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Berlin, 2. Aug. DerReichsanzeiger" schreibt: Se. Maj. der Kaiser und König haben Sr. Durchlaucht dem Fürsten Bismarck heute früh folgendes Telegramm zugehen lassen: Fürst Bismarck Durchlaucht, Friedrichsruh." Heute wo ganz Deutschland die 25jährige Wieder­kehr des weltgeschichtlichen Kapitulationstages von Sedan feiert, ist es Mir Herzensbedürfnis Ew. Durchlaucht erneut auszusprechen, daß Ich stets mit tiefempfundener Dankbarkeit der un­vergänglichen Verdienste gedenken werde, welche Ew. Durchlaucht sich auch in jener großen Zeit um meinen hochseligen Herrn Großvater, um das Vaterland und die deutsche Sache erwarben. Wilhelm." Auf dieses kaiserliche Telegramm lief folgendes Antworttelegramm ein:Sr. Maj. dem Kaiser und König. Ew. Kaiser!, und Königl. Hoheit lege ich meinen ehrfurchtsvollen Dank zu Füßen für die gnädige telegraphische Begrüßung am heutigen Tag und für Ew. Maj. huldreiche Anerkennung meiner Mitarbeit an dem nationalen Werke des hochseligen Kaisers und Königs, v. Bismarck."

Berlin, 2. Septbr. Bei dem heutigen Paradediner im Weißen Saale des kgl. Schlosses brachte der Kaiser einen Trinkspruch aus. in dem er der in diesen Tagen herrschenden Be­geisterung. sowie seines dahingegangenen hoch- seligen Herrn Großvaters gedachte. Der Kaiser wies mit besonderem Nachdruck darauf hin. daß es Aufgabe der Jüngeren sei, das, was der Kaiser gegründet, zu erhalten und fuhr dann fort: Doch in die hohe große Festesfreude schlägt ein Ton hinein, der wahrlich nicht dazu gehört. Eine Rotte von Menschen, nicht wert den NamenDeutsche" zu tragen, wagt es, das deutsche Volk zu schmähen, wagt es. die uns geheiligte Person des allverehrten verewigten Kaisers in den Staub zu ziehen. Möge das gesamte Volk in sich die Kraft finden, diese unerhörten Angriffe zurückzuweisen. Geschieht es nicht, nun dann rufe Ich Sie. um der hoch­verräterischen Gefahr zu wehren.

Berlin, 3. Sept. Die amerikanischen Veteranen besichtigten heute das Zeughaus, die Museen und das Rathaus und speisten im Rats­keller. Morgen werden die Amerikaner an den Särgen Wilhelms des I. im Mausoleum zu Charlottenburg und des Kaisers Friedrich in der Friedenskirche zu Potsdam große Lorbeer­kränze mit Atlasschleifen und Inschriften von den deutschen Kriegervereinen Amerikas niederlegen, woran sich eine Besichtigung von Potsdam an- schließeu wird. Von Leipzig aus gedenken die Veteranen den Kyffhäuser zu besuchen, wo dann die Auflösung der Gesellschaft erfolgen soll.

Berlin, 2. Sept. Ein Berichterstatter meldet, daß die sozialdemokratischen Protestver­sammlungen anläßlich der Sedanfeier in ganz Preußen verboten worden seien.

Berlin, 3. September. DasMilitär- Wochenblatt bestätigt die Meldung, daß der französische General der Reserve Munier vor Jahresfrist wegen verleumderischer Beleidigung zu 1000 Franken Geldstrafe verurteilt worden ist, und fügt hinzu, hiernach gelte Munier für das deutsche Osfizierkorps als abgethan und jeder weiteren Beachtung unwert.

Köln, 2. Sept. Der Besitzer der Köln. Zeitung Neven-Dumont, hat anläßlich der Sedanfeier 60000 vlL gestiftet. Mit diesem Kapital soll eine Witwen- und Waisenkasse für die Arbeiter der Druckerei gegründet werden.

Breslau, 3. Sept. Ein Buchhändler, der gestern Abend aus dem Platze der Salvator­kirche einen in einer leeren Granate hergestellten Feuerwerkskörper losließ, verwundete durch Splitter der Granate 11 Personen, davon 7 schwer. Der Urheber ist verhaftet.

Württemberg.

Rottweil, 2. Sept. Herr Landge- richtsdircktor v. Reuß, seit wenigen Tagen (vor­her Landgerichtsrat in Tübingen) am hies. K. Landgericht thätig. ist eines unerwarteten raschen Todes gestorben. Derselbe begab sich mit seiner Frau vorige Woche in die Schweiz um eine Ferienreise zu machen. Im besten Wohlbefinden verließ er seine Heimat und nun ist die tele­

graphische Nachricht eingetroffen, daß er während des Aufenthalts auf dem Rigi vorgestern einem Schlaganfall erlegen ist.

Grantschen, 31. Aug. In den letzten Tagen wurden in der Umgegend verschiedene Käufe aufNeuen 1895 er" abgeschlossen, so z. B. in- Winnenthal pro 3 dl. zu 155 Ein sehr annehmbarer Preis.

Ovstpreiszettel.

Stuttgart, 3. Septbr. Zufuhr auf dem Wil­helmsplatz: 300 Zentner Mostobst (Fallobst) zu 4 -4L 80 ^ bis 4 -4L 80 ^ per Ztr.

Stuttgart, 3. Septbr. Kartoffelmarkt am Leonhardsplatz. Zufuhr 400 Ztr., Preis per Zentner 2 -4L 50 ^ bis 3 -4L Z. Krautmarkt am Marktplatz. Zufuhr 2000 Stück Filderkraut, 15 -4L ^ bis 20 -4L per 100 Stück.

Ausland.

Paris, 2. Sept. In einer Korrespon­denz desTemps aus Suberbieville vom 6. Aug. heißt es:Der Gesundheitszustand der Truppen ist schlecht, die Sterbfälle sind zahlreich und wenn man sich nicht beeilt, Fananarivo einzunehmen, um all die Unglücklichen, die hier in der Ebene hinsiechen, auf das Plateau von Jmeriva zu schaffen, daun weiß ich nicht was noch geschehen kann.

Paris, 2. Sept. Der Generalrat des Departements der Rhonemündung hat eine Resolution beschlossen, in welcher Regierung und Parlament unter Hinweis auf die Panama- u. Südbahnaffaire aufgefordert werden, der finan­ziellen Freibeuterei gewisser Politiker mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten, und durch die Beseitigung aller verdächtiger und anrüchiger Persönlichkeiten einer ehrlichen und sozialreforma- torischen Politik frei zu machen. Gleich anderen Generalräten hat auch der das Rhonedeparte­ments eine Resolution gegen die Pariser Welt­ausstellung von 1900 gefaßt, welche für die Hauptstadt vielleicht einen vorübergehenden Er­folg, für die Provinz aber einen nachhaltigen Schaden bedeute.

Paris, 3. Sept. Aus Toulouse sandten nach einem patriotischen Mahle französische Mitkämpfer von 1870 dem russischen Botschafter in Paris ein Telegramm, in dem sie Rußland und dem Zaren ihren Dank abstatten für die den Deutschen gegebene Abschlagung der Er­laubnis, das Sedanfest amtlich zu feiern.

In Reims ermordete der 18jähr. Litho- grahp Gravez mit einem Messer einen 12jähr. Knaben und verstümmelte dessen Leiche in furcht­barster Weise. Gravez über das Motiv seiner entsetzl. That gefragt, erklärte, er habe um jeden Preis einen Mord begehen wollen, um auf Staatskosten verpflegt zu werden.

Brooklyn, 3. Sept. Auf der Lreabeach- bahn stieß eine davongelaufene Lokomotive in den Rücken eines Zuges, der mit einen Arbeitertag feiernden Ausflüglern gefüllt war. Fünfzig Zuginsassen wurden schwer verletzt.

Vermischtes.

(Deutsches und Undeutsches.) Eine für das deutsche Geschäft erfreuliche Thatsache wird in einem Londoner Fachblatte veröffentlicht, das es sich angelegen sein ließ, einen ehemaligen Bürgermeister der Kapstadt über den internatio­nalen Wettbewerb um den Handel in Südafrika auszufragen. Der Herr machte gar keine Um­stände, sondern sagte dem britischen Fragesteller kurzweg, daß Deutschland und Amerika in dem Handelsbewerb England fest auf die Fersen träten; besonders bemerkbar sei dies auf dem Gebiete der Töpferei. Die Kaufleute der Kapkolonie führten ungeheure Massen deutscher Waren ein; und selbst die Maschinen für das elektrische Licht der Kapstadt kämen aus Deutschland und würden von deutschen Arbeitern aufgestellt. Noch befriedigender ist. zu erfahren, daß die Maschinen wie mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks arbeiten. Was die Töpferei anbetrifft, so hat das neue englische Schutzmarkengesetz auch diesmal zum Vorteile Deutschlands gewirkt, in­dem die Kapstädter die Artikel mit der Bezeich- nung maäo iu 6ormuu^ den unbezeichneten englischen vorziehen. In einer amerikanischen

Zeitung ist folgendes zu lesen:Es ist eine wahre Schande, wie so manche Deutsche sich schämen, Deutsche zu sein, und ihren ehrlichen deutschen Namen verballhornifieren. Nur Dumm­heit, entsetzliche Dummheit kann einen Ex-Deutschen veranlassen, den Namen Schmidt mitdt" oder tt" in Schmith, Schwarz in Black, Weiß in White zu verwandeln. Zu dumm, zu lächerlich!" Vielleicht nimmt sich das amerikanische Blatt in seiner wohlthuend kräftigen Weise auch einmal der kaiserlich deutschen Gesandjchaft in Washington an, auf daß diese nicht mehr ihre deutschen Schutzbefohlenen mit Briefen beglückt, die den Aufdruck Imporiul 6orwuu ut tVas-

diuZtou v 0 zeigen.

(Ueber die Frage, wie alt. schwer und groß Forellen werden können), fanden kürzlich im Verein Triton in Berlin Erörterungen statt. Bachforellen werden größer wie Seeforellen; man hat Bachforellen von 1,10 Meter Länge gesehen. Das höchst erreichbare Alter wurde auf 20 bis 25 Jahre, das Höchstgewicht auf 25 Pfund angegeben.

(Tiefe Trauer.) A.: Der Tod ihres Gatten muß doch für die Frau Klimper ein herber Schlag gewesen sein. B.: Das wars in der That. A.: Sie hat wohl infolge dessen ihr Klavierspiel ganz aufgegeben! B.: Nein, sie spielt noch; aber nur auf den schwarzen Tasten I

(Renommage.) Geschäftsreisender:Sie werden von der Größe und dem Alter meines Hauses ungefähr eine Ahnung bekommen, wenn ich Ihnen sage, daß unser jüngster Lehrling fünfundzwanzig Jahre alt ist!"

(Aus der Schule.j Lehrer: Es giebt also Weichtiere, Wirbeltiere .... Müller, Du bist wieder nicht bei der Sache! Nenne mir mal das höchstentwickelte Wirbeltier! Müller: Der Tambour, der hat 'n Wirbel und schlägt 'n Wirbel!

(Du ahnungsvoller Engel Du!) Frau des Hauses (zu einer hübschen jungen Frau, die verspätet ins Kaffeekränzchen kommt):Soeben, liebe Frau Doktor, haben wir von Ihnen ge­sprochen!" Junge Frau (betroffen):Ah das ist- aber nicht schön; ich habe ja den Damen gar nichts gethan."

(Arbeitsteilung.) Patient:Was verlangen Sie dafür, wenn Sie mir einen Zahn ausziehen?" Zahnarzt:Zweieinhalb Mark." Patient: Dann würde ich Sie ersuchen, mir ihn für eine Mark fünfundzwanzig nur halb auszuziehen, den Rest besorg ich nachher allein."

Telegramme.

Breslau, 4. Sept. In Libau wurde ein Mann getötet infolge Platzens eines eisernen Mörsers beim Abfeuern von Böllerschüssen zur Sedanfeier.

Koburg, 4. Septbr. Die Apotheke in Oberweisenbach ist durch eine Explosion bei der Bereitung von bengalischem Feuer am Sedans­fest niedergebrannt. Der Apotheker und sein Gehilfe sind verbrannt. Ein Feuerwehrmann wurde schwer verletzt.

Ulm, 4. Septbr. Heute früh starb hier im 89. Lebensjahr der frühere Kaufmann und Bankier Joh. Chrn. Laux.

Warschau, 4. Sept. In der benach­barten Stadl Nowydow wurde der ganze Markt mit zahlreichen Kaufläden und das Rat­haus eingeäschert. Die Warschauer Feuerwehr fuhr mittelst Extrazug auf den Brandplatz. Das Feuer wütet fort. Es ist Anstiftung anzunehmen.

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Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh tu Neuenbürg.