beten wird, den bimettallistischen Bestrebungen zu widerstehen und von allen Maßnahmen ab­zusehen, die als eine Gefährdung der bestehenden Währung ausgenützt werden könnten.

Mannheims. Juni. Rhein und Neckar sind infolge von Wolkenbrüchen, die im Schwarzwald und in Württemberg niedergegangen sind, in rapidem Steigen begriffen.

Württemberg.

Balingen, 8. Juni. Vor 20 Min. ist Se. Maj. der König hier angekommen und wurde von Oberamtmann Filser und den Spitzen der Behörden empfangen. Der König zeigte die leutseligste Teilnahme gegenüber den Ver­tretern der hiesigen und auswärtigen Kollegien. Seine Majestät fuhr zu Wagen an die Kirch- Hofbrücke und ließ sich den Greuel der Verwüst­ung beim Kirchhof zeigen, sodann ging der König zu Fuß der Eyach entlang zu dem Häus­chen des mit seiner Familie umgekommenen Walkers Wild, besichtigte die Räume und sprach in echt landesväterlicher Weise den Angehörigen der Verunglückten seine Teilnahme aus. Rührend war es, wie der König wiederholt die überleb­enden 2 Kinder Wilds streichelte. Weiter ließ sich der König die Stätte zeigen, wo das Haus des Fuhrmanns Metz von den Fluten weggeriffen wurde und sprach in herzlicher Weise dem Fuhr­mann Metz seine Teilnahme aus, auch streichelte er in liebevollster Weise das einzig übergebliebene Kind des Metz. Dem unglücklichen Mann wurde durch den Adjutanten eine Geldsumme überreicht. Nachdem noch der König den sonstigen Schaden an den Gebäuden, den Gerbereien in Augen­schein genommen, fuhren die Herrschaften um v/ilO Uhr nach Frommem. Die Teilnahme des Königs wurde von der Bevölkerung hoch ge­würdigt» viele Augen waren voll Thränen der Rührung .ob dem landcsväterlichen Besuch. Die Pioniere sind eben damit fertig geworden, die ander Kirchhofbrücke angeschwemmten Stäm­me und Reste des Wehrs vom Wasserturm zu entfernen. Es wird aber Monate lang brauchen, bis nur einigermaßen etwas Ordnung hergestellt ist und die gröbsten Schäden ausgebessert sind.

Ihre Majestät die Königin hat in landesmütterlicher Fürsorge für die wasserbe­schädigten unglücklichen Bewohner des Bezirks Balingen aus ihrer Privatschatulle dem Hilfs- komile in Balingen 3000 zuweisen lassen.

Stuttgart, 8. Juni. Die Kammer der Abgeordneten hat am Mittwoch die Generaldebatte über den Eisenbahnetat fort­gesetzt und beendigt. Am Donnerstag trat die­selbe in die Einzelberatung ein. Dabei wurde zunächst die vorgeschlagene Aenderung der Ge­haltsklassen eint eilung ungeachtet der Be­fürwortung durch den Ministerpräsidenten abge­lehnt. Seitens mehrere Abgeordneter wurde darauf hingewiesen, daß die Lage der unteren Eisenbahnbediensteten der Besserung bedürfe. Sowohl der Ministerpräsident wie der Präsident der Staatseisenbahnen erklärten, daß die Ver­waltung diese Beamten nicht vergessen habe. Eine ganze Reihe von Spezialwünschen wird vorgebracht, insbesondere von den Abg. Maysex (V.-P.) und Kloß (S.-D.), auf die vom Regier­ungstische in entgegenkommender Weise geant­wortet wurde. Mayser und Kloß erkannten an, daß die Eisenbahnverwaltung direkt geäußerten Wünschen der Abgeordneten gegenüber sich ent­gegenkommend gezeigt habe. Der Eisenbahnetat wurde darauf vollends erledigt.

In Württemberg bilden die Staats­eisenbahnen und ihre Erträgnisse den weit­aus wichtigsten Faktor in unserem Budget. Ist doch ca. '/» Milliarde Mark gerade für unsere Bahnbauten als Schuld ausgenommen worden und diese große Summe soll nicht nur verzinst, sondern auch allmählich getilgt werden und dabei sind infolge der Abnützung des Materials wie infolge des gesteigerten Verkehrs immer wieder neue Aufwendung sowohl für Bahnhöfe und Schienengeleise als für Lokomotiven, Wagen und dergl. notwendig. Alle diese Summen für Ver­zinsung und Amortisation, sowie für Neuan­schaffungen sollten naturgemäß die Staatseisen, bahnen aus sich selbst erbringen und nun leidet Württemberg unter dem doppelten Nachteil des

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bergigen Terrains, welches viele Kosten erfordert und der mißlichen Lage zwischen Bayern und Baden, welche den Durchgangsverkehr von Norden her nach der Schweiz und umgekehrt auf ihre eigenen Linien leiten können, während anderer­seits Oesterreich seinen Durchgangsverkehr nach Frankreich seit der Eröffnung der Arlbergbahn über die Schweiz leitet und Süddeutschland völlig umgeht. So sind die württ. Eisenbahnen in der Hauptsache auf den Lokalverkehr ange­wiesen und zur Deckung aller der oben ge­nannten Summen ist immer noch ein größerer oder kleinerer Zuschuß aus der Tasche der Steuer- zahler notwendig. Unter solchen Umständen ist es ja sehr begreiflich, wenn sich Berufene und Unberufene mit der Frage beschäftigen, wie unsere Eisenbahnrente gehoben werden könnte und alles was in dieser Beziehung an Vorschlägen in den letzten Jahren aufgetaucht ist, hat sich bei der jüngsten Beratung des Eisenbahnetats in der Kammer der Abgeordneten wie ein Niederschlag festgesetzt. Die unberufenen Eisenbahnkntiker sind freilich mit ihren vielfach in der Presse ge­machten Vorschlägen schlecht weggekommen, namentlich ein Sozialpolitiker aus Württem- bergisch-Franken, dem sein ärztlicher Beruf viele Zeit übrig zu lasfen scheint, hat mit seinem Vor­schlag, aus den württb. Eisenbahnen 80 Ver- kehrscentren zu schaffen, verdienten Spott ge­erntet. Unser Verkehrsminister und Minister­präsident ist zwar kein Eisenbahnfachmann von Beruf, aber er hat an der Spitze unserer Eisen- bahnverwaliung einen Mann gestellt, von eben so großen Fähigkeiten als Energie und gutem Willen, aus uniern Staatsbahnen das höchste mögliche Erträgnis zu erzielen und andererseits allen berechtigten Wünschen des Publikums so­weit nur irgend möglich entgegen zu kommen. Wenn die Steuerzahler auch noch etwas zur Verzinsung und Tilgung unserer Elsenbahn­schulden beizutragen haben, so darf man nicht vergessen, daß die Eisenbahnen nicht nur den­jenigen, die auf ihr fahren oder durch sie Waren versenden und beziehen, Nutzen bringen, sondern in 1000 Kanälen dem allgemeinen Volkswohl­stand die nötige Nahrung zuführen. Namentlich sollte man auch nicht vergessen, daß mit dem ewigen Kritisieren die Eiscnbahnrente doch nicht gehoben, wohl aber den Eisenbahnbeamten der Beruf außerordentlich erschwert wird. Was der Abg. Glaser von Cannstatt alles vorgebracht hat, erwies sich teils als förmliche Lüge, teils als arge Ueberlreibung und so darf man jenem Abgeordneten eigentlich nur dankbar sein, daß er der Regierung Gelegenheit gab, einmal ein ganzes Lügennetz auszurotten.

An der kgl. landwirtsch. Akademie Hohenheim befinden sich im laufenden Som­merhalbjahr 95 Studierende gegen 87 im vorjähr. Sommersemester.

Stuttgart, 5. Juni. Die Beurlaub­ung von Soldaten während der Erntezeit ist eine von der Landwirtschaft stets mit Dank empfundene Gepflogenheit der Militärverwalt­ung.' Auch in diesem Jahre sind die Regiments­und Bataillonskommandeure bereits angewiesen worden, Soldaten zu Unterstützung ihrer Ange­hörigen bei der Ernte, soweit die dienstlichen Interessen es gestatten, in die Heimat zu beur­lauben.

Biberach, 9. Juni, Biberach hat wohl nie so viele Gäste in seinen Mauern gesehen, als heute an dem XU. Bundesfest des Württ. Kriegerbundes hier eingezogen sind, deshalb sind auch die Vorbereitungen der beiden festgebenden Vereine, des Veteranenvereins und des Militärvereins ungemein ausgedehnt ge- wesen. In den Hauptstraßen ist kein einziges Haus zu finden, das nicht reich und sinnig dekorirt wäre. Dazu macht der Himmel ein heiteres Gesicht, was nach dem schrecklichen Er­eignis der letzten Tage kaum zu erwarten war. Am Samstag vormittag ^/ill Uhr kam Seine Hoheit Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar mit dem Bundespräsidium hier an und wurde auf dem Bahnhof festlich empfangen. Um 12 Uhr fanden die Verhandlungen des Bundesausschuffes im Rathaussale und abends 7 Uhr fand ein Bankett in der Notz'schen Bierhalle statt. Am heutigen Hauptfesttag war früh 6 Uhr Tag»

wache, dann trafen mit verschiedenen Extrazügen die Festbesucher ein. Um 9 Uhr begannen die Verhandlungen des XII. Bundestages in der neuen Turnhalle. Hr. Stadtschultheiß Müller begrüßte die Krieger im Namen der Stadt. Der Ehrenpräsident des Bundes, Se. König!. Hoheit Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar dankt hier­auf und sagte weiter: Ernstliche Schatten seien durch die jüngsten Verheerungen in Balingen und Umgegend auf den Bundestag geworfen worden. Den dortigen Kameraden sei die Be­teiligung an demselben unmöglich gemacht. Er mache den Vorschlag, daß der hiesige Festausschuß in geeigneter Weise, den in gehobener Fest­stimmung sich befindenden Festteilnehmern er­mögliche, einen Beitrag zur Linderung der Not leisten. Der Vorschlag des Ehren Vorstandes fand stürmischen Beifall. Weiter teilte Seine Hoheit mit, daß der Verein sowohl nach Mit­gliederzahl als nach Vermögen stetig im Wachsen sei. Der Grundstock für das Kyffhäuser-Denk- mal (wodurch die deutschen Krieger demHelben- kaiser Wilhelm I. ein bleibendes Denkmal setzen), wächst erfreulicher Weise an. Der Württemb. Kriegerbund hat bereits etwa 20000 »kL zu dem­selben beigesteuert, doch seien weitere Beiträge, die in durchaus zwangloser Weise aufgebracht werden sollen, nötig. Es wird dazu eine Um­lage gefordert von 25 auf den Mann. Ei« Telegraum aus Chicago teilt mit, daß die dortigen Schwaben 500 vkL für das Denkmal abgesandt haben. Als nächste Feststadt wurde Rottweil einstimmig gewählt. Um 12 Uhr traf der Extrazug mit Sr. Majestät ein. Der König wurde von den Offizieren des Bezirkskommandos, den Vereinen und der Sanitälskompagnie em­pfangen. Der König fuhr durch die reichge­schmückten Straßen zu dem Gasthaus z. Krone und wurde von der zahlreichen Menge mit brausenden Hochrufen empfangen. Bei dem Fest­essen in der Krone brachte Prinz Weimar ein Hoch auf den König aus, worauf derselbe er­widerte. Hr. Dobel brachte ein Hoch auf die Königin Charlotte aus, worauf Se. Majestät die Grüße der Königin mitteilte. Von 2 Uhr erfolgte der Festzug durch die Stadt, vorüber an der Königstribüne, die auf dem Marktplatz aus­gestellt war. Der König machte einen Gang über den Festplatz und begab sich dann um 4 Uhr mittels Exlrazuges wieder weiter. Es herrscht ein reges Leben und Treiben auf dem Festplatz, der elektrisch beleuchtet ist.

Untertürkheim, 7. Juni. Seit einigen Tagen trifft man in verschiedenen Lagen blühende Trauben; an Kammerzen steht man schon welche, die verblüht haben. Bei der gegenwärtigen Temperatur wird in einigen Tagen die Traubenblüte allgemein beginnen.

Tuttlingen, 9. Juni. Bei der Landes­ausstellung in Prag ist eine Kollektion von Kalvinnen aus der Zuchtgenossenschaft Meßkirch mit den höchsten Preisen ausgezeichnet worden, nämlich mit der goldenen Medaille vom Fürst Schwarzenberg und dem Ehrendiplom der Land­wirtschaft.

Freuden st adt, 1. Juni. Die heurige Saison verspricht sehr lebhaft zu werden; so­wohl von Seilen der reichen Gemeinde als von Seiten der Privaten ist seit dem letzten Jahr wieder viel zur Hebung unseres beliebten Kur­orts geschehen. Zum ersten Mal erstrahlt Heuer das elektrische Licht in den Straßen und Hotels ausgehend von der mit einem Kostenaufwand von 200000 Mk. in der Nähe der Turnhalle erstellten elektrischen Zentrale. In dem neuen Postamtsgebäude auf dem Marktplatz wird in den nächsten Monaten eine öffentliche Fern­sprechstelle eingerichtet mit Anschluß an sämt­liche größeren Plätze Süddeutschlands. Eine Aktiengesellschaft von Stuttgarter und hiesigen Interessentenkreisen errichtet ein Schwimmbad bei den Turnhallenanlagen, während der Schreiner­meister Bothner (kürzlich abgebrannt) eine allen neueren Anforderungen entsprechende Badeanstalt mit warmen Bädern an einem freundlichen Platze bei der Lauterdacher Straße neuaufbaut. Mitte Juli werden zwei neue Hotels dem Betriebe übergeben, nämlich das mit einem Aufwand« von 250000 Mk. erbaute KurhausPalmen­wald" mit christlicher Hausordnung und der