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Ernst Lautenschlager beworben, der frühere Vorsitzende des Gewerbegerichts. Die Stelle ist mit 9200 Mk. dotiert und wird auf 6 Jahre besetzt. Erfolgt alsdann keine Wiederwahl, so ist dem Zurücktretenden eine einmalige Ent­schädigung von 6000 Mk. zugesichert.

Stuttgart, 25. Sept. Am 7. Okt. findet hier im Schlachthaussaale eine allgemeine Württ. Metzgerversammlung statt. Der Hauptgegenstand der Beratungen betrifft Stellungnahme zu den Landtagswahlen in Beziehung auf Abschaffung der Fleischsteuer, worüber der Vorsitzende des Württ. Bezirksvereins Wollensky-Ulm referieren wird. Auf der Tages-Ocdnung stehen weiter ein Antrag von Obermeister Bürgcrausschußmit- glied K. Fischer hier auf Abhaltung gemeinschaft­licher Häule-Auktionen durch die Innungen, sowie ein Vortrag von Maier-Aalen überGründung und Nutzen der Innungen."

Der Oberbürgermeister von Heil­bronn hält die Zügel des Regiments fest in Händen und läßt sich von seinen Gegnern nicht aus dem Konzept bringen. Seit langer Zeit ist er Vorsitzender eines Komites behufs Er­bauung einer Bottwarthalbahn bezw. Fortführung derselben von Beilstein nach Heilbronn. Nun hat sich in Heilbronn noch ein besonderes Eisen- bahnkomite für dieselbe Sache gebildet und glaubte, mittelst einer Anrempelei des Ober­bürgermeisters durch einige Gemeinderäte diesen zwingen zu können, daß er die angesammelten Akten in Sachen dieser Bahn herausgebe oder wenigstens zur Einsichtnahme für das neue Konnte ausleihe; Herr Hegelmeier kennt aber seine Pappenheimer und erklärte rundweg, die aller­meisten Schriftstücke seien seine Privatakten, die er deswegen nicht herausgeben werde, damit keine wilde Spekulation mit Grundstücken auf der Hellbrauner Markung entstehe. Der Hellbrauner Gemeinderat sah denn auch die Berechtigung dieser Weigerung ein und das sonderbündlerische Eisenbahnkomite braucht für den Spott nicht zu sorgen.

Tuttlingen, 29. Sept. Heule Nacht wurde in dem Uhrengeschäft von A. Kultier das Schaufcnfenster erbrochen und 8 goldene Herren- und 6 goldene Damenuhren im Wert von etwa 2000 Ml. gestohlen.

Metzingen, 25. Septbr. Unsere schöne Stadtkirche kann nun elektrisch beleuchtet werden; bereits ist in voriger Woche der erste Abend- gottesdicnst bei elektrischer Beleuchtung gehalten worden. Der provisorische Kronleuchter mit 10 Glühlichtern von je 16 Kerzenstärken wird durch einen bereits bestellten, 2,5 w im Durchmesser haltenden, mit 12 Lichtern von je 25 Kerzen­stärken ersetzt werden. Nebenbei erhält noch die Orgel, die Kanzel und die Sakristrei je ein Glühlicht. Die Gemeinde war sichtlich erfreut über das schöne Licht, das noch den großen Vorzug hat. daß durch dasselbe das schön ge­malte Gewölbe nicht beschmutzt werden kann.

Nagold, 25. Sept. Wie gut und vor­teilhaft es ist, wenn Familienväter durch Ein­gehen von Lebens- und Unfallversicherungen für ihre Angehörigen zu sorgen bemüht sind, erfuhr jüngst eine Familie in R. Müller E. in R ging vor 4 Jahren in eine Lebensversicherung mit 5000 Mk. und 1 Jahr später in eine Unfallver- sicherung mit Prämien-Rückgewähr, ebenfalls für den Todesfall mit 5000 Mk. Von letzterer er­hielt er im vergangenen Jahre infolge eines Unfalls 70 Mk. ausbezahlt. Vor kurzem nun verstarb R. an Blutvergiftung, die er sich bei einer Feldarbeit zugezogen hatte. Nun erhalten seine Frau und seine Kinder für die par 100 Mark, die einbezahlt wurden, 10000 Mk. nebst den bei der Unfallversicherung eingelegten Prä­mien ausgehändigt.

Obstpreiszettel.

Stuttgart, 29. Sept. Zufuhr auf dem Wilhelms- Platz: 900 Ztr. Mostobst, Preis 3 Mk. 80 Pf. bis 4 Mk. 20 Pf. per Ztr.

Tübingen, 28. Sept. Auf den heutigen Obst­markt wurde sehr vielObst gebracht, hauptsächlich Birnen. Gemischtes Obst kostete 4 20 bis 4 80 ^ >der

Ztr., reine Aepfel kosteten 5 bis 5 ^ 40 der Ztr.

Eßlingen, 29. Sept. Auf dem Marktplatz waren zugefnhrt etwa 480 Ztr. Obst, Birnen zu 3 ^ »» <4 bis 3 80 Aepfel zu 4 40 ^ bis 4 ^

^ der Ztr. Aus dem Bahnhof stehen 20 Wagen pestlsches, bayrisches, östreichisches und Schweizer Obst, durchweg Aepfel, der Ztr. zu 4 20 ^ bis 4 40 ,

Schorndorf, 29. Sept. Gestern kamen am Bahn­hof hessische Mostäpsel zum Verkauf, für den Ztr. wurden 4 50 ^ bezahlt. Dem heutigen Obstmarkt wurden

gegen 800 Ztr. Mostobst zugeführt, meist Birnen. Aepfel kosteten 4 30 bis 4 50 gemischtes Obst

4 bis 4 20 Birnen 3 60 ^ bis 3 80

Pr. Ztr. Der Betkauf war ein lebhafter.

Stuttgart, 29. Sept. Kartoffel» und Krairt- markt. Zufuhr: 500 Ztr. Kartoffeln, Preis 2 « 30 ^ bis 2 -/lL 80 Zufuhr: 1500 Stück Filderkraut,

Preis Pr. 100 Stück 12 bis 15 Mk.

Ausland.

Bukarest, 27. Sept. Das moldauische Städtchen Podu Turcului ist gestern gänzlich abgebrannt; 400 Familien sind abdachlos.

Paris, 29. Septbr. Der Stadtrat von Nimes hat in einer außerordentlichen Sitzung die Beibehaltung der Stiergefechte beschlossen.

In Bulgarien haben letzten Sonntag die Wahlen zur Sobranje stattgesunden; dabei scheinen aber die konservativen Minister gegen die liberalen insgeheim intriguiert zu haben und erstere, die gleichzeitig mit Rußland kokettieren, errangen eine große Mehrheit für ihre An­hänger; aber auch der bisherige Wühler Zankow wurde gewählt und soll bereits die Erlaubnis zur Rückkehr nach Bulgarien erhalten haben. Schon soll sich aber auch ein russischer Staats­rat nach Bulgarien begeben haben, so daß recht wohl ein völliger Umschwung der inneren und äußeren Politik Bulgariens als möglich erscheint trotz der bisherigen Versicherungen Stoilows, daß alles beim alten Kurs verbleiben werde.

Peterburg, 29. Sept. Wie sehr be­stimmt verlautet, erklärte auch Professor Leyden, ebenso wie Professor Sacharjin, das Leiden des Zaren für die Bright'sche Niercnkrankheit. Von hiesiger ärztlicher Seite wurde bereits vor einiger Zeit der Verwunderung Worte geliehen, daß diese gefährliche Krankheit, deren Anfänge sich jedenfalls schon längst einem aufmerksam beob­achtenden ärztlichen Auge gezeigt haben müßten, so lange ohne das allerkräftigste Eingreifen der Aerzte bleiben konnte. Allerdings wird hinzu­gefügt, es habe von jeher ungemein schwer gehalten, den Kaiser zu einer seiner Gewohn­heiten und vor allem seine Arbeitskraft be­schränkende Kur zu bewegen. DerRegierungs- bote" meldet: Die Gesundheit des Kaisers hat sich seit der im Januar überstandenen schweren Influenza nicht völlig gebessert. Im Sommer trat eine Nierenkrankheit (Nephritis) zutage, welche behufs erfolgreicher Heilung vei kalter Jahreszeit einen Aufenthalt des Kaisers in einem warmen Klima erheischt. Auf den Rat der Professoren Sacharjin und Leyden begiebt sich der Kaiser zum zeitweiligen Aufenthalt nach Livadia,

In England hat man den beschlossenen Feldzug der Franzosen gegen Madagascar schon längst mißgünstig betrachtet, er paßt eben der englischen Krämerpolitik durchaus nicht in den Kram. Jetzt wird nun bekannt, wie eifrig man englischerseits bemüht ist, unter der Hand den Madagassen nach Kräften und natürlich gegen klingendes Entgelt in dem kaum mehr vermeidlich erscheinenden Kriege mit Frankreich möglichste Unterstützung angedeihen zu lassen. Teils direkt ab England, teils unter englischer Vermittlung vom Continent aus sind in den letzten Wochen bedeutende Mengen von Kriegs­munition, ferner 36 Glattlingkanonen und viele tausende Gewehre neuester Konstruktion für Rechnung der Howas-Regierung nach Mada­gascar verschifft worden. Die Agenten der madagassischen Regierung haben weitere große Lieferungen in England bestellt, die demnächst von continentalen Häfen, deren Namen geheim gehalten werden, abgehen. Eine Gruppe von englischen, belgischen und französischen Finanz­männern, die an den vom Premierminister von Madagascar verliehenen Bergwerkskonzessionen beteiligt sind, hat dem Vernehmen nach eine Summe von einer Viertel Million Pfd. Sterl. für die Howas-Regierung aufgebracht, welche binnen kürzester Zeit nach Tannata abgesandt werden soll. Was wird' man wohl in den Pariser Regierungskreisen zu diesen angenehmen Neuig­keiten sagen?

Shanghai, 29. Sept. Eine Meldung des Reuter'jchen Bureaus besagt: Nach einem hier umlaufenden unbestimmten Gerüchte landeten die Japaner nördlich von Chefoo große Truppen­

mengen und setzen die Landung fort. In der Fremdenkolonie von Peking und Tientsin herrscht große Besorgnis. In Tientsin werden Maß- regeln zur Verteidigung der Stadt getroffen.

Nokohama, 29. Sept. Die Reserve der japanischen Kaisergarde ist einberufen worden.

Auf der Insel Lombok gestaltet sich die Lage immer günstiger für die Holländer. Die aufständischen Balinesen haben Boten zu dem holländischen Oberbefehlshaber abgesandt, um mit demselben über die von den Holländern zu gewährenden Friedensbedingungen zu unter­handeln.

Anterhattender Heil.

Der schwarze Lude.

Eine Wilderergeschichte aus dem Rothaargebirge von Ehr. Fleischhauer.

(Nach einer wahren Begebenheit.)

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

12 .

Es ist gegen den Spätnachmittag.

Auf der Chaussee, die am Lindenwirtshause am Kreuzweg vorbeiführt, naht von der west­fälischen Grenze her ein Wagen, wie er mehr in der Gegend Sitte. Blau gestrichen ist das Untergestell und über die ganze Länge des Ge- sährts wölbt sich das weiße Plantuch. Es schützt vor Sonne und Regen und neugierigen Blicken.

Das einfache Brett vorn, das als Sitz dient, ist der Bequemlichkeit halber mit einigen Decken belegt. Neben dem Fuhrmanne, der mit Hott und Hüh seinen schweren Gaul antreibt, sitzt ein Mann mit bartlosem, sonnenverbranntem Antlitz, kurz geschorenen Haaren. Er zieht, wie der Fuhr­mann, mächtige Dampfwolken aus seiner kurzen Pfeife, und die schwarzen stechenden Augen um­fassen, trotz des lebhaften Gesprächs, jeden Strauch, jeden Baum, als seien es alte, alte Bekannte.

Auch drinnen im Wagen muß jemand sein. Wenn das Gespräch ab und zu besonders lebendig wird, neigt sich ein Kopf mit rotem Haar hervor, ganz nahe bis an die Köpfe der beiden vorn auf dem Fuhrmannssitz.

Da sind wir; halt gerade im Schatten der Linde, Georg, und laß mich hinuntersteigen. Du bleibst noch's erste in Deinem lustigen Zell, im klebrigen alles, wie verabredet!"

Brrr!"

Der Fuhrmann war ein alter Bekannter vom Lindenwirt, das zeigte der Händedruck, mit dem die Männer sich begrüßten.

Wen hast da, Georg?"

Weiß nicht, der Kauz bat mich unterwegs aufsteigen zu dürfen; hat den ganzen Weg kein Wort gesprochen, scheint aber übernachten zu wollen bei Dir!"

Sprich's der Rosel, wird sich wohl ein Plätzchen finden?"

Einige Mal war der Wirt nun schon über den Hof gewandert und immer wieder blieb sein Blick haften auf dem Fremden, den der Fuhr­mann mitgebracht. Erst hatte er auf dem Stein­tisch vor der Linde ein mächtig Stück Brot und als Zukost ein ebenso großes Stück Fleisch ge­gessen. Getrunken hatte er, was der Fuhrmann, wohl in seinem Aufträge, ihm aus der Wirt­schaft geholt. Nun lag er, die Hände auf den Tisch gebreitet, den Kopf in ihnen vergraben und schlief.

Schlief?

Eben war der Wirt wieder über den Hsf gewandert. Er hatte hinüber geschaut nach dem Schläfer und dieser hatte den Kopf leise gehoben und hatte aus seinen schwarzen Augen einen

Blitz-Na, dem Christoph

war ein leises Frösteln über den Rücken ge­laufen. wenngleich es draußen recht sommerlich warm war. Der Blick! Man sollte meinen! Doch Unsinn! Der ist wohlgeborgen hinter festem Schloß und Riegel.

Es ward dunkel. Gäste kamen und gingen. Christoph hatte Arbeit erhalten und seine Ge­danken an den Fremden unter der Linde waren ihm dadurch aus dem Kopfe gekommen. Doch nur, so lange er beschäftigt. Doch als er in später Nachtstunde zu Bett gegangen, kam ihm die Erinnerung an ihn mit um desto größerer Macht. Der Blick! Nur einen Augenblick