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Der GnMAer.
Anzeiger und Unterhaltungsblatt für das Enzthal und dessen Umgegend
Amtsblatt für den Hberamtsbezirk Neuenbürg.
S3. Jahrgang.
Nr. 50. Neuenbürg, Donnerstag den 28. März 1895.
Erscheint Dienstag, Donnerstag» Gamstag und Sonntag. — Preis vierteljährlich 1 ^ 10 ^z, monatlich 40 durch die Post bezogen im Oberamtsbezirk vierteljährlich 1 25 monatlich 45 außerhalb des Bezirks vierteljährlich 1 45 ^ — Einrückungspreis für die Ispaltige Zeile oder deren Raum 1v
ZMtttches.
Anweisung
r«r Ausführung der Uorschrifteu des Gesetzes, detr. die Abänderung der Gewerbeordnung vom 1. Knni 1891 (R-G -Kt. S. 261) über die Sonntagsruhe im Gewerbebetrieb (Z§ 105 a, 105 b Abs. 1, 105 c—105 i).
(Minist.-Amtsbl. 1895 S. 60.)
L. Allgemeines.
(88 105a, I05b Abs. 1, 105§ und 105i der G.-O.)
I. Das in 8 105b Abs. 1 enthaltene Verbot der Sonntagsarbeit gilt nicht für die Land- und Forstwirtschaft, den Gartenbau, den Weinbau, die Viehzucht, den Geschäftsbetrieb der Apotheker, die Ausübung der Heilkunde und der schönen Künste und die in 8 6 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung bezeichneten Gewerbe. Ferner sind kraft besonderer Vorschrift von dem Verbot der Sonntagsarbeit ausgenommen Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe, Musikaufführnngen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen nnd sonstige Lustbarkeiten, sowie die Verkehrsgcwerbe (8 105 i).
II. Bezüglich der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe hat es bei den geltenden Bestimmungen sein Verbleiben (vergl. Ministerial Erlaß vom 16. April 1892, Amtsbl. S. 101). In denjenigen Handelsgewerben, in welchen beim Ladenverkauf an den Waren Aenderungs- oder Zurichtungs- arbeiten vorgenommen werden (Gewerbe der Fleischer, Hutmacher, Blumenhändler, Uhrmacher u. bergt.), ist die Beschäftigung mit diesen Arbeiten als Beschäftigung im Handelsgewerbe zu betrachten und deshalb an Sonn- und Festtagen während der für das betreffende Handelsgewerbe freigegebenen Zeit gestattet.
III. Verboten ist an Sonn- und Festtagen jede Art der Beschäftigung von Arbeitern „im Betriebe" der unter 8 105b Abs. 1 fallenden Gewerbe, also im Betriebe von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungs- anstalten. Brüchen und Gruben, von Hüttenwerken, Fabriken und Werkstätten, von Zimmerplätzen und Bauhöfen, von Wersten und Ziegeleien. Durch die Worte „im Betriebe" ist zum Ausdruck gebracht, daß das Ver bot nicht nur räumlich für die Betriebsstätte, in welcher sich der betreffende Gewerbebetrieb regelmäßig abzuwickeln pflegt, sondern für jede zu dem Gewerbebetriebe gehörige Thäligkeit gelten soll. So dürfen z. B. Monteure, Schlosser-, Glaser-, Maler-, Tapezier-, Barbiergehilfen während der Sonntagsruhe auch außerhalb der Betriebsstätte nicht beschäftigt wer den, soweit nicht etwa die betreffenden Arbeiten gemäß den Vorschriften der 88 105c bis 1 statthaft sind.
IV. Das Verbot der Sonntagsarbeit gilt auch für „Bauten aller Art", d. h. für Hoch , Tief-, Wege-, Eisenbahn- und Wasserbauten, sowie für Erdarbeiten, sofern diese nicht Ausfluß des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, des Weinbaues oder des Gartenbaues sind, ferner nicht nur sür Neubauten, sonoern auch für Ausbesserungs- und JnstandhaltungS arbeiten, z. B. auch iür das Schornsteinfegergewerbe, endlich für alle diese Bauarbeiten auch dann, wenn sie in Regie ausgeführt werden.
V. Das Verbot der Sonntagsarbeit gilt für gewerbliche Arbeiter im weitesten Sinne, also nicht nur für Gesellen, Gehilfen. Lehrlinge, Fabrikarbeiter und andere im Betriebe beschäftigte Handarbeiter, sondern auch sür Bekriebsbeamle, Werkmeister und Techniker.
VI. Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe soll mindestens dauern: sür einzelne Sonn und Festtage 24 Stunden,
für zwei auf einander folgende Sonn- u. Festtage 36 Stunden, für das Weihnachts-, Oster- und Pfingstfest 48 Stunden.
Diese Ruhezeiten müssen auch in solchen Betrieben, die an Werktagen ununterbrochen mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht arbeiten, gewährt werden, soweit nicht etwa sür diese Betriebe gemäß 8 105 e bis s Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbcit Platz greifen. Während aber in Betrieben, die nur bei Tage oder in unregelmäßigen Schichten zu arbeiten pflegen, die Ruhezeit stets von 12 Uhr nachts an gerechnet werden soll, kann in Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht die Ruhezeit schon frühestens um 6 Uhr abends des vorhergehenden Werktags und spätestens erst um 6 Uhr morgens des Sonn- oder Fest
tags begiunen, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht.
Für alle Fälle gilt die Vorschrift, daß die Ruhezeit an zwei auf einander folgenden Sonn- und Festtagen stets bis 6 Uhr abends des zweiten Tages dauern muß. Demnach beträgt die Ruhezeit in Betrieben, die keine regelmäßigen Tag. und Nachtschichten haben, nicht nur 36, sondern mindestens 42 Stunden (von der Mittagsstunde vor dem ersten Tag bis 6 Uhr abends des zweiten Tages).
VII. Jugendliche Arbeiter dürfen in Fabriken und den in 88 154 Abs. 2 und I54a bezeichneten gewerblichen Anlagen an Sonn- und Festtagen überhaupt nicht beschäftigt werden (8 136 Abs. 3 der G.-O., vergl. auch unten zu L. 3).
VIII. Während im Handelsgewerbe, soweit es in offenen Verkaufsstellen betrieben wird, auch die Sonntagsarbeit der Arbeitgeber Beschränkungen unterliegt (8 41 a), ist in den hier in Rede stehenden Gewerben den Arbeitgebern und selbständigen Gewerbetreibenden die Sonntagsarbeit durch die Vorschriften der Gewerbeordnung nicht verwehrt.
Die weitergehenden Beschränkungen der Sonn- und Festtagsarbeit, welche das Landesrecht, zur Zeit also die K. Verordnung vom 27. Dezember 1871, betreffend die bürgerliche Feier der Sonn-, Fest- u. Feiertage (Reg -Bl. s. 412), und die auf Grund des 8 15 dieser Verordnung getroffenen ortspolizeilichen Anordnungen für die Beschäftigung gewerblicher Arbeiter und für die Arbeit selbständiger Gewerbetreibender aufstellen, bleiben bestehen ^8 105 Ir Abs. 1).
L. Ausnahmen von de« gesetzlichen Bestimmungen.
(88 1050—1051 der G. O.)
1) Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbeit treten ein:
a. kraft gesetzlicher Vorschrift (8 105 c),
b. kraft der vom Bundesrat auf Grund des 8 105 ä erlassenen Vorschriften.
e. kraft der von der höheren Verwaltungsbehörde auf Grund des 8 105 c getroffenen Bestimmungen,
<1 kraft der von der unteren Verwaltungsbehörde auf Grund des 8 1051 erteilten besonderen Erlaubnis.
2) Soweit gemäß den nachstehenden Bestimmungen zu Ziffer I bis V in Fabriken und den in 88 154 Abs. 2 und 154s. der Gewerbe- Ordnung bezeichneten gewerblichen Anlagen Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbeit Platz greifen, sind in diesen Betrieben bei der Beschäftigung von Arbeiterinnen außer den allgemeinen Bedingungen, an welche die Zulassung der Sonntagsarbeil geknüpft ist, auch noch die Vorschriften des 8 137 und die auf Grund der 88 139 und 139 a, erlassenen Bestimmungen zu beachten.
3) Da in den unter 2 bezeichneten Betrieben die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter an Sonn- und Festtagen im allgemeinen verboten ist, und Ausnahmen von diesem Verbot nur auf Grund der 88 139 und 139a. zugetasscn werden können, so dürfen jugendliche Arbeiter in diesen Betrieben auch zu den nach Ziff I bis V zulässigen Sonntagsarbeiten nur insoweit herangezogen werden, als diese Beschäftigung auf Grund des 8 139 oder des 8 139 a an Sonn- und Festtagen ausdrücklich gestaltet ist.
I. Ausnahmen kraft gesetzlicher Vorschrift.
(8 105 c)
1) Unter diejenigen Arbeiten, auf die das Verbot der Sonntagsarbeit kraft Gesetzes keine Anwendung findet, werden in 8 105e an erster Stelle solche Arbeiten gerechnet, die in Notfällen oder im öffentlichen Interesse unverzüglich vorgenommen werden müssen. Zu den Arbeiten „in Notfällen" gehören solche Arbeiten, die zur Beseitigung eines Notstandes oder zur Abwendung einer Gefahr sofort vorgenommcn werden müssen, ferner aber auch dringende Arbeiten, die durch Todesfälle, Erkrankungen, unvorhergesehene, erhebliche geschäftliche Zwischenfälle u s. w. erforderlich werden und nicht wohl aus den nachfolgenden Werktag verschoben werden können; dagegen kann nicht etwa schlechthin die Erledigung eiliger Arbeiten hierher gerechnet werden. — Unter „öffentlichem Interesse" ist nicht nur das Interesse des Staates oder der Gemeinde, sondern auch dasjenige des Publikums zu verstehen.
2) Die Befugnis, Reinigungs- und Jnstandhaltungsarbeiten, durch die der regelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden Betriebes bedingt ist, Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme des vollen werk-