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Hinweis auf die Anwesenheit des deutschen Ge- ' schwaders eine letzte Frist stellte. Von der Einsicht der marokkanischen Regierung ist zu erhoffen, daß sie durch rückhaltloses Eingehen auf die deutschen Forderungen weitere Maßregeln überflüssig macht.
Straßburg. In Elsaß - Lothringen finden aus Anlaß der 25 jährigen Wiederkehr der 1870er Kriegstage festliche Veranstaltungen statt: In Weißenburg (am 4. Aug.). in Wörth (6. Aug.), und bei Metz am 14. Aug. auf der östlichen Seite (bei Colombey, Neuilly und Noisseville), am 15. Aug. auf der westl. Seite (bei St. Privat, Gravelolte, Vionville, Mars- la-Tour) und am 18. Aug. bei Graoelotte. Am 14. und 15. August erfolgt die Schmückung der Kriegergräber und Denkmäler der Schlachtfelder. Am 18. August sinket die Hauptfeier statt und zwar früh 6'/r Uhr Felddankgottesdienst unweit des Hauptbahnhofes in Metz. 7^/» Uhr Abfahrt vom Hauptbahnhose nach den Schlachtfeldern bei Mars-la-Tour, Gravelotte und St. Privat. Nachmittags 4 Uhr allgemeine Gedenkfeier für alle Gefallenen in der Schlacht bei Gravclotte.
Straßburg i. E. — Eine reichhaltige Gruppe in der Maschinenhalle der Jndustrie- und Gewerbe-Ausstellung bilden die verschiedenen Brauereiartikel. In Straßburg und in seiner nächsten Umgegend ist von allen Gewerben das Brauereigewerbe das bei Weitem bedeutendste, und entsprechend groß ist auch die Ausstellung von Maschinen, Apparaten und sonstigen Artikeln hiesiger Firmen, die diesem Gewerbe dienen. Unter vielen anderen hat Quiri u. Co., Schiltigheim-Straßburg, eine Eismaschine aüerneuester Konstruktion aufgestellt, bei der schwefelige Säure zur Anwendung kommt. Die Maschine befindet sich in permanentem Betrieb. Von der Straßburger Maschinenfabrik, vorm. Kolb, Straßburg, ist ein Faßpichapparat zu sehen, der sich durch die Leichtigkeit auszeichnet, mit dem ohne erheblichen Kraftaufwand die größten Fässer gedreht werden. Ein sehr praktischer Malzwender stammt aus der gleichen Fabrik. Auch von Ducommun in Mülhausen, der überhaupt vorzügliche Maschinen aller Arten ausgestellt hat, ist ebenfalls ein trefflich funktionierender Malz- wendcr vorhanden. Von auswärtigen Fabrikaten dieses Genres seien zunächst die reiche Kollektion von technischen Apparaten für Bier- und Weinbehandlung, von Filtern. Flaschenfüllapparaten, Faßwaschmaschinen, Patentanzapfern u. s. w. von Hr. Stockheim in Mannheim und der Bierkühlapparat mit 8 Atmosphären Druck, die Kreiskolbenpumpe und der Gährbottichkühler von Josef Blank in Heidelberg erwähnt.
Schirmeck, 19. Juli. Der Schwindel mit den spanischen Schatz- und Bettel- briefen will kein Ende nehmen. Nachdem in Straßburg keiner von den 12 Bürgern, die unseres Wissens solche Briefe aus Barcelona erhielten, auf den Leim gegangen, wanderte der „gefangene Zahlmeister" mit seinen Briefen wieder aufs Land. Nach einem uns vorliegenden derartigen Briefe ist der 600 000 Franken betragende Schatz jetzt bei Ruß begraben, nachdem er kurz vorher bei Diedenhofen und dann bei Straßburg lag, und ein Bäcker und ein Wirt in Ruß werden aufgefordert, das Reisegeld für die Tochter des „gefangenen Zahlmeisters" zu senden, wofür er nach Hebung des Schatzes 200000 Franken Anteil erhalten soll. Wäre es nicht möglich, durch diplomatische Vermittelung den Betrüger abzufangen. Die Briefe sind von einer Hand geschrieben und haben denselben Wortlaut. Diesesmal sollte das Reisegeld an „Monsieur Louis Simon, Barcelona, Hostal del Sol 10", gesandt werden. (St. P.)
DaS über die Rheingegend am Freitag herniedergegangene schwere Unwetter hat große Verwüstungen angerichtet und zahlreiche Unfälle herbeigeführt. Bei Poll wollte eine alte Frau ihre ihren Eselskarren begleitende Tochter abholen und zur schleunigen Rückkehr bestimmen. Die Frau und der Esel wurde vom Blitz gelötet, das Mädchen schwer verletzt. Ein Landmann wurde durch einen Blitzstrahl gelähmt, ein anderer tötlich verletzt. Ein Kutscher, der
' vom Blitz getroffen wurde, stürtzte von seinem Sitz herunter und war sofort tot.
Württemberg.
Ellwangen, 19. Juli. In den Tagen vom 23. bis 25. ds. Mts. findet hier die 41. Wand erversamml ung württ. Landwirte statt. Das von den Vorständen Freiherr K. v. Wöllwarth auf Schnaitberg und Landesökonomierat Länderer in Ellwangen ausgegebene Programm bietet für unsere Landwirte nicht nur eine Fülle von Belehrung und Anregungen, sondern hat auch der geselligen Vereinigung und dem gemütlichen Beisammensein in so weitgehendem Maße Rechnung getragen, daß sämtliche Teilnehmer der Wanderversammlung vollauf befriedigt sein werden. Die „gute" Stadt Ellwangen liegt zwar abseits von der großen Straße des Verkehrs, aber doch hat es sich bis jetzt bei allen derartigen Veranstaltungen gezeigt, daß sie ihrem Namen Ehre macht. Die ganze Einwohnerschaft wird die Landwirte aus Nah und Fern herzlich willkommen heißen und allem aufbietcn, um den Gästen den Aufenthalt möglichst angenehm zu machen. Besonders dürfte es sich empfehlen, wenn die Besucher der Wanderversammlung schon am Abend des 23. Juli eintreffen, um der unter Mitwirkung des Sängerbundes und der Stadtkapelle auf dem herrlichen Schloßplatz stattfindenden geselligen Unterhaltung im Kreis von alten und neuen Freunden und Bekannten noch anwohnen zu können. Für Donnerstag den 25. Juli ist bei genügender Beteiligung die Besichtigung des Wasieralfinger Hüttenwerks vorgesehen. Nach der vortrefflich ausgefallenen Heuernte wird jedermann den vielgeplagten Bauern vor den heißen und bangen Tagen der Haupternte trotz der Not der Zeit und der Zeit der Not einen Tag der Erholung des Gedankenaustauschs mit erfahrenen Landwirten wohl gönnen.
Schramberg, 17. Juli. Im Auftrag des „Schwabenvereins" in Chicago erhielt die Redaktion des Sehr. Anz. dieser Tage für die Ueberschwemmten des Eyachthales die schöne Summe von 2000 M., die durch Bankier Bühler in Chicago (gebürtig aus Dornhan O. A. Sulz) an hiesige Freunde angewiesen wurde. Herr Bühler hat der Kollekte des gen. Blattes, die ohne obige Summe über 1300 M. zusammengebracht hat, schon früher als besondere Gabe 100 M. überweisen lassen. Der hocherfreulichen amerikanischen Sendung lagen Briefe rc. bei, die noch besonders erweisen mit wie außerordentlichem Eifer die Schwaben in Chicago für ihre ins Unglück geratenen Landsleute eintrcten. Präsident des „Schwabenvereins" in Chicago, dem auf diesem Wege herzlicher Gruß und warmer Dank aus dem lieben Schwabenlande erboten sei, ist Hr. Eugen Niederegger, Vizepräsident Hr. Karl Stein, Schatzmeister Hr. P. Allmendinger. — Von der Kurdirektion in Bad Ems gingen als Ergebnis eines Wohlthätigkeitskon- zertes, das auf Veranlassung des Fabrikanten Behr veranstaltet wurde, 1000 M. ein.
Aus dem Schwarzwald schreibt der „Beobachter" u. a.-' Das Nagoldthal hat jetzt eine Eisenbahn von Altensteig bis Pforzheim und dann weiter bis Mannheim, dem Hauptstapelplatz des Schwarzwaldholzes. Trotzdem gehen noch jährlich über hundert Flöße mit schwerer Oblast den Wasserweg ganz gemütlich neben der Eisenbahn einher. Der Staat wendet jährlich Summen auf für die Flößerei durch Instandhaltung der Wafferstuben und wird dadurch sein eigener größter Konkurrent. Hundert und mehr Eisenbahnzüge — nicht nur Waggons — würden der Bahn zu gute kommen, wenn die Flößerei abgeschafft würde, und dieselbe zweifellos rentabel machen, während der Auf- wand zur Unterhaltung der Wafferstuben weg- fallen würde. Die Wasserkräfte können veräußert werden und dadurch würde weitere Gelegenheit zur Verarbeitung gefunden, ebenso würden fleißige Hände lohnende Arbeit finden. Nachdem nun in die entlegensten Orte auf Kosten des Staates und der Korporationen neue Straßen gebaut sind, so liegt der bequemen Zufahrt der Hölzer nach Altensteig nichts mehr im Wege, allerdings müßte für Ladestellen des Lang
holzes. resp. Rampen aufs zweckmäßigste gesorgt werden, so daß das Verladen rasch und ohne viel Mühe geschehen kann. Die Befürchtung, das Holz würde nach Abschaffung der Flößerei billiger werden und die Forstverwaltung dadurch Einbuße erleiden, wird sich als eine irrige er- weisen. Wenn obige Bedingungen erfüllt sind und anderwärts bei Maffentrausporten billige Tarife eingeführt werden, so werden sich bei den Holzverkäufen auch diejenige Händler einfinden, die bis jetzt auf den Zwischenhandel der Händler des oberen Nagoldthales angewiesen waren.
T u t t l i n g e n, 15. Juli. Ein Entschädig« ungsprozeß wegen erlittenen Beinbruchs, angestrengt gegen die Stadt von Schneidermeister W., schwebt gegenwärtig beim Landgericht Rottweil. W. hatte zu einer Zeit, als der Seltenbach noch nicht durch Geländer von der Straße abgegrenzt war. des Nachts durch einen Sturz in das Seltenbachbett den linken Fuß zweimal gebrochen, wodurch er dauernd am Lausen behindert ist. Die Stadt bestreitet ihre Entschädigungspflicht, da W. von der Straße abgekommen sei. Man ist auf den Ausgang des Prozesses gespannt.
Marktpreise.
Butter, V- Kilo.90 1
Landeier, 2 Stück 12 Kisteneier 6 2 St. 11 ^
Pforzheim, 20. Juli.
Landbutter, V, Kilo.90—1.
Süßrahmbutter.vkL 1.10—1.20
Landeier 2 Stück.11—12 ^
Kisteneier, 2 Stück. 9—10
Stuttgart, 20. Juli.
Saure Butter, V, Kilo.1.—
Süße Butter, Vr Kilo . . . . 1.10—1.20
Frische Eier, 10 Stück. SS
Kalkeier, 10 Stück.— —
Ausland.
Prag, 20. Juli. Ein großes Unglück ist über Brüx hereingcbrochen. Dort begannen in der vorigen Nacht infolge eines Schwemmsand- Erdsturzes die Häuser in der Bahnhosstraße zu sinken. Die Bewohner flüchteten halbbekleidet aus ihren Wohnungen. Der Schauplatz der Einsturzkatastrophe bietet ein grauenhaftes Bild. Bis Mittag stürzten 18 meist prachtvolle zweistöckige Gebäude ein. Aus den Trümmern drangen Rauch und Flammen hervor, da ein Gebäude beim Einsturz in Flammen geriet. Manche Häuser sind bis zum First in die Erde eingesunken. Die Einwohner retteten nichts als das nackte Leben. Der Schaden ist bis jetzt auf 1*/- Millionen Gulden geschätzt. Der ganze Stadt, teil von der Bahnhofstraße bis zum Bahnhof, gegen 80 Häuser, gilt als verloren, da die Häuser zahlreiche Risse zeigen. Als Ursache der Katastrophe ist der Abfluß eines Schwemmsandlagers sicher ermittelt. Gleichzeitig fand im Annaschacht der Brüxer Kohlenbergbau-Gesellschaft ein starker Wasfereinbruch mit Schwemmsand statt, wobei ein Bergmann verunglückte. Die Stadt ist vorläufig ohne Gas und Wasser, weil das Hauprleitungsrohr durch die Einstürze gebrochen ist. (Brüx liegt in Böhmen, Kreis Saaz, hat 8700 Einwohner, Militär-Erziehungsanstalt, schöne Pfarrkirche, viele Fabriken. Die Red.)
Inden belgischen Kammern fand am Donnerstag ein skandalöser Zwischenfall statt. Es wurde das Schulgesetz beraten und es ging sehr erregt dabei zu. Als der Minister de Burlet bezüglich der Notwendigkeit des obligatorischen Religionsunterrichts bemerkte, er beklage die Eltern, welche ihre Kinder in einer Kloake im Atheismus verkommen lassen, erhob sich ein gewaltiger Lärm. Die Sozialisten bekämpften den Mlnister. Die Mitglieder der Linken und der Rechten riefen sich Drohungen zu. Der Präsident hob die Sitzung auf. Gleichzeitig fanden an diesem Tage in Brüssel zahlreiche Demonstrationen gegen das Schulgesetz statt.
Paris, 19. Juli. Paul Mercier, ein alter Journalist, der seil sieben Jahren in der rue Alfred--Stevens wohnte und sehr zurückgezogen lebte, wurde seit einigen Tagen von den Bewohnern desselben Hauses vermißt. Heute sprengte man die Thüre auf und fand in dem mit Kunstschätzen angefüllten, aber verwahrlosten,