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Bauschwindel, wv meistens die Kleinhandwerkcr hineingelegt werden. Im Jahre 1892 seien in Hamburg 242. in Berlin 240 solcher Häuser in Konkurs gekommen, wovon der Mittelstand am meisten betroffen werde und fordert hiesür Rechtsschutz.

Biberach, 29. April. Se. Majestät der König wird am 9. Juni mittags 12 Uhr auf dem hiesigen Bahnhofe zum Besuche des XII. Württ. Kriegerbundsfestes cintreffen.

Künzelsau, 29. Apr. (Bezirksgewerbe- Ausstellung.) Im Laufe dieses Sommers, vor­aussichtlich vom 15. Juli bis Ende August, wird hier eine Bezirksgewcrbeausstellung abge­halten. Bis jetzt haben sich gegen 200 Aussteller aus den verschiedensten Industriegebieten ange­meldet. Zum Betrieb einzelner Maschinen wird ein Elektromotor verwendet. Die kgl. Zentral­stelle für Gewerbe und Handel ist dem Unter­nehmen in dankenswerterWeiseentgcgengekommen.

Ausland.

Paris, 30. April. Der Ministerrat be- schloß die Verstärkung der französischen Flotte in den ostasiatischen Gewässern.

Poris, 29. April. Die Nachrichten, die der Minister der öffentlichen Arbeiten erhalten hat, zeigen, daß die Zahl der bei dem Damm­bruch von Bouzey verunglückten Menschen höher ist, als man anfangs glaubte. Der Mi nister des Innern LeygueS hat alle Dörfer um Bouzey besucht und überall einen schrecklichen Eindruck gewonnen. Hilfe kommt von allen Seiten. DerTemps" eröffnet eine Sammlung für die Opfer. Der Minister verteilte als erste Unterstützung 30000 Franken. Ueberall spielten sich erschütternde Austritte ab. Die Einwohner durchsuchen, unterstützt von den Truppen, den Schlamm nach Leichen. Unter dem Trauerge­läute der Glocken finden viele Beerdigungen statt. Der Minister ließ sich von den In­genieuren Aufklärung über die mutmaßlichen Ursachen des Unglücks geben. Die Slaats- ingenieuren erklärten, daß der Dammbruch durch äußerlich nicht bemerkbare Veränderungen her­beigeführt worden sei, welche der Winlerfrost in dem Mauerwerk verursacht habe. (Das wäre wohl nur denkbar, wenn die Cementierung dieses Mauerwerkes nicht sorgfältig genug ausgeführt worden wäre. Man denke nur an gewisse Mauerwerle der klassischen Zeit und des Mittel­alters, welche ganz anderen Witterungseinflüssen bis heute Widerstand geleistet haben.j (Sr. P.)

Petersburg, 29. April. Der deutsche Botschafter Fürst Radolin ist heute Vormittag hier eingetroffen.

London, 29. April. DerStandard" hetzt in einem Leitartikel die Franzosen gegen Deutschland. Er sagt, die Franzosen müssen einsehen, daß der neue Dreibund das französisch­ruffische Bündnis jeder Bedeutung und jedes Nutzens berauben würde.

London, 29. April. DieTimes" meldet aus Hongkong von gestern: Auf der Insel Formosa kommen überall ernste Unruhen vor. Am 22. April töteten chinesische Soldaten ihren General. Die Leibwache des Gouverneurs griff hierauf die Soldaten an, tötete 30 und ver­wundete 50. Schließlich wurden die Empörer auseinandergetrieben.

London, 30. April. Japan hat bis heute auf die Vorstellungen Deutschlands, Rußlands und Frankreichs noch nicht geantwortet. Die Antwort wird in einigen Tagen erwartet. Times meldet aus Kobe: Ein englisches Kriegs­schiff ist unterwegs nach den Pescadores-Jnseln, um den Korrespondenten der Times und dessen Gefährten zu holen. Man glaubt, die Japaner wünschen die Niedermetzelung der chinesischen Garnison auf den Pescadoresinseln zu verheim­lichen. Die ausländischen Konsuln aur For­mosa beraten mit dem chinesischen Gouverneur Maßregeln der Sicherheit für die Ausländer, falls die chinesischen Soldaten sich wiederum empören.

Aus Spanien, 26. April. Heute wurden in den Gewässern von Gibraltar die Ueberreste des untergegangenen PanzersKönigin Regentin" aufgefunden.

New-Iork, 29. April. Einer Depesche aus Cuba zufolge fand am 19. April bei Guan- tanamo ein Gefecht zwischen 200 spanischen Truppen und einer starken Streitmacht der Aufständischen statt. Die Regierungstruppen wurden geschlagen und beinahe sämtlich nieder gemacht. Nur vier oder fünf Mann entkamen.

Brünn, 26. April. Ueber ein blutiges Drama, dessen Schauplatz heule Vormittag die Jesuitcnkaserne war, berichtet die Wiener Pr. folgende Daten vor: Der Korporal des 8. Infanterieregiments Karl Skacel, der die Mann­schaft strenge behandelte, war dieser Tage von zwei seiner Untergebenen, Hoffmann und Bauer, wegen ungerechter Behandlung angezcigt worden und sollte infolge dieser Anzeige heute beim Regimentsrapporte erscheinen. Der Koporal. welcher fürchtete, degradiert zu werden und in den Garnisonsarrest auf den Spielberg zu kom­men, beschloß, sich an den Beiden zu rächen. Nach 9 Uhr Vormittags waren Hoffmann und Bauer mit anderen Soldaten in einem Mann­schaftszimmer der Kaserne versammelt, als der Koporal eintrat, die Beiden zu sich rief und, ehe sie sichs versahen, aus unmittelbarer Nähe auf sie einen Schuß aus seinem Dienstgewehre abgab. Mit einem lauten Aufschrei sanken die beiden Verwundeten blutüberströmt zu Boden, und che noch die durch die Schüsse zu Tode erschrockenen übrigen Soldaten herbeteilen konnten, hatte der Attentäter die Waffe gegen sich ge­richtet und sich eine Kugel in die Brust gejagt Skacel har sich lebensgefährlich verwundet Die Kugel drang ihm nächst der vierten Rippe in Brust und trat am oberen Winkel des linken Schulterblattes heraus. Hoffmann erlitt eine schwere Verletzung der Wirbelsäule, während Bauer nur eine Verletzung minderen Grades am rechten Unterarme erlitt. An dem Aufkommen des Attentäters wird gezweifelt.

Anteryattender Teil.

Eine Hochzeitsreise.

Erzählung von F. Arnefeldt.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Wohl ruhten Benno's Augen nicht ohne Mitleid auf der verfallenen Gestalt; wohl auch hatte er sich vorgenommen, was er auch er­fahren werde. Ruhe und Mäßigung zu bewahren; aber ein Wort der Begrüßung vermochte er doch nicht zu finden. Bleich, mit düster zusam­mengezogenen Augenbraunen und fest ausein- andergepreßten Lippen stand er dem tiefgebeugten Manne gegenüber.

Benno, Du hier!" stammelte Göldner, endlich,wir erwarteten Dich noch nicht; ich glaubte. Du würdest Deine Ankunft vorher melden."

Wozu das?" entgegnete der junge Mann kurz und düster.Gab es auf die niederschmett­ernde Nachricht, die mir der Telegraph gebracht, eine andere Antwort, als daß ich selbst kam? Konnten Sie etwas Anderes erwarten, als daß ich das erste Schiff, das zur Abfahrt nach Europa bereit lag. bestieg, um mich zu überzeugen, ob die Kunde, die mir geworden, Wahrheit oder der Schabernack eines boshaften Feindes sei?"

Sie beruht auf Wahrheit," murmelte Göldner.

Ich habe es gesehen, an den verschlossenen Geschäftsräumen; tch erkenne es an der Stille, die in dem anstoßenden Kontor herrscht," ant- wortete Benno, indem er in die Zimmer wies, welche er durch die offenstehende Thür ihm gegenüber überblicken konnte.Jetzt richte ich an Sie die Frage: Wie ist das gekommen? Wie konnte es kommen?"

Benno", bat Göldner,nicht jetzt, nicht in dieser Stunde; Du wirst, Du mußt alles erfahren, aber nicht sogleich."

Sogleich! auf der Stelle!" rief Benno, und schon schwoll die Zornader auf seiner Stirn; glauben Sie, ich vermöchte in der Heimat zu ruhen, ich vermöchte einen Bissen zu genießen, ehe ich erfahren, wie es geschehen, daß mein , ehrenwerter Name befleckt ist, daß ich mein Haupt I nicht mehr frei erheben kann?"

Du, Benno, Du?" entgegnete Göldner, Du bist schuldlos "

Heiße ich nicht Treuenfeld?" entgegnete der junge Mann bitter lachend;bin ich nicht der Erbe der Firma, die jetzt jetzt in der Liste der Konkurse figuriert," brachte er mit Anstrengung heraus.Das Verhängnis bricht über mich herein in seiner ganzen Schwere; ich muß, ich will es auf mich nehmen in allen seinen Folgen; vor allen Dingen muß ich aber klar sehen."

Das sollst Du auch, Benno, die Einsicht in die Bücher steht Dir frei, Du wirst bemerken, daß ich Deinen Vorteil redlich bewahrt habe; Du bist als einer der Hauptgläubiger angemeldet."

Ich!" schrie Benno auf.

Gewiß. Du warst minderjährig. Dein Vermögen wurde von mir verwaltet."

Auch das noch!" rief der junge Mann, heftig auffahrend; aber er bezwang sich.

Davon später", sagte er gelassener,die > Bücher durchzustudieren, werde ich Zeit genug haben; jetzt aber will ich aus Ihrem Munde hören, was Sie aus dem Hause Treuenfeld und Göldner gemacht haben."

Er setzte sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Doppeltpultes» den Stuhl, auf dem, jo lange er hier stand, immer ein Treuenseld gesessen hatte, der seit seines Vaters Tode un- beietzt geblieben war, den er in Ehren einzu- nehmen gehofft halte.

Sprechen Sie!" gebot er kurz.

Noch immer zögerte Göldner.Benno, ich kann nicht, habe Mitleid", bat er.

Dem jungen Mann ward es weh um's Herz, als er die bittende, klagende Stimme des Mannes vernahm, den er stets nur stolz und selbstbewußt vor sich gesehen hatte; schon wollte er ihm willfahren, da fiel sein Blick auf die Bildnisse »einer Vorfahren, auf das ernste Ge­sicht seines Vaters, dessen Portrait als das letzte in der Reihe hing.

Ich stehe hier in ihrem Namen", sprach er zu sich,und muß thun, was sie gelhan haben würden, ohne Schwäche, ohne Rücksichten. Sprechen Sie", wiederholte er laut; aber sein Ton klang milder.Ich will nicht hart sein, aber ich muß wissen, was geschehen ist. Be­greifen Sie denn nicht, daß ich während der Reise Folterqualen gelitten habe? Endlich will ich wenigstens der marternden Ungewißheit ledig sein. Machen Sie es kurz, die Einzelheiten er­fahre ich später."

So sei es denn!" seufzte Göldner, ein­sehend, daß hier kein Entrinnen möglich wäre, und mit leiser Stimme, mit vielen Umschweifen und Beschönigungen legte er sein Geständnis ab. Während der langen Tage der Ueberfahrt, während der Nächte, die er zum Teil schlaflos in seiner Kajüte verbracht hatte, war Benno alle Möglichkeiten durchgegangen, welche den Fall des alten festgegründelen Hauses herbeige­führt haben könnten. Wohl vertraut mit dem Markte, hatte er alle Konjunkturen berechnet, die möglicherweise große Verluste im Gefolge gehabt; er war darauf gefaßt gewesen, zu hören, daß Göldner leichtsinnig Kredit gewährt habe und durch Fallissemente um große Summen ge­kommen sei; er hatte sogar das Geständnis er­wartet, daß Spekulationen gewagt und fehlge­schlagen seien, und alle diese Dinge kamen in dem Bekenntnis seines Pflegevaters in der That auch vor; sie erklärten aber immer noch nicht den Zusammenbruch des Hauses. Der eigentliche Grund dafür lag auf einer ganz anderen Seite und darauf war Benno allerdings nicht vorbe­reitet gewesen.

Göldner hatte sein und seines Mündels Vermögen nicht in seinem Geschäfte, sondern an der Börse verloren. Seit Jahren hatte er dort schon spekuliert, Anfangs mit stetem Glück, später mit wechselndem Erfolge. Je näher der Zeitpunkt von Benno's Eintritt in das Geschäft rückte, um so waghalsiger war Göldner's Speku­lationen geworden; er wollte dem Mündel eine glänzende Vermögenslage überliefern, ohne ihm die Quelle zu nennen, aus welcher der Reichtum geflossen. Da schlugen kurz hintereinander ein paar Unternehmungen fehl, und nun setzte er, einem wahnsinnigen Spieler gleich, alles auf