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von einer ansehnlichen Zahl von Landwirten bearbeitet worden. Zum engeren Wettbewerb wurden 14 Bewerber zugelassen. Darunter sind 10 Württemberger und 4 Hohenzollern.
Stuttgart. Der württemb. Sanitätsverein versagt derzeit über 1298 Betten und über Raum zu weiteren 3300 Betten. Im Kriegsfall kann der Verein in 86 Orten 6446 Betten auistellcn. Das Vereinsvermögen beträgt über 148 000 ^ Vorstand ist der durch Organisation der Werke der Barmherzigkeit weit über die schwarzroten Grenzpfähle hinaus bekannte Pfarrer Falch.
Gaisburg, 2. April. (Eiugesendet.) Am letzten Sonntag war in dem Saale der hiesigen Industrieschule eine kleine Feier unter Freunden und Bekannten aus Anlaß des 25jähr Jubiläums der hiesigen Kleinkinderlehrerin, Schwester Katharine (vorher in Neuenbürg) Nachdem das Lied: „Die Tach' ist dein" ic. von den Anwesenden gesungen war, erhob sich Herr Pfarrer Ke hm und schilderte in einer kurzen Ansprache die Verdienste der Jubilarin um die Kleinkinderschule hier und an anderen Orten, wo dieselbe früher gewirkt hatte. Der Redner wies unter anderem auch darauf hin, daß bei aller Geschicklichkeit im Wirken doch der Segen Gottes die Hauptsache sei und bleibe Hierauf richtete Herr Oberlehrer Maierhofer auch eine kurze Ansprache an die Jubilarin, in welcher derselbe an die Worte des SchlußverseS vom gesungenen Liede: „Auch wir stehen Dir zum Dienst bereit, zum Dienst in Kampf und Streit" anknüpfte und dabei ausführte, daß es beim Wirken an solchen Anstalten nicht ohne Kampf und Streit abgehe, daß aber derjenige, welcher in der Demut bleibe, doch sicher durch die Klippen des sturmbewcgten Lebens hindurchsteure.
Ludwigsburg, 6. April. Einen merkwürdigen Gast beherbergt seit letzten Montag früh ein hiesiges Hotel. Derselbe schrieb sich als Ingenieur M. aus H. in's Fremdenbuch ein, ging alsbald nach seiner Ankunft zu Bett, von welchem er seither noch nicht wieder aufgestanden ist. Er ist aber nicht etwa krank, sondern läßt sich Essen und Trinken gut schmecken, namentlich letzteres, da er täglich 15—18 Schoppen Wein trinkt. Der sonderbare Gast zahlt täglich, verspricht auch stets, am folgenden Tage zur lukle ä'llöto zu erscheinen, frägt wiederholt, wenn der nächste Zug nach H. abgehe, mit dem er fahren wolle, ist aber nicht einmal zu bewegen, das Bett solange zu verlassen, bis es wieder gemacht ist.
Heilbronn. 7. April. Eine aufregende Szene erlebten gestern Reisende des von Weinsberg nach Heilbronn fahrenden Zuges. Ein Bauersmann hatte ersichtliche Mühe sein vor eine Egge gespanntes junges Pferd am Halfter und Zaun festzuhalten, damit es vor dem m einer Kurve heranbrausenden Zug nicht durchgehe, als er plötzlich wahrnahm, daß ein etwa dreijähriges Kind unter der herabgelassenen Barriere an dem über die Schiene führenden Feldweg hindurch auf das Geleise gegangen war. Das alsbald das Weite suchende Pferd fahren lassen, selbst mit einigen mächtigen Weitsprüngen auf den Bahndamm zu eilen und das Kind im letzten Augenblick dem sicheren Tod zu entrechen, war das Werk sehr weniger, aber für die Zuschauer sehr aufregenden Augenblicke. Man konnte nur noch sehen, wie ein anderer Bauersmann, wahrscheinlich der Vater des Kindes, letzteres von seinem Lebensretter in Empfang nahm.
Reutlingen. Zur Vergrößerung der hiesigen Webschule steuert der Staat 57 000, der Webjchulverein 37 000 und die Stadt selbst 25000 ^ bei.
Frendenstadt, 7. April. In vergangener Nacht sind hier 7 Wohnhäuser abgebrannt. 12—15 Familien wurden dadurch obdachlos. Auch mehrere Nachbarhäuser wurden beschädigt.
Alten steig, 24. März. Im Gasthaus zum Waldhorn hier fand gestern eine Versammlung des hiesigen Gewerbevereins statt. Auf Veranlassung des dermaligen Vorstands desselben, Herr Privatier Maier war Herr Lehrer Knieser aus Cannstatt hiehergekommen, um einen Vortrag über „Das deutsche Handwerk
im Mittelalter mit besonderer Berücksichtigung der Zünfte" zu halten. In zweistündiger interessanter Rede beleuchtete Herr Knieser die Gründe des Emporschwungs des Handwerks in den Städten im 14. und 15 Jahrhundert und den günstigen Einfluß, welchen das Zunftwesen auf dasselbe ausübte, lieber die Blütezeit der Innungen sagte der Redner, daß sie anfangs eine gute Schule der Gewerbe und Künste, ein Hort der Sittlichkeit mitten in der verderbten Zeit gewesen feien, eine Heimat und ein stattliches Besitztum der Armen, der Stolz der Handwerker. Sie regelten die handwerksmäßige Ausbildung der Einzelnen, das Durchlaufen der Bildungsstufe des Lehrlings, des Gesellen und des Meisters; sie erleichterten die Bildungsreisen der Gesellen und den Austausch der gewerblichen Gebräuche, Erfahrungen und Erfindungen. Aber auch die häuslichen Tugenden fanden ihre Pflege. Einfache Sitte herrschte, rege Arbeitsamkeit und eine freundliche Behandlung der Lehrlinge und Gesellen. Dies alles — und nicht im wenigstcn auch der damals herrschende Wohlstand in den Städten — trug dazu bei, daß sich die Gewerbe so sihr entfalteten und manche Handwerker damals vollbrachten, was wir heute nur von Künstlern fordern. Der 30jährige Krieg, die Streitigkeit der Zünfte unter sich und mancherlei Ursachen führten den Verfall derselben im 17. und 18. Jahrhundert herbei, und auch das deutsche Handwerk sank in jener Zeit tief herunter. De« Todesstoß erhielt das Zunftwesen, das vor seiner Entartung manches Gute gebracht hatte, durch die zum Gesetz erhobene Ge- werbesreiheit. — Der Redner erntete allseitigen Dank für feine interessanten Ausführungen.
Marktpreise.
Neuenbürg, 6. April.
Butter, Vr Kilo. 90 ^
Landeier, 2 Stück 11 Kisteneier 11
Pforzheim, 6. April.
Land-Butter '/z Kilo.90—1.05
Süßrahmbutter.vlL 1.10—1.20
Land-Eier, 2 Stück.11—12
Kisteneier, 2 Stück.10—11
Stuttgart, 6. April.
Süße Butter, Vr Kilo . . . . 1.10—1.20
Saure Butter, V, Kilo.»1L 1.—
Frische Eier, 10 Stück.—60
Kalkeier, 10 Stück.—
Ausland.
Wien, 6. April. Der Kaiser nahm die Einladung zu den deutschen Manövern an.
Paris, 8. April. Bei der Einweihung der Tifchlerschule in der Vorstadt Saint-Antoine betonte derPräsideutderRepublikFelixFaure, er gehöre der Geburt nach zur Welt der Arbeit und rechne sich mit Stoz dazu. Man könne die Jugend nichts besseres lehren, als ihr zu zeigen, wie hoch die Arbeit in einer Demokratie wie in der unsrigen geehrt würde. (Lebhafter Beifall.)
In Frankreich sind Streichhölzer ein teurer und ein spottschlechter Artikel, und zwar deshalb, weil die Regierung das Monopol hat. Eine Schachtel Streichhölzer kostet in Frankreich 8 Pfennige, 40 Stück sollen in der Schachtel sein, in Wirklichkeit sind es selten mehr als zweiunddreißig. Und wenn es wenigstens Streichhölzer wären l Streikhölzer sind es. Einem halben Dutzend fehlt jede Spur von Zündmasse, bei mindestens eben so vielen springt diese ab, ohne andere Wirkung als die eines Brandflecks in Rock oder Beinkleid hervorzubringen, einem andern halben Dutzend bricht im Moment des Gebrauchs der Kopf ab. Kurzum, man darf ohne Trug und Uedertreibung — ubav sivg-vkel voll ko8kor — die französische Regie beschuldigen, daß sie die brennbaren Schwefelhölzer nur zum Durchschnittspreise von einem halben Pfennig pro Stück verkauft. Da bricht Plötzlich ein Hoffnungsschimmer durch das düstere Gewölk dieses Zustandes: Die Arbeiter in den Zündholzfabriken von Pantin und Aubervilliers streiken, sie wollen höheren Lohn, der Finanzminister will diesen aber nicht bewilligen und droht, daß er bei eintretendem Bedarf Zündhölzer im Auslande kaufen werde. Er ist imstande, Wort zu halten, weil der Fiskus möglicher Weise noch mehr gewinnen würde als bisher. Dabei käme das
Publikum dann endlich einmal zu wirklich zündenden Zündhölzern. Der Jubel ist denn auch allgemein bei den Franzosen, wie bei den Fremdlingen, die in ihren Thoren wohnen.
Die franz. Po st Verwaltung hatte kürzlich 200 Stellen zu 1000 Franken Jahresgehalt mit weiblichen Personal zu besetzen. Für diese 200 Stellen meldeten sich 6000 richtig vorge» bildete Bewerberinnen.
In Peru geht der letzte Akt des Revo- lutionsdrnmas in Szene. General Pierola, der Oberbefehlshaber der siegreichen Revolutions- armee, ist mit Kavallerie und Artillerie an Bord eines Kriegsschiffes nach Mollendo und Arequipa abgegangen, um den mit 2000 Mann in Puno stehenden General Mas, welcher noch die Fahne des geflüchteten Präsidenten Caceres hochhält, zur Unterwerfung unter die provisorische Regierung zu zwingen. Die in dem Hafen von Arequipa stehenden 1500 Mann von dem bisherigen Heere Caceres haben ihren Anschluß an die Truppen Picrolas erklärt.
Anteryattender Heil.
Späte Ostern.
Erzählung von Friedrich Schulze.
Mattroten Scheins erblich der sinkenden Sonne Glanz am fernen Horizont, und über die schwarze Erde strich kalt der Abendwind.
Noch wollt' es sich nicht regen an Baum und Gebüsch, noch schliefen die festverhüllten Blütenknospen der kahlen Zweige und von allen Vögeln flog nur der Rave krächzend über das Gefild. Die Natur schlief einen langen Schlaf, denn der Winter war hart. Erst im März, im späten März barst die eisige Decke des Stromes, der langsam anschwoll unter Zufluß der Gewässer, die allmählich von den Bergen herab zu rauschen begannen.
An dem breiten Fenster seines stillen Gemachs saß Ernst Westermann, und blickte sinnend hinaus über das dunkle Feld. Am Tage sah man von hier aus gen Westen weit über die Fluren, während die Ostgrenze durch den ausgedehnten Wald gebildet wurde. Im Süden aber lag, weit ausgebreitet, in geringer Ferne die große Stadt, zu deren Gemeinwesen die neu erbaute Lack- und Farbenfabrik von Westermann u. Co. gehörte. Es war ein prächtiges Bild, wenn die Sonne die Kuppeln und Kreuze der vielen Kirchtürme vergoldete oder in die Fensterscheiben glitzerte. — Jetzt verhüllte ein Nebel die Fernsicht, nur ein blaßroter Schein am Himmel, der Reflex der Beleuchtung der Stadt verkündete das Dasein menschlicher Wohnstätten.
Dunkler und dunkler ward es, und noch immer starrte Ernst hinaus. Er sah nichts mehr, gewiß nicht. Aber er würde auch nichts gesehen haben bei größerer Helligkeit. Sein Blick war zurück gerichtet auf das Innere, auf seine Vergangenheit: er trämte mit offenen Augen. War nicht die schlafende Natur dort draußen das Bild seines eigenen Lebens? Ach, wenn er einen Unterschied gab, so war es für ihn um so trostloser. Dort gab es wenigstens eine Hoffnung der Auferstehung. Schon ging es wie ein ahnungsvolles Flüstern durch die Welt und der rauschende Wind sang ein süßes Lied von Leben. Liebe, Glückseligkeit! —
Auch er hatte einst geglaubt, gehofft und geliebt. Das war lange her, fast glaubte er, nur einmal davon geträumt zu haben.
Hinter ihm lag eine Jugend von Sonnenglanz Am Hellen Tage trat er in die Welt und die Sonne leuchtete ihm in's Angesicht. Sie glänzte auf seinen Pfaden und die lieblichsten Rosen erschlossen sich unter ihrem Strahl. Und er lief ihr nach der leuchtenden Sonne, weit hinaus über die Grenzen des Vaterlandes. Er sah ferne fremde Welten und die Hoffnung schwellte die Segel seines Lebensschiffes. Er besaß Talent und die Seinigen setzten große Erwartungen in ihn. Er selbst zweifelte nicht, daß er es zu etwas Großem bringen würde. Ruhm, Reichtum und Liebe waren die drei Elemente seines erstrebten Glückes, sie bildeten die Sonne, der er folgte.
Aber eins hatte er nicht bedacht, und er wollte es nicht bedenken: daß die Sonne nach