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Voraussichtlich wird auch das gemeinschaftliche Oberamt in Bälde eine Sammlung eröffnen.

Deutsches Weich.

Berlin, 3. Juli. Anläßlich des Attentats- Versuchs gegen den Polizeioberst Krause tele­graphierte der Kaiser an diesen:Mit Abscheu habe ich von dem Anschlag vernommen, der gegen Sie geplant worden war. Durch Gottes gütige Vorsehung ist mir ein braver Offizier, ein unermüdlich treuer Diener meiner Vorfahren und meiner Person erhalten geblieben. Möge Ihre bewährte Kraft noch lange zum Wohle des Gemeinwesens meiner Residenz und Ihrer braven Schutzmannschaft uns allen erhallen bleiben." DieNat.Ztg." schreibt: Die Nach­forschungen nach dem Urheber des Attentats gegen den Polizeioberst Krause haben sich nicht auf entlassene Schutzleute und Nachtwächter be­schränkt, vielmehr weist der Umstand, daß der gefundene Revolver belgisches Fabrikat, ferner daß zum Verpacken der Benzinflaschen auch eine vorjährige hier unbekannte belgische Zeitung be­nutzt worden ist. nach Belgien hin und lassen anarchistischen Ursprung vermuten. Tausend Mark Belohnung sind von dem königlichen Polizeipräsidium auf die Ermittelung des Ab­senders der Höllenmaschine ausgesetzt worden. Die Nachforschungen nach demselben haben in Fürstenwalde noch zu keinem Resultat geführt. Zu erwähnen ist noch, daß das in der Kiste VorgefundeneMehlpulver" ein besonders fein- körniges Schießpulver ist und daß die damit ge­füllten Papprollen richtige Raketen waren. -

Fr a nk f u r t a. M., 2. Juli. DieFrank­furter Zeitung" berichtet über ein gestern über Rheinland und Westfalen niedergegangenes Un­wetter, das zahlreiche größere Unfälle herbei­führte. Im Orte Wald schlug der Blitz in die Schützenhalle, woselbst eine Tanzgesellschaft ver- sammelt war; eine Anzahl Personen erlitten Verletzungen. Der Blitzstrahl brachte die Blei- töhren der Gasleitung zum Schmelzen, so daß die Gasflammen erloschen; das Gas entzündete sich und es brach Feuer aus. Auch in dem Dorfe Merzenich zerstörte der Sturm ein Tanz­zelt. Durch das Herabstürzen von Balken und brennenden Petroleum-Lampen wurden zahl- reiche Persouen verletzt. Im Münsterlande sind über ein Dutzend Gutsbesitzungen beschädigt.

Der am 1. Juli abends in und bei Calw niedergegangene Wirbelsturm ähnelt in seinem vereinzelten Auftreten und seinen schweren Folge- erscheinungen sehr dem Wirbelsturm, welcher 1886 die Stadt Crossen an der Oder heimsuchte und dort unter anderem a«ch den Turm der evangelischen Marienkirche wegfegte. Der Cros- sener Wirbelsturm schien mit einem kurz zuvor in Spanien aufgetretenen Wirbelsturm irgendwie zusammenhängen; man nahm damals an, daß die Windsbraut in Spanien aufgesetzt und dann gewissermaßenrikochettierend" quer über Euro­pa nach Crossen gelangt sei. Wo die württ. Windsbraut herkommt, weiß man wohl noch nicht genau. Die starke Hitze vom Sonntag und Montag und die Gewittererscheinungen am Spätnachmittag des Montag stehen mit diesem Wettersturz wohl in Zusammenhang. Auffallend ist auch, daß der Calwer Wirbelsturm zeitlich zusammenfällt mit dem neuesten Erdstoß in Lai­bach.

Württemberg.

Stuttgart, 27. Juni. Die im Land­tag angenommene Exigenz von 4 640000 vtL für Erweiterungen und Verbesserungen an den im Betrieb befindlichen Bahnen verteilen sich wie folgt: 1) für die Ausdehnung der elektr. Be­leuchtung auf dem Bahnhof Stuttgart, weiterer Bedarf 155000 Mk., 2) für die Vergrößerung der Wagenwerkstätte Cannstatt, 4. Rate 300000 Mark, 3) für die Erweiterung des Bahnhofs Göppingen, 3. Rate 80000 Mk., 4) für die Grunderwerbung zur Erweiterung des Bahnhofes Stuttgart 1600000 Mk., 5) für den Bau einer neuen Lokomotivwerkstätte in Eßlingen mit Zu- fahrtsgleis und lO Beamten- und Arbeiterwohn­gebäuden und für die Herstellung einer kleineren Betriebswerkstälte in Bietigheim mit zwei Dienst­wohngebäuden im ganzen als 1. Rate 500000

«Mark, 6) für die Erweiterung der Station Vaihingen-Sersheim 160000 Mk., 7) für die Verlängerung des Kreuzungsgeleises der Station Sulz 45000 Mk., 8) für die Einrichtung zent­raler Weichen- und Signalstellen auf größeren Stationen, weiterer Bedarf 550000 Mk., 9) für die Verstärkung des Oberbaues der Hauptbahn- Strecke Mühlacker-Ulm, 1. Rate 1 250000 Mk.

Letzten Dienstag genehmigte die Kammer eine Staatsunterstützung von 400 000 für die Opfer der Wasserkatastrophe im Eyachthale und in mehreren anderen Landesteilen. Be­greiflicherweise haben die Abgeordneten der von den Ueberschwemmungen betroffenen Bezirke, sich die größte Mühe gegeben, ihren Bezirksange­hörigen eine möglich große Staatsunterstützung zu verschaffen. Auch für die Unterstützung der durch die bekannte Wirtschafterei des Herrn Fllser in arge Bedrängnis geratenen landwirtschaftliche Konsumvereine wurden 120000 ^ von der Abgeordneten - Kammer bewilligt. Man hofft mit dieser Summe und weiteren 50000 -M, welche die Genossenschafter unter sich aufzu­dringen haben, die ärgerlichen Entschädigungs­prozesse gegen die landwirtschaftliche Konsum- Vereine aus der Welt zu schaffen. Der württb. Schutzvercin für Handel und Gewerbe hatte an­läßlich dieser Kreditforderung eine Petition an die Ständeversammlung eingereicht, worin unter treuer Festhaltung der Interessen aller Gruppen des Mittelstandes gebeten wurde, die Stände­versammlung möge die Kreditforderung ge­nehmigen, aber auch gleichzeitig aussprechen, daß eine weitere Ausdehnung der Konsumvereine zum Schaden des kaufmännischen und gewerb­lichen Mittelstandes nicht erwünscht sei. Die Kammer hat diese Petition für wichtig genug gehalten, sie der Volkswirtschaft!. Kommission zur besonderen Berichterstattung zu überweisen.

Die Kammer hat nun mit großer Mehr­heit den Ankauf der, dem Stuttgarter Haupt­postamte zunächst gelegenen Häuser an der Ecke der Friedrichs- und Fürstenstraße abgelehnt. Damit ist freilich der Raumnot im Stuttgarter Hauptpostamte noch nicht abgeholfen. Zur Zeit sind, wie man hört, schon neue Verhandlungen eingeleitet, welche den Ankauf von 3 Anwesen in der Friedrichsstraße, dicht neben dem Haupt- bahnhof zum Zweck haben. Während das seit- herige Hauptpostamt nur ein Areal von 30 Ar bedeckt, würde hier ein Areal von 40 Ar ge­wonnen. das nicht uur genügend Raum für alle Zeiten schaffen, sondern auch den Vorteil bieten würde, daß die Eisenbahnpostwagen in den Hof des künftigen neuen Hauptpostamtes auf Neben­schienen geschoben und daselbst sowohl entladen als frisch beladen werden könnten. In Abge­ordnetenkreisen, namentlich in solchen der Volks­partei, zeigt sich ein lebhaftes Interesse für diesen Plan. Der Ankauf der 3 Anwesen dürfte sich auf etwa 1 */, Millionen belaufen, also nur auf das Doppelte des Betrags, den die drei verhältnismäßig kleinen Häuser an der Ecke der Fürstenstraße gekostet haben würden.

DerGewerbeverein in Stuttgart wird mit seinen Mitgliedern und Freunden die Elsaß- Lothring. Landesgewerbeausstellung in Straß­burg besuchen. Ein Sonderzug, der am 13. Juli Mittags hier abgeht, wird die Teilnehmer, deren Aufenthalt in Stratzburg auf 2 Tage be­rechnet ist, dorthin bringen. Den Mitgliedern der übrigen Gewerbevereine des Landes ist die Benützung des Sonderzugs ebenfalls gestaltet. An einer zahlreichen Beteiligung ist nicht zu zweifeln.

Nagold, 2. Juli. Ein schreckliches Hagel. Wetter durchzog gestern Nachmittag zwischen 3'/« und 3*/r Uhr einen Teil unseres Oberamtsbe­zirks und insbesondere ist es unsere Nachbarge­meinde Rohrdorf, deren Markung binnen weniger Minuten derart verhagelt wurde, daß der ganze zu erhoffende Erntesegen vernichtet ist. Die Fluren einer über 400 Morgen großen Fläche sind zerstört und der Schaden beträgt, abgesehen von demjenigen an Obstbäumen, zwi­schen 40000 bis 50 000 Leider sind hier­durch meistens kleine Leute, deren Besitz vorher verschuldet ist, betroffen. Hoffnungslos greifen die unbemittelten Leute zur Senie, um wenig­stens die Reste ihrer Halmfrüchte als Biehfutter

zu verwerten, trostlos müßten solche der Zukunft entgegensehen, wenn nicht der Edelsinn und die Opferwilligkeit ihrer Mitmenschen, welche von solch hartem Schicksal verschont blieben, hilfreich ins Mittel tritt. Auch von anderen Orten wie von Pfrondorf kommen Hiobsposten über den Schaden, welchen das gestrige Unwetter an­gerichtet hat.

Ebhausen, 1. Juli. Heute nachmittag kurz nach 3 Uhr entlud sich über die Rohrdorfer und hiesige Markung ein Gewitter; nach einem heftigen Sturm fing es sehr stark zu hageln an. Biele Fensterscheiben wurden zertrümmert; wie groß der durch die dichtfallenden Hagelkörner in der Größe von Haselnüssen angerichkete Schaden auf den Feldern und an den Bäumen ist, läßt sich bis jetzt noch nicht bestimmen.

Wildberg, 1. Juli. Heute nachmittag nach 3 Uhr zog über die hiesige Stadt und Markung ein nur wenige Minuten dauerndes Gewitter mit furchtbarem Hagelschlag. Die Schlossen, welche in dichten Massen fielen, hatten vielfach die Größe einer Baumnuß. Die Gartengewächse sind ganz oder bis zur Halste vernichtet. Das nur spärlich an den Bäumen vorhanden gewesene Obst wurde samt einer Un­masse junger Triebe und Zweige abgeschlagen. Auch an den Feldfrüchten wurde durch den Hagel großer Schaden angerichtet, indem die Aehren und Halme vielfach abgeschlagen und die schönen, vielversprechenden Fruchtfclder wie hingewalzt daliegen. An den Gebäuden sind sehr viele Fensterscheiben eingeschlagen worden. An einem einzelnen Hause z. B. 36 und an einem andern bis zu 30 St. Der Witwe Baier z. Ochsen" fegte der Sturm das ganze Dach von der Altane hinweg. Auch an andern Ge­bäuden wurde durch den Sturm Schaden ver­ursacht. Viele Personen, welche im Felde be­schäftigt und vom Gewitter überrascht wurden, trugen durch die großen Hagelschlossen vielfach wenn auch unbedeutende, Wunden und Beulen davon. Auf den Wiesen wurden mehrere Heu­wagen vom Sturm ersaßt, umgeworfen und hatten die Fuhrleute die größten Mühe, die in­folge des Sturmes und der niederprasselnden Schlossen scheu gewordenen Pferde aufzuhalten um dadurch größeres Unglück zu verhüten. Wenige Minuten genügten, um uns einen großen Teil des erhofften Erntesegens zu vernichten. Auch in den Waldungen hat der den Hagel be­gleitende Sturm bedeutenden Schaden angerichtet. Im Staatswald Darching, zum hiesigen Revier gehörend, wurde auf eine Fläche von etwa 40 dis 50 Morgen sämtliches Stammholz aus dem Boden herausgerissen oder abgebrochen. Nicht ein Stamm blieb stehen. Das umgeworfene Holz mag etwa 800 bis 1000 Festmeter betragen. Auch in Effringen und dessen Fluren hauste das Hagelwetter schrecklich. Schlossen fielen in der Größe wie Taubeneier. Die Fruchtfelder sind vollständig verhagelt. An eine Ernte ist auf den verhagelten Feldern nicht mehr zu denken. Die schönsten Odstbäume wurden aus dem Boden herausgerissen. Mil einem Schlage find all die schönen Hoffnungen des Landmanns zu nichte geworden. Die Leute stehen trostlos und wein­end an ihren vollständig vernichteten Fruchtfeldern und sehen, namentlich die armen und weniger bemittelten, trostlos der Zukunft entgegen. In Sch ö n b ro n n soll es nicht besser sein, denn auch dort soll das Hagelwetter schreck­lich gehaust haben.

Anstand.

Paris, 2. Juli. Die gestrige große Feuersbrunst in den Godillotschen Werkstätten hätte noch viel verhängnisvoller für Paris werden können, wenn der heutige Sturm geweht hätte; konnten doch viele Nachbarhäuser nur unter äußerster Anstrengung vor dem furchtbaren Flammenmeer und Flugfeuer geschützt werden. Der Schaden ist sehr groß. Die Zahl der Ar­beiter bei Godillot, die durch die Feuersbrunst vorübergehend brotlos geworden sind, beträgt über zweitausend, nämlich etwa 600 Schuster, 300 Sattler, 400 Schneider, 200 Klempner, Verzinner und 600 Leute, meistens Frauen, die außerhalb der Werkstätten im Stücklohn stehen. Heute Nachmittag fand auf dem Bürgermeister-