(Eine große Hülfe dürfte unserer „notleidenden" Landwirtschaft) durch eine Erfindung zu Teil werden, die im letzten Sommer mit vielem Erfolge in Amerika angewandt wurde, es ist dies die Benutzung der elektrisch beleuchteten Fesselbalons für landwirtschaftliche Zwecke. Man weiß, wie wichtig es ist, rechtzeitig das Getreide vor Witterungsumschlägen einzuernten, man weiß auch, wie sehr die Arbeiter unter der großen Sommerhitze zur Zeit der Ernte zu leiden haben und daher leicht erschlaffen. Andererseits ist es bekannt, daß die elektrisch beleuchteten Fesselballons sich vorzüglich zur Beleuchtung größerer Flächen eignen und so hat man denn in Amerika, wie das Patent und technische Bureau von Richard Lüders in Görlitz schreibt, im vorigen Jahre diese Ballons dazu benutzt, um während der Nachtzeit die Getreidefelder abzuernten. Die hierzu verwandten Ballons sind verhältnismäßig klein, sie haben nur ca. 100 odin. Rauminhalt; die Elektrizität wird durch eine Lokomobile erzeugt, die, weil in Amerika meistens die Getreide auf dem Felde ausgedroschen wird, dort in jedem größeren landwirtschaftlichen Betriebe zu finden ist. Es liegt auf der Hand, daß diese Arbeit während der milden Nachtzeit viele Vorteile bietet und entschieden Beachtung verdient.
Die Küche des neuen Reichstags- Hauses ist das Ziel der Sachverständigen. Man kann in ihr ein Festmahl für tausend Teilnehmer auf einmal Herrichten. Die Wände mit weißen Kacheln belegt, die Kochapparate von schwarzer und grauer Emaille. Der große Gaskochherd ist 5'/, na lang und 1'/- in breit; der Wasserkessel faßt 1000 Liter. Vierzehn Töpfe und Piannen können auf dem Herd gleichzeitig in Thätigkeit gesetzt werden. Unter der Herdplatte liegen zwei durchgehende Bratröhren und mehrere Wärmeschränke. Jede Ringöffnung hat ihre besondere Zündflamme. Der Bratspießapparat, 2'/- na hoch und breit, durch eine vernickelte Rolljalousie verschließbar, wird von zwei selbst- thätigen Drehwerken getrieben. An ihn reiht sich ein riesiger Wärmeschrank, sowie vier Grill-, Brat- und Backöfen mit Ober- nnd Unterfeuer- ung. An den Hauptherd schließen sich kleinere Herde an, einer mit zwei Bouillonkeffcln, welche 320 Liter fassen. Die Spülcinrichtung ist mit Mojolikafließen ausgelegt; der Eisschrank ist 5 in breit und 2'/i na hoch.
Von einem hartnäckigen Selbstmörder berichtet die „Wiener Montagsrevue": Vor kurzem sah ein Sicherheitswachmann, der hinter der Militärschießstätte im sogenannten Jägergraben patroullierte, tief in herabgefallenes dürres Laub vergraben einen Mann liegen, der mit matter kraftloser Stimme um Hilfe rief. Der Sicherheitswachmann machte den Erschöpften zunächst vom Laube frei und bemerkte dann, daß der Unglückliche, der die Kleidung eines Dienstmann- Kommissionärs trug, sich nicht bewegen konnte, weil ihm, wie sich später herausstellte, der rechte Vorderfuß bis zur Mitte erfroren war. Die Freiwillige Rettungsgesellschaft brachte den Mann in das Allgemeine Krankenhaus; er ist Kommissionär. Der Mann erzählte, er habe, des Lebens überdrüssig, den Entschluß gefaßt, seinen Tod durch Verhungern herbeizuführen. Er gab sich zu dem Ende in den Prater und grub sich selbst in das welke Laub, das den Boden fußhoch deckt, ein, den Tod erwartend. Sechs Tage und sechs Nächte sei er ohne Nahrung dort gelegen, doch der Tod kam nicht. Infolge der Fröste in den letzten Tagen fror ihm der Fuß ab. Durch das Laub verborgen, wurde er nicht bemerkt.
Merkwürdige Zärtlichkeit. In einem Amsterdamer Hotel kam vor kurzem aus Deutschland ein jung verheiratetes Pärchen an, das vor den Ohren der horchenden Zimmermädchen und Kellner Proben eines wenig zärtlichen Verhältnisses ablegte. Als eines Abends der junge Ehemann zu später Stunde fröhlich nach Hause kam. hörte man nach seinem Eintreten in das Gemach einen schrecklichen Schrei und sah ihn einige Augenblicke später blutend die Treppe hinuntereilen. Seine Frau hatte ihm die Lippen total abgebissen.
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Dem eiligst herbeigerufenen Doktor gegenüber behauptete die holde Gattin, nur aus Liebe so gehandelt zu haben. Der Ehemann dagegen ist entgegengesetzter Ansicht und wird, um nicht womöglich auch Nase und Ohren zu verlieren, die Scheidungsklage einleiten.
Eine Sprengung von ganz außerordentlichem Umfange fand kürzlich in einem Pennsyl- vanischen Kalksteinbruch statt. Man hatte 22 Löcher von je 6 Meter Tiefe gebohrt und zur Füllung derselben ziemlich eine Tonne Dynamit verwendet. Die Wirkung der Sprengung, welche selbstredend auf elektrischem Wege vorgenommen wurde, war, wie das Berliner Patent-Bureau Gerson u. Sachse schreibt, eine ganz ungeheuerliche, denn es wurde ein Felsblock von II bis 1200 Tonnen Gewicht abgehoben, dessen Bestandteile man den Oefen übergeben konnte.
(Wie viel Bienen bilden einen Schwarm?) Ueber diese Frage hat sich ein bekannter Imker hergemacht. Er ist zu folgenden Resultaten gekommen: „Zu 1 kA Bienen gehören rund 10006 Stück. Ein mittlerer Vorschwarm nnn wiegt durchschnittlich 2 Ic§ (— 20 000 Bienen). Der stärkste Vorschwarm, den er erhielt, wog 3,4 der schwächste 1.7 LZ. Dagegen besaßen mittlere Nachschwärme ein Durchschnittsgewicht von 1.5 KZ; die stärksten wogen 2,5 und die schwächsten I IrZ. Es giebt auch Nachschwärme mit kaum 0,5 ÜA (— 5000 Bienen) Gewicht. Diese haben aber in den Augen des Bienenvaters, gleich allen Schwärmen, die unter 1 KZ wiegen und vornehmlich spät fallen, keinen großen Wert. Sie gelten ihm als „Kinder einer erhitzten Bienen- Phantasie."
Wie verbringen wir unser Leben? Man schreibt aus London: Ein Statistiker hat auf Grundlage einer großen Anzahl von Einzelfällen ausgerechnet, daß im Durchschnitt ein Mann von 50 Jahren 6000 Tage mit Schlafen, 6500 mit Arbeiten, 800 mit Umherspaziercn, 4000 mit Vergnügen (einschließlich Sonntage und Feiertage), 1500 mit Essen und Trinken und 500 mit Kranksein zugebracht hat. Während dieser Zeit hat er verzehrt: 17.000 Pfund Brot (etwa 8500 Laibe), 1600 Piund Fleisch verschiedener Art und 4600 Pfund Gemüse, Eier und Fische; an Getränken jeder Art nahm er zu sich 7000 Gallonen d. i. etwa 28000 Liter.
Musterstil. „Oh du da, der du dir die da, oh die da die du die den da zum Mann erkoren hast", soll bekanntlich ein Geistlicher einmal eine Traurede begonnen haben. Der Jurist, der folgendes, an das Grazer Gericht eingereichte „Petitum" verfaßt hat, ist jenem Kanzelredner offenbar noch über. Es heißt da: „Das Gericht wolle erkennen, der Geklagte sei schuldig mir für die von mir für ihn an die in dem von ihm zur Bearbeitung übernommenen Steinbruche beschäftigten Arbeiter vorgeschossenen Arbeitslöhne Ersatz zu leisten." Alles das hat aber schon seinen klassischen Vorgänger. Ein königlicher Mund verherrlichte Max Joseph von Bayern mit den Worten: „Oh Du, der Du die das Volk beglückende Constitution gabst."
(Auch eine Quittung.) Einem Bauersmann in der Umgegend von Würzburg wurden 13 Gänse gestohlen, darunter ein „Ganser". Dieser nun rückte am anderen Morgen auf dem Hofe des Besitzers, der „Frieder" genannt wird, ganz allein an. Er war ziemlich kahl und hatte am Halse einen Zettel folgenden Inhalts hängen: „Guten Morgen Herr Frieder, — Ich komme wieder, aber ohne Gefieder, — Wir sind unter die Räuber geraten, — Meine Kollegen sind alle gebraten, — Drum komme ich ganz allein — Und bringe hier den Totenschein."
(Auch ein Geburtstagsgeschenk.) Ein pensionierter Lehrer in Berlin feierte dieser Tage feinen 75. Geburtstag. Unter den eingegangenen Geburtstagsgaben befand sich auch eine Kiste von außerhalb, deren Absender dem Lehrer unbekannt war. Die Kiste wurde geöffnet und
enthielt ein kostbares Bierseidel, in dessen Deckel die Worte: „Aus Liebe für empfangene Hiebe! Ein dankbarer Schüler" eingraviert waren. Die Gemütsmenschen sind also noch nicht ausgestorben.
(Hammeltalg als Heilmittel.) Unter den Hausmitteln ist der Hammeltalg eines der wirksamsten. Er wird nur äußerlich angewandt, und erweist sich, auf weiche Leinwand gestrichen, sowohl heilend als erweichend. Bei allen oberflächlichen, durch Druck oder kalte Luft entstandenen Verwundungen der Haut wendet man Hammeltalg mit bestem Erfolg an. Aufgesprungene Hände reibt man allabendlich damit ein. ja selbst erfrorene Glieder sind durch fortgesetzte, konsequente Einreibungen mit Hammelsett gründlich geheilt worden. Ebenso wohlrhätig ist dasselbe für wunde Füße.
(Messer und Gabeln zu reinigen.) Ein sehr einfaches Verfahren, dieselben schön, rein und glänzend zu machen, besteht darin, daß man eine ungekochte Kartoffel entzwei schneidet, sie in feines Ziegelmehl oder Kalkpulver taucht und die Messer und Gabeln damit reibt.
Um Ratten zu vertreiben, streut man vielfach Pottasche in ihre Löcher. Dieselbe dringt in den Pelz ein, reizt die Haut und die Ratten verlassen den Ort.
(Theorie und Praxis.) Gatte: „Nun, sieh dir nur die Hose an, die sind wieder eine Meile zu lang." — Gattin: „Wie viel soll ich sie dir denn umlegen?" — Gatte: „Na, ich denke, ein Centimcter wird genügen."
(Zerstreut.) „Herr Chef, eben war ihr Dienstmädchen hier, es ist zu Hause bei Ihnen ein kleiner Junge angekommen!" — „Ist gut, tragen Sie ihn in das Fakturenbuch ein!"
Man kann nur den Menschen,, böse" werden, denen man „gut" ist.
Der Grundsatz verzogener Frauen heißt: „Lerne zu klagen — ohne zu leiden."
Wie manchem Geisteshelden wäre Einnahme lieber als „ein Name"!
Macht dir der Freunde Treue Sorgen,
Versuch' es, ihnen Geld zu borgen.
Der falsche Freund verläßt dich dann,
Der echte pumpt dich wieder an.
Telegramme.
Berlin, 8. Febr. Der „Vorwärts" veröffentlicht heule einen kaiserlichen Erlaß vom 6. Februar 1890 betr. Soldatenmitzhand» lungen. Die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt dazu, der Erlaß sei kein sekreter und niemals geheim behandelt worden, habe auch in keiner Weise das Licht der Oeffentlichkeit zu scheuen. Im Gegenteil, der Erlaß sei gerade ein schlagender Beweis dafür, wie nachdrücklich dem Vorkommen von Soldatenmißhandlungen cnlgegen- gearbeitet werde. Der „Vorwärts" begehe mit der Bemerkung, daß die Veröffentlichung der Verleugnung des Vorkommens von Solvaten- mißhandlungen endgiltig den Mund stopfen werde, eine Fälschung, denn der Erlaß, dem das sozialdemokratische Blatt seine Glosse, die für die Gegenwart giltig sein solle, anhänge, fei fünf Jahre alt. Der „Vorwärts" bleibe den Beweis schuldig, daß die Verhältnisse von 1890 heute noch fortbcstünden. Im Gegenteil habe der Kriegsminister in der Rcichstagssitzung vom 6. März 1894 dargethan. daß seit 1890 eine wesent, liche Besserung eingetreten.
Berlin, 8 Febr. Mehrere Professoren, darunter Adolph Wagener, Kerkner, Förster und List, sodann mehrere Pfarrer, darunter Göhre, Naumann u. a., veröffentlichen eine Erklärung gegen die Umsturzvorlage, worin sie der Befürchtung Ausdruck geben, daß die Vorlage nicht nur verwerfliche politische Ausschreitungen, sondern auch die freie Kritik treffen und dadurch notwendig eine bedauerliche Hemmung des sozialen Fortschritts herbeiführen werde. Die Erklärenden befürchten, die Vorlage werde Ausschreitungen nicht hindern, sondern befördern.
Stuttgart, 8. Febr. Der Kriegsminister ist behufs Teilnahme an den Reichstagsverhandlungen nach Berlin gereist.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.