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wieder bessere werden möchten. Bei der heutigen Hauptversammlung des Bundes der Landwirte berichtete Abgeordneter v. Plötz über die heutige Audienz beim Kaiser und faßte die Antwort des Kaisers dahin zusammen, der Kaiser wünsche, daß die Landwirtschaft zu ihm Vertrauen habe. Die Versammlung nahm die Mitteilung mit einer begeisterten Kundgebung auf. Auf den Kaiser wurde ein dreifaches Hoch ausgebracht undHeil Dir im Siegerkranz" angestimmt. Darauf folgten geschäftliche Ver­handlungen.

Berlin. 19. Febr. Der königliche Hof legt heute für den Erzherzog Albrecht Trauer auf 14 Tage an. Aus demselben Anlaß ist Arm ec trau er angeordnet und so­wohl die auf morgen festgesetzte Abendgesellschaft in den Gemächern der Kaiserin, als auch der auf den 26. Februar anberaumtc Fastnachtsball beim Kaiferpaar abgesagt worden.

Berlin, 17. F-br. Die Akkademie der Künste hat den Fürsten Bismarck zu ihrem Ehrenmitglied" gewählt. Das Diplom wird dem Altreichskanzler zu seinem 80. Geburtstag überreicht werden.

Die währungspolitischen Debatten, welche aus Anlaß des Antrages der Bimelallisten auf Einberufung einer internationalen Münzkonferenz in vergangener Woche im Reichstage statt­fanden, haben eine immerhin bemerkenswerte Wendung in der Stellungnahme der Reichsrcgier- ung zur Währungsfrage gezeitigt. Diese Wend­ung liegt in der Erklärung des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe, wonach derselbe die nach­teiligen Folgen des zunehmenden Wertunter- schiedcs zwischen Gold und Silber für unser gesamtes Erwerbsleben rückhaltlos anerkennt und die Einleitung internationaler Verhandlungen zur Regelung der Währungsverhältnisse in Aus­sicht stellt. Das ist immerhin ein für die An Hänger der Doppelwährung beachtenswerter Erfolg, dessen möglichste Ausbeutung die Bime- talisten im Reichstage um so eher versuchen dürften, als der erwähnte Antrag mit großer Mehrheit angenommen worden ist. Freilich ist aber nicht daran zu denken, daß Deutschland baldigst wieder von der reinen Goldwährung abgehen würde, denn die Consequenzen eines solches Schrittes ließen sich zur Zeit durchaus noch nicht übersehen.

Auch am Samstag wurden die Reichstags­verhandlungen von der Währungsdebatte nahezu ausgefüllt. Im Abg. Leuschner er­stand der Doppelwährung ein unbedingter wohl aber nicht ganz objektiver Verteidiger er ist Direktor der Mansfeldischen Hüttenwerke, im Abg. Siegle (natl) ein ruhiger, im Abg. Richter (freist Bp.) ein leidenschaftlicher Gegner. Richter wandte sich gegen die gestrigen Aus­führungen des Grafen von Bismarck und gegen die Agrarier, als deren Kind er den Antrag Friedeberg bezeichnete. Die Agrarier seien dem Reich weit gefährlicher als alle Sozialdemo, kraten. (!) Herr v. Kardorff begründete noch­mals eingehend den von ihm mitunterzeichneten Antrag, der nach längerem Geplänkel mit der Linken schließlich angenommen wurde.

Ausgangs voriger Woche ist im Reichs­tage endlich auch die Entscheidung in der Präsidentenkrisis" gefallen. Lediglich gegen die Stimmen der freisinnigen Volkspartei und der Sozialdemokraten fand der Antrag des Zentrumsabgcordneten Roeren Annahme, wonach der Reichstagspräsident künftig befugt sein soll, ein gröblich gegen die Ordnung verstoßendes Mitglied des Hauses für die betreffende Sitzung auszuschließen und unter Umständen die letztere aufzuheben. Herr v. Levetzow hatte in der voran- gegangenen Debatte seine Zustimmung zum An­träge Roeren erklärt, zugleich aber dieKabinets- frage" gestellt, d. h. für den Fall der Ablehnung des Antrages deutlich genug mit seinem Rücktritte gedroht. Letztere Eventualität ist nun durch die Genehmigung des Compromißantrages Roeren vermieden worden und der von allen Parteien hochgeschätzte bisherige langjährige Reichslags­präsident bleibt seinem Ehrenamte erhalten. Zugleich sieht jetzt Herr von Levetzow seine Disziplinarbefugnisse gegenüberwiderhaarigen" Abgeordneten wesentlich verstärkt, doch wird man

im Interesse der Würde des Reichstages wünschen müssen, daß sich die Ausübung der Herrn von Levetzow verliehenen neuen Präsidentischen Rechte möglichst wenig nötig mache.

Karlsruhe, 15. Febr Im Rcichshallen- theater hielt heute abend Reichstagsabgeordneter Ahlwardt einen nahezu dreistündigen Bortrag über Judentum und Germanentum, zu welchem sich etwa 800 Personen eingefunden hatten. Der Stadtrat hatte sich geweigert. den Saal der Festhalle zu der Versammlung herzugeben, was lebhaft besprochen wurde. Ahlwardt ent­wickelte sein radikal-wirtschaftliches Programm, das er in folgende Punkte zusammenfaßt: Be­seitigung des römischen Rechtes und Einführung eines deutschen Rechtes, Vertreibung der Juden aus dem Lande, Ablösung der Hypotheken auf kleinbäuerlichen Anwesen durch den Staat, Ver­staatlichung der Reichsbank und Gewährung eines langfristigen Kredits für den Klcinhand werker. Der Bortrag wurde mit großem Bei­fall und Hallohrufen ausgenommen.

Ein neuer Talmudprozeß wird sich am 20. Februar vor dem Berliner Landgericht ab- spielen. Angeklagter ist der Redakteur des Bundschuh". Hans v. Mosch. Die Anklage ist erhoben worden wegen eines ArtikelsIst der Tod des Kaisers Alexander von Rußland ein talmudisches Vergehen."

Karlsruhe, 17. Febr. Mit Bedauern wird festgestellt, daß in Baden die Neubildung und der Fortbestand der Vereine vom Roten Kreuz, je weiter wir uns von der Kriegszeit entfernen, mehr und mehr zu erlahmen beginnt. Namentlich ist der Gegensatz zu Elsaß-Lothringen auffallend, wo in den letzten Jahren 50 Vereine mit 7000 Mitglieder entstanden sind. Die Männervereine sind unbedingt notwendig zur Erfüllung der Aufgaben des Roten Kreuzes im Ernstfälle und auch der Großherzog und die Frau Großherzogin nehmen, wie dieKarlsr. Ztg." hervorhcbt, lebhaften Anteil an der Wieder­belebung deren Thätigkeit

Düren, 18. Febr. Die Leiche des beim Untergang derElbe" ums Leben gekommenen Fabrikanten Walter Schüll, für deren Auf­sindung eine Belohnung von 200 Pfd. Sterling 4000 Mark ausgesetzt war, ist gestern bei Dungeneß von dem Schiffer William Tard auf­gefunden worden. Bei der Leiche wurden fünf Hundertmarkscheine, eine goldene Uhr. ein Ring mit der Aufschrift Emmy Schüller, 7 Gold- und 8 Silbermünzen sowie andere Gegenstände vor­gefunden. Die Leiche trug einen mitElbe" ge­zeichneten Rettungsgürtel. Die Witwe Schüll hat, wie zur Vervollständigung der letzthin er­gangene» Meldung berichtet wird, von der 100000 Mark betragenden Versicherungssumme ihres Gatten 50 000 Mk. den Hinterbliebenen der mit derElbe" Verunglückten überwiesen. Die übrigen 50000 Mk. hat Frau Schüll für eine Stiftung zur Unterstützung von alters­schwachen, invaliden und kranken Arbeitern der Firma Gebr. Schüll in Düren, deren Chef Herr Walter Schüll war, bestimmt.

Karlsbad, 18. Febr. Eine neue heiße Quelle ist hier im Keller einesVindobona" genannten Hauses der Franz Josephstraße aus­gebrochen.

Saarbrücken, 16. Febr. Der Wacht- Posten vor der neuen Infanterie-Kaserne wurde gestern Mitternacht vom einem Wolfe im Nacken angepackt; doch verscheuchte er das Raubtier. Der Soldat ist unverletzt.

Württemberg.

Stuttgart, 19. Jan. Aus Anlaß des Ablebens Sr. Kaiser!, und Wnigl. Hoheit des Herzogs Albrecht von Oesterreich ist Hoftrauer von heute an auf 8 Tage in 4. Abstufung der Hoftrauer-Ordnung angeordnet worden.

Stuttgart, 14. Febr. Für die gottes- dienstliche Feier des am Montag den 25. d. M. zu begehenden Geburtsfestes des Königs ist als Predigtext die Schriftstelle gewählt worden: Psalm 71. 3:Sei mir ein starker Hort, dahin ich immer fliehen möge, der du zugcsagt hast, mir zu helfen; denn du bist mein Fels und meine Burg."

Eine törichte Ansicht haben jene Leute, die jetzt glauben, es könnenichts schaden", wenn

auch einmal ein Sozialdemokrat in die württemberqischc Kammer gewählt werde, damit man dort seine Ansicht kennen zu lernen in der Lage sei. Die, die so sprechen, wissen nicht, was sie thun. Als ob die Sozialdemokratie nicht seit Jahr und Tag an allen Orten ihre An­schauungen zur Genüge verbreitet hätte: in ihren Zeitungen, in ihren zahllosen großen u. kleinen Versammlungen, auf den Wahlreisen, vor allem im deutschen Reichstag, wo sie jetzt gegen 50 Mann stark sich angesammelt hat. Was die Sozialdemokratie von ihren Zukunftsplanen hat sagen wollen, hat sie ohne Scheu der Welt be­kannt zu geben schon lange alle Gelegenheit ge­habt und ergriffen.

Untertürkheim, 19. Febr. D'e Auf­brechung der Eisdecke auf dem Neckar zwischen hier und Cannstatt durch die von Ulm gekom­mene Pionierabteilung schreitet rasch vorwärts und wird voraussichtlich schon übermorgen be­endigt werden. Morgen und übermorgen werden die interessanten Arbeiien, welche von der Cann- statter Markung aufwärts betrieben wurden, unterhalb der hiesigen Neckarbrücke zu beobachten sein.

Laichingen. l8. Febr. Beispiellos ist der Schaden, den die Hasen an unsern jungen Obst­bäumen anrichten. Der Schnee geht eben über alle Zäune hinweg und dis an die Acste der Bäume. Aut ein entsprechendes Bittgesuch des hiesigen Obstbauvcreins an das Ministerium wurde darum auch betreffs der Hasen die Schuß­zeit derselben telegraphisch verlängert.

"12-bJn der Gegend von Eb Hausen OA. Na» ^gold sieht man gegenwärtig nordische Wildgänse, die noch nie ins obere Nagoldthal kamen. Vor­ige Woche schoß in der Nagold der dortige Jagdpächler I Braun ein Prachltxemplar dieser nordischen Schwimmvögel, das mit ausgespannten Flügeln über anderthalb Meter maß.

Als Kuriosum wird berichtet, daß Kronen - wirt S. in E., OA. Overndorf, dieser Tage eine Kuh samr seinem 10 Tage allen Kalb um 100 Zentner Gerste verkauft hat.

Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Bericht vom 18. Februar von dem Vorstand Fritz Kreglinger.s Am Getreideweltmarkte ist die Stimmung für Brot» fruchte in letzter Woche ruhig und ohne jede Anregung gewesen. Die neue Ernte in den Laplatastaaten sog qualitativ nicht besonders gut ausgefallen sein. Trotz­dem die aufgestapelten Vorräte Nordamerikas ziemlich bedeutend sind, sind die Preise nicht mehr weiter zurück­gegangen. Rußland verharrt bei seinen höheren For­derungen; Rumänien kommt als Lieferant fürWesteuropa jetzt kaum mehr in Frage, da die Vorräte nicht mehr sehr bedeutend zu sein scheinen. Angebot in disponiblem Mais ist sehr spärlich, deshalb Forderungen hoch, für spätere Lieferungen kann man in Folge sehr guter Ernte in Argentinien wesentlich billiger kaufen. Die süddeutschen Märkte sind in Folge ungünstiger Witter­ung schwach befahren, ohne Pretsänderung. Wir no­tieren per 100 Kilogr.: Ungarweizen, 16 Azima 14 25 bayr. 13 50 bis 14 «4L 20

nicderbayr. la. 16 50 Kernen, Oberländer 14 -4L

50 dto. la. 14 «4L 75 Z, Unterländer 14 25

Gerste, Högauer 15 «4L Albhafer 11 «4L ^ bis 11 -4L 20 Landhafer 10 «4L 50 ^ bis 10 «4L 70 Mehlp reise pr. 100 Kilogramm inkl. Sack bei Wagenladung: Letztwöchentlich.

Ausland.

Arco, 18 . Febr. Erzherzog Albrecht ist heute Nachmittag 1 Uhr gestorben. Erz» Herzog Albrecht, Herzog von Teschen, war geboren zu Wien am 3. August 1817. Er galt als einer der ersten Heerführer des österreichisch­ungarischen Heeres, an besten Spitze er nahezu 30 Jahre lang als Generalinspektcur gestanden hat. Der von ihm am 24. Juni 1866 über die Italiener bei Custozza erfochtene Sieg hat feinen Kriegsruhm für alle Z-iten befestigt. Erzherzog Albrecht war seil 1844 vermählt mit Prinzessin Hildegard von Bayern, welche am 2. April 1864 starb. Von seinen zwei Töchtern starb die jüngere, Erzherzogin Mathilde, 1867 an Brandwunden, die sie erhalten, als ihre Kleider in Brand geraten waren. Die älteste Tochter, Erzherzogin Maria Theresia, geboren 1845, ist mit Herzog Philipp von Württemberg vermählt. Der Tod des Erzherzogs Albrecht wurde in Wien durch Extrablätter bekannt. Kaiser Franz Joseph trifft hier morgen, Diens­tag Abend 11 Uhr. ein. Es wurde ihm ein Courier nach Menlone entgegengeschickt; dieser