Saarbrücken, 4. Aug. Zur Feier zum Andenken an die Erstürmung der Spicherer Höhen fand heute ein Festzug statt, woran 40000 Mitglieder von Kriegervereinen aus ganz Deutschland teilnahmen. 25 Extrazüge waren eingetroffen. Im Festzuge befanden sich ',1000 der Erstürmer der Spicherer Höhe, sowie 15000 andere Kriegsteilnehmer. Dann schloß sich ein historischer Festzug an mit Darstellung ver­schiedener Kriegsepisoden und der verschiedenen Uniformierungen der deutschen Armee im Laufe der Jahrhunderte. Aehnliche Meldungen liegen aus Weissenburg i. E, aus Berlin, woselbst ein von 6000 Krieger besuchter Appell statt hatte, aus Breslau und aus Kassel, vor. In letzter Stadt hatten sich 8000 ehemalige Mitkämpfer zusammengefunden. Auch in Nordhausen und Weimar fanden erhebende Feiern statt.

Aus den vier Armeekorps, welche an den diesjährigen Kaisermanövern teilnehmen (Garde, II., III., IX..). werden während der Tage vom 9. bis 12. Scpt. zwei Armee-Abteilungen nebst zugeteilten Kavallerie-Divisionen gebildet werden, wie man selbstständige Heeresteile bezeichnet, welche stärker als ein Armeekorps find, jedoch zu klein, um die BezeichnungArmeen" zu ver­dienen. Da für die zu diesem Zwecke zu bild­enden höheren Stäbe sowie für die umfangreiche Thätigkeit von Schiedsrichtern dieses Mal be­sonders viele Stellen zu besetzen sind, hat man eine große Zahl von Generalstabsoffizieren aller Grade hierfür in Aussicht genommen, die aus Berlin in das Manövergelände entsendet werden. Das Amt als oberster Schiedsrichter wird Seine Majestät der Kaiser selbst aus­üben. Für den Fall, daß der Kaiser den Oberbefehl persönlich übernimmt, wird Seine Königliche Hoheit Prinz Albrecht von Preußen, Inspekteur der 1. Armee>Jnspektion, Seine Majestät in der Funktion, des obersten Schieds­richters vertreten.

DieAntwort der marokkanischen Re­gierung auf das deutsche Ultimatum ist in Tanger eingetroffen. Die marokkanische Regier- ung nimmt die Forderung der deutschen in allen wesentlichen Punkten an. Die endgiltige Er­ledigung von unbedeutenden Einzelheiten wird im Anfang nächster Woche erwartet. Sams- tag früh ist der deutsche KreuzerMarie" vor Tanger eingetroffen.

Helgoland, 4. Aug. Die Kaiseryacht Hohenzollern" traf heute mittag 12 Uhr mit dem Kaiser an Bord hier ein und wurde von Vereinen und Behörden an der Landungsstelle empfangen. Die Insel ist reich geschmückt. Die PanzerschiffeBayern",Baden",Württem­berg" undSachsen", sowie die erste und zweite Torpedodivision waren hier eingetroffen. Der Kaiser fuhr in ersten Boot allein an das Land, im zweiten kam das Gefolge.

Reichenberg, 3. Aug. Eine furchtbare Feuersbrunst hat die Ehrlich'sche Baumwoll­spinnfabrik in Röchlitz eingeäschert. Maschinen und Vorräte sind vernichtet, zwei Feuerwehr­leute verwundet.

Wiesbaden, 1. Aug. DemRhein. Kurrier" zufolge hat eine auswärtige Dame der hiesigen Stadt 200 000 ^ vermacht.

Berlin, 2. Aug. Der Fremdenver­kehr in Berlin ist in steter Zunahme begriffen. Nachdem sich die Zahl der Fremden in den Jahren 1883 bis 1888 auf 287000 bis 338000 belief stieg sie im Jahre 1889 auf 399000 und im Jahre 1890 auf 440000. Die letzten Jahre dürften aller Wahrscheinlichkeit nach noch weit bedeutendere Zahlen aufweisen. Der Fremden­verkehr in Wien beläuft sich jährlich durchschnitt­lich auf 220000.

Straßburg i. E. Das Wort von dem »In die Ferne schweifen, während das Gute so nahe liegt", trifft nirgends so zu, wie bei vielen Zweigen der Industrie. Wenn nur die Ware von außerhalb und zwar recht weit her kommt, dann muß sie fa gut und kann auch teuer sein. Wer einen neuen Hut kauft, der verlangt Pariser oder Londoner Marke, während inländisches Fabrikat in den meisten Fällen besser nnd jeden­falls billiger ist. Nun, der Händler versteht seinen Vorteil und das Papier ist geduldig; der

Kunde verlangt absolut einen Pariser Hut don kleben wir die Marke irgend einer Pariser Phantasie-Firma in den ebenso geduld­igen Filz. Welch vorzügliche Fabrikate gerade im Gebiete der Kopfbedeckung aber im Jnlande, ja in nächster Nähe hergestellt werden, das be­weist die Ausstellung der Firma Rehfuß u. Co. in Kehl a. Rh. in der Haupthalle der In­dustrie- und Gewerbe-Ausstellung. Die Firma, die vor dreißig Jahren gegründet wurde, be­schäftigt trotz des ausgedehnten Maschinenbetriebes immer noch mehr wie 230 Arbeiter. 2 Dampf­maschinen mit zusammen 90 Pferdekräften und etwa 50 Hilfsmaschinen sind in Thätigkeit, und an 200000 Hasen und Kaninchen müssen Jahr für Jahr Haare lassen, damit Hüte für ihnen ganz fremde Personen in Deutschland, Frankreich Belgien, Holland, der Schweiz, Schweden und Norwegen, Griechenland, Südamerika und auf den asiatischen Inseln hergestellt werden können.

Straßburg i. E. Im Monat Juli des vorigen Jahres bestiegen das Straßburger Münster: bis zur Plattform 6110, bis zur Höhe der vier Schnecken 6l0 und bis in die Krone 34, im Ganzen 6755 Personen. Im gleichen Monat dieses Jahres erreichten die betreffenden Zahlen eine Höhe von 12 435 948 60, im Ganzen 13 443 Personen. Es hat also nahezu die doppelte Frequenz stattgefunden. Das be­weist, daß der infolge der Ausstellung im All­gemeinen gesteigerte Fremdenbesuch sich aber keineswegs nur dieser zuwendet.

Viehzuchtgenossenschaften in Baden. Vor wenig mehr als 10 Jahren wurden die ersten Zuchtgenoffenschaften in den Bezirken Meßkirch und Donaueschingen ins Leben gerufen. Seitdem hat das Zuchtgenossenschaftswesen eine weitere Ausdehnung und Entwicklung im Lande gefunden, die um so bemerkenswerter ist, als der genossenschaftliche Zusammenschluß auf der eigenen Initiative der Züchter beruht. Nach dem Stande zu Ende des Jahres 1894 sind in 22 landwirtschaftlichen Vereinsbezirken derartige Genossenschaften vorhanden, welchen im Ganzen 6153 Mitglieder mit 12650 eingetragenen Tieren angehören.

Württemberg.

Anläßlich der am 27. Juli in Stuttgart vollzogenen Todesstrafe an dem Raubmörder M. Mauth wird auswärtigen Blättern ge­schrieben:In Württemberg fand bekanntlich dieser Tage seit 50 Jahren zum ersten Male wieder eine Hinrichtung statt, nachdem der verstorbene König es grundsätzlich ablehnte, je etn Todesurteil zu unterzeichnen. Interessant ist nun, daß gelegentlich dieser Hinrichtung sich sämtliche Richter weigerten, dem Akte anzu­wohnen, und es mußten deshalb, da die Boll- zugsverordnung die Anwesenheit von 2 Richtern vorschreibt, die beiden jüngsten Richter von Aufsichts wegen bestimmt werden. Der Präsi­dent des Schwurgerichts, v. Plieninger, hatte es gleichfalls abgelehnt, den Köpfungsakt mit anzusehen. Minister^Miltnacht hat bekanntlich auf Grund seiner persönlichen Eindrücke bei einer Hinrichtung, welcher er einst als Staats­anwalt zu assistieren hatte, in einer Publikation erklärt, das Köpfen sei einVernichten, keine Strafe"; derselbe hat als nachheriger Justiz­minister dem König niemals eine Hinrichtung empfohlen."

S t u t t g a r t, 4. Aug. BomBahnhof. Heute früh 5.40 Min. ging eine nicht unerheb­liche Anzahl von Veteranen mit dem Schnellzug nach Straßburg zum Besuche der Schlachtfelder von Weißenburg und Wörth u. s. w. ab. Die­selben fuhren durchweg mit Militärbillets. Für die nächste Zeit sind noch zahlreiche derartige Reisen unserer Kriegsteilnehmer vom Jahre 1870/71 zu erwarten. Dieselben wollen an Ort und Stelle ihre Erinnerungen aus dem großen Jahre wieder auffrischen. Infolge des gestrigen zweifelhaften Wetters hatten sich auf den von der Eisenbahn veranstalteten Extrazug nach Urach nur gegen 270 Teilnehmer mit Fahrkarten versehen. Da aber der heutige Morgen sich wolkenlos anließ, kamen in den letzten 20 Minuten vor Abgang des Extrazuges noch ganze Scharen, so daß der Zug mit nahezu

500 Teilnehmern von hier abging, denen sich in Cannstatt und Eßlingen noch zahlreiche weitere Teilnehmer anschlossen. Unsere Bahnhof-Ver- waltung hat mit ihren bisherigen Sonntags- Extrazügen durchweg gute Geschäfte gemacht.

Stuttgart, 2. Aug. In Stuttgart stan« - den am 1. Juli d. I. 280 Wohnungen mit 1270 Zimmern leer. Am 1. Oktober werden neu beziehbar 325 Wohnungen mit 1160 Zimmern und im Bau begriffen sind 655 Wohnungen mit 2300 Zimmern. Von Wohnungsmangel kann also in Stuttgart nicht wohl gesprochen werden.

Cannstatt, 4. Aug. Gestern abend zwischen 5 und 6 Uhr wurde in der Untertürk- heimerstraße ein Mädchen von zwei zweifelhaften Burschen, anscheinend Bahnarbettern angepackt und mit dem Messer bedroht. Durch Hmzu- kommen eines Feldwächters und einiger weiteren Personen gelang es dem Mädchen, sich frei zu machen, während die beiden Burschen sich ln die Restauration zur Villa, gegenüber der königl. Wagenwerkstätte begeben. Durch ihr Benehmen und durch das Erscheinen der vorerwähnten Per­sonen wurden die Betreffenden aus der Wirt­schaft entfernt und in der Untertürkheimerstraße mit Schlägen bedacht. Die beiden zogen das Messer und verletzten den Vater des Wirts, einen schon bejahrten Mann schwer, den Knecht des Wirts und einen Fuhrknecht leicht. Der eine der beiden wurde von den anwesenden Gästen gleich gefaßt, der andere entkam, wurde aber eingeholt, worauf dann beide durch Schutzleute verhaftet wurden. Das Leben des alten Mannes, welchem ohne Zweifel die Lunge verletzt wurde, ist sehr gefährdet.

Marktpreise.

Neuenbürg, 27. Juli.

Butter, V- Kilo.95 1 5 ^

Landeier, 2 Stück 12 Kisteneier 6 2 St. 11 ^

Pforzheim, 27. Juli.

Landbutter, V, Kilo.0.901

Süßrahmbutter.-/-L 1.101.20

Landeier 2 Stück.1112

Kisteneier, 2 Stück.1011 ^

Stuttgart, 27. Juli.

Saure Butter, V- Kilo.1.

Süße Butter, V- Kilo . . . . 1.101.20

Frische Eier, 10 Stück. 55 ^z

Kalkeier, 10 Stück.

Ausland.

Paris, 4. Arg. In Douay im Nord- deparlemenl feierte der Direktor des Steinkohlen- Tagwerks Anise, namens Villemin, das 50jähr. Dienstjubiläum. Als er aus der Kirche des Ortes trat, feuerte ein Anarchist 5 Revolver­schüsse auf ihn ab und verwundete ihn am Kopfe und an einer Hand. Eine Bombe, welche der Anarchist zu schleudern sich anschickte, explodierte vorzeitig und riß dem Verbrecher den Bauch auf und brachte etwa 10 Personen leichte Verletz­ungen bei. Der Anarchist, welcher den Mord- Anschlag auf den Direktor ausführte, ist ein früherer Arbeiter namens Decoub, welcher im Jahre 1893 wegen seines Vorgehens beim da­maligen Streik entlassen worden war. Der Ver­brecher wurde durch die Bombe auf der Stelle getötet.

Paris, 7. Aug. Die von der Patrioten­liga seiner Zeit so enthusiatisch begrüßten Schüler­bataillone der Stadt Paris, welche bei keinem offiziellen Feste fehlen durften, haben zu be­stehen aufgehört. Die Stadt läßt das Material (10 000 Flinten, 100 Säbel rc.) einsammeln und gedenkt es an Schützengesellschaften in der Pro­vinz zu veräußern.

Amiens, 4. Aug. Die Leichen von 25 französischen Soldaten, gefallen am 27. Novbr. in dem blutigen Treffen von Hädocourt (6 Km. von hier), auf Befehl der deutschen Militär­behörde damals am Waldsaume von Hobäcourt beerdigt, wurden heute von Mannschaften des 8. Jägexbalaillons ausgegraben und nach dem Friedhofe von Hobocourl überführt. Der Ex­humierung wohnte d^r Sainepräfekl und der Korpskommandant General d'Aubigny bei. Man fand in dem Grabe ein 20-Frs.-Slück, 2 Chasse­pot-Patronen mit noch schwarzem Pulver. Me­daillen mit dem Madonnenbilde, Knöpfe von den Uniformen des 2. und 17. Jägerbalaillons, Briefreste u. s. w.