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zu einem allgemeinen Aufeinanderplatzen der Geister kommen, und wenn die Württemberger so wettlustig wären wie die Engländer, so wür­den schon jetzt zahllose Wetten abgeschlossen darüber, ob überhaupt eine Adresse zu stände komme oder nicht und wieder andere darüber, ob eine etwa wirklich mit Mehrheit genehmigte Adresse die Forderung nach unbeschränkter Nieder- lassungsfreiheit von katholischen Männerklöstern enthalten werde oder nicht. Die Landtags- wähl im Bezirk Aalen ist nun richtig seitens der sozialdemokratischen Partei angefochten worden, und auch die Beratung dürfte zu einigen leb­haften Auseinandersetzungen führen. Den Vor­zug wird die neue Kammer vor mancher Vor- gängerin haben, langweilig werden sich die Verhandlungen selten gestalten.

Stuttgart, 27. Febr. Ein dritter Ar­tikel desStaalsanzeigcr" über die Neuordnung des Württembergischen Steuersystems be­handelt die Einwirkung der Einkommensteuer auf die Ertragssteuern. Man könne nicht auf die letzteren verzichten und etwa die thore- tisch vorzuziehcnde Vermögenssteuer einführen, da ja man ohnehin Ertragsstcuern als Haupt­kommunalsteuern beibehalten wolle, müßte man sofort drei verschiedene Systeme nebeneinander haben, auch dürfte der Staat nicht ganz auf die sicheren Einnahmen aus den Ertragssteuern ver­zichten. Ihre Umgestaltung soll derart erfolgen, daß tue Errragssteuern aus Dienst- und Be­rufseinkommen wegfallen, dagegen aus Grund. Gebäude und Kapital (also aus fundier- tem Einkommen) fortbestehen; ebenso soll die Gewerbesteuer nur noch fortbestehen für die Quellen des fundierten Einkommens bei den Gewerben. Endlich soll besonderer Verhältnisse wegen eine Wandergewerbesteuer eingeführl werden.

Das Regierungsblatt Nr. 8 vom 26. Febr. enthält eine köngl. Verordnung vom 4. Febr., betr. die Ermächtigung der Gemeinde Zuffen­hausen zu Erhebung einer örtlichen Verbrauchs­abgabe von Bier (68 von 100 Ltr.) Eine Bekanntmachung des Justizministeriums vom 6. Februar, betr. die Vertretung des Militärfiskus bei der Pfändung des Diensteinkommens und der Pensionen der Offiziere und Militärbeamten, sowie der Gebührnisse der Hinterbliebenen von Militärpersonen und Militärbeamtcn. Eine Verfügung des Ministeriums des Innern vom 11. Febr., betr. den Verkehr mit Diphtherieserum in den Apotheken.

Durch einen Erlaß der Oberschulbehörde wurde angeordnet, daß die Konfirmation Heuer am 31. März stattfindet, die Konfirmanden die Schule nur bis zum 6. April zu besuchen haben.

Tübingen, 27. Febr. Der Gasthof zur Traube" in Tübingen wurde an Herrn Suh- leder, Gasthofbesitzer zumPrinz Karl" definitiv um 180000 verkauft.

Geislingen, 27. Febr. Durch die nun schon so lange anhaltende Kälte ist in der Fils Niederwasserstand eingetrcten, was seit Menschen- gedenken um diese Jahreszeit nicht vorkam.

Ausland.

W i e n , 27. Febr. Der deutscheKaiser verblieb gestern bis nach Mitternacht bei dem Botschafter Grafen Eulenburg, der auch Herren und Damen des Hochadels geladen hatte. Heute gab der Kaiser bei den übrigen ausländischen Fürstlichkeittn seine Karte ab und fuhr sodann nach der russischen Botschaft, um den Großfürsten Wladimir zu besuchen, der indes ausgefahren war. Darauf besuchte der Kaiser das öfter- reichische Museum und nahm mit dem Gefolge und dem Ehrendienst das Frühstück bei dem Botschafter Grafen Eulenburg ein. Heute Nach­mittag wird der Kaiser an dem Hofmahl tcil- nehmen und darnach um 8 Uhr abends die Rückreise nach Berlin antreten.

Wien, 27. Febr. Kaiser Wilhelm ließ durch zwei deutsche Offiziere einen großen von Berlin mitgebrachten Kranz von Lorbeeren mit goldenen Blättern in der Kapuzinergruft auf den Sarg des Kronprinzen Rudolph niederlegen. Erzherzog Albrecht hat bekanntlich letztwillig alle Kranzspenden abgelehnt.

Zu der Beerdigung des Erzherzogs Alb- recht von Oesterreich ist, wie berichtet, außer dem Deutschen Kaiser auch der Herzog v. Aosta in Vertretung des Königs von Italien und der Großfürst Wladimir als Vertreter des Kaisers von Rußland erschienen. Daß ein russstcher Großfürst bei diesem Anlaß nach Wien kommt, wird allgemein als ein gutes Zeichen, ja als ein Unterpfand der Erhaltung des allgemeinen Friedens angedeutet. Der junge Zar will offenbar zeigen, daß er mit dem Dreibund freundschaftliche Beziehungen unterhalten wolle.

Im ungarischen Abgeordnetenhause entwickelte Ministerpräsident Baron Banffy bei der am Samstag stattgefundenen Budgetdebatte nochmals das Programm der neuen Regierung. Aus demselben sind als die markantesten Punkte hervorzuhebcn. Striktes Festhalten an der Kir­chenpolitik des Kabinets Wekerle, Durchführung der Verwaltungsreform, Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Staatshaushalte, Einleitung wirtschafts-politischer Reformen, Festhalten am Ausgleiche von 1867. Die Ausführungen des Ministerpräsidenten, die klar und sicher vorge­tragen wurden, erregten den stürmischen Beifall der Rechten.

Aus Ostasien liegen keine neue Gefechts- berichte vor. Die Japaner rüsten ein neues Expeditionskorps aus, das auf der Insel For­mosa landen soll. Der chinesische Friedens­unterhändler Vizekönig Li-Hung-Tjchang beab­sichtigt, sich im März nach Japan zu begeben und hat von seinem Kaiser unbeschränkte Voll­machten erhalten. Den Chinesen scheint es aber noch lange nicht klar zu sein, wie sie selbst eigentlich daran sind. Sie hatten den deutschen Hauptmann Hanneken mit der Reorganisation der chinesischen Armee betraut, legten ihm aber so viele Schwierigkeiten in den Weg, daß er diesen Auftrag zurückgab.

Wnterßatterrder Heil.

Schlechter Leumund.

Kriminal-Novelle von Karl Ed. Klopfer.

(Nachdruck verboten.)

(Schluß.)

Hügel schluchzte laut auf bei diesen Worten. Er mußte sich auf den Arm des neben ihm stehenden Gerichtsdiener stützen, um vor freudiger Bewegung nicht umzusinken. Marie warf ihm einen frohen Blick zu. aber dann mußte auch sie das Taschentuch an die Augen führen und sich des Armes ihres Vaters bedienen.

Weller, der bisher mit aufeinandergebissenen Zähnen dagestanden hatte, scheinbar ohne auf seine Umgebung zu achten, brach jetzt plötzlich in eine rasende Wut aus.

Ich weiß, was Du denkst. Du Dirne!" schrie er Marie mit donnernder Stimme und zuckenden Lippen zu.Aber Du sollst Dich irren! Ja, ich gestehe, daß ich den Brand gelegt habe, um diesen Buben zu vernichten, verdammt sei meine Dummheit, die mich verriet, verdammt seien Ihre Beweise, Amtmann! Aber ich kann's ja nicht mehr leugnen, das seh' ich ein! Wenn Du, Marie, jedoch hoffst, Deinen törichten Vater schon zur Einwilligung zu einer gewissen Ver­bindung zu bewegen, so wird doch die Well ein Veto dagegen einlcgen, denn Hügel ist trotz alledem ein abgestrafter Dieb. Und sollte auch das Dich nicht abschrecken, so werde ich Mittel zu finden wissen, das zu verhindern, was za verhindern meine höchste Lebensaufgabe gewesen ist. Glaubst Du, ich bin umsonst zum Ver­brecher geworden, brandmarke mich jetzt vergebens zum Ehrlosen? Ich werde Euch zu treffen wissen, wenn ich meine Strafe abgebüßt habe, das sage ich"

Oho! Es wird dafür gesorgt werden, daß dies nicht so bald geschehe!" konnte jetzt der Amtmann den sinnlos Rasenden endlich mit Aufwand seiner ganzen Stimmmittel unter­brechen. WaS übrigens die von Herrn Hügel verbüßte Strafe anbelangt, die Sie ihm mit solchem Cynismus vorwerfen, so behaupte ich. daß er dieselbe unschuldig erlitten hat, und daß dieser Umstand ebenfalls, mit verdoppelter Wucht, auf Ihr Haupt fallen wird, Weller, denn es sind alle Anzeichen vorhanden, daß Sie selbst

jenen Kassendiebstahl begingen, um den Rivalen so aus dem Wege zu räumen, wie es Ihnen leider fast wirklich gelungen wäre. Abgesehen von den auch iu dieser Sache nun an's Tages­licht tretenden Beweisen würde schon die frappante Aehnlichkeit im Motive zwischen jener Defraudation und der heutigen Brandlegung sehr schwer in's Gewicht fallen. Sie sehen, Ihr nun besiegelter schlechter Leumund hat auch für Sie seine rückwirkenden verhängnisvollen Kon­sequenzen!"

Die Röte des Zornes im Gesichte des nun­mehr Angeklagten war bei den letzten Worten ves Amtmanns allmählich einer fahlen Bläffe gewichen.

Was wollen Sie damit?" stammelte er jetzt verwirrt, mit unstätem Blick.Das Feuer habe ich gelegt zum Teufel, ja! aber das Andere war nicht mein Werk. Der Bursche wurde ja doch als Kaffendieb verurteilt!"

Leider! Und ich hoffe, er wird dadurch von Seiten Ihres früheren Compagnons und besten Tochter am besten entschädigt werden können," nahm Rambcrg seine Rede wieder auf. Sie sind ein Fuchs und bedienen sich der Pas­sivität der alten, abgefeimten Gauner, die das Verbrechen, das man ihnen just klar nachweist, ruhig gestehen, um zweifelhaftere Delikte mit um so größerer Keckheit zurückzuweisen. Aber glück­licherweise haben wir auch für diese Finte eine prächtige Parade, wie Sie gleich zu Ihrem un­angenehmen Erstaunen vernehmen werden. Daß Ihnen der, Herrn Hügel »indizierte Kassen- diebstahl sehr leicht wurde, ist natürlich. Sie haben, wie man sich genau erinnert, einige Tage vor der Kaffcnskontierung die Mutter Herrn Hügel's, ihres damaligen Buchhalters, besucht und bei dieser Gelegenheit in einem schicklichen Momente eine aus ihrem Privatvermögen ge­nommene Geldsumme, die Sie schlauerweise nur annähernd mit der später angeblich defraudierlen identifizierten, in den Bezug des Kanapees ge­steckt, wo sie natürlich von einer genau vor­gehenden Untersuchungskommission entdeckt wer­den konnte. Während der Kassenskontierung, die Sie Vornahmen, konnte es ihnen selbstredend nicht schwer werden, die Ledertasche mit der de­ponierten Summe bei Seite zu räumen; es kostete Sie ja nur einen einfachen Griff, wobei Sie freilich gezwungen waren, das Portefeuille, das die Banknoten enthielt, zu sich zu stecken, während der sehr beschäftigte Buchhalter begreif­licherweise, im Gefühle seines korrekten Kaffen- gebahrens und un selbstverständlichen Vertrauen auf die Ehrlichkeit seines Chefs, keine Acht auf Sie Halle. Es ist nur zu verwundern, daß später, bis heute, noch Niemand auf die Ent­deckung dieser so frappierend simplen, eigentlich aufdringlich naheliegenden Gebahrungsweise ge­riet, wenn nicht vielleicht gerade in dieser über­raschenden Einfachheit der Erklärungsgrund zu finden ist, daß weder der Angeklagte, noch seine Richter auf die richtige Vermutung kamen. Jetzt aber, vom Gesichtspunkte der neuesten Entdeck­ungen aus. erscheint es mir sehr verdächtig, daß Sie, als wir zur Haussuchung bei der Wiltwe Hügel schritten, vorher noch rasch nach Ihrer Wohnung gehen zu müssen Vorgaben freilich, das Portefeuille, das Sie ja bei sich trugen, beschwerte Sie und machte Tie ängstlich; in einer kleinen Stadt kann man solche Dinger eben nicht so leicht unbemerkt von sich werfen. Ein wohlüverlegender Mann, wie Sie, findet auch später, baß man sich dieses Oorpuv ckolicti über­haupt nicht ganz gefahrlos entledigen kann. Hätten Sie es in den Kanal oder sonstwo hin­geworfen es hätte durch irgend einen unbe­rechenbaren Zufall, den ein Charakter, wie der Ihre, wohl in Betracht zieht, entdeckt werden und gegen Sie zeugen können; verbrennen konnten Sie es nicht gut, weil die unauffällige Gelegen­heit dazu mangelte; eS war ja, vor zwei Jahren, just um dieselbe Jahreszeit wie die. gegenwärtige; es gab noch keinen Zimmerofen, und ein Feuer­herd war ihnen nicht so leicht zugänglich, abge­sehen davon, daß eine ziemlich voluminöse Leder­tasche unangenehmen Geruch verbreitet haben würde. Es mußte Ihnen demnach als das Sicherste erscheinen, das Portefeuille, wenigstens vorläufig, in einem gut verschlossenen Fache