Geheimnis, daß Stombulow nach dem Leben getrachtet wurde. Die Regierung setzte eine Be­lohnung von 10 000 Franken für denjenigen aus, welcher die Entdeckung der Personen ermöglicht, die den Anschlag auf Stambulow ausführten.

Wien. 16. Juli. Der Anschlag gegen Stambulow macht an den politischen Stellen den tiefsten Eindruck. Das Verbrechen hat schwere Entrüstung geweckt. Innere Verwick­lungen in Bulgarien werden besorgt.

Paris, 16. Juli. Der Präsident der Re­publik beglückwünschte den Kriegsminister zu der so glänzenden Truppenschau von Longchamps, bei welcher man den frischen Geist und die solide Ablichtung der Truppen des Pariser Militär- gouverncmenls, sowie die kräftige Haltung der Reserveregimenter habe konstatieren können. DemGaulois" zufolge äußerte sich ein fremder Militärattacbo geradezu begeistert über die neuer­lichen Fortschritte in Marsch und Haltung der Truppen, die an der vorgestrigen Revue zur Feier des Nationalfestes teilgenommen haben.

Rom, 15. Juli. Gestern ist die Pulver­fabrik von Tivoli in der Provinz Rom ausge­flogen. Drei Leute sind umgekommen; es herrscht große Erregung. Fensterscheiben platzten; viele Häuser, besonders die Billa Este, wurden be­schädigt

Anterhattender Heil.

Ein Brillantenhalsband.

Kriminal-Novelle von Ferdinand Herrmann.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Mit offenen Armen hatte er darum einen Bewerber ausgenommen, der allen seinen Er­wartungen nicht nur in der vollkommensten Weise entsprach, sondern dieselben noch mehr als in einer Hinsicht weit übertraf. Es war der­selbe Mann, der ihm jetzt in seinem Arbeits- kabinet gegenübersaß, der etwa seit einem Jahr in M. ansässige Arzt Dr. Hartwig, ein Mann, der unstreitig zu den angesehensten Persönlich­keiten der Stadt zu zählen war und der als der einzige Sohn eines vor längerer Zeit verstorbenen steinreichen Bankiers der Besitzer eines sehr großen Vermögens war. Wenn Herr Nikolaus Hofferichter irgend etwas an diesem künftigen Schwiegersöhne auszusetzen hatte, so war es vielleicht einzig der Gebrauch, den derselbe von seinem Gelde machte und den der Herr Stadt­verordnete als Verschwendung der sträflichsten Art erachtete.

Doktor Hartwig war nämlich ein ArztUn der herrlichsten und edelsten Bedeutung des Wortes. Er war ein Helfer der Kranken und der Bedrängten nicht nur, soweit ihn seine wissenschaftliche Tüchtigkeit dazu in Stand setzte, sondern er faßte seine ganze Aufgabe noch un­ungemein höher auf und war unablässig be­müht, auch diejenigen Schäden und Gebrechen zu heilen, welche ihre Ursachen nicht in Krank­heiten des Körpers hatten. Es war ein Freund und Wohlthäter der Armen und war bereits der Retter vieler Verzweifelten geworden. Seine philantropischen Bestrebungen verschlangen all­jährlich große Summen, und wenn er auch viel schnöden Undank statt des Lohnes ernten mußte, so wurde er doch niemals müde, immer wieder mit vollen Händen von dem Segen zu spenden, über welchen ihm das Schicksal nun einmal die Verfügung gegeben hatte.

Bei einem Krankenbesuche im Hause des Stadtverordneten hatte Dr. Hartwig Else kennen gelernt, und ihre zarte Schönheit wie ihr liebens­würdig gewinnendes Wesen, das namentlich neben der brutalen Derbheit des Vaters nur in desto hellere Beleuchtung trat, hatten sofort einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht, aber der Ge­danke, sich um ihre Hand zu bewerben, hatte ihm zunächst ganz fern gelegen, denn Else war 18 Jahre alt, während er selbst deren bereits vierzig zählte, und er war nicht eingebildet ge­nug, um zu glauben, daß seine stille, verschlossene Art etwas sonderlich Bestechendes für ein so junges Mädchen haben könnte.

Da aber Herr Nikolaus Hofferichter selbst mit seinen plumpen Händen sehr energisch ein­

gegriffen. Wie er gewohnt war, jeden wohl­habenden und ledigen Mann, der seinen Weg kreuzte, auf seine etwaige Qualifikation zu seinem Schwiegersohn zu prüfen, so hatte er auch sein Augenmerk längst auf den reichen und ange­sehenen Doktor gerichtet, und sein Unwohlsein, welches jenen zuerst in sein Haus gezogen hatte, war vielleicht nur ein Mittel gewesen zu dem ihm näher zu rücken. Mit scharfen Augen hatte er den Eindruck beobachtet, welchen die ahnungs­lose Else auf den Arzt gemacht und sobald er zu bemerken geglaubt, daß dieser Eindruck ein günstiger gewesen, batte er sich beeilt, alle Minen springen zu lassen, um der vermeintlichen Schüchternheit Hartwig's entgegen zu kommen. Er hatte ihn auf das Dringendste zu wieder­holten Besuchen eingeladen, und als er sah, daß Hartwig den sehr materiellen Genüssen, welche der ehemalige Schlächtermeister seinen Gästen zu bieten pflegte, nur sehr geringen Geschmack ab­gewann, hatte er sogar eine lebhafte Teilnahme für die menschenfreundliche Bestrebungen des Doktors erheuchelt, nur um denselben an sein Haus zu fesseln Aber mit lebhaftem Mißver­gnügen hatte er wahrgenomme», daß seine eigent­lichen Herzenswünsche durch das häufigere Er­scheinen des Arztes keineswegs gefördert wurden Hartwig beobachtete dem jungen Mädchen gegen- über stets die nämliche achtungsvolle Zurückhalt­ung und Else legte für den um mehr als 20 Jahre älteren Mann durchaus keine wärmere Regung an den Tag. Da hatte ihr Hofferichter eines Tages ganz unumwunden Mitteilungen gemacht von seinen Ansichten und ihr anbefohlen, dem Doktor fortan mit der äußersten Liebens- Würdigkeit so ermutigend und aufmunternd als nur irgend möglich entgegen zu kommen. Er war bis dahin an einen so unbedingten Ge­horsam seines Kindes gewöhnt gewesen, daß es ihm keinen Augenblick in den Sinn gekommen war, sie könnte ihm in dieser wichtigen Ange­legenheit widerstreben, um so weniger, als seiner Meinung nach an dem Arzte auch nicht das Mindeste auszusetzen war.

Sein Zorn und ferne Entrüstung kannten darum keine Grenzen, als ihm Clse mit einer uner­warteten Entschiedenheit erklärte, sie werde weder dem Doktor Hartwig, noch irgend einem anderen ungeliebten Manne jemals ihre Hand reichen, und überdies war sie unvorsichtig genug, ihm das Geheimnis ihrer Liebe zu dem unbemittelten Bernhard von Römer zu offenbaren. Er hatte gleich einem Rasenden gewütet, hatte dem jungen Manne in der brutalsten Weise sein Haus ver­boten und hatte seiner Tochter kurzweg erklärt, daß sie sich feinem Willen widerspruchslos zu unterwerfen haben. Noch an dem nämlichen Tage war er, um die Sache möglichst schnell zu dem gewünschten Ende zu bringen, zu dem Doktor gefahren und hatte ihm die Hand seines Kindes geradezu angetragen. Zu seinem nicht geringen Erstaunen hatte Hartwig dabei erfahren, daß Else eine unbezwingliche Neigung für ihn gefaßt hätte und daß sie jedenfalls sehr unglück­lich werden würde, wenn ihre Liebe bei ihm keine Erwiderung fände.

Diese ganz ungewöhnliche Art eines Ge­ständnisses hatte den freisinnigen Mann im ersten Augenblicke beinahe unangenehm berührt, und wäre es nicht der eigene Vater des Mädchens gewesen, der so zu ihm sprach, so würde er kaum an die Wahrheit dessen geglaubt haben, was er da vernahm. Aber er konnte nicht an die Möglichkeit denken, daß Hofferichter nur einen schändlichen Handel mit dem Glück seines Kindes treiben wolle, und so hatte er denn nach einigem Zögern dem Stadtverordneten das Gegengeständnis gemacht, daß er Elsen eben- falls von ganzem Herzen zugethan sei, und daß ihn nur die Rücksicht auf den Unterschied der Jahre abgehalten haben würde, seiner Neigung für sie offenen Ausdruck zu geben. Jetzt aber werde er sich glücklich schätzen, ein so liebens­würdiges und vortreffliches Mädchen als seine Gattin heimzuführen.

Herr Nikolaus Hofferichter hatte große Mühe gehabt, fein Frohlocken über diese günstige Wendung der Dinge zu verbergen. Nach Hart­wig's Erklärung glaubte er sich am Ziel seiner

Wünsche, denn er zweifelte keinen Augenblick, daß es ihm ein Leichtes sein werde, mit H sie der väterlichen Zuchtmittel, die ihm zur Ve.» fügung standen, Else's trotzigen Widerstand zu brechen. Nur etwas Zeit brauchte er dazu, und um diese zu gewinnen, mußte er noch zu einer weiteren List seine Zuflucht nehmen, die er für äußerst diplomatisch und klug ersonnen hielt. Er bat nämlich den Doktor, nicht ohne Weiteres gegen Else mit seiner Werbung hervorzutreren und ihr auch nichts von dem ohne ihr Vor­wissen erfolgten Besuch des Vaters zu verraten, damit ihr weibliches Schamgefühl nicht gar zu empfindlich verletzt werde, «sie sei ganz eigen­tümlich geartet und müsse ganz vorsichtig be­handelt werden, wie denn überhaupt die jungen Mädchen zur Zeit einer ersten Liebe oft von ganz merkwürdigen und schwer verständlichen Launen beherrscht würden. Er selbst würde seinem künftigen Schwiegersöhne den Zeitpunkt bezeichnen, welchen er für den geeigneten zu einer offenen Erklärung halte, und bis dahin möge der Doktor ja nicht etwa an irgend einer Wunderlichkeit an Else's Benehmen Anstoß nehmen.

Er hatte das Alles mit jenem Anschein von Offenherzigkeit und Biederkeit vorgebracht, der gor keinen Zweifel an der Wahrhaftigkeit seiner Worte aufkommen ließ, und Hartwig, den die Aussicht auf Else's Besitz wirklich sehr glücklich machte, hatte sich widerspruchslos seinen Wünschen gefügt. Er hatte seine Besuche in Hofferichters Hause häufiger wiederholt und hatte sich be­müht, nichts Auffälliges darin zu erblicken, daß ihm Else dabei jedesmal geflissentlich aus dem Wege ging, daß sie stets rot geweinte Augen hatte, und daß sie, wenn sie einer Unterhaltung mit ihm gar nicht ausweichen konnte, viel schüch­terner, einsilbiger und ängstlicher war als früher. Wenn ihm das Alles aber doch einmal bedenk« lich erscheinen wollte und wenn er eine diesbe­zügliche Aeußerung gegen den Stadtverordneten that, so wußte ihn dieser immer wieder mit den nämlichen Argumenten zu beruhigen, wennschon er immer kleinmütiger wurde, da das ganze Auf­gebot seiner Autorität dem starren Sinn des jungen Mädchens gegenüber bisher erfolglos ge­blieben war.

(Fortsetzung folgt.)

(Wie man bei der Hitze lebt.) Der bekannte Wiener Hygieniker Obersanitätsrat Prof. Gruber hat darüber einige Ratschläge mitgeteilt, darunter die nachstehenden:Eine Grundregel lautet: Kein Ueberladen von Speise und Trank, und vor allem kein Uebermaß von Alkohol, weil dieser die Wiederstandsfähigkeit des Organismus herabmindert. Das beste Getränk ist Wasser. Wer ein gesundes Herz hat, kann unbedenklich viel Wasser vertragen. Die Temperatur des Wassers soll aber nicht unter 7 Grad über 0 betragen. Bier ist bei großer Hitze zu empfehlen, wenn es nicht zu kalt ist. Selters- oder Soda­wasser thut dagegen sehr gute Dienste, ebenso wie Pflanzensäure, welche die Fruchtsäfle, z. B. Himbeersaft, enthalten, da sie die Schleimhäute anregen. Kalte Bäder, Waschungen mit kaltem Wasser haben eine vorzügliche Wirkung. Flanell- wäsche ist zum Tragen in der Stadt, als zu schwer, weniger geeignet, dagegen empfiehlt sich leichte Leinwand wie Batist, am besten unge­stärkt.

Telegramme.

Sofia, 17. Juli. Das ärztliche Bulletin von gestern nachmittags 5 Uhr besagt, der Zu­stand Stambulows hat sich bedeutend ge­bessert. Gegen ein oppositionelles Journal, welches das Attentat billigte, wurde Klage er­hoben. Das RegierungsorganMir" drückt seine tiefe Entrüstung über das schändliche Attentat aus und verlangt eine exemplarische Bestrafung der Schuldigen.

London, 17. Juli, 3 Uhr 20 morgens. Bisher sind gewählt 232 Unionisten, 45 Liberale. Der Stand bei den anderen Parteien ist unver­ändert. Die Unionisten gewannen 40, die Liberalen 10 Sitze. Arnold Morley, der frühere Generalpostmeister, wurde nicht wiedergewählt.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.