Blutige Kämpfe zwischen Chinesen und Japanern haben nördlich von Tchol, 120Meilen von Peking, einer Depesche aus Shangai zufolge stattgefunden. Ueber den Ausgang dieser Kümpfe besagt indessen die erwähnte Meldung nichts, sie berichtet nur noch, daß chinesische Vcrwundte zu Hunderten in Tientsin cingetroffen seien. Das Zeitungsgerücht von der angeblichen Ermordung des Königs von Korea wird für unbegründet erklärt.
Die im Gefecht bei Kaiping von den Japanern geschlagene chinesische Streitmacht zählte 3000 Mann mit 12 Kanonen. Etwa 200 Chinesen wurden gelötet, 150 zu Gefangenen gemacht. Japanische Kundschafter berichten, daß eine große chinesische Division, die sich aus Kaiping zu bewegte, um die dortigen Truppen zu unterstützen, sich zurückzieht, nachdem sie die Einnahme von Kaiping erfahre hat.
Anleryattender Heil.
Schlechter Leumund.
Kriminal-Novelle von Karl Ed. Klopfer.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Sendler blickte fragend auf den Compagnon; der zuckte die Achseln.
„Warten wir noch vierzehn Tage. Ich glaube noch nicht an diesen niedrigen Kurs. Der Saazer Hopfen wird entschieden auf 94 fl- hinaufgetriebcn werden. Wir können ja das Geld einstweilen in der Kasse belassen, bis der Kurs feststeht. Wie viel ist es denn?"
„Circa 14000 Mark für den nächsten Posten", sagte der Buchhalter, in einen schwarzledernen Portefeuille blätternd.
„Sehr wohl berechnet", sagte Herr Sendler mit ärgerlichem Lächeln; die Brauerei nimmt den Satz pränumerando, um uns desto erfolgreicher den Daumen auf's Auge setzen zu können; aber wir werden ja sehen! Behalten Sie den Posten bis zur äußersten Lieferfrist in der Kasse, lieber Hügel, wenn es sich nicht schon früher erweisen sollte, daß wir zu solchen Bedingungen alsolut nicht effektuieren können. Schreiben Sie den Leuten jedenfalls, der Betrag stände ihnen nach Belieben zur Verfügung, da wir uns vor zwei Wochen nicht entscheiden könnten.
Hügel verbeugte sich und zog sich mit der Geldtasche in seine Comptoirabteilung zurück, während Weller und Sendler noch beisammen blieben. Aber jetzt bildeten nur mehr geschäftliche Angelegenheiten das Thema ihres Gespräches, vor denen die Privatinteressen in den Hintergrund treten müßten.
2 .
Wenige Tage später herrschte eine fieber- hafte Unruhe und Thätigkeit im ganzen Städt- chen, dessen Geschäftswelt hauptsächlich aus Hopfenhändlern bestand. Was für die skandinavischen Handelsplätze z. B. das Ergebnis des ersten Häringsfanges im Frühjahr bedeutet, das ist für viele bayrische, böhmische und elsässische Orte die herbstliche Hopfenernte. Es giebt auf diesen Plätzen kaum eine Person, die nicht irgendwie Interesse daran hätte; die Kausleute durch die Negociation und den Export; die niedrigsten Volksschichten wenigstens durch das Verdienst, das sie durch das Einjammeln der Hopfentraubcn erzielen, zu welchem alle Altersklassen, ohne Unterschied des Geschlechts heran- gezogcn werden.
Die Firma I. M. Sendler u Comp, stand -vls die erste des Städtchens natürlich im Mittelpunkte dieser Bewegung. Die beiden Chefs waren den ganzen Tag über in angestrengtester Thätigkeit. bald draußen in ihren weitläufigen Hopfengärten, wo die Frucht von einer ganzen Armee von Taglöhnern: Männer, Weiber und Kinder, eingeheimst wurde, bald auf ver „Börse", die zur Erntezeit in einem bestimmten Kaffeehause der Stadt improvisiert wurde. Da gab es zu thun. daß jedem der Kopf rauchte. Mit peinvoller Spannung durchflog man jeden Tag die Zeitung, um das Ergebnis der Saazer Ernte auszukundschaften, welches für die ganze
Branche tonangebend ist, da sich die Frucht dieses kleinen böhmischen Bezirkes des besten Renommees erfreut. „Wie steht der Zentner Saazer Hopfen?" ist die brennende Frage, die auf den Lippen aller dabei Interessierten schwebt.
Begreiflicherweise gab cs auch für den jungen Buchhalter Leopold Hügel um diese Zeit Arbeit in Hülle und Fülle. Er kam vom frühen Morgen bis zum späten Abend nicht mehr aus seinem Comptoir, wo ihn seine Pflicht festhielt; da galt es, Hunderte von Offerten zu erledigen, Gelder auszahlen und cinnehmen und Buch darüber zu führen. Nach der Ernte, kurz vor Effcktuierung der eingelaufencn Bestellungen, sollte noch die übliche Kaffenskontierung stattfinden. Der junge Mann mußte wahrlich seine ganzen Fähigkeiten aufbieten, um auf seinem verantwortungsvollen Posten das Vertrauen zu rechtfertigen, das seine Chefs in ihn gesetzt hatten.
Seine alte Mutter, eine Beamtenwitwe, die mit ihm in einem bescheidenen Hause ziemlich am Ende der Stadt wohnte, seufzte in dieser Zeit gar oft und schüttelte ihr graues Haupt über den Ester ihres Sohnes, der ihn schier zu Grunde zu richten drohte. Kam doch ihr Leo- pold in den „großen" zwei Wochen nicht einmal zum Mittagessen heim und mußte, wenn er abends das Comptoir verlassen halte, ohne Verzug das Bett aufsuchen, um sich zu stärken — zu den Strapazen, die ihm der folgende Tag bringen sollte. Diese Zeit bedeutete für die gute Frau Hügel eine Zeit der Einsamkeit, und sie klagte, sie habe während der zwei Wochen keinen Sohn. —
An einem dieser bewegten Geschäftstage kam Ferdinand Weller vormittags hastigFn's Comptoir. um einen Posten in der Strazze nachzu- sehen. Als er auf die Schwelle der Eingangs- thüre trat, vernahm er drinnen, im Bureau des Buchhalters, das mit der Schreibstube und den Wohnräumen des älteren Chefs durch mehrere Ubikatione» in Verbindung stand, ein Geräusch, als würde rasch eine Thür in's Schloß geworfen. Er trat in die Stube und sah sich um; nur der junge Buchhalter war anwesend, emsig mit seinen Schreibereien beschäftigt.
„Ist Herr Sendler hier gewesen?"
„Nein, er ist ja draußen," antwortete Hügel, sich noch tiefer über sein Buch beugend, aber den scharfen Augen Weller's entging nicht die Röte auf den Wangen des jungen Mannes. Er zog die Brauen zusammen und eilte mit wenigen Schritten in's Comptoir seines Compag- nons von wo aus eine Treppe nach den Zimmern im Stockwerke emporführte.
Als er dort die Thür zu dem kleinen Treppenhaus aufriß. glaubte er eben den Schimmer eines Hellen Kleides oben auf den letzten Stufen — nach den Wohnräumen zu — verschwinden zu sehen. Das ließ sein Auge zornig aufblitzen, als habe er eine unliebsame Entdeckung gemacht.
In die erste Schreibstube zurückgekehrt, hatte er jedoch sein Gesicht wieder in dre gewöhnlichen Falten gelegt. Ganz gelassen nahm er die Kladde zur Hand und durchflog die Zeilen, als dächte er an nichts Anderes sonst.
„Ist Fräulein Marie zu Hause?" fragte er dann, ohne aufzuschen, so gleichgiltig, als spräche er ganz zerstreut, aber sein lauernder Blick huschte verstohlen nach dem Pult hinüber, vor dem Hügel auf seinem hohen Schrciberbock faß und die Feder mit bewundernswerter Schnelligkeit über das Papier schnarren ließ. Der Buchhalter schien im Drange seiner Thätigkeit die Frage des Chefs sogar überhört zu haben, so daß Weller dieselbe wiederholen mußte.
„Fräulein Sendler?" Ich weiß nicht!" kam es kurz von Leopold's Lippen.
Weller warf ihm einen giftigen Blick zu und schlug den Deckel des Geschäftsbuches mit einer heftigen Bewegung um, Er wußte, daß der Andere log. Marie war im Comptoir gewesen — vielleicht um ihren Vater zu suchen? So hätte Ferdinand sich wenigstens zu feiner eigenen Beruhigung sagen können, wenn Hügel so klug gewesen wäre, die Anwesenheit der jungen
Dame einzugestehen. Warum leugnete er aber — der erbärmliche Tropf?
Ferdinand nahm seinen Hut und ging wieder, aber nicht mit den rein mcrkantilischen Gedanken beschäftigt, mit welchen er vor einigen Minuten eingetreten war. In seinem Innern rührte sich so etwas wie ein giftiger Stachel. —
(Fortsetzung folgt.)
Wien, 10. Januar. Eine spaßhafte Geschichte vom jungen Gigerl erzählt einer im „N. Wiener Abendbl.": Gigerl springt in Tram- woywaggon, setzt sich, nimmt Karte, steckt sie,
wohin?. In die aufgestreckte Hose!
Publikum sieht ihn an, Gigerl sehr befriedigt, denkt: Kolossal imponiert! Drei Minuten später.' Kontrolleur: „Bitte um die Fahrkarten !" Gigerl sucht in Hausschuh, Hutkrämpe, Taschen — findet Karte nicht. Gigerl: „Mein Herr, ganz gewiß Karte genommen, vergessen, wohin
gesteckt ." Kontrolleur: „Bedaure, neue
Karte notwendig". Kondukteur giebt neue Karte, Gigerl zahlt. Marktweib, das alles mit ansieht, zum Glgerl: „Gelt, junger Herr, Sö san noch net lang Gigerl!" Publikum lacht.
München, 11. Jan. (Hübsche Stilblüte.) In dem ultramontanen Blättchen „Wendelstein" wird in einer Notiz über die vielgenannte Affäre ..Fuchsmühl" gesagt, die Presse müsse sich gestehen, „daß sie diesen Knochen schon bis zur Bewußtlosigkeit abnagte." — Armer, bewußtloser Knochen! Oder war der Verfasser bewußtlos, als er die schöne Phrase in den „Wendelstein" schrieb?
Folgende „Ehrenerklärung" war kürzlich. wie man den „M. N. N." aus Thüringen berichtet, in dem Dorfe Schwarza im Gasthof „Zum Stollberger Hof" ausgehängt: „JchEndes- unterschriebener nehme die gegen F. W. gethane Aeußerung, daß er der größte Spitzbube ist, als unwahr zurück und erkläre, daß er nicht der größte Spitzbube ist. A. K."
(Treffend.) Protz (zu einem Herrn, der ihn mustert, verbindlich): „Es scheint, daß Ihnen meine Brillantnadel und Brillantringe recht gut gefallen!?"—Herr: „Gewiß! Das sind ja sehr kostbare Protziosen!" — (Zweierlei.) „Nimm mir,s nicht übel, lieber Kamerad, aber Du scheinst in letzter Zeit wenig Wert auf Dein Aeußeres zu legen; denke nur daran, daß Kleider Leute machen!" — „Das schon; aber für mich machen die Leute keine Kleider mehr!" — (Gute Ausrede.) . . Was, Sie essen Beefsteak und wollen Vegetarianer sein?" — „Ja, ich betrachte das als verbotene Frucht!"
(In der Verlegenheit.) Wirt (zum Gast, dem der Ueberzieher gestohlen worden ist): Hier steht noch 'n Spazierstock — wollen Sie sich nicht den einstweilen mitnehmen? — (Schnell gefaßt.) Chef (plötzlich ins Komptor kommend): „Sie haben wohl geschlafen. Meyer?" — Kommis: „Nur einige Minuten, jund da Hab' ich vom Geschäht geträumt!"
(Ein persönliches Fürwort.) Die bedeutend- sie bulgarische Zeitung, welche den Anschluß an Rußland empfiehlt, heißt „Mir." — Der Name hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß dieses Organ die Freundschaft mit Rußland persönlich befürwortet.
Scharfblickende Menschen sehen sich am häufigsten in die Lage versetzt, ein Auge zuzudrücken zu müssen.
Manche Menschen glauben Geschenke zu machen wenn sie ihre Schulden bezahlen.
Telegramme.
P a r i s , 14. Jan. Einem Gerücht zufolge soll Jonnart anstatt Barrhous zum Arbeits- minister ernannt werden.
Paris, 14. Jan. In ruo Noireeuu fand gegen Mitternacht eine Explosion statt. Der Piördner des Hauses Nr. 65 sah auf einem Fenster des Erdgeschosses eine Maschine und warf dieselbe auf die Straße, wo sie kxplodierte und zahlreiche Fensterscheiben, sowie Straßenlaternen zertrümmerte. Personen wurden hiebei nicht verletzt. Man glaubt, daß die aus Weißblech bestehende Maschine mit Kugeln und altem Eisen gefüllt gewesen ist.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.