auf, dessen Beseitigung ziemlich unwahrscheinlich ist. Die Bankiers von Newyork sollen beim Präsidenten Cleveland vorstellig geworden sein, er möge den Schatzminister zur Demission ver­anlassen, escheißt jedoch, Cleveland habe Carlisle seines vollen Vertrauens versichert.

Die Bemühungen der Unionsrgierung zur Herbeiführung des Friedens zwischen Japan und China sind gescheitert. Das Vergebliche der Vermittlungsversuche der Union stand aller­dings beinahe von vornherein fest.

Petersburg, 3. Jan. In dem Prozeß gegen 32 gewerbsmäßige Schmuggler, Post­beamten und Kauflcute, welche eine organisierte Schmugglerbande an der preußisch-russischen Grenze gebildet hatten, wurden 27 Angeklagte verurteilt, 5 freigesprochcn. 7 Verurteilte bleiben wegen Schuldverjährung straffrei, die übrigen sind teils zu Gefängnishaft, teils zur Verschick­ung verurteilt.

London, 2. Jan. In Antananarivo wurde am 22. November unter großer Begeister­ung und regster Beteiligung der Hovas-Bevöl- kerung das madagassische Nationalfcst gefeiert. Die Zeremonie des Bades und der Segnung der vier Teile des Königreichs wurde vorge­nommen. Der Premierminister bevorzugte in auffallender Weise die an dem Feste teilnehmen­den Engländer, indem er allen die Hand reichte. Er drückte sein Bedauern aus über den französischen Treubruch und erklärte offen, daß Le Myre de Villers' Forderungen nur geeignet wären, die madagassische nationale Unabhängig­keit zu zerstören. Bis jetzt sind noch keine Zeichen vorhanden, die auf ein Nachgeben der Hovas schließen lassen, im Gegenteil ist entschieden durch die französische Expedition die Entschlosienheit der Hooas, den äußersten Widerstand zu leisten, bedeutend gestärkt worden.

Zürich, 29. Dez. Auf dem Hospiz des Großen St. Bernhard soll ein geräumiger Neu­bau im Anschluß an die bestehenden Gebäulich- keilen des Hospizes erstellt werden. Die Mönche haben etwa 150 Maurer, Zimmerleute und andere Arbeiter für nächstes Jahr engagiert. In Grindelwald sind jetzt 100 Kurgäste, meist Engländer, und die große, prächtige Eisbahn wird täglich stark benutzt. In der Uhrmacher­schule in Genf wurde kürzlich auch eine neue Mädchenklasse zur Erlernung der Uhrmacherei eröffnet. Bei verschiedenen schweizerischen Uhrmachern wurden großartige Bestellungen billiger Uhren (4'/s5 Fr.) vom japanischen Kriegsministerium gemacht. Die Uhren sollen nach beendigiem Feldzuge an die japanischen Soldaten verteilt werden. Für die Offiziere sind Uhren feinerer Konstruktion bestimmt. Im Berner Jura hat eine Firma allein die Liefer- und von 36 000 Stück Uhren übernommen.

Politische Iahresrundschait.

n.

Italien, der dritte Staat des Dreibundes, hatte auch im Jahre 1894, wie schon in den vorangegangenen Jahren, schwere innere Krisen durchzumachen. Förmliche sozial-revolutionäre Zuckungen, deren Ursprungssteüe Sizilien war, gingen fast durch das ganze Land und nur durch außerordentliche Maßnahmen konnte die gefährliche Bewegung wieder unterdrückt werden. Im Juni trat das Kabinet Crispi wegen der Schwierigkeiten zurück, auf die es mit seiner finanz- und wirtschaftspolitischen Reformaktion beim Parlamente stieß. Schließlich aber erwies sich Crispi als der alleinige Mann der Situation und so kam denn wiederum ein Kabinet Crispi zu Stande. Wachsende anarchistische Attentate machten für Italien eine besondere gegen den Anarchismus gerichtete Gesetzgebung nötig, zu­gleich ging die Regierung auch gegen die So­zialisten schärfer vor. Ein häßliches Nachspiel zum römischen Bankprozeß ist durch die bekannten Anschuldigungen des früheren Ministerpräsidenten Giolitti gegen seinen Amtsnachfolger Crispi heraufbeschworen worden, doch kann es kaum mehr zweifelhaft sein, daß der greise italienische Premier schwer verläumdet worden ist und daß chm im neuen Jahre eine glänzende Rechtfertig­ung bevorsteht. In Afrika konnten die Italiener

einen bedeutenden Erfolg über die Mahdisten durch die Einnahme der wichtigen Stadt Kassala verzeichnen.

Die französische Republik wurde im abgelaufenen Jahre von einer schweren Katastrophe betroffen, indem der Präsident Carnot in Toulon dem Dolche eines anarchistischen Fanatikers zum Opfer fiel. Doch zog das blutige Ereignis keine tiefergreifenden politischen Erschütterungen für das Land nach sich, da alsbald der bisherige Kammerpräsident Casimir-Perier zum neuen Staatsoberhaupte Frankreichs gewählt wurde. Casimir-Perier selber war im Mai als Ministerpräsident gestürzt worden, worauf das noch amtierende Kabinet Dupuy berufen wurde. Im Exil, auf englischem Boden, starb der orle- anistische Thronprätendant, der Graf von Paris. Auf kolonialpolitischem Gebiete trug Frankreich durch die Besetzung Timbuktus einen bemerkens­werten militärischen Erfolg davon. Mit Mada­gaskar sieht sich Frankreich in einen neuen Krieg verwickelt, der für die Franzosen anscheinend ebenso kostspielig wie langwierig werden wird.

Rußland mußte gleich Frankreich eine nationale Katastrophe im alten Jahre verzeichnen, den Tod des Kaisers Alexanders III. Es bestieg Zar Nikolaus II. den russischen Thron, doch ist die Spanne Zeit, welche Zar Nikolaus regiert, noch zu kurz, um sich schon ein bestimmtes Ur- teil über die Bedeutung des stattgehabten Thron­wechsels in Rußland bilden zu können. Wenige Tage nach der Beisetzung Kaiser Alexanders fand in Petersburg die prunkvolle Vermählung des jungen Kaisers mit Prinzessin Alix von Hessen (Großfürstin Alexandrowna Feodorowna) statt. Bemerkenswert war die Reserve, welche Rußland auch im Jahre 1894 in allen hervorragenderen Fragen der allgemeinen Politik beobachtete.

Das wichtigste Ereignis für England im alten Jahre war der Rücktritt des greisen Premiers Gladstone und seines Kabinets. Der bisherige Minister des Auswärtigen, Lord Rose- bery, übernahm bei der Neubildung des Kabinets auch den Vorsitz in dem neuen Kabinet. Doch hat das Ministerium Rosebery weder in der inneren noch in der auswärtigen Politik bis jetzt irgendwelche Lorbeern gepflückt. Jm Uebrigen giebt es diesmal von den englischen Angelegen­heiten sonst nichts von allgemeinerem Interesse zu berichten.

Was die europäischen Staaten zweiten und dritten Ranges anbelangt, so seien aus deren politischer Jahresgeschichte folgende Momente hervorgehoben: Spaniensah wiederholte Um­bildungen des liberalen Ministeriums Sagasta, trotzdem sind hiermit die mannigfachen Schwierig­keiten, mit denen dasLand der Kastanien" kämpfen muß, keineswegs beseitigt worden. In ihren indischen Besitzungen mußten die Hol­länder einen blutigen Krieg mit den rebellischen Balinesen führen. Die belgischen Parlaments­wahlen hatten als bemerkenswertestes Ergebnis die erstmalige Wahl einer Anzahl sozialistischer Deputierten wie Senatoren zu Folge. Einen glänzenden Erfolg bedeutete für Belgien die Weltausstellung zu Antwerpen. Im skandina­vischen Doppelreiche dauerte der Unionskonflikt fort. In den Ländern der Balkanhalbinsel zogen Serbien und Bulgarien die Aufmerk­samkeit am meisten auf sich. In Serbien gab es im alten Jahre einen viermaligen Kabinets- wechsel und einen neuen Staatsstreich König Alexanders. In Bulgarien wurde das Kabinet Stambuloff durch ein Kabinet Stoiloff ersetzt, das aber schon umgebildet werden mußte. Große Freude bei den Bulgaren erregte die Geburt des Kronprinzen Boris.

Ueber außereuropäische Länder ist Folgendes zu berichten: Zwischen Japan und China brach ein für Japan äußerst erfolgreicher Krieg wegen Korea aus, derselbe dauert noch immer fort. In Nordamerika ergaben die Neuwahlen zum Kongreß einen glänzenden Sieg der Republikaner. In Brasilien nahm der Aufstand gegen die Zentralregierung zu Rio de Janeiro ein klägliches Ende. In Marokko folgte Sultan Äbd-el-Aziz seinem Vater Muley Hassan unter schwierigen Verhältnissen nach.

Vermischtes.

Der Zeitungskatalog von Rudolf Mosse für 1895 hat im Innern wie im Aeußern, im Format wie in der Ausstattung eine vollkommene Umgestaltung gegenüber den früheren Jahrgängen erfahren. Praktische und Schönheitsgründe haben dazu geführt, dem Ka­talog ein Großquartformat zu geben und ihn so als Pultmappe und Schreibunterlage schön und praktisch zu gestalten. Ein Reihe vorzüg­licher Illustrationen, die dem Katalog beigegeben sind, und welche das Zentralburkau, die Druckerei von Rud. Mosse und die versch. Heimstätten der Zweigniederlassungen dorstellen, geben eine leb­hafte Anschauung von dem Umfang des Gesamt- untcrnehmens. Eine große Anzahl origineller neuer Entwürfe für die Ausstattung von Inseraten werden dem Publikum zur Verfügung gestellt und geben Zeugnis von dem unablässigen Eifer der Firma, den ihr übertragenen Anzeigen zu gutem Erfolge zu verhelfen. Der Katalog selbst, der durch die Vergrößerung des Formats wesent­lich an Uebersichtlichkeit gewonnen hat, zeigt wieder dieselben praktischen Einrichtungen, die seit Jahren an ihm zu schätzen sind.

DerGartenlaube-Walzer", das neueste Werk von Johannn Strauß, wird am 6. Januar in Wien von dem berühmten Komponisten persönlich zur ersten Aufführung gebracht. Der Walzer erscheint zunächst nur als Extra-Beilage zur Gartenlaube und wird erst später in den Musikalienhandlungen zu haben sein.

Die Zugkraft vonzweierlei Tuch." Nach der definitiven Versetzung der 6. Ulanen von Langensalza und Mühlhausen i. Th. nach Hanau sind nach einer Aufstellung des Magistrats zu Mühlhausen sage und schreibe insgesamt 254 Dienstmädchen nach der neuen Garnisonstadt übergesiedelt.

Der neue Retchshausbau soll vielen Abgeordneten noch nicht recht sympathisch sein, wegen der darin herrschendenKöller"-Luft.

Vater stolz. DieKreuzzeitung" hat in einem Provinzialblatt folgende Zuschrift gelesen: Da ich sehe, daß Sie sich dafür interessieren, so teile ich Ihnen hochachtungsvoll mit, daß am Abend vor St. Nikolo meine 10jährige Tochter Adele und meine beiden Buben von 9 und 8 Jahren zusammen 9 Stritzel. 34 Aepfel und anderthalb Kilo Nüsse außer dem gewöhn­lichen Nachtmahl verzehrt haben, und bitte ich ergebenst, dies unter Ihren NotizenKinder­mund" abzudrucken. Ich zeichne unterthänigst Friedrich W . . . ., Tischlermeister."

(Ein literarischer Gourmand.) Lehrjunge (zum Metzger): Der Meester will for'n Jroschen Schinken in Scheiben, aber in die Fortsetzung von die Jeschichte einjewickelt, wo Sie ihm jestern det erste Kapitel mit die Leberwurfcht jeschickt haben. (Euphemistisch.) Tourist (zum Wirt):Herr Wirt, geben Sie mir'n Tischtuch

aber eines mit fleckenloserer Vergangenheit!"

(Fatale Replik.)Meine Damen, Sie machen sich wohl über mich lustig?! . . Sie scheinen mich für einen recht einfältigen Menschen zu halten?!"Durchaus nicht! Man beurteilt doch die Menschen nicht nach dem Aussehen!"

(Rücksichtsvoll.) Musikdirektor (zu einem Bekannten): Sehen Sie, ich kann meine Ncujahrs- rechnungen nicht bezahlen, und ich sehe mich ge­nötigt, diejenigen Gläubiger, welche allzudringend werden, hinauswerfen zu lassen. Aber dabei nehme ich doch eine gewisse Rücksicht. Während ich mit den Leuten unterhandle, singt meine Frau am Klavier ein einschmeichelndes Lied, und sobald das Hinauswerfen beginnt, spielt sie einen feurigen Galopp.

(Unleugbar.) A.:Meiner Meinung nach müßte entschieden die Prügelstrafe wieder einge­führt werden!" B.:Aber ich bitte Sie, wo bleibt denn da das menschliche Gefühl?" A.:Nun, das bleibt ja bei der Prügelstrafe gerade die Hauptsache!"

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.