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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Wildbad, 27. Febr. Das Geburtssest Sr. Maj. desKönigs wurde am letzten Montag auch hier in gewohnter Weise gefeiert. Schon am frühen Morgen verkündeten Böllerschüsse den frohen Festtag und unmittelbar darauf zog die Feucrwehrkapelle mit klingendem Spiel durch die Straßen der reich beflaggten Stadt. Die bürgerl. Kollegien, sämtliche Beamte, der Krieger­und Militärverein fanden sich um 9'/- Uhr auf dem Rathaus zu gemeinsamem Kirchgang ein.

Abends 5 Uhr erschien Hr. Oberamlmann Maier aus Neuenbürg, um unserem verdienten Mit­bürger, Hrn. Stadtpflcger Rom et sch, eigen­händig die ihm von Sr. Majestät dem König zuerkannte Auszeichnung zu überreichen. Die Anhänglichkeit und Treue der Wildbader an unser Fürstenhaus zeigte sich in aller Kraft und mehr als hundert Bürger fanden sich zum Fest­bankett im HotelPost" ein. Die Tafel war schön arrangiert, die Speisen, wie immer, vor­züglich, und von der Güte des Weins legte die heitere Stimmung, die bald alle Gäste erfaßte, das beste Zeugnis ab. Herr Stadtschultheiß Bätzner hielt die Festrede, wies darauf hin, wie Seine Majestät auch bei Gelegenheit seines Gcburtsfestes der Stadt gedacht, indem er dreien seiner Bürger den Titel eines Hoflieferanten und dem treuen Hüter und Verwalter der Stadt­sinanzen die silberne Verdienstmedaille für seine 20jährigen treuen Dienste verliehen habe. Seien auch die politischen Aussichten im Innern unseres Vaterlandes, fuhr Redner fort, nicht viel erfreu­licher als zur Zeit der Geburt unseres geliebten Königs, so hoffe und wünsche er doch, daß Seine Majestät mit Gottes Hilfe und mit fester Hand das Staatsschiff durch alle Stürme, die ihm drohen mögen, lenken werde. Die ganze Ver­sammlung stimmte freudig in ein dreifaches Hoch auf Seine Majestät ein. Herr Sladlpfarrer Hammer toastierte dann auf Ihre Majestät die Königin, deren edle Bestrebungen er her­vorhob, und bis in die späte Nacht hinein blieb die Versammlung in heiterster Stimmung bei einander. Die Feucrwehrkapelle that durch ihre Vorträge ihr Möglichstes, um die Festfreude zu erhöhen, und nach Beendigung des Essens fanden sich auch noch die Damen zu einem Tänzchen ein. (W. Chr.)

-s- Dobel, 27. Febr. Das Geburtssest Sr. Maj. des Königs wurde hier in herkömm­licher Weise abgehalten. Vormittags war Fest- xottesdienst, wobei der Militärverein mit Fahne erschien. Abends fanden gesellige Vereinigungen statt. Der Militärverein versammelte sich im Gasthaus z. Sonne. Der Liederkranz hielt seine Königsfeier im Gasthaus z. Ochsen ab. Hiezu hatten sich zahlreiche Teilnehmer eingefunden.

Hr. Schultheiß brachte den Königstoast aus, worauf der Liederkranz die Königshymne von Speidel:Sei gesegnet König Wilhelm" an­stimmte. Hr. Schullehrer Jacob hielt hierauf einen Vortrag überGraf Eberhard im Bart (14451469)". Unter dem Vortrag von pa­triotischen Gesängen. Volksliedern und Toasten iZ^dner verlangt zur Beseitigung der Bedenken verlief die Königsfeier in schönster Weise. wegen Belastung der billigen Zigarren "

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über nun bald ein Jahrhundert lang unter unseren Königen erfreuen durfte. Möge auch fernerhin landauf, landab schwäbisch? Treue, trotz Unzufriedenheit und Mißstimmung, noch in recht vielen Herzen zu finden sein, dannhie gut Württemberg ollweg."

Pforzheim, I. März. Vom kommenden Montag den 4. März ab wird in unsrer Stad! mit Genehmigung der Kaiserlichen Postdireklion, wie es in der gestrigen Bekanntmachung heißt, eine Privaipost, ähnlich derjenigen in Stutt­gart und anderen Orten in Funktion treten, deren Gründer die HH. Reuttcr u. Schönhardt sind. Bei dem regen lokalen Verkehr und den so vielgestaltigen Beziehungen der Geschäftswelt untereinander darf wohl angenommen werden, daß die neue Gründung nicht nur dem be­kannten längst empfundenen Bedürfnis Rech­nung trägt, sondern wahrscheinlich auch reuiss- ieren wird.

Pforzheim. Hr. Wildprethändler Dorth hat auf seinem Jagdgebiete Lienzingen zwei Wildschweine erlegt.

Deutsches Aeich.

Berlin, 27. Febr. DerReichsanz" meldet: Die engere Versammlung des Staats­rates ist auf den 12. März einberufen; der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist zum Präsi­denten, und der Direktor im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Wirkt. Geh. Rat Brefeld, zumStaatssekretärdesStaatsratsernaiintwordcn.

Berlin, 25. Febr. DieVolksztg." teilt einen Erlaß des Kriegsministeriums vom 2. v. M. an die Intendantur mit. wonach solche Arbeiter, welche der Sozialdemokratie angehören, in den Betrieben nicht beschäftigt werden, sondern sofort entlassen resp. gekündigt werden sollen.

B e r! i n , 26. Febr. Reichstag. Fort­setzung der Beratung der Reichsfinanzreform. Abg. Enneccerus znat.-lib.) greift die Argu­mentationen Richter's an. Dieselben gingen vollständig über den Kern des Gesetzes hinweg, daß nämlich die Schwankungen in den Matrikular- bciträgen bezw. im Verhältnis der Matrikular- beiträge und Ueberweisungeu für die Einzelstaaten ganz unerträglich geworden seien. Die Darleg­ung der Verhältnisse Meiningens habe hierfür ein besonders drastisches Beispiel geliefert. Die Vorlage enthalte eine wünschenswerte Stärkung der Reichsfinanzverwaltung. Preußens Beispiel lehre den hohen Wert eines starken Finanz- Ministers, welcher wirksam den anderen Ressorts entgegenlreten kann. Die Vorlage verleihe gleich­zeitig dem Reichstage das wertvolle Recht, im Bedürfnisfalle gewisse Steuern zu erhöhen. Redner polemisiert gegen Richter, der plötzlich so hohen Wert auf die Frankensteinsche Klausel lege, deren Absicht aber gerade enlgegenarbeite, da dieselbe doch eine Stärkung der finanziellen Stellung der Einzelstaaten bezwecke. Die von Lieber gewünschte Aenderung sei gefährlich. Die Anlage eines 40 Millionenfonds und die sonstigen Bestimmungen enthielten ein gesundes Prinzip und damit die Bürgschaft der Dauerhaftigkeit.

H) Neusatz, 26. Febr. Gestern aöend Staffelsteuer, welche die 4 versammelten sich die hiesigen bürgerlichen Kol­legien, die Mitglieder des Gesangvereins und andere Gäste im Gasthaus zumAdler" dahier, um als getreue Unterthanen den frohen Ge­burtstag des geliebten Königs, wie alljähr­lich, zu feiern. In Wort und Lied kamen die dankbaren und freudigen Gefühle, die die Au- wesenden am Geburtstage ihres Königs beseelten, sowie die innigen Wünsche für dessen ferneres Wohlergehen, zum kräftigen Ausdrucke. Der Toast auf Se. Maj. den König, von Schultheiß Knöller ausgebracht, fand darum allseitig? be­geisterte Aufnahme, ebenso dasHoch" des Ge- mcinderats W. Knöller, das I. Maj. der Königin galt. Dem hohen Schirmherrn unseres gesamten deutschen Vaterlandes galten die Wünsche des Gemeindepflegers Knöller, der deutschen Treue und Einigkeit weihte Fr. Wacker,

Bauer, sein Glas. Ein längerer Vortrag von Schullehrer Kraft rief den Anwesenden insbe­sondere die Segnungen ins Gedächtnis zurück, deren sich unser Volk andern Ländern gegen­

eine

und 5 Pfg.-Zigarre nicht besteuert und eine Erhöhung des Tabak­zolles. Schließlich erklärt sich Redner namens der Partei für die Vorlage. Die National- liberalen seien stets für eine selbständige Stell­ung des Reiches auf Grund eigener Einnahmen eingetreten. Sächsischer Finanzminffter von Watzdorf weist auf die Schwierigkeit der Etats- bilancierung hin, welche sich bei der zweijährigen Etatsperiode wegen der Ungewißheit der Ueber- weisungssummen zur Unmöglichkeit steigere. Die äußerst solide Finanzgebahrung habe das König­reich Sachsen vor den schweren Folgen der jetzigen Unsicherheit bewahrt. Künftig lasse sich eine Bürgschaft nicht übernehmen. Durch die Annahme des Gesetzes verdiene sich der Reichstag nicht nur den Dank der Regierungen, sondern der weitaus größten Teile des deutschen Volkes. (Beifall rechts.)

Zu dem bevorstehenden 80. Geburtstag des Fürsten Bismarck, der von sämtlichen deutschen Fürsten die höchsten Ocdensauszeich- nungen längst besitzt, planen viele deutsche Städte

die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an den Begründer des deutschen Reichs. Die künstlerisch ausgeführten Ehrenbürg->rrcchlsurkunden sollen dem Altreichskanzler am 1. April überreicht werden.

München, 27. Febr. Der frühere Kriegs­minister, General der Infanterie v Hein leih, ist gestern Abend nach längerem Leiden im Alter von 72 Jahren gestorben. Er war im Jahre 1870 Chef des Generalstabes des I. Armeekorps.

Karlsruhe, 26. Febr. Der Eisenbahn­rat wird am 18. März zusammentreten. Wie aus der Tagesordnung ersichtlich, beabsichtigt die Generaldirektion die Einführung von Kilo- meterheften für den Personenverkehr.

Mannheim, 26. Febr. In einer Wirt­schaft in II 2 trug sich ein gräßlicher Unglücks­fall zu, herbeigeführt durch einen geradezu un­verantwortlichen Leichtsinn. In die betreffende Wirtschaft kam nämlich einer der Bosnier, welche gegenwärtig hier hausieren gehen und bot seine Waren feil. Einer der anwesenden Gäste zog aus dem Gürtel des Bosniers eines der daselbst steckenden Messer um es zu betrachten; plötzlich erhielt derselbe von hinten einen Stoß, sodaß ihm das Messer tief in den Leib fuhr.

Bergung der Leichen aus der unter­gegangenenElbe." Der Taucher Vogt, der als Gastwirt in Raiersdorf bei Landeck lebt, hat sich derDeutschen Landesztg." zufolge er­boten, die Leichen aus dem untergegangenen DampferElbe" zu bergen. Er hat bereits eine Zuschrift vomLloyd" erhallen, wonach die Gesellschaft seine Dienste in Anspruch nehmen will. Jedoch gestattet jetzt die Witterung noch nicht, auf der Unglücksstätte irgend etwas zu unternehmen. Die Bergung der Leichen ist natürlich ein ebenso schauerliches wie gefährliches Handwerk Der Taucher Bogt erklärt, daß ihm sein Kollege Flint nach Bergung der Leichen derCimbria" gesagt habe, einmal hätte er eine solche schaurige Arbeit vernichtet, aber er thue es nie wieder.

Württemberg.

Stuttgart, 26. Febr. Ihre Majestät die Königin empfing heute den neuernannten Vorstand der Berwalrungskommission des Lud- wigsspitals Charlottenhilfe, Regierungsrat Hof- mann, in Audienz.

An diesem Freitag beginnen wieder die Kammersitzungen zunächst behufs Vornahme der noch ausstehenden Kommissionswahlen. Am Samstag soll die von Friede. Haußmann aus- geardeitete Antworladresse der Kammer auf die Thronrede zur Beratung gestellt werden, zu deren Beratung längere Zeit erforderlich sein wird, denn nicht nur die Volkspartei selbst, sondern auch das Zentrum und die Sozial­demokraten werden in dieser Adresse alle ihre Wünsche aussprechen wollen, das Zentrum also die Aufhebung der verfassungsmäßigen und ge­setzlichen Bestimmungen betr. die Zulassung bezw. Nichtzulassung von Männerorden in Württemberg, die Sozialdemokraten über die Verstaatlichung jeglicher Art von Eigentum und Besitz, periodische Wahl aller Staatsbeamten durch das Volk u. s. w. Nun darf man aber nicht vergessen, daß eine solche Adresse stets von der ganzen Kammermehrheit angenommen sein muß, bevor sie überhaupt an die Krone ge­langen kann. Angesichts dieses Umstandes wer­den sich die einzelnen Parteien einer großen Zurückhaltung befleißigen müssen, um die andern Parteien zu einer Zustimmung zu bewegen. Da­mit aber läuft gleich von vornherein das Zen­trum Gefahr, seinen wichtigsten Programmpunkt zurückstellen zu müssen, es müßte denn die Volkspactei geschlossen für die ktrchenpolitischen Forderungen des Zentrums cintreten. Auf den Adreßentwurf selbst wie auf dessen Beratung ist man deswegen allenthalben sehr gespannt, und es wird in den nächsten Wochen schwer halten, einen Zuhörersitz auf der Tribüne des Abgeordnetenhauses zu erlangen. Die Königl. Staatsregierung scheint bereits nach der ersten diesbezügl. Erklärung des Ministerpräsidenten durchaus nicht gewillt zu sein, sich von der neuen Kammer auf die abschüssige Bahn drängen zu lassen. Es wird also gle'ch bei der Adreßdebatte