bergen hervor, welche die fleißige Hand aufge- schaufelt hatte. Immer neuer Schnee rieselt herab, und dabei zeigt Roaumur noch nicht die geringste Tauwetterlaune, sondern gut gemessene 5 Grad Kälte.

Württemberg.

Laut Königlicher Verordnung ist die Ständeversammlung aus Mittwoch, den 20. Februar1895, zur Eröffnung des neuen Landtags in die Haupt- und Residenzstadt Stutt­gart einberufen.

DerStaatsanz." beginnt eine Artikelserie über die Einkommensteuer. Im ersten der­selben wird das Ertragsstcuersystem. seine Vor­teile und die Mängel dargelegt und begründet, warum man bisher an eine Aenderung nicht herangetreten ist. Als Haupteinwand gegen das bestehende System wird anerkannt, daß dabei nicht genügend berücksichtigt werden die indivi­duellen Verhältnisse und die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, sowie dessen etwaige Passiv- schuldzinsen. In einem weiteren Artikel des StaatSanzeigcrs soll untersucht werden, warum man sich doch zum Uebergang zur Einkommen­steuer werde entscheiden müssen.

Suttgart. Gustav Müller, der Kandidat der Deutschen Partei für Stuttgart Amt erläßt im Filderboten eine Erklärung, in der es heißt:Im Interesse des Bezirks und des ganzen Landes möchte ich nach meinen Kräften verhüten, daß in der bevorstehenden Stichwahl der sozialdemokratische Bewerber ge­wählt wird; deshalb richte ich an meine Freunde und Wähler die Bitte, in derselben ihre Stimmen für den demokratischen Kandidaten, Herrn Ge­meinderat I. L. Kraut von Feuerbach abzu­geben." Die radikalen Führer der Stuttgarter und Cannstatter Volkspartci fordern ihre An­hänger auf, mit den Sozialdemokraten zusammen­zugehen . um die Kandidaten der Deutschen Partei zu Fall zu bringen. Der Kandidat der Deutschen Partei, der nicht in die Stichwahl kam, fordert seine Anhänger auf, den demo­kratischen Kandidaten zu wählen, um die Wahl des Sozialdemokraten zu verhüten. Das ist ein Gegensatz, der denn doch manche» Wählern in Stuttgart und Cannstatt, die im ersten Mahl­gang demokratisch stimmten, die Augen öffnen wird. Das Zentrums-Wahlkomite hat, wie das D. B.Bl. berichtet, für Stuttgart Stadt Wahlenthaltung empfohlen. Der Erfolg dieser «Stellungnahme wäre eine indirekte Unter­stützung der Sozialdemokratie. Das illustriert jene Gegnerschaft besser als 3 Reden des Abge­ordneten Gröber im Reichstage. Der Kandidat der Konservativen bei der Landtagswahl am 1. Februar (Stuttgart Stadt), Kaufmann Karl Müller, (in Firma Werner u. Müller) richtet an seine Wähler die Bitte, bei der Stichwahl ihre Stimmen dem Kandidaten der Deutschen Partei, Dr. Schall, zu geben. Im Oberamt Aalen wird die Demokratie für den Sozial­demokraten stimmen gegen das Zentrum.

Stuttgart. Das Anwesen der Metzgerei Eberle-Appenzeller, Calwerstraße 8 hier, wurde mit 500000 an Metzgermeister Groß hier und einen Mannheimer Kaufmann verkauft.

Untertürkheim, 9. Febr. Nicht ohne ein Gefühl der Sorge verfolgt man hier die starke Eisbildung, weil dabei unwillkürlich auch schon des bevorstehenden Eisgangs und dessen Verlaufs gedacht werden muß. Die Aus­sichten sind in dieser Beziehung bedrohltcher als vor zwei Jahren. Durch das in letzter Zeit erfolgteEisen" der oberhalb Untertürkheim liegenden Wasserwerksbesitzer, besonders aber durch die Eissprengungen bei Mettingen trieben starke Eisschollen neckarabwärts, die dann bei der außerordentlichen Kälte rasch zum Stehen kamen und so beim hiesigen Orte wieder beträchtliche Eisstauungen bildeten. Unter diesen Verhält­nissen sahen sich dem Vernehmen nach die bürgl. Kollegien hier veranlaßt, schon in den letzten Tagen beim k. Oberamt unter Darlegung der mißlichen Zustände um Hilfe durch unverzügliche Eissprengungen nachzusuchen, die nur durch Pioniere aus Ulm zweckmäßig vorgenommcn werden könnten. Das Aufhauen des Eises nach altem Gebrauche ist zu teuer und auch zu zeit-

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raubend, ganz abgesehen von der unzweckmäßigen und gefährlichen Arbeit; die Eisschollen werden zu groß losgetrennt, so daß sie vom Wasser nur schwer sortgetcagen werden können, bald stehen bleiben und dann wieder neue Stauungen herbciführen. Das Eis muß so klein zertrümmert werden, daß dieselben von der Strömung leicht mitgenommen werden. Da giebt cs keinen anderen Ausweg als die Sprengung. Es steht zu hoffen, daß den bedrohten Markungen von Untertürkheim und Wangen rasche und ausgiebige Hilfe gewährt wird, sonst könnte es sich ereignen, daß die Ulmer Pioniere, wie vor 2 Jahren ge­schehen, nur noch zuschauen könnten, wie die Fluten ihr zerstörendes Werk verrichteten.

Vom Neckar. Staat und Gemeinde bieten Allem auf, um den bevorstehenden Eisgang so unschädlich als möglich zu machen. In den letzten Tagen ist vom Wasserhaus bis an die Marknngsgrenzc von Cannstatt im Eise eine Gasse gehauen worden, durch die der Abgang des zum Teil sehr dicken Eises beträchtlich er- leichtert werden kann. Der Wasserspiegel des Neckars hebt sich nur sehr langsam. Wenn oben am Neckar der Schnecfall in Regen um schlägt, dann wäre, insbesondere, da das Grund­eis voraussichtlich von nicht unbedeutender Mächtigkeit ist, ein sehr ernsthafter Eisgang vorauszusehen.

Bietigheim, 10. Febr. Die Firma W. Reißer in Stuttgart will in hiesiger Stadt eine Elektrizitätsanlage mit Wasserbetrieb und um Stockungen zu vermeiden auch mit Dampf­betrieb errichten, es haben sich bereits einige Kraftabnehmer gemeldet.

Stuttgart. (Landesproduktenbörse. Bericht vom II. Februar von dem Vorstand Fritz Kreglinger.) In der letzten Woche hat sich die Tendenz aus dem Getreideweltmarkte wieder befestigt, da die Offerten sowohl von Nord- als Südamerika höher kamen. Eng­land zeigte sich wieder stärker als Käufer und nahm besonders größere Posten neuen Laplataweizen aus. Man kann deshalb einen Preisaufschlag von durch­schnittlich 2530 konstatieren. Es scheint, daß die Laplatastaaten doch eine kleinere Ernte als voriges Jahr haben, auch trug die anhaltende Kälte zur Be­festigung des Weltmarktes bei. Auf den Landmärkten hat sich nichts Neues zugetragen. Der Saatsrucht- markt findet am nächsten Montag den 18. Februar Vorm, von 101 Uhr im Lokal der Börse (Stadtgarten) statt. Die Muster sind an die Stadtgartenrestauration einzusenden. Wir notieren per 100 Kilogr.: Land­weizen, 14 -4L bayr. 14 -4L 20 bis 14 -4L 25

niederbayr. Ia. 16 -4L 50 Ungar. 17 -4L Niko-

lajeff 14 ^L 50 La Plata 15 -4L- Gyrka 14 «LL

40 <4, Eupatoria 15 «4L 50 Kernen, Oberl. 14 -4L 25 bis 14 «4L 50 dto. la. 14 -4L 75 Gerste,

Ungar. 18 -4L 50 württ. 13 - 4 , Lauinger 16 -4L

Rieser 15 -4L 75 Breisgauer 15 ^ 50 sränk. 16 -4L Landhafer 11 -4L dto, la. 12 -4L 50 Ackerbohnen hell 12 «« 60 ^ M-Hi­fi reise pr. 100 Kilogramm inkl. Sack bei Wagenladung : Lctztwöchentlich.

Ausland.

Petersburg, 1k. Febr. Der Hosmar- schall, der das Hochzcitsgeschcnk des Kaisers Wilhelm für das russische Kaiserpaar überbringt, wurde gestern vom Kaiser in Audienz empfangen.

Der russische Regierungskurs unter Nikolaus II. wird trotz der Erklärung des jungen Zaren, er werde an bem autvkratischen Regime seines Vaters festhalten, doch nicht in allen Stücken der alte bleiben. Hievon zeugt u. A die Verfügung des russischen Ackerbauministcrs, wonach Jaden, welche eine landwirtschastliche Schule absolviert haben, in ganz Rußland ohne jede Beschränkung Grund und Boden erwerben dürfen. Ein solcher toleranter Schritt gegen­über den Juden, der selbstverständlich vorher die Zustimmung des Zaren erhalten hat, wäre unter der Regierung Alexanders III. sicher un­möglich gewesen. In mehreren südrussischen Städten sind eine Anzahl Personen unter dem Verdachte dem Zaren Drohbriefe zugeschickl zu haben, verhaftet worden.

Portsmouth, 11. Febr. Die von der Kaiserin Friedrich eingeladene Frl. Bäcker begab sich heute, um über die Katastrophe der Elbe" Bericht zu erstatten, in der kaiserlichen JachtAlberta" nach OSborne, wo sich seit gestern der Herzog von Connaught befindet.

London, 11. Febr. Times meldet aus «Peking 10. d.: Die chinesischen Gesandten

wurden telegraphisch mit Vollmachten versehen, um die Friedensverhandlungen zu er­neuern. Aus Jokohama: Die auf der Insel Linkungtau gefangenen Japaner be­tätigen, daß der Tschen-Iuen gesunken ist. Das Pulvermagazin des Forts auf der Insel Jsato ist in die Luft geflogen.

Newyork, 12. Febr. Der vermißte Dampfer Gascogne" ist ohne Unterstützung an der Barre angekommen und hat um 11 Uhr 20 M. gestern Abend Anker geworfen. Eine der haupt- üchlichsten Kolbenstangen war 3 Tage nach dem Abgänge des Schiffes gebrochen. Die Gascogne hatte Tage lang mit dem Sturm zu kämpfen, geriet aber niemals in ernstliche Gefahr.

Newyork, 9. Febr. Nähere Nachrichten melden aus allen Teilen Amerikas heftige Kälte und Schnecstürme. Biele Menschen sind er­froren. InFl 0 rida sind alle Fruchtkulturen vernichtet. Der Schaden beläuft sich auf mehrere Millionen Dollars. Im äußersten Westen flüchtet das Wild aus den Wäldern und sucht Schutz bei menschlichen Wohnungen; Rudel Wölfe zeigen sich.

Aus Ungarn, 11. Febr. Die Untersuch­ung gegen die verhafteten Mitglieder der inter- nationalen Kasseneinbrecherbande nimmt einen immer größeren Umfang an. Breslau, Nürnberg, Stuttgart und gar Kopenhagen scheinen von diesen Schränkern" heimgesucht worden zu sein.

Vierfaches Todesurteil. Das Grazer Schwurgericht verurteilte vier Bauernburschen, die einen Winzer ermordeten, der sie wegen Traubcndiebstahls dem Gemeindeamte angezeigt hatte, zum Tode durch den Strang.

In Zürich sind nahezu 9°/o weiblicher Aerzte, 8 Damen auf 80 Aerzte männlichen Geschlechts. Die Schuhmachermeister in der Schweiz haben sich zu einer Genossenschaft zum gemeinsamen Einkauf des Leders vereinigt. Die Konstitierung steht bevor. Niederlagen für Rohstoff sollen errichtet werden in Bern, Sr. Gallen und Zürich.

Zürich. In einem hiesigen städtischen Schulhause wird seit Neujahr der Versuch gemacht, gegen 90 Kindern das Mittagessen (be­stehend in vortrefflicher Suppe und Fleischein­lage und Brot) zu reichen. Die Kosten wurden durch freiwilligen Gaben gedeckt.

Aus Italien, 11. Febr. Gegen Mitter­nacht wurden zu Reggio in Calabrien ein leichter und ein von unterirdischem Getöse be­gleiteter heftiger Erdstoß verspürt.

Unterhaltender Teil.

Schlechter Leumund.

Kriminal-Novelle von Karl Ed. Klopfer.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Leopold hatte nichts vernommen. Ec sah sich langsam um und horchte; allüberall das lautloseste Schweigen ....

Es ist nichts", sagte er dann, erleichtert aufatmend.Sie haben sich getäuscht. Oder es war vielleicht ein Vogel, ein Hase, den wir aufgescheucht haben."

Nein, nein, ich habe es zu deutlich gehört. O mein Gott, wenn man uns belauscht hätte?! Unglückseliger, was habe ich Ihnen gethan, daß Sie mich in Ihr grauenhaftes Geschick mit ver­strickten? Haben Sie mir noch nicht genug des Leides zugefügt . . .?!"

Marie ....!"

In diesem seinen Ruf lag etwas so Flehen­des, so tief Schmerzliches, daß sie fühlte, wie ungerecht sie ihm wehgethan hatte. Sie drückte ihr Taschentuch vor's Gesicht und wandte sich rasch, um den Weg nach der Villa zurückzu­gehen.

Marie," stammelte er leise, sich ihr zag­haft nähernd,Marie leben Sie wohl, wir sehen uns niemals wieder! Bille, bitte, lassen Sie mich zum Abschied die Spitze Ihres Fingers küssen gönnen Sic mir ein Wörtchen, die kleinste Versicherung, daß Sie mir Ihr Mit­leid schenken!"

Sie zögerte einen Moment, dann reichte sie ihm für eine Sekunde ihre zitternde Rechte, die er rasch mit seinen Lippen berührte. Doch eben so rasch zog sie ihre Hand zurück und eilte, wie