Frhr. v. Herman nach Washington und Privat» l dozent Dr. Karger nach Buenos-Ayres. '
Die abgelaufene Woche zeitigte in ihrem Beginn ein schmerzliches Ereignis, das Hinscheiden Rudolfs von Gneist. In allen Volkskreisen, in denen man die Bedeutung dieses Mannes als Staatsrechtslehre!, wie als Politiker. Staatsmann und warmer Patriot zu würdigen mußte, hat man seinen Tod aufrichtig beklagt.
Karlsruhe. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Kaiser am 9. September zum 70. Geburtstage des Großherzogs von Baden persönlich seine Glückwünsche darbringt.
Bremen, 27. Juli. Boesmanns Bureau veröffentlicht nachstehendes Telegramm aus Nagasaki an der südwestjapanischen Küste: Während eines heftigen Sturmes wurden folgende Schiffe auf den Strand geworfen: Der 2255 Registerlons große deutsche Dampfer „Helene Rickmers", von Hongkong nach Japan unterwegs; der 2014 Registertons große norwegische Dampfer „Lyderhorn", von Singapore nach Jokohama unterwegs; der 1958 Register- Ions große norwegische Dampfer „Herman Wedel» Jarbsberg", von Hongkong nach Kuchinotzu unterwegs; das englische Vollschiff „Marechal Suchet", von Hiogo abgegangen. Nähere Nachrichten fehlen.
Karlsruhe. 28. Juli. Aufsehen erregt eine im Aufträge der badischen Regierung von Medizinalrat Rehmann verfaßte Schrift: „Der Typhus in Pforzheim", in welcher der Verfasser in ausführlicher Darstellung auf Grund technischer und wissenschaftlicher Gutachten zu beweisen sucht, daß die im vorigen Jahre ausgebrochene Typhus-Epidemie lediglich auf die schlechte Beschaffenheit der städtischen Trinkwasserleitung zurückzuführen ist. Da letztere Auffassung seiner Zeit von der städt. Verwaltung Pforzheims mit aller Entschiedenheit bestritten worden ist, so ist man gespannt darauf, ob diese zu der erwähnten Publikation irgendwie Stellung nehmen wird.
Pforzheim, 28. Juli. Von Interesse ist es, zu vernehmen, daß soeben im Verlage von Hofbuchhändler Max Ringe hier eine Erzählung aus der Zeit des 70er Kriegs von Reallehrer Friedrich Schottmüller (der Heimat treu geblieben) erschienen ist, deren Reinertrag der Verleger zur Hälfte für die Ueberschwemmten ick Balingen und tm badischen Oberlande bestimmt hat. Die Idee, das Angenehme mit dem Nützlichen auf diese Art zu verbinden, ist neu. Da aber an der guten Absicht nicht zu zweifeln ist, so kann man dem Unternehmen wohl guten Erfolg wünschen.
Württemberg.
Ulm, 27. Juli. Am nächsten Mittwoch wird das neue Kriminalgefängnis hinter dem neuen Justizgebäude in Benützung genommen. Der vollständig massiv und feuersichere Bau enthält 90 Zellen für 125 Untersuchungs- und Strafgefangene und ist mit allen Fördernissen der Neuzeit. Dampfheizung, elektrische Beleuchtung ausgestattet.
Marktpreise.
Neuenbürg, 27. Juli.
Butter, V- Kilo.90 1 »«
Landeier, 2 Stück 12 Kisteneier 6 2 St. 11 ^
Landbutter, V, Kilo Süßrahmbutter . Landeier 2 Stück Kisteneier, 2 Stück
Saure Butter, V? Kilo Süße Butter, Vr Kilo Frische Eier, 10 Stück Kalkeier, 10 Stück . .
Pforzheim, 27. Juli.
.»k 90—1.
. . . . »k 1 . 10 — 1.20 11—12 ^ 10—11 ^ Stuttgart, 27. Juli.
.»kl.—
. . . . »k 1.10—1.20 . ss
Ausland.
Paris, 27. Juli. Aus Saintbrieuc in der Bretagne wird gemeldet: Ein Eisenbahn- Zug mit Pilgern, welche von einer Wallfahrt in Sainte-Anne bei Auray zurücklehrten, ist hier in der Nähe entgleist. Man zählt 12 Tote, 50 Verwundete. Die Entgleisung des Pilgerzuges erfolgte, weil die Lokomotivführer einer Verspätung halber die Fahrgeschwindigkeit steigerten.
Die Lokomotiven wurden 3 Kilometer vor Plaintel an einer scharfen Biegung aus dem Geleise geworfen, die drei ersten Wagen fuhren auf den Tender auf und wurden zerschmettert.
Paris, 27. Juli. Der „Temps" meldet aus Havre: Die englischen Dampfer „Cleveland" und „Dussilde" sind bei Folkcstone zusammengestoßen. „Cleveland" sank; sieben Insassen sind ertrunken.
Die Spanier haben auf Kuba vorläufig wieder etwas Luft bekommen. Marschall Martine; Campos, welcher sich nach dem für die Spanier so verlustreichen Gefechte bei Bayamo mit einigen Bataillonen nach letzterer Stadt durchgeschlagen hatte, sich aber auch dort ernstlich von den Insurgenten bedroht sah, ist aus seiner bedenklichen Lage durch die rechtzeitige Ankunft einer von den Generälen Lachambre und Navarro befehligten starken Truppenmacht befreit worden. Die Insurgenten haben sich unter ihrem Anführer Maceo wieder aus der Umgebung von Bayamo zurückgezogen, nachdem t von ihnen vorher noch ein vergeblicher Angriff auf die Stadt unternommen worden war. Offenbar ist aber die Gesamtlage der Spanier auf Kuba noch immer eine prekäre und der Aufstand noch lange nicht niedergeschlagen.
Salzburg, 27. Juli. Bei einem auf dem Gute Esserau ausgebrochenen Brande kamen der Besitzer, dessen Frau und zwei Kinder im Alter von 5 und 8 Jahren, sowie zwei Dienstmädchen in den Flammen um.
London, 28. Juli. Reuter meldet aus Jokohama: Als in der vergangenen Nacht 1 Uhr ein aus einer Lokomotive und 23 Wagen bestehender Eisenbahnzug mit 400 invaliden Soldaten auf der Fahrt von Hiroschima nach Kobe bei furchtbarem Sturmwind eine exponierte Stelle an der Seeküste passierte, trafen gewaltige Wassermassen den Zug und sprengten ihn auseinander. Der vordere Teil bestehend aus Lokomotive und 11 Wagen stürzte in die See. 140 Personen sind ertrunken.
London, 28. Juli. Reuter meldet aus Jokohama: Seit Ausbruch der Cholera in Japan sind 9000 Fälle vorgekommen, wovon 5000 tätlich verliefen.
New-Jork, 27. Juli. Das Reutersche Bureau meldet: Aus Market Lake im Staate Idaho eingetroffene Nachrichten besagen, daß Indianer die ganze Bevölkerung des Jacksons- Hole-Thales, die aus 75 Familien bestand, ermordet haben. Eine Abteilung Bundeskavallerie wird heute dort erwartet.
Unterhaltender Teil.
Ein Brillantenhalsband.
Kriminal-Novelle von Ferdinand Herrmann.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Der Untersuchungsrichter hatte sich in der Wirkung, welcher dieser wohlerwogene Kunstgriff auf den beschränkten Menschen ausüben würde, nicht getäuscht; denn Rüdiger, dessen Züge sich zu dem Ausdruck des höchsten Entsetzens verzerrten, stieß einen heiseren Schrei aus und glitt von seinem Stuhl nieder in die Kniee.
„Gnade! Gnade!" wimmerte er. „Ich bin es ja nicht gewesen! — Sie hat den Schlag geführt und Sie hat auch die Schlinge zugezogen! Ich hatte ja gar keine Ahnung davon, daß es dem alten Fräulein an's Leben gehen sollte. Sie hatte mir das Alles vorher ganz anders vorgestellt!"
Der Untersuchungsrichter atmete tief auf; aber er ließ den Elenden nichts üon seiner begreiflichen Genugthuung merken.
„Sie wollen also Ihre Frau beschuldigen, die Urheberin des Verbrechens gewesen zu sein?" fragte er barsch. „Sie wollen behaupten, daß Sie nur ein Zeuge, nicht aber ein Mitthäter bei dem Mord gewesen seien?"
„Ja, so ist es!" stammelte der Goldarbeiter, der einer Ohnmacht sehr nahe zu sein schien. „Meine Frau hat es gethan! Sie hat mich ver- führt, mit ihr zu gehen; aber ich habe dem alten Fräulein nichts zu Leid gethan, wirklich — ich nicht!"
„Sie erkennen diesen Lötkolben natürlich
als ihr Eigentum an? Es würde auch nutzlos sein, das bestreiten zu wollen."
„Ja, ich erkenne ihn an," stöhnte Rüdiger. „Es ist der meinige. Als wir hinausgingen, mußte ich ihn auf Befehl meiner Frau in den Graben werfen."
„Wie kam es denn, daß Sie eine solche Waffe mit sich nahmen, wenn Sie, wie Sie sagen, nicht die Absicht hatten, dem Fräulein v. Römer an das Leben zu gehen?"
„Ich — ich weiß es nicht!" keuchte jener mit furchtbarer Aufregung. „Meine Frau hat es mir anbefohlen und ich that Alles, was sie von mir verlangte."
„Wie aber waren Sie zu dem Schlüssel gekommen, mit dessen Hilfe Sie m das HauS eindrangen?"
„Meine Frau hatte ihn schon vor längerer Zeit entwendet. Das alte Fräulein benutzte jene Thür niemals, und darum bemerkte sie auch nichts von dem Verschwinden des Schlüssels."
„Um welche Zeit war es, als Sie das Verbrechen ausführten?"
„Bald nach Mitternacht! — Wir hatten geglaubt, sie würde schon im Schlafe liegen; aber sie faß noch völlig angekleidet an dem Tische in der Wohnstube. Sie mochte wohl ein wenig eingenickt sein, denn sie hatte unser Kommen nicht gehört. Erst als wir ganz dicht hinter ihr standen, fuhr sie empor und drehte sich nach uns um. Und da —"
„Da versetzten Sie ihr den Schlag mit dem Lötkolben, nicht wahr?"
Wie ein Fieberschauer schüttelte es die schlottrige und gebrechliche Gestalt des Goldarbeiters.
„Nein, ich that es nicht! Meine Frau winkte mir mit den Augen, daß ich es thun sollte, aber ich brachte es nicht übers Herz. Das alte Fräu» lein war auch erst ganz stark vor Schreck und konnte keinen Laut Hervorbringen; dann aber ermannte sie sich und wollte um Hilfe rufen. Wie sie aber dazu den Mund öffnete, riß mir meine Frau das Ding aus der Hand und versetzte ihr eins auf den Kopf, daß sie der Länge nach auf den Boden siel. Aber sie war noch nicht tot!"
„Woher wußten Sie denn das?"
„Ich mußte mich niederbeugen, um nach ihrem Atem zu horchen. Er ging noch ganz schwach. Da verlangte meine Frau, ich solle sie vollends totschlagen, und wie ich mich dessen abermals weigerte, riß sie die Gardinenschnur ab und legte sie ihr um den Hals. Ich wollte sie daran verhindern — wahrhaftig ich wollte es — aber ich kann ihr ja nicht widerstehen, denn sie ist viel stärker als ich. Sie zog die Schnur zu — lange Zeit, mehrere Minuten lang — und als ich dann wieder horchte, atmete das alte Fräulein nicht mehr. Sie war jetzt ganz tot!"
„Und nun fingen Sie an, die Sachen zn durchwühlen, nicht wahr? — Denn es war doch natürlich Ihre Absicht gewesen, die alte Dame zu bestehlen?"
Meine Frau hatte es auf den unglücklichen Schmuck abgesehen. Der lag ihr schon seit Jahren im Sinn und sie hatte sich ganz genau gemerkt, wo er aufbewahrt wurde. Wir wollten auch nichts anderes fortnehmen als den Schmuck, und wenn wir ihn gefunden hätten, so würden wir die andern Sachen gar nicht angerührt haben. Aber er war fort, und obwohl wir alle Schränke und Schubfächer bis auf den Grund durchsuchten, entdeckten wir doch keine Spur von ihm. Es war kein Zweifel, daß ihn der junge Herr mitgenommen hatte, den wir am Abend zuvor hatten in das Haus gehen sehen."
„lind was eigneten Sie sich nun an? Denn Sie werden mich doch wohl nicht glauben machen wollen, daß Sie mit leeren Händen gegangen seien."
„Es war ja nichts da, was des Mitnehmens wert gewesen wäre! Ich glaube, meine Frau hat sich ein Beutelchen mit Geld eingesteckt, aber es ist gewiß nicht mehr darin gewesen, als wenige Thaler."
Das improvisierte Verhör, welches der Untersuchungsrichter in dieser ungewöhnlichen Form nur veranstaltet hatte, weil er sicher war,