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gestellten Antrag auf Kündigung des Handcls- vertragas mit Argentinien, der im wesentlichen einen Meistbegünstigungsvertrag darstellt. Pforz­heim bat sich den Absatz seiner Bijouterie-Er­zeugnisse nach Argentinien allmählich förmlich erobert, namentlich gegen die französische Wett­bewerbung. Der Absatz dorthin ist bedeutender als nach Rußland. Die Handelskammer hat daher beschlossen, eine Verwahrung gegen die Kündigung des Handelsvertrags sowohl an den deutschen Handelstag wie an den Reichstag und an den Vertreter des Wahlkreises, den Rcichs- tagsabgeordnetenFrank-Buckcnberg.zuübersenden, auch dem letzteren die näheren Anhaltspunkte zur Begründung der Ablehnung zuzuferligen. Die vorgeschlagene Kündigung des Handelsver­trags hat vorzugsweise ländliche Interessen im Auge.

Baden-Baden, 10. Jan. Der Bau einer normalspurigen Eisenbahn Bühl nach Bühlerthal ist in seinen Verhandlungen nun­mehr soweit vorgeschritten, daß im Jahre 1895 mit den Ausführungen begonnen wird, wobei die Bauausführung und der Betrieb der Eisenbahn- bau-Gesellschaft Lenz u. Cie. in Stettin über­tragen wurde. Der Zuschuß, den sowohl Staat als Kreis, Gemeinden und sonstige Interessenten hiebei aufzubringen haben, beträgt außer der freien unentgeltlichen Abgabe des erforderlichen ca. 300 000 Mark.

Auf dem Hochgebirge Badener Höhe, Hoch­kopf, Hornisgrinde u.s.w. liegt der Schnee bis 2.50 Meter tief. Geübte Touristen wollten gestern letzteren Berg ersteigen, mußten aber durch die großen Schneemassen ihre Absicht auf­geben; es gelang ihnen kaum bis Brcitenbronn zu kommen.

Mannheim, 7. Jan. Bei einem Neubau im hessischen Landeshospital Hofheim wurde u. a. die Schlosserarbeit im Submissionsweg vergeben und darauf 5 Angebote gemacht, die zwischen 16 000 -4L und 60000 -4L variierten. Die Arbeit, zu welcher nach der äußersten Preis- Notierung für 28 000 -4L Eisen nötig ist, und einen Zeitaufwand von 2 Jahren erfordert, wurde dem Wenigstnehmenden für 16 000 -4L zugeschlagen.

Pforzheim, 12. Jan. Der heutige Schweinemarkt war mit 4 Läufern und 44 Ferkeln befahren. Die Läufer wurden zu 60 Mk. das Paar, die Ferkel zu 30 Mk. verkauft. Es wurden verkauft 1 Paar Läufer und 34 Ferkel. Trotzdem viele Käufer da waren, war bei den herrschenden Preisen die Kauflust gering.

Gegen und für die Juden.

(Staatsbürger Zeitung, Berlin.)

Von hervorragender Wichtigkeit ist der von der deutsch-sozialen Reformpartei im deutschen Reichstage in Form eines Gesetzent­wurfs eingebrachte Antrag gegen die Einwander­ung ausländischer Juden. Hiernach soll sowohl die Einwanderung von Juden, die nicht in Deutschland staatsangehörig sind, wie auch die Gewährung der Staatsangehörigkeit in den deutschen Bundesstaaten an ausländische Juden, die sich beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in, Deutschland aushalten, um sich dauernd nieder­zulassen, ohne bisher in einem deutschen Bundes­staate die Staatsangehörigkeit erworben zu haben, und nicht schon vor dem 1. August v. I. ein selbständiges Gewerbe oder Geschäft in Deut- schland betrieben haben, sollen alsbald aus dem deutschen Reichsgebiete ausgewiesen werden. Der Antrag bedeutet einen Akt der Notwehr in dem ernsten gewaltigen Kampfe ums Dasein zwischen dem wiedercrwachten und auf seinen Beruf sich besinnenden christlich-germanischen Volksgeiste und dem nach Alleinherrschaft strebenden Juden­tum. Wie unsere großen Dichter und Denker, die Goethe, Schiller, Herder, Kant. Fichte, Schopenhauer, Bismarck, Moltke, Savigny rc., sich zu Aussprüchen gegen den Gesamtcharakter der jüdische« Nation veranlaßt fanden, so er- blicken alle wahrhaft deutsch und christlich gesinnten Männer in dem Zuwachs des Judentums eine gefährliche Bedrohung des deutschen Volkstums und des Christentums, wie auch der wirtschaft­

lichen Interessen aller Gesellschaftsklassen, nament­lich des Mittelstandes und der Arbeiter.

(Neue Freie Presse, aus Petersburg.)

Viele Anzeichen deuten darauf hin, daß in der inner» Politik Rußlands sich eine der be­deutsamsten und folgenschwersten Umwälzungen anbahnt, welche die Freunde des Fortschritts und der Menschlichkeit mit ihrem wärmsten Bei- falle begleiten werden. DieJudenfrage", welche bisher nur aufgerollt wurde, wenn es galt, neue Beschränkungen gegen die russischen Unterthanen jüdischen Glaubens einzuführen, kommt anscheinend wieder in Fluß, aber in einem ganz anderen Sinne als bisher. Diese Empfindung hat sich auch bereits der administrativen Kreise bemächtigt, für welche der Erlaß des Ministers des Innern, daß die schon verfügte Ausweisung aller Juden, welche näher als 50 Werst zur Grenze leben, zu sisticren sei, ein sehr deutlicher Fingerzeig ge­wesen ist. Schon damit ist außerordentlich viel

gewonnen. Eines kann doch als gewiß

hingestellt werden, daß der Zar entschlossen ist, alle seine Unterthanen, gleichviel welcher Kon­fession, vor ungerechter Willkür zu schützen. Die hohe Finanzwelt, welche es stets mit Bedauern gesehen hat, daß Rußland durch seine Juden­politik die eigenen Interessen des Landes schädigt, scheint ebenfalls der Ansicht zu sein, daß gewisse Garantien für eine nahe bevorstehende Aender- ung dieser Politik vorliegen. So erklärt sich auch das ganz außerordentliche Interesse, das allgemein der neuen russischen Anleihe entgegen­gebracht wird, in der Ueberzeugung, daß die Kräfte des Staates merklich wachsen müssen, wenn die neue Politik einige Millionen zufried­ener und glücklicher Unterthanen mehr schafft und diesen die Möglichkeit giebt. an der Ent­wicklung des Landes thäligen Anteil zu nehmen.

Württemberg.

Stuttgart, 11. Jan. Die Taufe des neugeborenen Sohnes des Herzogs und der Herzogin Alb recht fand heule mittag 12 Uhr im Speisesaale des herzogl. Palais statt, der in eine Kapelle verwandelt worden war. Vor einer grünen Palmenwand war ein Altar errichtet; rechts davon stand der Taufstein mit den Tauf­geräten. Nach dem Erscheinen der Geistlichkeit und der hohen Herrschaften wurde sofort die Taufe vorgenommen, bei welcher der neuge­borene Prinz die Namen Albrecht Eugen Maria Philipp Karl Joseph Fortunatus erhielt. Die Patenstelle hatte Erzherzog Albrecht über- nommen, als dessen Stellvertreter Herzog Robert von Württemberg das Kind während des Tauf­aktes auf den Armen hatte.

Die Wahl der ritterschaftlichen Ab­geordneten des Schwarzwaldkreises wird am 26. d. Mts., vorm. 11 Uhr, auf dem Rat­hause in Reutlingen vorgenommen werden.

Verlosung württ. Staatskapitalien. Am 21. Jan. d. I. findet die jährliche Verlos­ung von württ. Staatskapitalien statt. Unter das Los fallen: 1) Das 3'/,°/»ige Anlehen von 1862 mit den Buchstaben: 6. 6. 6.

2) Die 3'/,°/» Anlehen von 1888, 1889 und 1893 mit den Buchstaben: k. tz. 6. 8. 3) Die 4°/o Anlehen von 1857, 1860 und 1861 , mit den Buchstaben: 6. H. 4. L. 4) Die

4°/» Anlehen von 1875 und 1880 mit den Buchstaben: 1?. II. V. IV. 5) Die 4°/o An- lchen von 1885 und 1887 mit den Doppel­buchstaben: 66. g. 2000 -4L Nummer 1/7881, 66. L 1000 -4L Nummer 1/12520. 66. L 500 -4L Nummer 1/12559 , 66. ü 200 -4L Nummer 1/21893. Höhere Nummern dieser Doppel­buchstaben werden vorerst nicht verlost, ebenso findet bei den 4°ivigen Staatsschuldscheinen lüt. 6. ü 2000 N ü 1000 -4L. 6 a 500 -4L und 0 ü 200 -4L keine Verlosung statt.

Heidenheim, 9. Jan. Bei ziemlich tiefem Barometerstand hatten wir in den letzten Tagen ganz klaren Himmel und dabei eine ungewöhn­lich strenge Kälte, die sich in der Nacht vom 7. auf 8. bis zu26 Grad C. steigerte.

Marktpreise.

Neuenbürg, 12. Januar.

Butter, V- Kilo. 8090

Landeier, 1 Stück 8 Kisteneier 7 «I.

Pforzheim, 12. Januar.

Land-Butter Vr Kilo.1.10

Süßrahmbutter.vkL 1.251.30

Land-Eier, 2 Stück .1518

Kisteneier, 2 Stück.1315

Stuttgart', 12. Januar.

Süße Butter, '/r Kilo . . . . 1.101.20

Saure Butter, V, Kilo.1.00

Frische Eier, 10 Stück .75

Kalkeier, 10 Stück. . .ff.65

-Aussand.

Die ungarische Ministerkrisis droht nachgerade chronisch zu werden. Die Bildung eines Ministeriums Khuen-Hedervary ist noch in letzter Stunde gescheitert, welcher ungarische Politiker aber nunmehr das neue Ministerium zustande bringen soll, das ist noch völlig unge­wiß. Es ist daher erklärlich, wenn Budapester Berichte von der Möglichkeit eines Uebergangs- ministerums reden, damit hierdurch die Ver­längerung des Budgetprovisoriums bewirkt wer­den könne. Also ein provisorisches Kabinet dies wäre ja ein recht angenehmer Zustand für Ungarn.

Das KabinetDupuy kann einmal einen besonders guten Tag verzeichnen. In der Donnerstagsitzung der französischen Deputierten­kammer wurde zunächst der Antrag des Sozialisten Millcrand, die Kammer möge die Entlassung des neugewählten sozialistischen Deputierten Gerault- Richard aus der Haft beschießen, mit 309 gegen 218 Stimmen abgelehnt; Dupuy hatte die Ab­lehnung des Antrages zur Bedingung für das Verbleiben des Kabinets im Amte gemacht. Weiter lehnte die Kammer die vom Sozialisten Hebert geforderte Dringlichkeit für dessen von der Re­gierung bekämpften Antrag auf Erlaß einer all­gemeinen Amnestie für politische Vergehen mit 345 gegen 167 Stimmen ab. Endlich wurde die vom Justizminister Guerin beantragte ein­fache Tagesordnung in Betreff der vom Monarch­isten d'Hugues gestellten Interpellation über die Touloujer Wahlfälschungen mit 336 gegen 164 Stimmen angenommen. Das Kabinet Dupuy kann also einen dreifachen Erfolg in der Kammer verzeichnen, womit wohl seine unsichere parla­mentarische »Stellung für's Erste wieder gefestigt worden ist. Präsident Casimir-Pärier gab am Donnerstag dem diplomatischen Korps ein Fest­mahl, wobei auch der deutsche Botschafter Graf Münster zur Linken der Gemahlin des Präsi­denten, der päpstliche Nuntius zur Rechten Casimir-PLriers saßen. Vielleicht sollte die dem deutschen Vertreter bei der genannten Festlich­keit zuteil gewordene Platzauszeichnung eine Ge- nugthuung für ihn gegenüber den neuen Hetzereien der Pariser Chauvinistenblätter gegen die deutsche Botschaft in Sachen der Affaire Dreyfuß be­deuten.

Aus Frankreich, 11.Jan. DasSchnee- wetter und die Kälte der vergangenen Tage haben, wie sich jetzt erst überblicken läßt, be­deutendes Unheil angerichtet. Der Süden leidet um so mehr, als dort die Vorbereitungen zur Abwehr der Kälte weniger vorhanden sind; konnte es doch Vorkommen, daß bei Avignon ein ein 50jähriger Reisender im Eisenbahnwagen erfroren aufgefunden wurde! Schlimmer sieht es in Algerien aus. Auf der Hochebene liegt der Schnee 60 cm hoch. Der Telegraphenver­kehr ist unterbrochen, und ein Zug von Algier nach Eonstantine lag zwischen Meslang und Setif zwei Stunden im Schnee fest. In Morris bei Bona wurde die ganze Einrichtung des Tele- graphenumtes durch Blitzschlag zertrümmert. Dazu sind die Flüsse mächtig angeschwollen Die Vorstädte von Bona wurden überschwemmt; stellenweise stand das Wasser 70 cm hoch. Der Küstenort Colla bei Philippevrlle tst seit drei Tagen weder zu Lande noch zu Wasser zu er­reichen. Auch auf den Strecken Bougi-Beni- Mansur (Sahel-Thal) und Ain-Berda, südlich von Eonstantine, bleiben die Züge im Schnee stecken. Zwischen Berronaghia, Modcah und Blidah ist der Verkehr unterbrochen. In Msdsah liegt der Schnee 1,60 cm hoch. In der Um­gebung dieses Ortes wurden drei Eingeborene erfroren aufgcfunden. In Eonstantine schwankt die Kälte zwischen 3 und 5 Grad. Herrliches Wetter dagegen herrscht in Biskra, so daß die fröstelnden Luflgäste in Menge dorthin flüchten.