Wahlen sich zeigte, auch in der Kammer fort« dauern wird, oder ob sic sich bald wieder ver- tragen werden, wie schon oft, wird die erste Zukunft zeigen. Wenn Zentrum u. Demokratie sich zu einer Opposition vereinigen, so werden sie die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer haben. In manchen Fragen werden die beiden genannten Parteien jedenfalls auseinandergehen, dann fällt die Entscheidung der Deutschen Partei zu. Die meisten Stichwahlen sind auf den 14. und 15. Februar anberaumt.

M Stuttgart, 4. Febr. Der «Staatsan­zeiger" tritt für die Relchsfinanzreform ein, deren Notwendigkeit er durch den Hinweis auf die Schwankungen des württembcrgischen Etat zn begründen sucht.

Stuttgart, 5. Febr. Heute fand hier die Ledermesse statt, an welche sich eine Ver- sammlung des Würtlb. Gerbervereins anschloß. Vorsitzender desselben ist Ledersabrikant Bantlin von Reutlingen. Die Versammlung beschloß einstimmig, die K. Forstdirektion zu ersuchen, es möge die Gerbrinve aus den württ. Staats­waldungen wie früher auf dem Heilbronner Rindenmarkt zur Versteigerung gebracht werden, anstatt die Schälrinde wie in den letzten Jahren im Submissionswege zu verkaufen: Wenn die Forstdirektion sich nicht entschließen könne, den erwähnten Wunsch zu erfüllen, so möge wenig- stens der Submissionsverkauf vor Abhaltung des Heilbronner Rindenmarkts vorgenommen werden. Hierauf folgte eine längere Debatte über den rm Reichstag von Frhrn. v. Stumm beantragten Zoll auf Quebrachoholz. Mil sehr großer Mehrheit wurde beschlossen, durch Ver­mittlung des Zentralverbands deutscher Gerber in Berlin den Reichstag um Ablehnung des beantragten Einfuhrzolles zn bitten und sämt­liche würtlb. Reichstagsabgeordnete zu ersuchen, für diese Ablehnung einzulreten.

Stuttgart. (Landesproduktenbörse. Bericht Vom 4. Februar von dem Vorstand Fritz Kreglinger.f In der abgelaufenen Woche hat sich wenig neues aus dem Getreideweltmarkt zugetragen und konnten sich die letztwöchentlichen Preise vollständig behaupten. Von den süddeutschen Märkten ist das Gleiche zu berichten. Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen, niedcrbayr. I». 18 «44 50 ^1, bayr. 13 «4L 70 bis 14 X 20 ^z. Ungar. 1» 17 «4L rumän. 14 ^ 75 ^ bis 15 <44

La Plata 15 ^4 Nikolajesf 14 70^,, Gyrka 14

50 4 -, Kernen, Obcrl. In. 14 «44 15 ^ bis 14 «6 30 dto. 1a. 14 «44 75 Ungar. 18 «4L 50 ^ Gerste Hög» auer 15 «4L Nördlinger 15 «44 75 ungar. 18 ^ 50 Landhaser 10 «4L 50 bis 11 «44 30 dto, I». 12 «44 80 ^>, Donau-Mais 12 «44 75 Mehl-

tz reise pr. 100 Kilogramm inkl. Sack bei Wagenladung: Letztwöchentlich.

Ausland.

Antwerpen. 3. Febr. Wie allgemein erwartert wurde, hat der Giftmordprozeß Joniaux mit der Verurteilung der Angeklagten zum Tode geendet. Die Angeklagte Joniaux, welche bis zum letzten Augenblick die Hoffnung auf einen Freispruch nicht aufgab, brach nach der Verlesung des Tagesurteils ohnmächtig zusammen und wurde in diesem Zustand unter den be­leidigenden Zurufen einer johlenden Volksmenge ins Gefängnis gebracht, wo sie der Gesängnis- arzt sofort in Behandlung nahm. Da König Leopold II. überhaubt kein Todesurteil unter­zeichnet. so wird auch dies gegen die Anwerpener Giftmischerin ausgesprochene nicht vollzogen werden. Nach Bestätigung des Urteils durch den Kassionshof wird die Verurteilte ins Zellen­gefängnis nach Brügge gebracht werden, wo sie den Rest ihres Lebens in Zwangsarbeit und Sträflingstracht verbringen wird. Bis zum Schluffe hat Frau Joniaux Komödie gespielt, indem sie im Gefängnis eine auffallende Fröm­migkeit heuchelte und in ihrer Zelle sogar die Bildnisse ihrer 3 Opfer anbrachte. Ihr Gatte, der Ministerialdirektor Henri Joniaux. erscheint durch den Prozeß derart krompromitliert, daß seine Amtsentlassung als unmittelbar bevorstehend bezeichnet wird. Damit wird dieser Aufsehen erregende Strafprozeß seinen Abschluß finden.

Nachschrift. Nach einer Meldung der Köln. Ztg. aus Antwerpen hat Frau Joniaux gegen das Urteil wegen eines Formfehlers Be­rufung zum Zwecke der Revision eingelegt.

Paris, 5. Febr. Kriegsminister General Zurlindeu hat ein von 63 in Saint-Diö

wohnhaften «Elsässern" unterzeichnetes Tele­gramm erhalten, in welchem diese erklären, sie seien stolz und glücklich, ihrem Landsmann ihre Glückwünsche darzubringen, in der Ueberzeugung, daß die Interessen dcS Heeres bei ihm in guten Händen seien.

Rouen. 4. Februar. Das «Journal de Rouen" erzählt eingehend die Vorgeschichte des Rücktritts Casimir Periers. Das Blatt be­stätigt, daß Casimir Perier darüber empört war, daß die Minister die wichtigsten Gesetzentwürfe einbrachten, ohne ihn vorher auch nur im ge­ringsten zu verständigen. Minister Honotaux ließ ihn über den Gang der auswärtigen Ange­legenheiten vollständig im Unklaren, selbst jener, die er (Casimir Perier) als Minister dcS Aeußern in Angriff genommen; ebenso der Kriegsminister, der Casimir Perier von der Affaire Drcyfus kein Sterbenswörtchen sagte und der Finanzminister, der das Budget mit der Formel im Namen des Präsidenten der Republik einbrachte, ohne daß letzterer Kenntnis von dem Budget hatte. Casimir Perier habe bereits im September 1894 an seinen Rücktritt gedacht; Mitte Oktober war sein Entschluß ge­faßt und schon damals schrieb er seine Botschaft nieder, die am 16. Januar im Parlament ver­lesen wurde.

Hiroschima, 4. Febr. Das Parlament nahm gestern eine Vorlage an, die bestimmt, daß. da der Zweck des Krieges noch nicht völlig erreicht sei, dem Staate unbegrenzte Mittel zur Fortsetzung der Operationen zu Land und zu Wasser gegen China zur Verfügung gestellt werden, damrt das Ansehen Japans nicht ge­fährdet werden könne. Der Schlußsatz der Vor- läge lautet «örtlich:Wir fasten diesen Be. schluß mit der ausdrücklichen Absicht, daß unsere Gefühle allgemein bekannt gemacht werden." Die amtlichen Erklärungen über den Abbruch der japanisch-chinesischen Friedensverhandlungen stellen fest, daß die Vollmachten der chinesischen Abgesandten sie nicht ermächtigten, einen Friedens- Vertrag zu unterzeichnen. Sie waren vielmehr angewiesen, die Einwilligung der Japaner dazu zu erbitten, daß alle Bedingungen der Regierung in Peking unterbreitet würden. Hieraus gehe hervor, daß China kein Verlangen nach Frieden trage.

Amsterdam, 2. Febr. Auf einer Eis­scholle wurden an der Küste von Zeeland 8 Kinder und einige Erwachsene ins Meer ge­trieben. Sämtliche Personen kamen um.

Montceaux-les-Mines, 4. Februar. Heute Morgen um 5 Uhr fand in den Gruben Saint Eugenie eine Explosion schlagender Wetter statt. Bis 9 Uhr waren 30 Leichen zu Tage befördert; die Zahl der llmgekommenen ist noch unbekannt.

Monteeau-les-Mines. 5. Febr. Im Laufe des gestrigen Tages wurden noch einige Leichen aus den Gruben von Sainte-Eugenie zutage gefördert. Alle Arbeiter, die sich noch in den Gruben befinden, werden als verloren betrachtet.

Aus Frankreich, 1. Febr. Das Dorf Sixt in Savoyen ist von einer Lawine schwer getroffen worden. Gemüsegärten und Obst­pflanzungen find verwüstet, viele Häuser zum Teil zerstört.

Aus Oberösterreich, 31. Januar. Im oberen Muhlviertel, der oberösterreichischen Heim­stätte des Schnees, stellte sich, wie von dort demN. W. Abendbl." berichtet wird, in den letzten Tagen Schncefall in einer Menge ein, wie seit vielen Jahren nicht. Die riesigen Schnecmasscn bilden ganze Berge, und in vielen Dörfern ist nur durch Schneetunnels hindurch der Verkehr von einem Hause zu dem anderen möglich. In Pfarrkirchen können die Leute nur über eine drei Meter hohe Mauer hinweg in die Kirche gelangen.

Wien, 31. Jan. Die in Trient befindliche Menagerie Berg war, wie dieNeue Freie Presse" berichtet, vor einigen Tagen während einer Vorstellung der Schauplatz eines aufregenden Auftrittes. Als nämlich ein Tierbändiger in in den Tiger, und Löwenkäfig trat, hatte er das Unglück, auszugleiten und zu Boden zu fallen. Flugs sprang ein Tiger auf ihn und

faßte den Unglücklichen mit seinen Krallen am Genick. In diesem schrecklichen Augenblick schwang sich Frau Berg mit bewunderungswürdigem Mute in den Käfig, faßte den Tiger und trieb ihn in einen Nachbarkäfig. den Bändiger auf diese Weise von der schrecklichen Umarmung befreiend.

Unterhaltender Teil. Schlechter Leumund.

Kriminal-Novelle von Karl Ed. Klopfer.

(Nachdruck verboten:)

(Fortsetzung.)

Den Hut lief in's Gesicht gedrückt, schritt er rüstig vorwärts, durch das zunächstliegende Stadtthor. Als er das wohlbekannte Pflaster wieder betrat, schien es ihm härter und spitzer geworden zu sein, die Straßen aber, die er fast als so eng wie eine Gefängniszelle in seinem Gedächtnis trug, schienen sich erweitert zu haben, die Häuser schienen gleichsam zu beiden Seiten vor ihm zurückzuweichen als scheuten sie die Berührung dessen, der ja nun von der mensch­lichen Gesellschaft auSgestoßen war.

Er wählte aber gerade die engsten, ein­samsten Gäßchen, um an das andere Ende des Städtchens zu gelangen, nach der schmalen Häuserzeile, wo er ein kleines einstöckiges Ge­bäude mit schmutziggelbem Anstrich und kleinen» unregelmäßig aneinandergrreihtenFenstern wußte.

Als er endlich vor diesem Hause stand und zu den vier letzten Fenstern im Stockwerke em­porsah, die er, ach, so wohl kannte, da konnte er fast nicht glauben, daß er seinem Ziel wirk­lich so nahe war. Es war ihm. als verwehre ihm eine unsichere Hand den Eintritt in den dunklen Thorweg, als sollte es ihm nicht ver­gönnt sein, seinen einzigen so bescheidenen Herzenswunsch erfüllt zu sehen. Moses, vor Kanaan stehend, und sehnsüchtig die Arme nach dem gelobten Land ausstreckend, das zu erreichen seine Lebensaufgabe war und das ihm ewig verschlossen bleiben sollte.

Mil einer unmutigen Kopfbewegung schüttelte Hügel endlich diese wunderlichen, trübseligen Reflexionen ab und betrat festen Fußes den finsteren Hausflur. Er tastete sich die Wand entlang, bis er zu der engen gewundenen Holz­treppe kam, die er früher tagtäglich des Ocfleren emporgestiegen war zu seinem und seiner Mutter Heim. Stockdunkel war es auch da, wie sonst um diese Zeit. Aber sicheren Schrittes nahm er Stufe um Stufe, die Hand, die am Geländer fortlief, kannte da jeden Nagel, jede Fuge. Endlich war er auf dem gedielten Eorridor oben angelangt. Mit einem Sprung stand er vor der niedrigen, weißgetünchten Thür, vie in die wohlbekannte Küche der Mutter führte. Seine Hand, die sich schon nach dem Klingelzuge ausstreckte, zitterte und fuhr noch einmal zurück, ein banger Atemzug ließ seine Brust erbeben. Er glaubte da drinnen etwas wie Kindcrlachen und den leisen Gesang einer Frauenstimme zu hören. Was sollte das be­deuten? Hatte die Mutter am Ende die Wohnung gewechselt? Nun, das konnte er ja bald erfahren.

Die Klingel schrillte laut unter seiner kräf­tigen Hand, lang und gellend wie ein kläffendes Hündchen. Kurze Schritte trippelten drinnen über den Estrich von Ziegelsteinen. Als die Thüre aufging, sah sich Hügel im Zwielicht einer Küchenöllampe einem kleinen Mädchen von etwa 8 Jahren gegenüber, das ihn mit großen Augen anstarrte.

«Es wird nichts gegeben!" sagte sie mit altklugem Ton und wollte die Thüre wieder in'S Schloß werfen. . Sie hielt ihn wohl für einen bettelnden Handwerksburschen.

Nein nein, ich verlange ja nichts," kam es stockend und mühsam aus seinem Munde, ich möchte nur eine eine Erkundigung ein­ziehen. Sage doch, mein Kind, wer wer wohnt denn hier?"

«Schustermcister Ebcling" , antwortete die Kleine zögernd, ihn mit einem mißtrauischen Blick messend,aber es werden heute keine Be­stellungen mehr angenommen."

Und und weißt Du nicht, wo Fra» Susanne Hügel die Witwe Hügel hinge-