überbringt die Vorschläge zur Leichenfeier, welche wahrscheinlich Anfang nächster Woche stattfindet. Da der Erzherzog das älteste Mit­glied des Kaiserhauses war, wird seine Leiche bei der Einbringung in die Burgkapelle vom Kaiser und der ganzen Kaiserfamilie erwartet. Erzherzog Albrecht bestimmte schon vor Jahren seinen Ruheplatz in der Kapuzinergruft, wo der Raum neben seiner Gattin Hildegard und seinen verstorbenen Kindern Mathilde und seinem im Alter von anderthalb Jahren verstorbenen einzigen Sohn Karl Albrecht frei geblieben ist. Den bisherigen Verfügungen zufolge findet die Ueber- iragung der Leiche nach Wien am Donnerstag Abend statt; Ankunft in Wien am Freitag Abend. Am Montag soll das Leichen­begängnis statlfinden. Endgiltige Bestim­mungen hängen vom Kaiser Franz Joseph ab.

Paris, 19. Febr. Vor seiner Abreise aus Südfrankreich richtete Kaiser Franz Joseph ein Telegramm an den Präsidenten der Republik Faure, um diesem für die auf französischem Boden genossene Aufmerksamkeit zu danken. Präsident Faure antwortete mit einem Beileidstelegramm wegen deS Todes des Erzherzogs Albrecht.

Zlnteryaltender Heit.

Schlechter Leumund.

Kriminal-Novelle von Karl Ed. Klopfer.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Die beiden Männer saßen sich eine gute Weile schweigsam gegenüber.

Das arme Kind!" begann endlich Sendler. Ich würde wohl geschwiegen haben, hätte ich gewußt, daß die Geschichte sie so furchtbar be­rühren könnte. Aber wer konnte denn das auch vermuten? Sie hat ja sonst so ausgezeichnete Nerven"

Hm! hm! Sie sehen mich nicht weniger erstaunt, lieber Vater; die Sache ist Marien un­vermuteter Weise so nahe gegangen. daß ein Mißtrauischer fast auf den Gedanken kommen könnte, sie sie nähme ein ganz besonders warmes Interesse an diesem jungen Taugenichts Leopold Hügel!"

Der gute Herr Sendler fühlte freilich nicht den bitteren Hohn in diesen Worten seines Kom- pagnons.

Nun", meinte er ganz arglos,sie ist eben ein zartempfindendes Gemüt, das die Niedertracht eines Menschen, der uns voreinst immer nahe­gestanden, wellschmerzlich berührt. Es geht uns ja selbst beinahe so. Aber freilich daß Marie sich durch dies traurige Faktum gar so tief er­schüttern lassen kann, das setzt mich in Erstaunen; ich hätte das nicht erwartet!"

Herr Sendler, und wohl auch Weller, wür­den jedoch noch mehr Grund zum Staunen ge­habt haben, hätten sie in diesem Moment Marie beobachten können, die in ihrem Zimmer, statt sich zur Ruhe hinzulegen, leise ihren Schrank öffnete, einen Mantel überwarf, einen Hut mit dichtem Creppschleier aufsetzte und dann mit vorsichtigen Schritten, ängstlich sich um- sehend, auf den Corridor hinaustrat und durch eine Hintertreppe die Billa verließ, um den Weg nach der Stadt einzuschlagcn.

7.

Hügel saß nun wieder in dem Gemeinde­gefängnis, das ihn vor Jahren beherbergt hatte, kurz bevor er in die Untersuchungshaft des Kreisgerichtes abgeliefert worden war. Er trug dieselbe dumpfe, trotzige Niedergeschlagenheit zur Schau, die er damals gezeigt hatte. Es bestand auch sonst eine furchtbare Aehnlichkeit zwischen seiner heutigen und seiner damaligen Situation. Er wußte, daß er in kürzester Frist abermals dem Krcisgerichte eingeliefert werden würde, daß ein ähnliches Richterkollcgium über ihn zu Ge­richt sitzen und einen Urteilsspruch fällen würde, der ihn in dieselben Kerkermauern verbannen würde, die er erst vor wenig mehr als vicrund- zwanzig Stunden verlassen hatte diesmal aber konnte es freilich keinem Zweifel unter­liegen, daß er das Zuchthaus nicht so bald wieder verlassen werde; jetzt stand er ja unter

der Anklage eines bei Weitem schwereren Ver­brechens, unter dem Delikte eines gemeinen Racheaktes und mußte als Rückfälliger,als bereits einmal Abgestraftrr" eines mindestens verdreifachten Strafausmaßes gewärtig sein.

Als er am Morgen in die Amtsstube zum ersten Verhöre unter Dr. Ramberg gebracht wurde und von diesem erst in deutlichen Worten die furchtbare Anschuldigung vernahm, die man gegen ihn erhob, da verfiel er anfangs in einen Anfall rasender Verzweiflung. Er sprang an die Thür, warf die Gerichtsdiener mit kräftiger Faust zurück und schwor, daß er sich bis zum letzten Blutstropfen zur Wehre setzen werde, che er sich unter die Verweser der irdischen Ge­rechtigkeit stellen wollte» die er als seine grau­samen Peiniger betrachte. Er beschimpfte Ferdinand Weller, der seine Schmähungen je- doch mit einem gleichgültigen, hochmütigen Achselzucken über sich ergehen ließ. Endlich mußte ihm die Zwangsjacke angelegt werden. Ramberg sprach ihm ruhig zu. stellte ihm das Vergebliche seiner wahnwitzigen Renitenz vor, daß er seine Lage dadurch nur verschlechtern könne, daß er sich mit Ergebung ins Unvermeid­liche fügen müsse v. s. w. Dann legte er ihm die Frage vor, ob er sich schuldig bekenne, das Feuer auf dem Grundstücke seines ehemaligen Brodherrn gelegt zu haben. Hügel beschwor in herzbewegenden Ausdrücken seine Schuldlosigkeit. Ramberg schüttelte mit finsterer Miene den Kopf und schritt zu dem schwerwiegendenIn­dizienbeweis", wie er sagte.

Freilich, freilich", lachte Hügel bitter auf, ein Indizienbeweis wurde mir ja auch damals entgegengesetzt, wo ich mich eben so schuldlos wußte wie heute. Aber ich weiß nur zu gut. meine Beteuerungen nützen mir nichts. Die Herren vom Gericht wissen ja so vortrefflich zu pcrorieren, so überzeugend zu sprechen, daß man sich am Ende selbst noch fragen könnte, ob man vielleicht nicht wirklich schuldig wäre. Ich glaube an keine Gerechtigkeit mehr, Herr Amtmann, ich habe wenigstens keine zu erwarten, aber ich möchte doch hören, unter welchem Borwand man mir dieses neue Verbrechen vindizieren will, von dem ich in meinem beschränkten Unter- thanenverstand gar nicht begreife, warum ich es begangen haben soll."

Dafür gebe es allenfalls ein sehr plau­sibles Motiv", entgegnete Dr. Ramberg mit kalter Strenge;Sie gedachten sich an Herrn Sendler zu rächen, der allerdings nicht die mittelbare Ursache zu Ihrer bereits verbüßten Strafe gab. Sie sehen, wenn auch sonst kein so gravierendes Beweismaterial vorläge, so würde schon ihr Leumund genügen, um die wider Sie erhobene Anklage zu rechtfertigen."

Hügel schrie gellend auf, dann lachte er wieder mit der ihm zu eigen gewordenen Ver­bitterung in sich hinein; es lag etwas wie Wahn­sinn in diesem gräßlichen Lachen.

Ja, ja, mein schlechter Leumund. Der wurde ja auch damals ins Treffen geführt. Weil ich eine kleine kaufmännische Inkorrektheit begangen, glaubt man mir schon ein Verbrechen zumuten zu dürfen. Und heute hat jenes mir imputierte Verbrechen, das ich gar nicht be­ging, meinen Leumund so schlecht gemacht, daß man darauf die Wahrscheinlichkeit einer noch größeren Missethat aufbauen zu müssen glaubt. Oh. über Euren famosen juristischen Spürsinn!

Aber und soll ich auch Niemand finden, der mir glaubt, und wenn ich meine Mutier, die Ihr mir durch Eure raffinierte Grausamkeit ermordet habt, mit einem solchen lügenhaften Geständnis ins Leben zurückzurufen vermöchte

mein Rechtsgrfühl bäumt sich auf gegen Eure despotische Willkür, ich kann nicht anders, ich schreie cs bis zum letzten Atemzuge hinaus, mein böser Leumund ist ungerechtfertigt, alle Eure herrlich aufgeschichteten Beweise sind falsch

und ich bin unschuldig!"

Ramberg sah ihn ernst an, dann musterte er die ganze Reihe von Zeugen, die sich, Herrn Weller an der Spitze, im Gerichtszimmer einge- fundcn hatten.

Sie können doch nicht leugnen, die ganze Nacht in der unmittelbarsten Nähe der Sendlcr-

schen Villa zugcbracht zu haben?" fuhr er dann in seiner Amtspflicht, mit sachgemäßer Klarheit und Ruhe fort.Man fgnd Ihr Ränzel und Ihren Hut im Gebüsch an der Hecke, die den Garten des Grundstückes am Waldsaume be­grenzt. Daß Sie schon am Abend ihren Weg dahin nahmen, können mehrere Zeugen bestätigen, die sie um diese Zeit in der Umgebung der Sendler'schen Villa antrafcn."

(Fortsetzung folgt.)

Winter und Frühling.

Grimmiger Winter,

Ist deine Herrschaft Noch nicht bald aus?

Schüttle nur drohend die silbernen Locken,

Laß sie nur fliegen, die eisigen Flocken!

Traulich im Stüblem, gemütlich beim Rocken Weilt sich's am Abend, umstürmst Du das Haus.

Lieblicher Frühling,

Wenn auch noch ferne,

Komme doch bald!

Sonnenschein, Wiesengrün bringst Du uns wieder, Veilchen im Rasen und duftenden Flieder,

Röslein am Dornbusch und Nachtigallieder, Wonniges Leben im Feld und im Wald.

* *

*

Grimmiger Winter,

Brachtest so vielen Kummer und Not,

Wo jetzt in Gäßlein und ärmlichen Kammern Siechende frösteln und Hungernde jammern, Weinende Kinder die Mutter umklammern:

Mache doch Feuer und gieb uns doch Brot!"

Lieblicher Frühling,

Alles auf Erden Freuet sich Dein!

Mind're das Elend und heile die Wunden,

Stärke die Kranken, laß Sieche gesunden!

Siehe, wir zählen mit Schmerzen die Stunden Tausendfach sollst Du willkommen uns sein!

Ed. Spach, Lichtenberg. (Str. P.)

(Ein Pferd in Hosen.) Ein seltsames Schau­spiel erregte neulich in Regensburg auf der Neuen Straße" allgemeines Aufsehen. Der be­sorgte Pferdebesitzer von Burgwciting ließ seinem Licblingsroß eine braune Hose anfertigen zum Schutze gegen die Kälte.

Paris, 17. Febr. Gewisse Witze kehren immer wieder; so geben jetzt französische Blätter einevouvellö a 1a maiu", welche lebhaft an einen vor langen Jahren von denFliegenden Blättern" gebrachten Witz erinnert. Ein Wieder­verkäufer von Flcischwaren preist in den Markt­hallen seine Ware mit weithin schallender Stimme an:Ich habe Kalbsfüße, Kalbsleber, Kalbs­kopf." Ein vorübergehender:Aber Verehr­test», was bleibt denn da noch Menschliches an Ihnen."

(Lukaut torriblo.)Onkel, Dich möcht' ich als Spielzeug haben!" »Papa sagt immer: an Dir wär nichts mehr zu ver­derben!"

(Falsch aufgefaßt.j Hebamme (mit Zwil­lingen):Nun, was sagen Sie dazu?" Professor:Hm, eins so hübsch wie's andere» da wird einem wirklich die Wahl schwer!"

Telegramme.

Wien. 20. Febr. Der Kaiser ist gestern Nacht hier eingetroffen.

Trient, 20. Febr. Der italienische De­putierte und früherer Ministerpräsident Giolitti ist gestern abend von Berlin hier cingetroffen und setzte die Reise nach Rom fort.

Lemberg, 20. Febr. Binnen wenigen Tagen sind hier zwei Raubmorde verübt worden. Am letzten Samstag wurde in der hies. Stadt ein Obsthändler und heute vormittag in der Töpfergosse eine 68jährige Frau erdrosselt aufgesunden. Als des Mords verdächtig wurde der Schwager des Obsthändlers, welcher gleich­falls Obsthändler ist, verhaftet. Der Mörder der Frau ist entkommen. Die Polizei ver­haftete einen ehemaligen Kellner und Genossen wegen Verausgabung falscher Schuldbriefe im Betrag von mehr als 100 000 Gulden. Die Fälschungen waren mit der Unterschrift eines Erzherzogs und des Lemberger Militär-Komman­danten versehen, an einen hiesigen Goldverleihcr gegeben worden.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.