierauf von ihm jelbstvcrfaßte, die Kriegsereignisse schildernde Reime zum Besten. Noch sprach Graf v. Uxkull, in ernsten Worten, anknüpfend an das vom Turnergesangverein vorgetragene Lied Theod. Körners „Vater ich rufe dich" und an die beim Festgottesdienst vernommenen eindrucksvollen Worte: Im Mausoleum zu Charlottenburg ruhen Kaiser Wilhelm I. und sein Sohn Kaiser Friedrich. Männer, die uns Gott gegeben hat, die wir haben mußten, um das zu leisten, was geschehen ist. Ihr Geist ist nicht weggenommen, er muß leben unter uns. Was sagen sie. wenn sie her. niederschauen? sie sagen, seid einig, sie sagen die deutsche Treue soll nie untergehen, seid treu dem Enkel, dem Kaiser Wilhelm II., haltet deutsche Treue zu König und Vaterland. In das dreifache Hoch. „Auf daß wir deutsche Treue halten" stimmten die Festgenossen begeistert ein. Stadtvikar Löbich ließ hierauf noch unfern Altreichskanzler Fürsten Bismarck hochleben, der einst nach bedeutungsvoller Rede ausgesprochen hat, „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst Niemand auf der Welt". Unendlicher Jubel folgte auch diesem Trinkspruch und so verlief der denkwürdige Abend in der schönsten Weise.
Der Montag war unserer Schuljugend geweiht. Dieselbe sammelte sich mittags schon vor I Uhr unter den Schatten spendenden Bäumen auf der Bahnhofstraße, ebenso sämtliche Vereine und Festgenossen zum festlichen Zug durch die Stadt auf den Maienplatz. War man auf dem Wege dahin den heißen Sonnenstrahlen ausgesetzt, so wurde man nun auf dem so herrlichen, zu einem volksfestlichen Treiben wie geschaffenen Platze mitten unter hohen Tannenbäumen, vollauf- entschädigt. Die kleinste Jugend war auf 2 großen Wagen, welche den Mittelpunkt des Zuges bildeten, auf den Festplatz gebracht. Bald ent- wickelte die muntere Schaar der Schüler auf der an den Maienplatz anstoßenden Wiese ihr volles Temperament. Die Gabentempel waren auch bald aufgeschlagen und so konnte unter Leitung der HH. Lehrer das Wettlaufen, das Sackhüpfen, Wurstangeln und was der heiteren Spiele mehr sind, vor sich gehen. Eine Gabe war jedem Schüler sicher. Unermüdlich tummelte sich die ganze Kinderwelt bis zum Abend; es gab eine heitere Szene um die andere. Dazwischen zeigte sich die Turnerriege in einer Reihe von turnerischen Aufführungen. Auch das Vaterlandslied kam durch den Liederkranz zur Geltung und die Schüler sangen „Lieb Vaterland magst ruhig sein". Die Alten blieben mehr und mehr scß. hast auf dem eigentlichen Festplatze, an den Tischen und Bänken, wo es auch an leiblicher Erquickung nicht fehlte. Aber Alles freute sich an dem Kinderfest, wie wir ein gelungeneres kaum jemals gehabt haben. Das Städtchen selbst mußte wie ausgestorben sein, denn ganze Familien zogen hinaus, die Laden- und Wirtschaft-Inhaber schloßen ihre Geschäfte; auch sie wollten ohne Ausnahme den festlichen Tag mitmachen; kurzum die ganze Einwohnerschaft gab sich hier auf dem reizenden Maienplatz ein Stelldichein. Eine so allgemeine einmütige Beteiligung der Bürgerschaft wirkte auf jeden wohlthuend; es ist des- halb nicht zu wundern, wenn von vielen Seiten der Wunsch laut wurde, man möchte in die Lage versetzt werden, alljährlich am Sedanstage solche Kinderfeste abzuhalten. Abends, als die Sonne hinter den Bergen verschwunden war, mußte qn die Heimkehr gedacht werden; wir befinden uns im Spätsommer, wo es abends empfindlich kühl und auch bald dunkel wird. Um 7 Uhr M>g also der Rückzug zur Stadt in gleicher Weise wie mittags der Aufmarsch vor sich; auch die vier Reitersmänner an der Spitze fehlten wieder nicht. Die Vereine sangen ihre Marschlieder und geleiteten den Kriegerverein bis zu seinem Lokal bei Holzapfel am Marktplatz, um alsdann ihre Banner abzugeben. Vorher jedoch wurde
unter Musikbegleitung das Lied „Nun danket alle Gott" gesungen und nach einem von Präzeptor Calmbach ausgebrachten Hoch auf „unser liebes Vaterland" ging Alt und Jung befriedigt nach Hause. Im Gasthaus zum „Bären" sammelte man sich nochmals sehr zahlreich um die Kriegsveteranen, die gestern und heute ihren Ehrentag hatten. Die Musikkapelle setzte munter ihre Weisen fort und veranlaßte auch noch zum Tanz. Es war ein weiteres gemütliches Beisammensein. Schullehrer Braun toastete noch auf die unter allgemeiner Beteiligung der Bürgerschaft so schön und einmütig begangene Feier der beiden Tage und sprach unter jubelnder Zustimmung der Anwesenden den Wunsch und die Hoffnung aus, daß man nach dem heurigen Beispiel sich auch künftig wieder zur Sedanfeier zusammenfinden möge.
f Arnbach, 2. Sept. Zum Andenken an den glorreichen Sieg bei Sedan feierte gestern die hiesige Schuljugend in gelungener Weise ein Kinderfest. Zur Feier hatten sich auch der Militärverein mit seinen 4 noch lebenden Veteranen, sowie der Gesangverein beinahe vollzählig eingefunden. Die bürgerl. Kollegien bewilligten hiezu in dankenswerter Weise die Summe von 30 Bei dem Feste wechselten interessante Spiele, welche die Lachmuskeln der Anwesenden in steter Thätigkeit erhielten, einige Gesänge der Kinder und solche des Gesang. Vereins in schöner Weste miteinander ab. Zum Schluffe brachte Hr. Schullehrer Geiger auf die Veteranen ein Hoch aus, in welches alle Anwesenden begeistert einstimmten. Nachher vereinigten sich beide Vereine mit den bürgerl. Kollegien im „Hirsch" und im „Ochsen' zu einer geselligen Unterhaltung, wobei allen Teilnehmern nur zu rasch die Zeit verstrich.
Langenbrand, 3. Sept. Die Sedanfeier nahm hier einen schönen und würdigen Verlauf. Am Sonntag den 1. September bewegte sich vormittags um '/r10 Uhr vom Rathaus aus ein stattlicher Zug, an dem sich die Veteranen, die Mitglieder des Militärvereins, die Beamten von hier und die bürgerlichen Kollegien beteiligten, zur Kirche. Nach dem Festgottesdienst war Sammlung im Gasthaus zum „Ochsen", wo der Militärverein sein Lokal hat. Hier fand ein Festessen mit etwa 50 Gedecken statt. Oberförster Gönner brachte in beredten Worten den Toast auf die Veteranen aus, deren in unserer Gemeinde noch 4 am Leben sind und die von der Gemeinde mit einer Ehrengabe in Geld bedacht worden sind. Pfarrer Helferich sprach über die Bedeutung des Sedantages, dessen Früchte und dessen Ruf an uns. Durch die Ver>ammlung ging ein warmer patriotischer Hauch, und manche patriotische Weise erscholl aus Herz und Mund der Ver- sammelten. Wie die Veteranen von Schömberg zum Besuch kamen, da erklang noch einmal ein Hoch auf die Veteranen. Der Veterane Friedrich Schwitzgäbele, Vorstand des hier und in den umliegenden Gemeinden bestehenden Krieger- Vereins, dankte für die von seiten der Gemeinde den Veteranen zu teil gewordene Ehrung. Auch der Veterane Schröter von Schömberg ergriff das Wort. Am Abend kam man noch im Gasthaus zum „Hirsch" zusammen. Am 2. September bewegte sich abends gegen 9 Uhr im Fackelschein ein großartiger Zug, an dem sich die ganze Gemeinde, alt und jung, Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen, Knaben und Mädchen beteiligten, hinaus auf die Langenbrander Höhe, wo ein mächtiges Sedanfeuer angefacht wurde. Man gedachte auf der Höhe der Worte, welche Emanuel Geibel vor 25 Jahren nach dem Sieg bei Sedan ausgehen ließ^ Nun laßt die Glocken von Turm zu Turm durch's Land frohlocken im Jubelsturm! Des Flammenstoßes Geleucht facht an! Der Herr hat Großes an uns ge- than. Ehre sei Gott in der Höhe! Pfarrer Helferich hielt eine patriotische Ansprache. Dann wurde das feierliche Loblied: „Nun danket alle Gott" durch die Gemeinde angestimmt. Dem Choral folgten weitere Gesänge. Nach einem kräftigen Hurrah durch den Militärverein auf diese Veteranen und nach einem donnernden Hoch auf das deutsche Vaterland gings wieder im Zuge zurück in den Ort. Ich denke, es war
in aller Herzen die Losung: Deutsch bis in den Tod! Und so möchte ich zum Schluß sagen: Lieb Vaterland, magst ruhig sein, fest steht und treu die Wacht am Rhein!
-s- Dobel, 3. Sept. (Sedansseier). Sontag den l. Sept. morgens 8 Uhr Abmarsch der hies. Veteranen nach Herrenalb zum dortigen Veteranenfest. Um 10 Uhr Festzug des Liederkranzes und des Militärvereins in die Kirche, in welcher ein Festgottesdienst abgehalten wurde. Nachmittags 5 Uhr Sedansfeier im Rößle: Reden der Herren Pfarrer Mayer und Schull. Jacob von hier und Schull. Kraft von Neusatz, Vorträge patriotischer Lieder durch den hiesigen Liederkranz. Nach Eintritt der Dunkelheit Freudenfeucr beim Ort. Am Montag den 2. Sept. fanden vormittags Schulfeiern und nachmittags ein Kinderfest der vereinigten Schulklassen von Dobel und den Filialen Neusatz und Rothensol statt.
Pforzheim, 3. Sept. Das Sedansjubiläum ist gestern wie im ganzen badischen Lande, so auch hier überaus festlich begangen worden. Die gesamte Bevölkerung nahm regen Anteil an der Feier, die einen sehr eindrucksvollen Verlauf nahm. Die Sammlung für die Veteranen hat ca. 4500 ergeben, so daß jeder derselben mit einem verhältnismäßig be- deutenden Ehrengeschenk bedacht werden konnte. Sehr bemerkt ist es worden, daß unter den offiziellen Rednern bei dem Festbankett auch der Führer der hies. freisinnig.demokratischen Partei, Fabrikant Maischhofer befand, welcher den Toast aus den Großherzog ausbrachte.
Pforzheim, 3. Sept. Gestern Mittag mußte eine Zigeunerbande von 4 Mann (herumziehende Schirm- und Kesselflicker) auf dem Roßmarkt verhaftet werden. Dieselben verkauften an einen Bauersmann ein Pferd um einen bestimmten Preis und schienen den Bauersmann dabei gehörig übertölpelt zu haben, denn bei näherer Besichtigung verweigerte der Käufer die Annahme des Pferdes, sowie die Auszahlung des Kaufpreises. Die Verkäufer sielen nun über den Bauersmann her und bearbeiteten denselben mit Stöcken, rissen demselben die Kleider vom Leibe, stießen mit Messern um sich und zeigten sich überhaupt höchst erregt und widerspenstig. Der Bauersmann fand aber energische Hilfe, die Bande wurde festgenommen und unter großem Zulauf in Gewahrsam gebracht, — Dem hies. „Beobachter" wird weiter zugeschrieben: Die Schlacht bei Sedan 2. Sept. 1895. Ein blutiger Tag liegt hinter uns und besonders stark wütete es gegen halb 3 Uhr nachm, auf dem Roßmarkt, wo Turkos und Deutsche arg hintereinander kamen und von den Waffen ausgiebig Gebrauch gemacht wurde. Es hatten nämlich Zigeuner und Bauern im Handel Differenzen bekommen, wobei sofort in Thätlich- keiten übergegangen wurde und die Zigeuner nach einer ordentlichen Tracht Prügel mit Handschellen versehen auf die Feste Buchmüller als Kriegsgefangene abgeführt wurden. Ein allgemeines Halloh ertönte nach diesem Siege und das deutsche Heer trank auf dieses hin einen ordentlichen Sedanschoppen.
Deutsches Weich.
München, 2. Septbr. Anläßlich des Sedantages hat Se. Maj. der Kaiser an Se. kgl. Hoheit den Prinzregenten folgende telegraphische Kundgebung gerichtet: „Ich kann mir nicht versagen, Ew. kgl. Hoheit auszusprechen, daß ich an dem heutigen 25. Jahrestage der Schlacht bei Sedan des heldenmütigen entscheid- ungsvoüen Eingreifens der bayerischen Armeekorps und ihrer unter schweren Opfern errungenen Siegeslorbeeren in besonders warmer Dankbarkeit Mich erinnern. Berlin. 1. Sept. 95 (gez.) Wilhelm L." Hierauf erging aus Hohenschwangau am gleichen Tage nachstehende Antwort des Prinzregenten: „Tief gerührt durch die Anerkennung. welche Ew. Maj. die Gnade hatten, dem tapferen Verhalten der bayr. Armeekorps bei der Entscheidungsschlacht der Sedan angedeihen zu lassen, bitte Ich Ew. Maj. überzeugt zu sein, daß meine Bayern auch in Zukunft ihre angestammte Tapferkeit treu bewahren werden. (gez.) Luitpold.