trug 2 neue lustige Lieder von Koschat und Waldmeister vor und erntete damit wie immer wohlverdienten stürmischen Beifall. Unter der strammen Leitung von Hrn. Stadtmusikus Frank erfreute der Orchesterverein die Zuhörer durch flott gespielte und durchaus sehr ansprechende Vorträge. Ein Potpourri von Munkelt mußte auf allgemeinen Wunsch wiederholt werden; ebenso gut gefiel der Calwer Feuerwehrmarsch von Frank. Die Leistungen des Orchestervereins gaben dem Programm angenehme Abwechslung und dem ganzen Konzert eine reichere Entfaltung. Die Anwesenden äußerten über den Verlauf dieses in allen Teilen gelungenen Konzerts ihre volle Befriedigung.
x. Calw. (Kinderfest.) Der engere Ausschuß für die Abhaltung eines Kinderfestes in hiesiger Stadt setzte unter Beiziehung einer größeren Anzahl Lehrer in seiner letzten Sitzung die am Feste znm Vortrag kommenden gemeinsamen Gesänge, die Prciswettspiele der einzelnen Schulklassen, sowie die Ordnung für den Fcstzug fest. Im Laufe der gegenwärtigen Woche werden Listen zur Leistung freiwilliger Gaben für das Kinderfest in Cirkularion gesetzt werden, damit unsere Lieblinge am Feste mit nützlichen kleinen Gaben und Preisen erfreut werden können. Von Geldpreisen soll thunlichst Umgang genommen werden, es sollen dagegen, wenn die freiwilligen Gaben — wie wohl angenommen werden darf — reichlich fließen, neben Eßwaren, Schreibund Schulmaterialien und sonstige kleinere Bedarfsartikel angekauft und als Gaben und Preise zur Verteilung gebracht werden.
Calw, 15. Juni. Das Gasthaus zur Kanne ist gestern von der Stadtverwaltung zum Preise von 27 500 gekauft worden.
Calw, 16. Juni. In verflossener Nacht um 10 Uhr brannte in Hornberg das Gasthaus z. Hirsch ab. Der Besitzer, Chr. Klink, der in jüngster Zeit verschiedene bauliche Veränderungen vorgenommen hatte und nun seinen Geschäftsbetrieb nicdergelegt sieht, ist schwer geschädigt. Die Entstehungsursache ist unbekannt.
Schwenningen, 15. Juni. Beim Rangieren auf dem hiesigen Bahnhof gerieten gestern nachmittag drei Güterwagen ins Rollen und fuhren mit ziemlich großer Schnelligkeit der Station Trossingen zu, durchfuhren dieselbe und wurden von dem rasch verständigten Stationsvorsteher in Deißlingen auf ein Nebengeleise abgeleitet, wo sie sämtlich an dem Prellbock zertrümmert wurden.
Jsny, 14. Juni. Aus dem die Strecke Jsny-Röthenbach befahrenden Postwagen ist am 11. dS. ein großer Po st sack, in welchem sich ein Geldsack mit 200 und zwei Briefsäcke befanden, sowie ein kleineres Paket abhanden gekommen.
Mainz, 13. Juni. Die Nachricht, daß der Kaiser am 14. August zu einer Truppenschau hierherkomme, und zwar in Begleitung des Königs von England, ist der Bürgermeisterei amtlich zugegangen. Der Großherzog von Hessen giebt im großherzoglichen Palais ein Frühstück. Es findet aus dem großen Sand eine Truppenschau statt, zu der auch auswärtige Garnisonen Abteilungen stellen.
so Wiesbaden, Biebrich (Unteroffizierschule), Frankfurt, Offenbach, Homburg, Worms, Hanau, Hofgeismar und Darmstadt. Der König von England wird zur angegebenen Zeit in Homburg weilen, um im nahen Cronberg die Kaiserin Friedrich zu besuchen.
Homburg v. d. H., 14. Juni. Der Kaiser trifft morgen Vormittag kurz nach 9 Uhr mit größerem Gefolge hier ein. Am Vormittag besichtigt er einen aus alten Fundstücken errichteten romanischen Säulengang, der im inneren Schloßparke aufgestellt ist. Mittags begiebt sich der Kaiser nach der Saalburg, um die Fortschritte der dortigen Arbeiten zu besichtigen. Von dort aus fährt der Kaiser direkt nach Schloß Friedrichshof zur Kaiserin Friedrich.
Berlin, 15. Juni. Der Professor der alten Sprachen Levies, ein alter Herr aus Paris, der seit 14 Tagen in einem hiesigen Hotel wohnte, wurde heute Nacht auf dem Wege dahin von zwei Männern überfallen und seines Portemonnaies sowie verschiedener Wertsachen beraubt. Infolge eines heftigen Stoßes, der ihm versetzt wurde, fiel er über das Geländer hinweg in die Spree und konnte erst nach einigen Stunden von einem zufällig Vorübergehenden aus seiner Lage befreit werden.
Berlin, 15. Juni. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Tokio: Donnerstag Abend hat der General-Feldmarschall Graf Waldersee dem Feste des deutschen Clubs beigewohnt. Gestern wurde er vom Kaiser in Abschieds-Audienz empfangen. Der Kaiser und die Kaiserin waren un- gemein gnädig. Der Kaiser sandte dem Feldmarschall zwei prächtige japanische Vasen und einen prächtigen Wandschirm. Sämtliche Herren des Gefolges wurden gestern mit hohen japanischen Orden, verschiedener Klassen des Sonnenordens sowie des Ordens vom heiligen Schatz dekoriert. ' Heute findet ein großes Fest der Deutschen in Jokohama statt. Abends giebt der Feldmarschall in Tokio den Spitzen der japanischen Behörden ein Festmahl. Am 17. ds. erfolgt die Abreise nach Nikko, am 18. von dort nach Kobe. Am 22. Juni erfolgt die Einschiffung auf der Gera von Nagasaki zur Heimfahrt.
Berlin, 15. Juni. Das Berliner Tageblatt meldet aus London: Von absolut vertrauenswerter Seite verlautet, daß die Buren noch über 18000 Mann verfügen, von denen 6000 Rebellen in der Kap-Kolonie stehen und daß ihre Ausfälle durch fremden Zuzug, besonders von französischer Seite gedeckt werden. Ebenso ist noch für 18 Monate Kriegsmaterial vorhanden. Doch haben die Burenführer die Hoffnung auf eine absolute Unabhängigkeit aufgegeben. Dagegen sind sie bereit, heute in Friedensverhandlungen, die sich im Rahmen von Lord Kitcheners Angebot bewegen, mit folgendem Amendement einzutreten: 1. eine angemessene wenn auch nicht vollständige Amnestie für die Natal- und Kap-Kolonie-Rebellen, holländischen Stammes, 2. eine Compensation für die Verbrennung der Farmen und Hinwegführung des Viehes rc., 3. die Beteiligung der alteingesessenen Bevölkerung an der constitutionellen Leitung der neuen Kolonie, 4. eine angemessene Begleichung der Verpflichtungen, die das Buren-Regiment während
des Krieges hat eingehen müssen. Ueber den Modus, wie ein solcher Friede abzuschließen sei, scheint man sich auf Seiten der Buren auch schlüssig gemacht zu haben. Ein 14tägiger Waffen-Stillstand würde genügen, um Differenz-Punkte zu erledigen und Louis Botha und Delarey machten sich verbindlich, den letzten Rest der Oppositionen zu beseitigen. Der Einfluß Krügers und des Dr. Leyds auf Krieg oder Frieden sei vollständig Null. Falls Kitchener nicht den Auftrag erhält, auf dieser Basis zu verhandeln, wird allerdings der Krieg bis auf den letzten Mann fortdauern. Frau Botha hat keinerlei Friedens-Vorschläge zu machen. Ihre Aufgabe ist nur, den Buren-Delegirten ein klares Bild der heimischen Zustände zu geben.
Berlin, 16. Juni. Nach einem Telegramm des Lokal-Anzeigers aus London meldet Kitchener: ElliotS Kolonne hatte einen schweren Kampf mit Dewet bei Reitz und eroberte 71 Wagen, 58 Gewehre und 10 000 Patronen. Er machte 45 Gefangene. Die Buren hatten 17 Tote und 3 Verwundete. Bei den Engländern sind 3 Offiziere und 17 Mann tot, 1 Offizier und 24 Mann Verwundete.
Berlin, 16. Juni. Die Enthüllung des Bismarck-DenkmalS hat heute Mittag 12 Uhr bei bedecktem Himmel stattgefunden. Schon von früher Vormittagsstunde an konnte inan aus der Phistognomie der Straßen, die zum Brandenburger Thor führen, sehen, daß wieder einmal etwas los ist in Berlin. Die Umgebung'des Königsplatzes, der sich vor dem Reichstagsgebäude ausbreitet und auf dessen westlicher Seite das National-Denkmal für Deutschlands ersten Kanzler sich befindet, war schnell von einer dichten Menschenmenge umsäumt. Auch der Platz vor und innerhalb des Brandenburger Thores sowie die Straße unter den Linden füllte ein zahlreiches Publikum, unter dem viele Fremde zu bemerken waren, um die Auffahrt der an der Feier teilnehmenden Persönlichkeiten zu besichtigen. Der Denkmalsplatz war mit Flaggenmasten, die mit Gewinden aus Tannengrün miteinander verbunden waren, flankiert. Das Kaiserzelt war mit goldenen Quasten und Schnüren behängen. Die vier Ecktürme des Reichtagsgebäudes waren mit Fahnen in den Farben der deutschen Bundesstaaten geschmückt. Die zu beiden Seilen des Denkmals aufgebauten Tribünen für geladene Personen waren mit weißem Tuch bedeckt. Ein buntes Bild bot die Auffahrt der in vollem Wichs gekleideten Studenten. Um 11'/- Uhr erschienen auf dem Denkmalsplatz vom Reichstagsgebäude kommend die Mitglieder des Reichstages und des BundeSrats unter Führung des Grafen Ballestrem und nahmen links vom Kaiserzelt Aufstellung. Rechts vom Denkmal stellten sich die Minister auf. Unter den letzteren sah man den Fürsten Hohenlohe, den früheren Etatssekretär Bötticher und den greisen Herrn v. Delbrück. Ferner versammelten sich zu beiden Seiten des Zeltes Mitglieder des Magistrats und der Stadtverordneten, auswärtige Deputationen, u. A. auch vier Halberstädter Kürassier-Offiziere. Hinter dem Denkmal war der Platz für die Krieger-Vereine, Schulkinder etc. Auf den Tribünen hatte sich ein zahlreiches ausgewähltes Publikum eingefunden. Kurz nach
Wie vom Donner gerührt stand der andere da. „Bergau subhastiert?" rief er. „Wie konnte-"
Das Wort erstarb ihm auf den Lippen.
„Ja, das sind Schicksalsschläge, lieber Sohn," erwiderte der alte Graf.
„Ich habe mir's auch nie träumen lassen, daß ich dem Sitze meiner Väter so den
Rücken kehren würde. Aber wenn man so knausrige Verwandte hat, die einem keine hilfreiche Hand bieten, so kann es wohl nicht anders kommen. Wirf mir nicht so unheimliche Blicke zu, Herbert," wandte er sich an seinen Sohn. „Es ist doch wahr, dein Onkel Franz ist an allem schuld-"
Der Sohn schnitt ihm kurz das Wort ab, indem er sagte:
„Lieber Kuno, du möchtest wohl den Reisestaub abthun. Aber freilich
habe ich kein Zimmer für dich, denn alles ist kalt und kahl im Schlöffe, wie du
es hier siehst. Ich kann dir nur anbieten, diese Nacht in meinem Zimmer mit mir zu Hausen, und dorthin möchte ich dich auch jetzt führen, wenn du mir folgen willst."
Jener erklärte sich dazu bereit. Aber dem alten Grafen schien es nicht
recht zu sein, daß ihm die Gesellschaft des jungen Assessors entzogen werden sollte.
„Du bist ein Egoist, Herbert, und möchtest alles für dich allem haben,"
sagte er. „Ich will Kuno ebenso gut genießen wie du."
„Wir kehren zurück, Papa. Lege dich hin zu deiner unentbehrlichen Mittagsruhe. Bis du ausgeschlafen hast, sind wir wieder da."
Die beiden jungen Männer verließen den Saal und begaben sich durch einen langen Korridor in ein eine Treppe höher gelegenes, rundes Turmgemach, welches sehr umfangreich war, aber keine weiteren Möbel enthielt als ein breites Bett, einen Stuhl und eine Kommode, deren Platte als Waschtisch diente. Eine eisige Kälte schlug den Eintretenden entgegen, und Kuno Seiden schauerte vor
Frost und Erregung. In der Mitte des Zimmers stand ein offener, kostbarer Reisekoffer, in dem einige Kleidungsstücke geordnet lagen. Dies wertvolle Stück paßte so schlecht in die Umgebung, daß man sich unwillkürlich fragte, wie es da hineingekommen sei. In ebenso großem Kontraste zu der offenbaren Armut stand die Kleidung des Grafen, die elegant und von modernem Schnitte war. Diese Gegensätze mußten jedem auffallen. Kuno jedoch, der eben nach langer, anstrengenden Reise an sein Ziel gelangt war, hatte dafür einstweilen keinen Blick. Auf ihm lastete die schwere Neuigkeit, die er eben vernommen, daß Bergau, der alte Stammsitz der Grafen Nordau, wo er als Knabe zahllose glückliche Stunden verlebt hatte, verkauft und in anderen Besitz übergegangen sei, und als er jetzt mit dem Freunde allein war, drückte er dessen Hand und sagte: „Armer Herbert!"
Der junge Graf seufzte. Dann bat er den Freund, rasch zu machen mit seiner Toilette, denn dies Zimmer sei nur zum Schlafen, nicht zum Wohnen, wie Kuno bemerken werde.
„Wo habt Ihr denn alle Eure Möbel gelaffen?" stieß der andere zähneklappernd hervor, während er sich wusch.
„Verkauft. Allmählich — eines nach dem anderen."
„Und das, was jetzt noch hier ist, gehört Euch?"
„Nein. Das Schloß ist mit Mobilar und Wirtschaftsgerät auf den neuen Besitzer übergegangen."
„Und die schönen Gemälde aus dem Eßzimmer und die sogenannte Ahnengalerie?"
„Die letztere hat mein Vater vor längerer Zeit einem Grafen Nordau, einem entfernten Verwandten, überlaffen, der sie gut bezahlte. Die anderen Bilder sind ebenfalls verkauft, wir nehmen nichts von hier mit."
(Fortsetzung folgt.)