den Willen. Besonders interessant waren die Demonstrationen mittels eines Apparats, die eine deutliche Veranschauung gaben, wie eine Bewegung bezw. Berührung des Nervs die Thätigkeit fortführt und vollendet. Bezüglich der Wirkungen, die das Turnen auf den mensch. lichen Körper ausübt, wies der Redner insbe­sondere auf die positiven und negativen Arbeits­bewegungen hin, von denen die elfteren den Körper anstrengen, Atmung und Herzthätigkeit vermehren, wogegen letztere mühelos sind und auf Atmung und Herzthätigkeit ohne weiteren Einfluß bleiben. Experimente veranschaulichten dies. Auch der Turnspiele wurde Erwähnung gethan, ebenso der Turnhallen, welch letztere unbedingt staubfrei sein und Licht und Luft haben müssen. Zur Kleidung, die leicht und anpassend sein soll, empfehlen sich kurze Hosen. Alles, was drückt und beengt, soll entfernt wer­den, worin allerdings das Militär kein nach­ahmungswertes Beispiel gebe. Als Uebungen sind hauptsächlich solche zu wählen, die viele Muskeln des Körpers zugleich anstrengen. Beim Festessen imLamm" brachte der Vor­sitzende, Prof. Dr. Fink, ein Hoch aus auf die Turnerschaft und die Stadt Tübingen. Nach­mittags machte die Mehrzahl der Teilnehmer dem Kaiser Wilhelms-Turm einen Besuch.

Ausland. .

Im Donaukaiser st aale steht man noch vorwiegend unter dem erschütternden Eindruck des jähen Hinscheidens des diesseits wie jenseits der Leitha so ungemein populär gewesenen Erz­herzogs Wilhelm von Oesterreich. Die Leiche des hohen Verblichenen ist am Mittwoch 9 Uhr abends in der erzherzoglichen Hauskapelle in Baden eingesegnet und nach Wien überführt worden, wo dieselbe direkt nach der Hofburg gebracht wurde. Am Donnerstag fand hierauf das feierliche Leichenbegängnis und die Beisetz­ung im Beisein des Kaisers Franz Joseph und der Mitglieder des Kaiserhauses statt.

DerProzeß gegen Caserio, den Mär- der Carnots, hat sich am Donnerstag und Frei­tag vor dem Lyoner Schwurgericht abge­spielt Caserio bekundete in seinem Verhör durch den Schwurgerichtspräsidenten großen Cynismus. Er erzählte mit frecher Miene, wie er sein Verbrechen ausgeführt, und bekannte sich offen als Anarchisten, der die Staatsoberhäupter und das Bürgertum hasse. Doch läugnete Caserio, Mitschuldige zu haben. Der widerliche Cynismus des Angeklagten rief bei dem zahlreichen Prozeß­publikum öfters große Erregung und Entrüstung hervor. Anderseits verursachte es auch tiefe Bewegung im Zuhörerraum, als der Vorsitzende den Angeklagten frug, ob er denn gar nicht daran gedacht habe, daß der 24. Juni ein ge­meinsamer Gedenktag für Franzosen und Italiener sei, daß er die Erinnerung an jene Zeit zurück­rufe, da in der lombardischen Ebene französisches und italienisches Blut gemeinsam geflossen, daß der 24. Juni der Jahrestag der Schlacht von Solserino sei? Das alsdann folgende Verhör der Zeugen brachte im Allgemeinen wenig Neues. Zu erwähnen ist höchstens, daß Kapitän Hoettinger und Lieutenant Delpsch vom 7. Kürassier-Regi­ment aussagten, sie hätten Befehl gehabt, den Wagen des Präsidenten zu decken, der Stoß sei aber so schnell ausgeführt worden, daß sie den Mörder kaum gesehen hätten. Ferner erklärte der Präfekt des Rhone-Departements, Rivard, er hätte alle möglichen Vorsichtsmaßregeln ge­troffen gehabt, alle Vorsichtsmaßregeln würden aber niemals einen entschlossenen Menschen hin­dern, sein Opfer zu töten.

In der Angelegenheit der griechischen Schuldenregulierung oder vielmehr Nicht­regulierung liegt folgende telegraphische Meldung bor:DieTimes" meldet aus Athen: Der deutsche Gesandte informierte Trikupis, die deut- iche Regierung unterstütze die Ansprüche der Gläubiger. Man sagt, die deutsche Gesandtschaft werde abberufen, und die deutsche Regierung werde den Handelsvertrag kündigen, auch sofort außer Krafl setzen."

.. . Situation der Japaner auf Korea scheint sich in Bezug auf die Landoperationen immer ungünstiger zu gestalten. Das Kriegs­

glück ist ihnen im Kampfe zu Lande nicht treu geblieben. Nachdem die japanischen Truppen bei ihrem Angriffe auf die chinesische Stellung bei Jaschan mit einem Verluste von mehr als 2000 Mann zurückgeschlagen worden sind, ver­lautet bereits von einer zweiten Niederlage der japanischen Landarmee, welche dieselbe am 29. Juli durch den chinesischen General Ach in der Nähe von Asan erlitten haben soll. Auffallender Weise liegt von japanischer Seite noch immer kein Bericht über diese beiden Treffen vor. Nach Meldungen aus Söul haben sich die Japaner aus letzterer Stadt zurückgezogen. Ein 20 000 Mann starke chinesische Armee hat von der Mandschurei aus die Grenze Koreas überschritten. Offenbar würde sich mit dem Eingreifen dieser beträchtlichen chinesischen Verstärkungen in die kriegerischen Aktionen auf Korea die Lage der Japaner noch weiter verschlimmern, sollte es denselben nicht bald gelingen, ebenfalls erhebliche Verstärkungen heranzuziehen und dann chinesi­schen Verschanzungen bei Jaschan durch einen nochmaligen Vorstoß endlich zu nehmen. In der Schwebe befindet sich noch der englisch­japanische Zwischenfall wegen des Transport­schiffesKowsching"; indessen hat sich die japa­nische Regierung schon bereit erklärt, volle Ent­schädigung für den in den Grund gebohrten Kowsching" zu leisten, falls es sich durch die Untersuchung Herausstellen sollte, daß die japa­nischen Offiziere bei der Affaire im Unrecht ge­wesen seien. Vor drei Jahren hat eine größere Anzahl von japanischen Offizieren bei unserer Armee Dienst gethan. Es waren drei Haupt­leute, je einer von der Infanterie, Kavallerie und Feldartillerie, welche ein Jahr zu dem in Wesel stehenden Infanterie - Regiment Herzog Ferdinand von Braunschweig Nr. 57 komman­diert waren und dort mit dem regsten Eifer und, wie uns versichert wird, mit großem Ver­ständnis allen Dienst mitgethan haben. Während des Sommerhalbjahres war ein japanischer Oberst gleichfalls beim Infanterie-Regiment Nr. 57 in Wesel anwesend. Wenn wir nicht irren, wird derPost" geschrieben, steht der oben erwähnte japanische Oberst augenblicklich als General an der Spitze der in Korea befindlichen Truppen, die in erster Linie den Chinesen entgegentreten werden. Bei dem großen Schneid und der be­deutenden militärischen Tüchtigkeit, die er damals in Wesel zeigte, wird er den chinesischen Heer­führern, auch wenn sie ihm mit überlegenen Truppen gegenüber treten sollten, ein nicht zu unterschätzender Gegner sein.

London, 4. Aug. Ein hier eingetroffenes japanisches Telegramm vom Morgen des 30. Juli besagt:Wir trieben die chinesischen Truppen nach glänzendem Siege zurück und marschierten gegen Asan". Daher liegt die Vermutung nahe, daß der gemeldete chinesische Sieg Erfindung ist. Ueber die Bewegung der japanischen Truppen herrscht vollständige Ungewißheit, da alle Ver­öffentlichungen untersagt worden sind.

London, 4. Aug. Ein offizielles japa- nisches Telegramm meldet: Nach einem fünf­stündigen Kampfe vom 29. Juli nachm. 3 Uhr ab gewannen wir einen entscheidenden Sieg. Die feindliche Berschanzung bei Schonghong wurde erobert. Mehr als 500 von 2800 chinesischen Soldaten wurden getötet und ver­wundet. während unserseits nur 5 Offiziere und 70 Soldaten getötet wurden. Der Feind floh aufgelöst gegen Hongschau, wahrscheinlich um die koreanischen Boote bei Gursan zu benutzen. Wir eroberten viele Flaggen, Kanonen und sonstiges Gut und nahmen vom feindlichen Hauptquartier in Asan Besitz.

Antwerpen, 1. August. Die von La Plata in der letzten Zeit Hierselbst eingetroffenen Privatnachrichten sind so günstige, wie man seit Jahren keine mehr von dort gehört hat. Die Geschäfte beleben sich und auch die Kolonisation, von der das Wohl und Wehe der dortigen Länder immerhin in einem gewissen Grade ab­hängig ist, scheint einen neuen Aufschwung nehmen zu wollen. Diesmal ist es die stellenweise sehr fruchtbare Provinz Cordoba, nach der die Ein­wanderer dirigiert werden sollen, und es ist daher zu erwarten, daß man in Bälde sehr viel Rühmliches über dieselbe wird lesen können.

Was den Export der La Plata Staaten anbe- langt, so Hat vor allem die Ausfuhr von Häuten eine ganz bedeutende Ziffer erreicht. Ganz genau ist diese Ziffer zwar noch nicht festgestellt, aber man wird doch immerhin annähernd richtig auf dieselbe aus dem amtlichen Berichte über die Anzahl der in der Schlachtsaison 1894 dort ge» schlachteten Stück Rindvieh schließen können. Es wurden nämlich in dieser Saison in Argen­tinien und Uruguay insgesamt 1 613 000 Stück Rindvieh geschlachtet gegenüber 1 561 000 in der vorhergehenden, und von jener riesigen Ziffer entfallen allein auf die Compagnie Liebig 205 600 Stück, welche dieselbe lediglich zum Zwecke der Herstellung von Fleischextrakt innerhalb 6 Mo­nate schlachten ließ. Im Ganzen ist von der­selben bis heute das Fleisch von über 4 Mill. Rindern zu Fleischextrakt verarbeitet worden. Auch über andere wichtige Exportartikel der La Plata Staaten liegen recht erfreuliche Nach­richten vor, so daß es den zahlreichen Gläubigern der ersteren vielleicht schon recht bald gestattet, sein wird, mit etwas weniger Melancholie an jene Republiken zurückzudenken.

Der Aufstand im südlichen Brasilien ist noch immer nicht unterdrückt. Laut einer Mel­dung aus Buenos Ayres marschieren 3000 Mann Insurgenten auf die wichtige Hafenstadt Porto Allegre, deren Einnahme den Insurgenten mit einem Schlage einen neuen Stützpunkt für ihre Operationen gegen die Truppen der brasilianischen Regierung verschaffen würde.

Unterhaltender Heil.

Ein Blick in die Zukunst.

Novelle von C. Schirmer.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Als es endlich Zeit war zurückzukehren, klagte Frau Hörde so über Müdigkeit, daß ihr Gatte sofort nach einem Wagen lief, der auch merk­würdig schnell beschafft war. Herr Hörde sagte dann, daß er seine Frau nicht gut allein könne fahren lassen und da für Hubert kein Platz war, erbot er sich natürlich sofort, den kurzen Weg zu Fuß zurückzulegen. Man rief sich ein baldiges Wiedersehen zu und eben rollte der Wagen fort, als Frau Hörde noch einmal anhalten ließ und ganz erschrocken rief, daß sie auf dem Platz dort unteck am See ein Täschchen habe liegen lassen. Sie leschrieb es genau und Hubert versprach, auf allen Plätzen danach zu suchen.

Hördes nickten ihm noch freundlich zu und er ging sofort nach der entgegengesetzten Richt­ung. Er beschleunigte seine Schritte, denn schon breiteten sich die Schatten der Berge weiter aus und über den See lag bereits der Abend­sonnenschein. Doch sah Hubert heut weniger auf die Berge und die zauberhaft schöne Be­leuchtung, vielmehr blickte er immer nur auf den Weg und suchte nach dem Täschchen. Da kam er an eine Krümmung des Weges, wo man an einem besonders schönen Aussichtspunkt eine Bank angebracht hatte; auf dieser bemerkte Hubert mit dem ersten Blick den gesuchten Gegenstand. Plötzlich stutzte er und zuckte zu- sammen, denn auf der Bank saß eine Dame. Hubert stand still und preßte die Hand aufs Herz.

War es denn ein Traum? Nein, es war Wirklichkeit, dort saß Rosa.

Jetzt stand sie auf und trat an die steinere Ballustrade, die sich einige Schritte von der Bank befand. Dicht darunter lag der glatte Spiegel des Sees, in den sie unverwandt blickte.

Da endlich ermannte sich Hubert. Leise trat er näher und stand plötzlich an Rosas Seite. Dachte sie des Blickes in den See auf der lieblichen Insel Rügen, des Blickes, der ihr ein anderes Gesicht neben dem ihrigen gezeigt? Wie heiter hatte sie damals der Zukunft entgegen­gesehen und wie gern war sie auf den Scherz eingegangen und hatte die Erfüllung ihrer Herzenswünsche mit dem Zukunstsblick in Ver­bindung gebracht. Die Erinnerung an alles, was die drei Jahre ihr geraubt und zerstört hatten, zog trübe durch ihre Seele, doch die Natur mit ihrem Zauber wirkte wie lindernder Balsam für ihr krankes Gemüt; hatte sie doch