202

Auergeflügels, dessen ganz eigentümliche, hoch­romantische Jagd in jedem Frühjahr Gäste uns zuführt. An und für sich nicht häufig, wird der durchaus harmlose Auerhahn leider immer seltener, da die beständige Unruhe in den par­zellierten Wäldern, die moderne Forstbehandlung und besonders da viele Gehege vernichtende Streumähen seine Vermehrung ungemein stören. Darum füllte der Jäger, und gerade der durch sein Beispiel wirkende gebildete Jäger, den Ab­schuß weise beschränken und denselben nicht zu frühe beginnen, d. h. nicht vor dem 15. April, damit die Hennen nicht zum Auswandern ge­zwungen werden. Nicht wer den 1. Hahn der Jagdzeit oder die meisten derselben im Frühjahre erlegt hat, verdient ehrende Erwähnung, sondern wer den Stand geschont und seine Hähne unter den schwierigsten Umständen erlegt hat, und wäre dies auch nur einer.

Ausland.

Rußland und Deutschland sehen sich jetzt gleichzeitig vor die Notwendigkeit einer Neubesetzung ihrer gegenseitigen Botschaftsposten gestellt. Seit der Ernennung des Grafen Schuwaloff zum Gouverneur von Warschau ist der Posten eines russischen Botschafters am Berliner Hofe erledigt; der zum Nachfolger Schuwaloffs designierte seitherige Botschafter in Wien, Fürst Lobanoff, wurde bekanntlich schließ­lich an die Spitze des russischen Ministeriums des Auswärtigen berufen. Inzwischen ist nun aber auch der Botschafter des deutschen Reiches in Petersburg, General v. Werder, von seinem Posten abberufen worden, seine Abberufung hängt mit dem am Zarenhofe infolge der Thron­besteigung Nikolaus II. eingetretenen Wechsel der Verhältnisse zusammen. Man kann nur wünschen, daß das eingetretene bessere Verhält­nis zwischen Deutschland und dem Zarenreiche von dem Wechsel in der gegenseitigen diplomat­ischen Vertretung unberührt bleibe.

Petersburg, 23. März. DerRe­gierungsbote" veröffentlicht die Ernennung des Grafen v. d. Osten-Sacken zum Botschafter beim Deutschen Kaiser, sowie zum gleichzeitigen Gesandten bei den mecklenburgischen Höfen. Der bisherige deutsche Botschafter General v. Werder hat ein besonderes Abschiedsessen der deutschen Kolonie abgelehnt, aber sein Erscheinen beim Bismarckkommers am 1. April zuge­sagt. Er verabschiedete sich dort bei der Kolonie.

Shanghai, 23. März. Ein Telegramm von Formosa von heute berichtet, daß die Ja­paner auf den Peskadoresinseln zu landen ver­suchten, aber mit einigen Verlusten zu rück ge­schlagen worden sind.

Anlerhatterrder Teil.

Die Brüder.

Eine Erzählung aus Island von A. v. Hahn.

Sie waren Brüder aber verschieden an Ge- Gestalt und Charakter.

Björn, der Jüngere, war mittelgroß, schlank, blauäugig und Helles, schlichtes Haar fiel auf seine freundliche, offene Stirn, Arni war groß und stark, knochig, hatte dunkle Augen, schwarzes Kraushaar und verschlossene Züge.

Björn war gutmütig, lebhaft, offenherzig, Arni ein finsterer Grübler.

Beide hatte dieselbe Brust gesäugt, Beide derselbe Mund darüber belehrt, was gut und was böse sei, Beide hatten Sommer und Winter das Gleiche gesehen, das Gleiche erlebt und doch waren sie einander unähnlich wie Tag und Nacht.

Björn mildherzig, warmblütig, wohlthuend, wie das Licht des Tages, Arni, zum Jähzorn neigend, finster und rauh, wie die kalte, licht­lose Nacht.

Die Trollen haben mir das Kind ver­tauscht" , hatte Thorbjörk die Bäuerin geklagt, wenn sie den kleinen Arni vom Boden oder aus dem Ejos (Kuhstall) an's Tageslicht zerren mußte, um ihn dem Bruder zu gesellen, den er in unbegreiflicher, weil grundloser Abneigung mied und floh.

Die Kinder hatten sich nie verstanden, nie vertragen.

Wenn der Eine den Winkel rechts im Hofe zum Spielplatz wählte, dann ließ sich der Andere links, in der Ecke vor dem Hause nieder. Nie hatten sie gleiche Wünsche gehegt, nie verwandte Eigenheiten besessen.

Als sie herangewachsen waren, wählte der Eine die Fischerei, der Andere die Feldarbeit zum Beruf. Die Witwe hatte es ihnen über­lassen sich darüber zu einigen.

Es war ihr recht, den sanften Björn zu ihrer unmittelbaren Unterstützung in Haus und Hof zu behalten.

Den rauhen Arni täglich der wilden, offenen See anzuvertrauen, die Fischerei ist ein Haupt­nahrungszweig der Eingeborenen Islands, fiel ihr nicht so schwer, als wenn sie Björn diesem Schicksal hätte überlassen müssen.

Sie liebte Beide gleich warm, mit starker Mutterliebe. Björn's freundliche Art aber, mit der er sich ihr in weicher Hingabe, täglich aufs Neue zu Eigen gab. machte ihr den Knaben unentbehrlicher.

Als beide Brüder erwachsen waren, traten die Gegensätze ihrer verschiedenen Jndividuali- täten immer schroffer hervor und diese, mehr und mehr sich geltend machenden Kontraste nährte in Beiden eine instinktive Aversion groß, die sie immer weiter von einander trieb.

Selten und nur gezwungen, der Mutter unumgänglichen Gebot gehorchend, Thorbjörg führte ein strenges Regiment und wußte selbst den wilden Arni im Zaun zu halten, unter­nahmen sie etwas gemeinsam.

Getrennt ritten sie zur Kirche und so viel es anging arbeiteten sie getrennt. Selbst des Abends und des Sonntags nachmittags, wenn die Insassen anderer Höfe sich in der Stofta versammelten, um die alten überlieferten Sagen und Märchen, an denen Island reich ist, wie kein anderes Land der Erde, in gemütlichem Beisammensein auszutauschen, führte sie keine freundliche Rede zusammen, wichen sie einander aus.

Der Einfluß der Zeit übte keine mildernde Wirkung, wie die Mutter gehofft hatte, auf ihre konträre Art. Sie blieben einander extrem.

Wenn Björn den Bruder an Stelle des Knechtes zum Rudern begleiten mußte, dann fuhren sie stumm hinaus und kehrten so zurück. Die Mutter sah dieses Wesen leidvoll mit an und die Unnatur dieses traurigen Verhältnisses schuf ihr thränenvolle, schlaflose Nächte.

Da zeigte es sich aber endlich , daß Ihnen doch in Einem Gemeinsames vom Schicksal zu­gewiesen war. Beide hatten eine starke Neig­ung für die junge Hilder gefaßt, die als ein- ziges Kind einer verstorbenen Schwester vor Kurzem Aufnahme gefunden hatte.

Wie sie sich gegenseitig ihrer Leidenschaft bewußt geworden, das hätte weder der Eine noch der Andere zu sagen vermocht. Jeder hatte seine Gefühle still verschlossen im Herzen ge- tragen; selbst Hilder ahnte nichts von den Stürmen, die in der Brust der Brüder losge­brochen waren, sie aber sahen, wie man ein Ge­witter fühlt, ehe noch die dräuenden Wolken den Himmel verfinstern, die neue Wand sich trennend zwischen ihnen aufrichten.

Wie Alles bisher, hatten sie auch dies stumm nebeneinander hingetragen.

Eines Tages aber kam es zur Sprache, das lange zürückgedämmte Wort.

Sie waren gemeinsam beschäftigt, das Netz aus dem Eise des Fjordes zu heben, der den Hof begrenzte.

Warum willst Du sie mir nicht lassen?" sagte Arni plötzlich und unvermittelt, wie selbst­verständlich, daß der Andere ihn verstand.Du bist freundlich und hübsch anzusehen, Dich mögen . Alle, laß mir die Eine!"

Und Björn verstand ihn und entgegnete ruhig:Wenn die Eine Dich wählt, nimm sie hin, doch zuerst will ich sie fragen."

Du sollst sie nicht fragen!" stampfte Arni wütend und sah den Bruder finster anWenn Du Dein Verlangen bezwingst, wenn Du mir nicht hindernd in den Weg trittst, wird sie, muß sie die Meine werden. Sie weiß, daß sie Einem von uns zum Weibe bestimmt fft."

Wenn ich nun aber der Eine bin?" warf Björn herausfordernd hin.

Warum wäre ich ihr nicht ebenso gut?" entgegnete Arni kreischend.

So überlassen wir das also am besten ihrer Entscheidung. Ich verlange nur das, was mein ist, erkämpfen will ich sie nicht. Noch heut wollen wir mit ihr reden. Wählt sie Dich, dann will ich ihr mit blutendem Herzen den Bruder­kuß geben, wählt sie mich, dann werde sie mein geliebtes Weib. Erscheint Dir das nicht recht und gerecht, Arni?"

Bruder," stieß dieser nach einer Weile, während beide stumm hantiert hatten. mit ge­preßtem Atem hervor.Bruder", Björn hörte ihn zum ersten Mal so sprechen.Bruder, laß sie mir, ich kann sie nicht missen! Höre mich an," fuhr er leidenschaftlich fort, des Anderen Einwand abschneidend,ich kann nicht mehr ohne sie sein. Wenn Du sie mir raubst, raubst Du mir das Paradies. Ich muß sie besitzen, ihr Besitz wird mich glücklich und darum" er würgte das schwere Bekenntnis keuchend hervor gut machen".

Flehend hob er die gerungenen Hände und sah mit flammenden Antlitz und verzweifeltem Blick zu Björn hinüber, der mit sich und seiner starken, echten Liebe zu Hilder und seinem Mit­leid mit dem Bruder in Streit geriet.

Endlich, als jener stöhnend vor sich hin, starrte, sagte er gepreßt:

Nun wohlan. Sprich mit ihr. wirb um sie. Drei Tage will ich Dir dazu schenken. Drei Tage will ich dazu schweigen, es stumm mit anhören, mit ansehen. Willigt sie in dieser Zeit ein. Dein Weib zu werden, dann will ich Dir Dein Glück nicht neiden. Weist sie Dich aber zurück Arni dann dann wird sie mein!" schloß er mit einem unterdrückten sieghaften Jubelruf.

Arni schwieg daraus. Stumm vollendeten sie ihre Arbeit und stumm kehrten sie in's Haus zurück.

(Fortsetzung folgt.)

Aus München. 15. d., wird derF. Z." berichtet: Ueber betrunkene Ochsen berichtet heute derNeue Freie Landesbote." Dieselben sollten Bier aus einer Brauerei zur Bahn fahren, zogen eine Zeit lang langsam und bedächtig, legten sich aber dann auf dem Wege nieder, wälzten sich und waren nicht mehr zum Auf­stehen zu bewegen. Ein herbeigeholter Tierarzt konstatierte Trunkenheit. Es stellte sich auch heraus, daß die Ochsen im Hofe der Brauerei neben einem Schaff mit Neige-Bier gestanden und den Inhalt sich wohl hatten schmecken lassen. Das gen. Blatt setzt diesem bei: Gottlob, daß sich da wieder die sprichwörtliche Behauptung, das Vieh sei im Trinken gescheiter als der Mensch, nicht bewährt hat.

Ein sonderbares Geburtswunder kam in Kreta zur Welt. Wie die türkischen und griechischen Blätter melden, gebar eine Griechin in Kreta ein Kind mit zwei Zungen, ferner mit 6 Fingern an jeder Hand und 6 Zehen an jedem Fuß.

(Moderner Redners Pitzl:Meine Herren! Ich bin der Ansicht . .! Vorsitz­ender:Bitte um Ruhe! Herr Pitzl hat das Wort!" - Pitzl:Ich bin der Ansicht . ."

Vorsitzender (schreit):Herr Pitzl hat das Wort!" Pitzl:Ich bin der Ansicht . ."

Vorsitzender (klingelt lange):Aber meine Herren, Herr Pitzl hat das Wort! Ich muß jetzt ernstlich um Ruhe bitten!" Pitzl (nach­dem sich der Lärm gelegt):Ja, meine Herren, jetzt Hab' ich meine Ansicht längst geändert!" (Setzt sich wieder.)

(Edle Revanche.) Fremder:Was ist denn eigentlich hier los?" Einheimischer:Die hiesigen Nachtwächter haben heute imLöwen" ein Familienfest gefeiert und jetzt werden sie von den Studenten, die sich erkenntlich zeigen wollen, nach Hause geführt!"

(Die reifere Jugend.) Lehrer: Fräulein Erna, giebt es außer unserm Mond noch andere Monde? Erna: O ja den Honigmond.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.