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Berlin, 18. Aug. Die feierliche Grund­steinlegung des Denkmals Kaiser Wilhelm I. hat heute vormittag 9 Uhr bei herrlichem Wetter stattgesunden. Der Denkmalplatz war zu diesem Zwecke in besonders prächtiger Weise dekoriert; namentlich der Kaiserpavillon bietet einen her­vorragenden Schmuck des Platzes. Um 9 Uhr begab sich der Kaiser vom kgl. Schlosse nach dem Festplatze. Nachdem er den Kaiserpavillon betreten hatte, überreichte ihm der Reichskanzler die Urkunde, welche in den Grundstein gelegt werden sollte. Der Kaiser verlas dieselbe. Hier- auf wurden die zur Versenkung in den Grund­stein bestimmten Gegenstände in eine Kapsel ver­schlossen und in die Höhlung gelegt. Sodann überreichte der kgl. bayerische stimmführende Bundesratbevollmächtigte Graf von Lerchenfeld- Höfering dem Kaiser unter einer Ansprache die Kelle. Der Kaiser warf den bereit gehaltenen Mörtel in die Vertiefung des Grundsteins und die Meister des Maurer- und Steinmetzgewerbes setzten die Schlußsteine auf. Darauf überreichte der Präsident des Reichstags, Frhr. v. Buol- Berenberg dem Kaiser mit folgender Anrede den Hammer:Ew. kaiserliche Majestät wollen heute, an dem Gedenktag ruhmreicher Ereignisse, den Grundstein legen zu dem nationalen Denkmal, welches aus eigener Initiative des Volkes, dessen Vertreter in einstimmiger Harmonie mit dem Bundesrate dem Begründer des Deutschen Reiches als eine würdige Versinnbildlichung des Dank­gefühls für ihren hochseligen Kaiser Wilhelm I. unter lebhaftem Wiederhall aus allen Kreisen gewidmet haben. Es möge das Denkmal denn erstehen, hier in der Mitte seines Volkes, dessen Ergebenheit und Liebe ihm von Berg und Thal, von Meer zu Meer entgegen rauschte, als er seinen Traum in's Leben rief; es möge erstehen zu bleibender Erinnerung auch für die kommen­den Geschlechter, an ihn. dessen thatenreiches Leben neben der Stärkung der Machtstellung des Reiches, als eines Hortes des Friedens un­ablässig gewidmet war dem Bemühen für das Wohl aller Klassen unseres Volkes; es möge erstehen als ein ehernes Zeichen, daß, so weit deutsche Herzen schlagen und deutsche Sprache klingt, die Dankbarkeit nicht erlöschen wird. Gottes Segen ruhe auf dem begonnenen Werke, zu dessen Vollendung ich Ew. Majestät namens der deutschen Volksvertretung den Hammer ehr­furchtsvoll überreichen darf, auf daß dasselbe unter Ew. Majestät hoffnungsreicher Regierung und für alle Zeiten unser teures Vaterland und im ungetrübten Glücke schauen möge." Hierauf vollzog der Kaiser die drei Hammerschläge mit den Worten:Den Gefallenen zum Gedächtnis, den Lebenden zur Erinnerung, den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung." Programm­mäßig folgten die drei Hammerschläge des Kron­prinzen, des Großherzogs von Baden, der Prinzen und Prinzessinnen rc. Mit dem ersten Hammer­schlag wurde ein Salut von 101 Schüssen ab­gegeben. Die Musik spielte einen Choral. Darauf hielt Generalsuperintendent Faber die Weihe­rede. Nach seiner Ansprache spielte die Musik: Nun danket alle Gott." Der Reichskanzler brachte ein begeistert aufgenommenes Hoch auf den Kaiser aus. Die Truppen präsentierten. Die Musik intonierte:Heil Dir im Sieges- kranz." Die Feier verlief auf das glänzendste und machte auf alle Teilnehmer den erhebend­sten Eindruck. Die umliegenden Straßen wären von einer dichten Menschenmenge besetzt.

Potsdam, 18. Aug. Anläßlich des heut­igen Gedenktags der Schlacht von Gravelotte hielt der Kaiser über die I. Gardeinsanterie- Brigade eine Parade ab. Der Kaiser hielt eine längere Ansprache und verlieh dem I. Garde- Regiment für alle Fahnen desselben den Stern des schwarzen Adlerordens.

Prinz Georg von Sachsen wohnte in seiner Eigenschaft als Chef des Ulanen-Regi- mentsHennigs von Treffenfels" (Altmärkisches) Nr. 16 der am Freitag in Salzwedel stattge­fundenen Erinnerungsfeier an die Schlacht von Mars-la-Tour bei. Das genannte Regiment, welches 1870 mit dem 7. Kürassier-Regiment die Brigade Bredow bildete, war bekanntlich an der berühmten Reiterattake auf französische Infanterie und Artillerie bei Mars-la-Tour

beteiligt, welche die Franzosen bewog, ihren Angriff auf die stark gefährdete Stellung der Deutschen bei Vionville gänzlich einzustellen. Seitdem nimmt derTodesritt" der Brigade Bredow einen besonderen Ehrenplatz unter den deutschen Kriegserinnerungen von 1870/71 ein. Uebrigens sind die 16er Ulanen mit den 7. Kürassieren in diesem Jahre zur Abhaltung des Brigadecxerzierens wiederum vereinigt.

Metz, 18. Aug. Die von dem Wolff'schen Telegraphenbureau uns und anderen Zeitungen übermittelte Depesche über die bei Vionville am 16. d. M. stattgehabte Gefechtsübung ist un­richtig; die Gefechtsübung bei Vionville war angesetzt, hat aber nicht stattgefunden, sondern der kommandierende General des 16. Armeekorps General der Kavallerie Graf Haeseler hat die Truppen der Garnison Metz bei Gravelotte ver­sammelt und dort in einer Ansprache der Tage von 1870 gedacht. Die Einweihung des Ge­denksteines für Prinz Friedrich Karl bei Fla- vigny findet heute statt.

Metz. 18. Aug. Die Erinnerungsfeier an die Schlacht bei Gravelotte begann heute früh 7 Uhr mit einem auf dem Pionier-Uebungsplatz von dem evangel. Divisionspfarrer Bußler abge­haltenen Festgottesdienst unter Teilnahme vieler Tausender von Veteranen und unter Mitwirk­ung der Metzer Gesangvereine. Nach der kirch­lichen Feier erfolgte die Abfahrt nach Gravelotte, wo Nachmittags die Einweihung des Aussichts­turmes stattfand, während der kommandierende General des XVI. Armeekorps, Graf v. Häseler, in Flavigny die Weihe des dem Prinzen Friedrich Karl gewidmeten Denkmals vollzog. Der Verein für Erhaltung und Schmückung der Krieger- gräber legte heute am Sarge Kaiser Wilhelm I. einen auf dem Schlachtfelde von Gravelotte ge­bundenen Eichenkranz nieder.

1870/71 gefallene Offiziere. Wer an der Zahlensymbolik ein Interesse hat, dem wird eine ganz merkwürdige Zahlenübereinstim­mung in diesen Tagen der Kriegsjubiläen auf­fallen. Wieviel deutsche Offiziere fielen im Kriege 1870,71? Antwort: Genau 1871'.

Der Besuch der französischen Festgäste in Kiel hat nun doch noch einen angenehmen Nachklang gefunden. Dem kommandierenden Admiral der Marine, Knorr, ist vom Präsi­denten der französischen Republik der Orden der Ehrenlegion verliehen worden, welche Auszeich­nung wohl als der Dank der Republik für die den französischen Gästen bei der Nordostsee- Kanalfeier in Kiel gewordene Aufnahme zu betrachten ist.

Generalmajor v. Korff, der Schwiegersohn Meyerbeers, der schon einmal in den Jahren 189394 eine Reise um die Erde gemacht hat, tritt, demnächst eine neue Fahrt um die Welt an. 'Hatte er sich bei seiner ersten Reise zum großen Teil nördlich des Aequators gehalten, so wird er diesmal die südliche Hälfte der Erde umkreisen. Herr v. Korff hat ein Alter von 70 Jahren erreicht, erfreut sich aber einer fast jugendlichen Elastizität und Frische.

Berlin, 16. Aug. Den musikalischen Teil des Programms für das große Wohlthätig- keitsfest, das am 20. August zum Besten der Ueberschwemmten des Oberamtsbezirks Balingen im zoologischen Garten veranstaltet wird, übernehmen außer der Berliner Liedertafel fünf vom Generalkommando zur Verfügung ge­stellte Kapellen der Garderegimenter. Unter Leitung des Architekten Hoffacker werden acht lebende und Wandelbilder aus der vaterländischen Geschichte vorgesührt. Für diesen Teil des Pro­gramms haben an 300 Personen ihre Mitwirk­ung zugesagt.

Saarlouis, 15. Aug. Der durch den am 28. Juli im Kreise Saarlouis erfolgten Hagel­schlag und Windbruch angerichtete Schaden wird auf etwa drei Millionen Mark geschätzt. Seitens des Kreises wird beim Provinziallandtage Auf- nähme eines Darlehens und Erlaß der Pro­vinziallandtage Aufnahme eines Darlehens und Erlaß der Provinzialumlagen beantragt werden.

Tauberbischofsheim, 16. August. Auf der Straße nach Walldürn wurden heute Morgen zwei Männer erschlagen aufgefunden.

Württemberg.

In Stuttgarter Offizierskreisen wird davon gesprochen, daß es dem Waffenfabrikanten Mauser in Oberndorf gelungen sei, ein schwieriges Problem zu lösen, nämlich den Rück­schlag des Gewehres zum Selb st laden zu verwenden. Es sollen bereits 2000 Stück dieser Gewehre zu Versuchszwecken an die Truppen abgegeben sein. Eine Bestätigung dieser Nach­richt bleibt abzuwarten.

Balingen. Der Ersatz an Geflügel, welches infolge der Ueberschwemmung verloren ging, findet dieser Tage statt. Derselbe beziffert sich auf 930 Hühner, 197 Enten, 106 Gänse (hiezu kommt noch 1 Bienenstand mit 13 Völkern) im Gesamtwert von 2 600 ; betroffen wurden

im Ganzen 112 Familien. Zur Einführung gelangt italienisches Zuchtgeflügel und es ist in den nächsten Jahren dadurch sämtlichen Bezirks­angehörigen Gelegenheit gegeben, durch Benütz­ung von Bruteiern dieses Nutzgeflügels de« eigenen Bestand in wünschenswerter Weise zu verbessern. Es ist dies von ganz besonderem Werte für die teilweise sehr arme Bevölkerung, die ganz besonders darauf angewiesen ist, durch den allerdings häufig noch sehr geringen Eier­ertrag die notwendigsten Dinge für den Haus­halt zu beschaffen. Die im Bezirk gehaltenen 7 Borträge über Geflügelzucht, welche die Kgl. Zentralstelle auf Ansuchen des Hilfskomites an­ordnete, fanden überall zahlreiche Beteiligung.

Marktpreise.

Neuenbürg, 17. August.

Butter, V, Kilo.0.95-1.00

Landeier, 2 Stück 12 Kisteneier 6 2 St. 11 ^

Psorzheim, 17. August.

Landbutter, V, Kilo.-4L 0.951.00

Süßrahmbutter.-4L 1.101.20

Landeier 2 Stück.1214 ^

Kisteneier, 2 Stück.1012 ^

Stuttgart, 17. August.

Saure Butter, Vr Kilo.-,-L 1.

Süße Butter, V2 Kilo .... -4L 1.101.20

Frische Eier, 10 Stück. 55

Kalkeier, 10 Stück.

Ausland. ^

Der handelspolitische Friede zwischen der Schweiz und Frankreich ist endlich wieder hergestellt. Am Donnerstag genehmigte der schweizerische Nationalrat mit 109 gegen 18 Stimmen das vereinbarte schweizerisch-französische Handelsabkommen, womit das letztere perfekt geworden ist. Den meisten Nachteil aus dem nunmehr beendigten langen Zollkrieg der beiden Länder hat Frankreich gehabt, es dürfte auch dem französischen Export schwerlich mehr ge­lingen, sein durch den Zollkrieg verlorenes Ab­satzgebiet in der Schweiz, in welchem sich jetzt meist Deutsche und Oesterreicher festgesetzt haben, vollständig, ja selbst nur zum größeren Teile, wiederzuerobern, eine Lektion, welche die über­triebene Schutzzollpolitik Frankreichs auch durch­aus verdient hat.

Auf einen bemerkenswerten Protest ist soeben die für das Jahr 1900 geplante Weltaus­stellung in Paris von französischer Seite selber gestoßen. Der Gemeindcrat der Stadt Nancy hat diesen Protest eingebracht, in einer Eingabe an die Regierung weist die Nancyer Gemeindeverwaltung aus die erfahrungsgemäße Schädigung des Handels der Provinz durch die Weltausstellungen in Paris hin, die anderseits auch der Industrie des Landes nichts nützten, und nur einen ungesunden Zuzug später be­schäftigungsloser Arbeiter nach Paris bewirkten. Weiter behauptet die Eingabe, daß die Welt­ausstellungen die französische Politik für Jahre lähmten, namentlich die auswärtige, auch seien sie bei dem jetzigen Schutzzollsystem völlig über­flüssig. Vielleicht werden sich auch andere fran­zösische Provinzialstädte diesem Protest von Nancy anschließen, der allerdings in mehr als einem Punkte anfechtbar erscheint, aber einen Erfolg wird er sicherlich nicht haben, die Vor­bereitungen für die nächste Weltausstellung in Paris sind ja schon eingeleitel worden.

London, 17. Aug.Daily Telegraph" meldet Lord Wolsebery's endgiltige Ernenn­ung zum Oberbefehlshaber an Stelle des Herzogs von Cambridge.